Laut § 40 MBO dürfen Leitungen nach Absatz 1 „durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind“. Das gilt nach Absatz 3 auch für Installationsschächte.
Die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), Fassung 10. Februar 2015, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom 3. September 2020, formuliert in Abschnitt 3.5.1 ähnlich: „Installationsschächte und -kanäle müssen – einschließlich der Abschlüsse von Öffnungen – aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen und eine Feuerwiderstandsfähigkeit haben, die der höchsten notwendigen Feuerwiderstandsfähigkeit der von ihnen durchdrungenen raumabschließenden Bauteile entspricht.“ Bei der MLAR handelt es sich um die Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen.
Auch die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) verlangt in Abschnitt 7.2.3: „Installationsschächte für Elektroleitungen müssen in Höhe der Geschossdecken feuerhemmend abgeschottet sein.“ Die MHHR enthält besondere Anforderungen und Lösungen für den baulichen und betrieblichen, vor allem aber für den anlagentechnischen Brandschutz in Hochhäusern. Es gilt die Fassung April 2008, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Februar 2012.
Konkrete Angaben zu Leichtbauwänden
In den Vorgaben werden allerdings keine Aussagen über die Materialstärke getroffen. Es wird lediglich auf raumabschließende Bauteile oder feuerhemmende bzw. feuerhemmende bis feuerbeständige Wände/Decken verwiesen.
Im Gegensatz hierzu bieten An- bzw. Verwendbarkeitsnachweise Angaben über die Qualität und die Stärke der Bauteile. So legt beispielsweise die allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) der Brandschutzmanschette Pacifyre AWM II von Walraven (aBG Z-19.53-2331) unter Punkt 2.2.1 fest: „Die Abschottung darf in Wänden und Decken errichtet werden, die den Angaben der Tabelle 1 entsprechen …“ Für leichte Trennwände und Massivwände fordert die Tabelle Bauteil- bzw. Wandstärken von mindestens 10 cm und für Massivdecken von mindestens 15 cm.
Die Einbauskizze in der aBG (Bild A) gibt zudem nähere Informationen zur Befestigung. Diese soll in leichter Trennwand mit Gewindestangen erfolgen. Auch Fugenverfüllungen legt die aBG in Abhängigkeit von der Fugenbreite fest. Hinweise in Bezug auf Schachtwände fehlen allerdings.
Lösungsmöglichkeiten für Schachtwände
Die MLAR lässt gemäß Punkt 4.3 Erleichterungen für einzelne Leitungen ohne Dämmung in gemeinsamen Durchbrüchen für mehrere Leitungen durch Wände und Decken zu. Diese können angewendet werden für:
Die Erleichterungen gelten dabei unter anderem nur, wenn die feuerbeständige Wand oder Decke eine Dicke von mindestens 80 mm, die hochfeuerhemmende Wand oder Decke eine Dicke von mindestens 70 mm sowie die feuerhemmende Wand oder Decke eine Dicke von mindestens 60 mm hat.
Im Kommentar zur MLAR (Autoren: Manfred Lippe, Knut Czepuck, Frank Möller, Dr. Jörg Reintsema, Verlag: FeuerTrutz Network GmbH) finden sich drei hilfreiche Versionen für Schachtwände:
Bei der Durchführung von nicht brennbaren (Version 1) und brennbaren (Version 2) Rohrleitungen wird nach dem Aufdoppeln der Schachtwand mittels Kernbohrer eine passgenaue Bohrung (Ringspalt ca. 20 mm) ausgeführt. Danach ist die Leitung zu installieren und zu befestigen. Abschließend muss der Ringspalt mit Mineralwolle (Schmelzpunkt oberhalb 1000 °C) fest verstopft werden (Bild B, C und D).
Die Ausgestaltung bei leichten Schachtwandkonstruktionen (Version 3) erfolgt gemäß Bild E. Dabei ist zu beachten:
R = Rohrleitungswerkstoff (brennbar, Baustoffklasse B1/B2)
BF = Befestigung nicht brennbar
BWD = i. d. R. nicht erforderlich, da keine Wärmeleitung über den Rohrwerkstoff
WD = i. d. R. nicht erforderlich, kann bei Bedarf ohne baurechtliche Abweichung montiert werden, die Be-/Abdeckung der BSM ist nicht zulässig
KS = Körperschallentkopplung als brennbare Dämmung (B1/B2), i. d. R. bis zu einer Dicke von 5 mm zulässig
DV = Durchführungsverschluss
1 = Aufdoppelung aus dem Material der Schachtwand gemäß Verwendbarkeitsnachweis der Schachtwandhersteller, umlaufend b ≥ 100 mm
Alternative mit Durchsteckmanschette
Eine alternative Lösungsmöglichkeit für einseitig und beidseitig aufgedoppelte Schachtwände bietet die Brandschutzmanschette Pacifyre MK II (Bild F). Aufgrund ihrer Bauform eignet sich diese Manschette als sogenannte Durchsteckmanschette, mit der ein flexibler Ringspaltverschluss aus Mörtel oder Gips möglich ist. Bauartbedingt ist keine zusätzliche Befestigung nötig, wodurch die Montage stark vereinfacht und letztlich auch beschleunigt wird.
Nach dem Aufdoppeln der Schachtwand wird mittels Kernlochbohrer eine passgenaue Bohrung (Ringspalt ca. 20 bis 30 mm) vorgenommen. Danach ist die Leitung zu installieren und die Brandschutzmanschette zu befestigen. Die Manschette kann daraufhin durch das Kernloch geschoben werden. Abschließend gilt es, den Ringspalt mit formbeständigen nicht brennbaren Baustoffen zu verschließen (Bild G und H). Auf diese Weise entfällt die Befestigung auf der Schachtinnenseite, die bei herkömmlichen Brandschutzmanschetten mittels Gewindestab realisiert werden müsste (Bild I und J).
Die Befestigung der Aufdopplung ist immer nach Vorgabe des jeweiligen Schachtwandherstellers auszuführen. Diese Ausführung ist zwar laut der aBG der Brandschutzmanschette nicht abgedeckt, aber unter Beachtung der Schutzziele nach Meinung des Autors als nicht wesentliche Abweichung zu beurteilen.
Fazit
Brandschutzgründe stehen der Verwendung von Leichtbauwänden nicht entgegen. Auch in Schachtwänden sind Abschottungen von Leitungsanlagen grundsätzlich möglich und ohne großen Aufwand fach- und regelgerecht umsetzbar. Wichtig dabei ist es, die gesetzlichen Vorgaben und die Aussagen der An- bzw. Verwendbarkeitsnachweise zu beachten. Darum sollte sicherheitshalber vor dem Einbau mit dem Inhaber des Verwendbarkeitsnachweises und/oder der abnehmenden Institution eine Abstimmung erfolgen.
Allgemeines Bauordnungsrecht
Das deutsche Regelungssystem für Bauprodukte und Bauarten ist in den 16 Landesbauordnungen festgelegt. Die Landesbauordnungen basieren auf einem gemeinsamen Muster, der Musterbauordnung (MBO). Aktuell gilt die Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 25. September 2020.
Die Landesbauordnungen definieren die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen. Zudem ist hier das Zulassungs- und Genehmigungsverfahren für Bauprodukte und Bauarten geregelt. Die allgemein definierten Anforderungen an bauliche Anlagen werden durch Technische Baubestimmungen konkretisiert. Auch für diese gibt es ein gemeinsames Muster, die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Ausgabe 2021/1.
Weitere Informationen zu den Mustervorschriften und Mustererlassen inklusive Downloadmöglichkeit der jeweiligen Dokumente gibt es unter:
www.bauministerkonferenz.de sowie www.dibt.de
Weitere Infos auf www.sbz-online.de
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