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Auch flüssige Energieträger werden gebraucht

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SBZ: Herr Willig, das jetzt vom Bundestag verabschiedete Gebäudeenergiegesetz (GEG) sieht vor, dass ab dem Jahr 2026 neue Ölheizungen nur in Kombination mit erneuerbaren Energien zugelassen werden. Diese Regelung machte bundesweit schnell als „Verbot der Ölheizung“ die Runde.

Adrian Willig: Ja, das war für uns ein Informations-GAU sondergleichen. In Presse, Funk und Fernsehen und den sozialen Medien war flächendeckend von einem Ölheizungsverbot die Rede. Das hat die 20 Millionen Menschen in Deutschland, die mit Heiz­öl heizen, erst mal extrem verunsichert. Und diese Unsicherheit ist natürlich auch im SHK-Handwerk angekommen.

In der am 18. Juni vom Bundestag beschlossenen Fassung des GEG steht, dass ab 2026 für neue Ölheizungen durch die anteilige Einbindung erneuerbarer Energien erweiterte Anforderungen gelten. Dies kann nach unserer Lesart zum Beispiel die Kombination mit Solarthermie oder mit einem Kaminofen sein.

Bestehende Ölheizungen können hingegen weiterhin uneingeschränkt betrieben werden. Hier gilt lediglich die bekannte Regelung, dass Gas- und Ölheizungen, die älter als 30 Jahre sind, auszutauschen sind, sofern es sich nicht um Niedertemperatur- oder Brennwertheizungen handelt. Selbst genutzte Einfamilienhäuser sind ebenfalls ausgenommen.

SBZ: Kommt damit vor dem Jahr 2026 eine Eins-zu-eins-Austauschwelle auf uns zu?

Willig: Das ist schwer zu sagen. Legt man die Erfahrungen aus dem Erneuerbare-Wärme-­Gesetz (EWärmeG) in Baden-Württemberg zugrunde, dann könnte es ein paar Vorzieheffekte geben. Wir wissen aber nicht, für welche Heizung sich der Kunde dann am Ende entscheiden wird. Hier spielt sicher auch die attraktive Bafa-Förderung eine Rolle. Insbesondere bei den drei Millionen ölbeheizten Gebäuden, bei denen kein Gas- und Fernwärmenetz liegt, ist das eine große Unbekannte.

Einen flächendeckenden Eins-zu-eins-Austausch von Ölkesseln halte ich klimapolitisch für sehr schwierig. Viel größer ist allerdings noch die Gefahr, dass die Leute trotzdem weiter abwarten und gar nichts machen. Warum soll man die Heizung erneuern, bevor sie kaputt ist? Das wurde die letzten Jahre ja auch nicht gemacht. Ob sich die absolute Anzahl der Modernisierungsfälle dauerhaft deutlich erhöht, das muss sich erst noch rausstellen.

SBZ: Und wie sehen Sie die Perspektive für die Zeit nach 2025? Ab dann müssen neue Ölheizungen Teil einer Hybridlösung sein.

Willig: Ich sehe da gute Chancen. Einerseits kann der Fachhandwerker die bewährte Kombination von Brennwerttechnik und Solarthermie verkaufen. Darüber hinaus liegt aus meiner Sicht ein großes Potenzial in der Einbindung von Photovoltaik(PV)-Anlagen. Eine mit Solarstrom betriebene Trinkwasser-Wärmepumpe ist hier eine interessante Lösung – insbesondere wenn der Kunde schon eine PV-Anlage hat, bei der die Einspeisevergütung ausläuft. Hier gibt es noch viele ungenutzte Potenziale. Außerdem sind solche Hybridlösungen für das SHK-Handwerk ja auch von der Wertschöpfung her interessant.

Allerdings ist noch nicht geregelt, wie groß der Anteil der erneuerbaren Energien dann tatsächlich sein muss. Das wird sich noch finden. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man hier schon heute so viel wie möglich tun sollte. Es geht also darum, zu schauen, wie viel erneuerbare Energie sich sinnvollerweise einkoppeln lässt, und einen möglichst geringen Rest über flüssige Energieträger zu decken. Vielleicht werden bis dahin aber auch Green Fuels und Green Gases anerkannt. Die aktuelle Fassung des GEG beinhaltet dafür einen Prüfauftrag an die Bundesregierung, was eine wichtige Grundlage darstellt.

SBZ: Damit sind wir bei Thema Technologieoffenheit – oder vielmehr Brennstoffoffenheit. Könnte sich das Blatt für die Ölheizung auf diesem Weg noch einmal wenden?

Willig: Ich wünsche mir das natürlich. Ich kann verstehen, dass die Bundesregierung die erneuerbaren Energien forciert, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Je weniger CO2 ein Heizsystem emittiert, desto besser für alle. Aber dafür sollte sie uns nicht die Technologien vorschreiben, sondern einfach Anreize für das Unterschreiten einer bestimmten Emissionsgrenze schaffen. Dann wäre ein System, das treibhausgasarmes Heizöl einsetzt, genauso möglich wie ein 15 %-Anteil von Solarthermie.

Ich verstehe unter Technologieoffenheit, dass der Weg, wie ich ein bestimmtes Ziel erreiche, offen ist. Bezogen auf die Zeit nach 2025 bedeutet das, dass der Fachhandwerker Öl-Hybridheizungen verkaufen kann – aber eben auch ein Brennwertgerät, das mit treibhausgasärmerem Heizöl betrieben wird.

SBZ: Und wie sieht Ihre Zukunftsperspektive für die Ölheizung auf dieser Basis aus?

Willig: Ich sehe da drei wichtige Elemente. Zunächst müssen wir beim Verbrauch runterkommen. Effizienz ist der erste Schlüssel. Wir müssen viel mehr Kunden dazu bewegen, ihre Häuser angemessen zu dämmen und die Heizung zu erneuern. Als Zweites müssen im Zuge dessen erneuerbare Energien viel mehr genutzt werden.

Zuletzt sollte der verbliebene Restbedarf, der dann ja viel geringer ist als heute, über CO2-neutrale Brennstoffe gedeckt werden. Hier gibt es verschiedene Wege. So kann das EWärmeG in Baden-Württemberg schon heute mithilfe von Bioheizöl erfüllt werden. Dieses hat einen Anteil von 10 % Biodiesel.

Es wird aber auch an anderen Produkten gearbeitet, wie etwa hydrierten Pflanzenölen aus Abfall- und Reststoffen. So kann der Anteil schrittweise erhöht werden. Langfristig werden hier dann strombasierte synthetische Brennstoffe zum Einsatz kommen – sogenannte Future Fuels.

SBZ: Diese werden dann mit Power-to-Liquid-Technologien hergestellt. Wie funktioniert das?

Willig: Zunächst wird aus Wasser durch Elektrolyse mit erneuerbarem Strom Wasserstoff erzeugt. Diesen verbindet man mit Kohlenstoff zu Kohlenwasserstoff, der dann als klimaneutraler Brennstoff verwendet werden kann. Bei der Verbrennung entweicht nur so viel CO2, wie ich vorher bei der Herstellung aus der Atmosphäre entnommen habe.

Wenn also erneuerbarer Strom für die Erzeugung des Wasserstoffs genutzt wurde, kann ich nahezu klimaneutral heizen. Allerdings ist die dafür benötigte Strommenge relativ hoch, sodass es in Deutschland effizienter sein kann, unseren grünen Strom direkt in einer Wärmepumpe zu nutzen. Es lohnt sich aber auch nicht, hier einen Verteilungskampf zu führen.

Berücksichtigt man auch den Wasserstoffbedarf anderer Sektoren, wie etwa Industrie und Verkehr, so werden wir mit dem heimischen Wind- und Sonnenstromangebot ohnehin nicht hinkommen. Wir brauchen auf jeden Fall auch erneuerbare Energie aus dem Ausland, z. B. in Form alternativer Kraft- und Brennstoffe.

SBZ: Das bedeutet im Umkehrschluss, dass synthetische Brennstoffe im benötigten Umfang nicht in Deutschland hergestellt werden.

Willig: Richtig, hauptsächlich werden die Future Fuels aus dem Ausland kommen. Um diese einfach speichern und transportieren zu können, bieten sich hier flüssige Brennstoffe an. Länder in Nordafrika und im Mittleren Osten, aber auch europäische Staaten – wie zum Beispiel Spanien – haben einen deutlich höheren PV-Ertrag als wir und könnten diese wesentlich effizienter und in der erforderlichen Menge produzieren. Der Transport kann dann einfach über die vorhandene Infrastruktur bis in die Heizkeller erfolgen. Aber natürlich müssen wir dafür zunächst Herstellungskapazitäten im industriellen Maßstab entwickeln und aufbauen.

SBZ: Wenn Sie einmal einen Blick in die Glaskugel werfen: Von was für einem Zeitrahmen sprechen wir hier?

Willig: Heute werden strombasierte Kraft- und Brennstoffe in sehr kleinen Mengen hergestellt. Und die Produktion ist noch sehr teuer. Um das hochzuskalieren und wirtschaftlich zu machen, benötigen wir die richtigen politischen Rahmenbedingungen was Forschung, Förderung und Markteinführung angeht. Hier ist die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ein wichtiger Schritt. Trotzdem ist das nichts, was in einem Zeitraum von drei oder fünf Jahren passiert. Wir sprechen hier eher von ein oder zwei Dekaden. Aber wenn man etwa an die Photovoltaik denkt, die auch 20 Jahre gebraucht hat, ist das kein ungewöhnlicher Zeitraum.

Adrian Willig ist Geschäftsführer des ­Instituts für Wärme und Oeltechnik (IWO) in 20097 Hamburg, www.zukunftsheizen.de

Bild: IWO

Adrian Willig ist Geschäftsführer des ­Instituts für Wärme und Oeltechnik (IWO) in 20097 Hamburg, www.zukunftsheizen.de