Auftrag ausgeführt, Rechnung verschickt. Doch das Geld lässt leider auf sich warten. Säumige Kunden sind allgegenwärtig – und ihre Unzuverlässigkeit setzt Betriebe, die gleichzeitig mit den Folgen der Coronapandemie und des Ukrainekriegs zu kämpfen haben, zunehmend unter Druck. Vor allem bei großen Aufträgen, bei denen auch das Material zunächst vorfinanziert werden muss, bedeuten unbeglichene Rechnungen eine akute Gefahr für die Liquidität kleiner und mittlerer Handwerksbetriebe und können sie in den Ruin stürzen. Ein professionelles Forderungsmanagement ist deshalb oberste Pflicht eines jeden Unternehmers.
Gutes Forderungsmanagement kommt vor der Mahnung
Unbezahlte Rechnungen anmahnen zu müssen ist ein Ärgernis: Man muss ständig die Geldeingänge im Blick haben und mit den Zahlungsfristen abgleichen. Dann werden erst Zahlungserinnerungen verschickt, oft per Post, manchmal auch per E-Mail. Zahlt der säumige Kunde immer noch nicht, folgt die Mahnung, für die dann Gebühren von meistens zwei bis fünf Euro berechnet werden. Anschließend folgt die zweite Mahnrunde – bis der Fall dann irgendwann bei einem Rechtsanwalt landet, der auf dem Gerichtsweg versucht, die Forderung geltend zu machen. Dieses Verfahren kostet viel Zeit und Ressourcen – und führt etwa im Fall der zwischenzeitlichen Insolvenz des Schuldners auch nicht zwingend zum Erfolg.
„Forderungen binden Kapital, denn sie müssen finanziert werden“, betont Jörg Rossen, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Bonn. Ein hoher Forderungsbestand verschlechtere die Bilanzkennziffern, zudem würden Bankkredite verteuert. „Die Optimierung des Forderungsmanagements wird deshalb immer mehr zum kritischen Erfolgsfaktor“, so der Experte. Dabei sind Forderungsausfälle und die Dauer von Außenständen durch ein gutes Forderungsmanagement gut beeinflussbar – und dieses sollte idealerweise weit vor der Mahnung beginnen, die bestenfalls gar nicht nötig wird, weil zuvor alles richtig gemacht wurde.
Hinschauen: Wer ist Auftraggeber?
Das fängt schon vor Annahme eines Auftrags an: Um böse Überraschungen zu verhindern, sollten Betriebe nämlich gerade in der jetzigen Zeit, in der zahlreiche Branchen mit großen Schwierigkeiten konfrontiert sind, genau hinschauen, wer ihr Auftraggeber ist. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, sich bei einer Wirtschaftsauskunftei kundig zu machen, wie solide ein potenzieller Auftraggeber dasteht, bevor man für ihn tätig wird. Mitunter hilft auch die Vereinbarung von Anzahlungen dabei, das Risiko zu senken. Experten raten zudem dazu, Materialkosten möglichst im Vorhinein abzurechnen, um am Ende nicht darauf sitzenzubleiben.
Zahlt der Kunde trotz aller Vorbereitungen am Ende die Rechnung nicht, haben die Betriebe verschiedene Möglichkeiten. Mitunter werden Inkassofirmen eingeschaltet, die das Eintreiben der offenen Forderungen übernehmen. Das kostet allerdings Gebühren – und Freunde bei seiner Kundschaft macht man sich damit nicht. Eine weitere Möglichkeit, auf die vor allem größere Handwerksbetriebe zurückgreifen, ist das sogenannte Factoring. Dabei verkaufen die Unternehmen ihre Forderungen an professionelle Factoring-Dienstleister, die das Geld dann auf eigene Rechnung eintreiben. Auf diese Weise ist man dann das Zahlungsrisiko los, muss aber von vornherein Ausfälle einkalkulieren, denn schließlich wollen die Dienstleister an der Sache auch etwas verdienen.
Mit digitalen Tools Forderungsausfälle minimieren
Einen Ausweg bietet das digitale Forderungsmanagement, für das Unternehmen wie der Nürnberger IT-Dienstleister Datev die passenden Tools programmiert haben. Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung seien die wesentlichen Punkte, die Unternehmen im Zuge der digitalen Transformation angehen müssten, sagt Datev-Vorstand Robert Mayr. „Ziel des Forderungsmanagements ist es, Forderungsausfälle zu minimieren und die Liquidität des Unternehmens nachhaltig zu sichern.“ Ein wichtiger digitaler Helfer ist dabei eine professionelle Rechnungswesen-Software, die die Offene-Posten-Buchführung mit intelligenten Funktionen zum Mahnwesen ergänzt. So können moderne Programme automatisch erkennen, wenn eine eigentlich fällige Rechnung noch nicht bezahlt ist. Die zuständige Person im Betrieb wird dann darüber informiert und kann auf vorgefertigte Erinnerungs- und Mahnschreiben zurückgreifen, die dann wiederum entweder per Post oder per E-Mail an die säumigen Kunden verschickt werden können.
Basis für ein professionelles, auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zugeschnittenes Forderungsmanagement ist dabei allerdings eine tages- oder zumindest wochenaktuelle Buchführung. Auf diese Weise lässt sich dann auch eine tagesgenaue Liquiditätsvorschau erstellen, die dem Unternehmer genau zeigt, wie sich die Liquidität entwickelt. Das ist bei Verhandlungen mit den Banken über die jeweiligen Kreditlinien wichtig.
Wenn der Kunde trotzdem nicht zahlt, endet die Sache aber letztlich doch vor Gericht – unabhängig davon, ob das Forderungsmanagement zuvor analog oder digital erfolgt ist. Aber auch wenn es darum geht, seine Schulden auf dem gerichtlichen Weg einzutreiben, hilft die moderne Technik weiter: Sie kann nämlich auch dafür sorgen, dass man keine Fristen versäumt. Denn kaum etwas ist ärgerlicher als eine unstrittige offene Forderung, die nicht mehr realisiert werden kann – weil sie dummerweise verjährt ist.(czy)
TIPP
Säumige Kunden: So kommen Betriebe am besten an ihr Geld
Eine schlechte Zahlungsmoral von Kunden kann die betriebliche Existenz bedrohen. Mit der richtigen Ansprache säumiger Kunden kann man die Zahlungen beschleunigen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen privaten und gewerblichen Kunden sowie der öffentlichen Hand.
Private Kunden: Gerade im Privatkundengeschäft gehen die meisten Handwerksbetriebe in Vorleistung und vertrauen darauf, dass der Kunde hinterher auch zahlt. Dass mal eine Rechnung liegen bleibt oder buchstäblich unter den Tisch fällt, kann gerade bei Privatkunden schon mal vorkommen. Wichtig ist, ein korrektes Zahlungsziel zu vereinbaren, die Zahlungseingänge regelmäßig zu prüfen, etwaige Mängel umgehend zu beheben und ausstehende Zahlungen umgehend anzumahnen. Vielfach hilft auch ein freundlicher Anruf beim Kunden, um der Forderung Nachdruck zu verleihen und eventuelle Probleme auszuräumen. Bleibt die Zahlung trotz aller Bemühungen aus, sollte man nach erneuter Mahnung nicht zögern, rechtliche Schritte einzuleiten. Dafür ist nicht unbedingt die kostspielige Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich: Einen gerichtlichen Mahnbescheid kann man auch ohne Rechtsbeistand erwirken – am einfachsten online unter www.online-mahnantrag.de. Experten zufolge begleichen etwa 80 % der Kunden umgehend die offene Forderung, sobald sie den Mahnbescheid in der Post haben. Und wenn sie nicht reagieren, kann die Forderung durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden.
Gewerbekunden: Auch gewerbliche Kunden können mitunter unbeabsichtigt in Zahlungsverzug geraten. Schließlich kann in der Buchhaltung auch mal ein Fehler passieren oder eine Zahlung wird urlaubs- oder krankheitsbedingt von der verantwortlichen Person nicht freigegeben. Gerade wenn es sich um einen wichtigen (Stamm-)Kunden handelt, der ansonsten immer pünktlich gezahlt hat, ist ein kurzer Telefonanruf mitunter Gold wert. Missverständnisse lassen sich schließlich im persönlichen Gespräch am besten ausräumen. Sollte ein vorübergehender Liquiditätsengpass der Grund für den Zahlungsverzug sein, was in Krisenzeiten durchaus vorkommen kann, sollte man einem ansonsten guten Kunden einen konkreten Ratenzahlungsplan vorschlagen. Dazu sollte dieser nach dem Telefonat ein entsprechendes Schriftstück zusenden, mit dem der Kunde auch eine Schuldanerkenntnis für die Gesamtforderung unterschreibt. Die wichtigsten Fakten und Vereinbarungen sollten zudem schriftlich für die Kundenakte festgehalten werden. Wenn solche wohlmeinenden Lösungsvorschläge fruchtlos bleiben, hilft am Ende aber auch nur der juristische Weg über ein Mahnverfahren.
Öffentliche Hand: Öffentliche Auftraggeber zahlen ihre Rechnungen im Schnitt später als private Kunden. Einer aktuellen Creditreform-Studie zufolge begleichen nur 77,8 % der öffentlichen Auftraggeber ihre Rechnungen innerhalb von 30 Tagen. Ein wirksames Druckmittel bei Kommunen und Behörden sind zusätzliche Kosten wie Mahngebühren und Verzugszinsen. Denn wenn der Verzug mit Kosten verbunden ist, bekommen die Auftraggeber selbst Probleme mit dem Rechnungsprüfungsamt – und das wollen sie nach Möglichkeit vermeiden. Ebenso wirksam bei öffentlichen Auftraggebern mit schlechter Zahlungsmoral ist es, damit zu drohen, die Arbeit einzustellen. Denn kaum ein Bürgermeister rechtfertigt sich gerne vor Presse und Öffentlichkeit dafür, wenn ein Projekt nicht pünktlich fertig wird. Angst vor Konsequenzen müssen Betriebe nicht haben, wenn sie offene Rechnungen konsequent anmahnen: Wer auf seinem Recht als Auftragnehmer besteht, kann deswegen nicht von künftigen Vergaben ausgeschlossen oder anderweitig benachteiligt werden.