Bestehende Holzbalkendecken (Bild 1) können im Allgemeinen mit einer Feuerwiderstandsfähigkeit von 30 Minuten (feuerhemmend) beurteilt werden. Unter Berücksichtigung von Einschüben, vorhandenen Putzen und breiten Holzbalken sind im Einzelfall sogar Einstufungen in der Feuerwiderstandsklasse F 60 (hochfeuerhemmend) möglich (Bild 2). Brandschutzexperte Professor Gerd Geburtig gibt dabei zu bedenken, dass hochfeuerhemmende Decken wegen der als technische Baubestimmung geltenden M-HFHHolzR der DIN EN 13 501-2 entsprechen müssen, was im (historischen) Bestand formal eigentlich nicht möglich ist (das Bauteil müsste normgeprüft sein). Gegebenenfalls ist die Klassifikation F 60-B vorhanden. Häufig liegt eine Klassifikation F 30-B vor, da die Ausbildung von oben formal nur selten F 60 ist. Damit sind Decken im historischen Bestand grundsätzlich nicht als hochfeuerhemmend nach DIN EN 13 501-2 anzusehen, da dies F 90-B entsprechen würde.
In der Regel werden Installationen für gebäudetechnische Installationen auch durch brandabschnittsbildende Bauteile geführt. Damit sich Brände nicht über das angrenzende Stockwerk ausbreiten können, empfiehlt es sich, während der Planungen die Durchdringungen bezüglich der Abschottungen festzulegen. Nachträgliche Umplanungen und Änderungen sind schwierig realisierbar und vor allem kostentreibend.
Vorgaben der Musterbauordnung (MBO)
Laut § 40 f. Musterbauordnung (MBO), Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 13. Mai 2016, „dürfen Leitungen durch raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lang nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen sind“.
Vorgaben in Muster-Richtlinien
Grundsätzlich hat der Unternehmer die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Das bedeutet: In die Durchführungen müssen – jeweils abhängig von der Gebäudeklasse – Abschottungen eingebaut werden.
MLAR: In der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) finden sich Angaben über Durchführungen bei feuerhemmenden, hochfeuerhemmenden und feuerbeständigen Bauteilen. Zum Beispiel Punkt 4.1.2: „Die Leitungen müssen durch Abschottungen geführt werden, die mindestens die gleiche Feuerwiderstandsfähigkeit aufweisen wie die raumabschließenden Bauteile.“
M-HFHHolzR: In der Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR) finden sich folgende Ausführungshinweise:
Abstandsregeln des Deutschen Institutes für Bautechnik (DIBt)
Dabei sind zudem die Abstandsregeln des DIBt zu beachten. Diese Anforderungen bringen schon vor der Ausführung hohen Planungsbedarf mit sich, um die Herausforderung – der Anwender ist quasi gezwungen, eine „geprüfte Situation“ (Betondecke) herzustellen – zu meistern (Bild 4). Zudem sollte bei größeren Durchbrüchen ein Statiker mit hinzugezogen werden.
Der Weg zur fachgerechten Abschottung in Holzdecken
Umstellung der Bauprodukteverordnung: Verwendbarkeitsnachweis beachten
Bei der Auswahl der Abschottungsprodukte sollte drauf geachtet werden, dass beim Verwenden bzw. Anwenden von Produkten bzw. Bauarten der Inhaber des Verwendbarkeitsnachweises mit ins Boot genommen wird. Mittlerweile ist, nach der Umstellung der Bauproduktenverordnung (BauPVO) vom 1. Juli 2013, eine nicht wesentliche Abweichung von europäischen Bauprodukten bzw. Bauarten möglich.
Schritt für Schritt
Folgende Arbeitsabläufe müssten bzw. müssen in der „herkömmlichen“ Ausführung (mit Mörtelverguss) vollzogen werden:
Alternative Systeme
Die folgenden Lösungsvorschläge bieten eine ausreichende Sicherheit hinsichtlich der §§ 40/41 MBO, da das Schutzziel erreicht wird. Sie müssen im Regelfall aber dennoch begründet werden, da entweder eine nicht wesentliche Abweichung vom Verwendbarkeitsnachweis oder von den technischen Baubestimmungen vorliegt.
Brandschutzschaum als Vergussmasse (Bild 5): Diese Abschottungsvariante belastet die Deckenkonstruktion aufgrund des geringen Gewichts weniger als ein Verguss mit Mörtel oder Beton. Ebenfalls ermöglicht sie relativ geringe Randabstände. Eventuelle Nachbelegungen lassen sich durch eine weiche Brandschutzschaummasse einfach realisieren. Kombischotts sind möglich.
Weichschott (Mineralwollplatten) (Bild 6): Wie beim Schott mit Brandschutzschaum ist auch hier eine geringe Belastung der Statik gegeben. Vorarbeiten bezüglich der Auslaibung sind zu leisten. Die Nachbelegung gestaltet sich mittels Kernlochbohrer einfach. Kombischotts sind möglich.
Deckenstanzer-System SWS (Bild 7): In diesem Fall kann der Anwender auf die kompletten Vorarbeiten bezüglich Ausschnitt, Auslaibung etc. verzichten. Mittels Kernlochbohrgerät und Adapter wird eine Edelstahlhülse in die Decke gebohrt. Nach dem Durchbruch der Decke verbleibt die Hülse als „Leerrohr“ im Bauteil. Eine gutachterliche Stellungnahme liegt vor. Eine Nachbelegung bei Verguss mit Brandschutzmörtel ist allerdings schwierig.
Erleichterungen für einzelne Leitungen gemäß Vorgaben der MLAR Abschnitt 4.3 (Bild 8) :
Lösungsmöglichkeit:
Als Beispiel dienen ein Wickelfalzrohr oder eine Blechhülse (Durchmesser ≥ 160 mm; Blechstärke ≤ 1,0 mm) als „Hüllrohr“. Der Restringverschluss wird mit Mineralwolle (A1, Schmelzpunkt ≥ 1000 °C) realisiert. Zusätzlich wird die Mineralwolle mit einer Brandschutz-Fugenfüllmasse (Tangit FP 440) gegen das Herausfallen gesichert.
Fazit
Abschottungen von Rohr- und Kabeldurchdringungen in Holzbalkendecken sind meist ein kniffeliges Problem. Sie stellen an die Betroffenen erhöhte Ansprüche und müssen sorgfältig geplant werden. Dabei sollte im Vorfeld eine Abstimmung mit den vor Ort verantwortlichen (Fach-)Bauleitern oder Brandschutz-Sachverständigen stattfinden. Zudem ist eine entsprechende Dokumentation unabdingbar. Sind all diese Maßnahmen berücksichtigt, ist sichergestellt, dass sich aus dem „Sonderfall Holzbalkendecke“ keine „Sonderfalle“ entwickelt.
Info
Auf den Punkt gebracht
„Holzbalkendecken sind, wie massive Decken, waagerechte Bauteile, die für die vertikale Trennung im Gebäude verantwortlich sind. Sie werden ebenfalls als Geschosstrenndecken bezeichnet. Die tragenden Teile bestehen aus Holzbalken, die entweder aus Hartholz (Eiche, o. Ä.) oder aus Nadelholz gefertigt wurden.“
Quelle: Praxishandbuch Brandschutz im Bestand, Ralf Heidelberg
Dieser Artikel ist eine Überarbeitung des Artikels „Holzbalkendecken fachgerecht abschotten “ von Karl-Heinz Ullrich, erschienen in SBZ 05-2020.