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Das SBZ-Gespräch

Wärmepumpen: Es könnten deutlich mehr verkauft werden

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SBZ: Käufer von Wärmepumpen sind eher grün-ökologisch angehaucht, jung und umweltbewusst und haben ein dickes Portmonee: stimmt das?

Martin Schulte: Nein, das ist zu eng gedacht. Tatsächlich sehen wir, dass ein Großteil der Käufer umweltbewusst ist, für 32 % der befragten Käufer war das sogar der Hauptgrund für die Investition in eine Wärmepumpe – aber ansonsten können wir dieses Kundenprofil nicht bestätigen. Auch in der Altersgruppe 50+ finden sich noch viele Wärmepumpen-Käufer, und genau die Hälfte unserer Befragten hatte ein Haushaltseinkommen, das unter dem deutschen Durchschnitt lag.

SBZ: Aber die aktuell üppige Förderung ist schon ein Kaufgrund, oder?

Moritz Küntzler: Eine Förderungsquote von 20% bis 40 % ist natürlich ein gutes Argument für die Investition und kann die finanzielle Bewertung für den einzelnen Käufer ausschlaggebend beeinflussen. Als wichtigste Kaufgründe gaben unsere Befragten aber an, dass Wärmepumpen (fast) klimaneutral sind, und dass sich eine Wärmepumpe langfristig für sie rechnet. Die Förderung an sich ist meist noch nicht ausreichend für den Kauf: nur 27 % der befragten Käufer gaben sie als einen wesentlichen Grund für den Kauf an. Wie gesagt führt die Förderung aber dazu, dass die Investition sich früher amortisiert und so die Kostenvorteile der Wärmepumpe unterstützt. Das gilt nicht nur für Deutschland, im Vereinigten Königreich sind es sogar nur 20 % der Käufer, für die die staatliche Förderung ein Hauptgrund war – trotz höherer Förderquoten in Höhe von etwa 60 % des Kaufpreises!

SBZ: Na gut, auf Ein- und Zweifamilienhäuser mögen Ihre Argumente ja noch zutreffen, aber wie sieht es in Mehrparteien-Wohngebäuden aus?

Martin Schulte: Sie spielen auf die schwierigere Umsetzbarkeit umfassender Umbauten in Mehrparteien-Häusern an. Wir sehen hier tatsächlich, dass Käufer überdurchschnittlich häufig (in Deutschland zu 50 %, über dem allgemeinen Bevölkerungsanteil) in einem (Einfamilien-)Haus wohnen. Der entscheidende Faktor ist hier aber eher das Eigentumsverhältnis – wer zur Miete wohnt, der hat weniger Handhabe, die Immobilie klimaneutral auszustatten. Und das ist bei Bewohnern von Mehrparteien-Häusern typischerweise häufiger der Fall. Insgesamt sind aber auch Mehrparteien-Häuser genauso interessant für, bzw. Wohnungs-Eigentümer genauso interessiert an, eine/r Installation wie kleinere Immobilien. Das sehen wir an der Verteilung der potenziellen Käufer auf Mieter und Eigentümer in Wohnungen und Häusern. Interessant ist hier auch, dass die Förderung in Mehrparteien-Häusern über die Anzahl der Wohneinheiten gedeckelt ist – wer sich mit seinen Nachbarn zusammenschließt, kann also im besten Fall eine höhere Förderquote erhalten.

SBZ: Aber wer zur Miete wohnt, bei dem dürfte das Interesse an Wärmepumpen doch eher gering ausfallen.

Moritz Küntzler: Da haben Sie Recht – siehe vorherige Antwort. Aber: selbst unter Bewohnern von Mietwohnungen sind immerhin 60 % der Befragten grundsätzlich an einem Kauf einer Wärmepumpe interessiert. Das mag nicht an die Quoten von EFH-Besitzern (95 %) herankommen, ist aber dennoch nicht zu vernachlässigen

Moritz Küntzler von Oliver Wyman

Oliver Wyman

Moritz Küntzler von Oliver Wyman

SBZ: Okay, ich verstehe. Aber die aktuell äußerst unsicheren Lebensumstände – Inflation, Krieg in Europa – wirken sich doch bremsend aus, oder etwa nicht?

Martin Schulte: Das war auch unsere Annahme, als wir die Umfrage aufgesetzt haben. Die Befragung hat aber ergeben, dass die unsicheren Lebensumstände nur einen von zehn Nicht-Käufern, die sich also keine Investition in eine Wärmepumpe vorstellen können, vom Kauf abhält. Passend zur letzten Frage ist für ein Viertel der Befragten die Wohnsituation ausschlaggebend – beim Umzug in eine passende Immobilie käme für sie auch eine Wärmepumpe infrage. Relevanter, um den Bedarf für Wärmepumpen anzukurbeln, ist aber die Tatsache, dass sich 2 von 5 Befragten durch finanzielle Anreize umstimmen ließen. Hier ist zum einen staatliche Förderung eine Möglichkeit. Aber von etwa 20 % der Nicht-Käufer haben wir auch gehört, dass sie ihre Meinung ändern würden, wenn es attraktive Finanzierungs-Optionen für die Investition gäbe, oder wenn sie auf einen Kauf ganz verzichten und stattdessen ein Leasing- oder Mietmodell für die Wärmepumpe wählen könnten.

SBZ: In der Gemengelage rund um Klimawende in der Gebäudetechnik, Erneuerbare Energien und Co. – geht da das SHK-Handwerk mit seinen kleinen Betrieben nicht unter?

Moritz Küntzler: Kleinere Betriebe sind weiterhin ein wichtiger Teil des SHK-Ökosystems. Die Investition in eine Wärmepumpe ist eine sehr individuelle Entscheidung mit vielen technischen und bürokratischen Schwellen – hier kann eine genauso individuelle Ansprache durch den qualifizierten und vertrauenswürdigen Betrieb den Weg ebnen. Wichtig ist, dass Handwerksunternehmer sich entsprechend aufstellen und ihre Kunden weiterhin auch rund um neuartige Gebäudetechnik umfassend beraten und versorgen können.

SBZ: Wenn ich sehe, welche großen Mitspieler – Energieversorger, Vermarkter wie 1komma5° - sich da breit machen, da könnte schon die Befürchtung aufkommen, SHK-Betriebe kommen unter die Räder.

Martin Schulte: Große Mitspieler haben natürlich einige Vorteile, die sie ausspielen können. Aber wenn SHK-Betriebe sich deutlich als „Klimawender“ positionieren, können sie dauerhaft präsent bleiben.

SBZ: Was sollten die Handwerksunternehmer Ihrer Meinung nach jetzt anschieben, um dauerhaft als „Klimawender“ präsent zu sein?

Moritz Küntzler: Installateure können Kunden an vielen Stellen den Weg zur Wärmepumpe ebnen, vorranging durch Informationen und Finanzierungshilfen. Konkret denkbar sind z.B.:  

- Information zu den Produkten und ihrer Eignung – es kann nicht oft genug betont werden, dass Wärmepumpen (fast) klimaneutral sind

- Ein deutlicheres Kommunizieren der Sparpotenziale bei einer Wärmepumpe für den Haushalt

- Ein Anbieten von Finanzierungslösungen

- Ein Begeistern für die Technologie (für viele ein Kaufgrund!)

- Ein spezifisches Adressieren von Kundengruppen, die nicht im selbstgenutzten Einfamilienhaus wohnen, sondern in Wohnungen oder zur Miete – hier führt dann der Weg oft über die Verwalter der Eigentümergemeinschaften

SBZ: Apropos Klimawender: 500.000 Wärmepumpen im Jahr zu installieren, ist das realistisch zu schaffen?

Martin Schulte: Das Ziel ist ambitioniert, wie unsere Umfrage zeigt. Nicht nur wegen der Angebotsseite, die ja schon viel diskutiert wurde. Auch die Nachfrageseite ist kritisch, um auf die hohe Zahl jährlicher Installationen zu kommen. Konsumenten möchten zu vielen Teilen bereits in Wärmepumpen investieren, aber es gibt praktische Hürden zu überwinden, bevor die Heizung dann tatsächlich wärmt. Hohe Preise und Schwierigkeiten, einen Installateur zu finden, dazu die eben diskutierten Wohnverhältnisse, die passen müssen – das führt dazu, dass nicht jeder Interessent tatsächlich zu einem Käufer wird. Rechnerisch darf nur 1 von 10 Interessenten auf dem Weg zum Kauf „verloren gehen“, damit das Ziel erreicht werden kann. So eine hohe Quote kann wohl nur durch gezielte Maßnahmen erreicht werden. Zusätzlich bleiben noch die bisherigen Skeptiker, die zu Teilen zu Interessenten, und damit zu Käufern, werden könnten.

Wir sehen hier drei wichtige Hebel:

1) Förderung kann einige Skeptiker umstimmen. Viele wissen möglicherweise gar nicht, was sie vom Staat erwarten können – solide Information durch den Fachbetrieb kann für die Kunden hier bares Geld wert sein!

2) Industrie und Installateure können auch durch alternative finanzielle Optionen, z.B. Finanzierungs-, Leasing- oder Miet-Optionen, einen Beitrag leisten. 

3) Außerdem haben die positiven Auswirkungen von Wärmepumpen auf die Umwelt noch nicht alle Konsumenten erreicht. Hier kann in der Kommunikation noch einen Zahn zugelegt werden.

Martin Schulte von Oliver Wyman

Oliver Wyman

Martin Schulte von Oliver Wyman

SBZ: Und zu guter Letzt noch ein Blick über den Tellerrand: Ist Deutschland in Bezug auf Wärmepumpen der Lage, eine Vorreiterrolle in der Klimawende in der Gebäudetechnik einzunehmen?

Moritz Küntzler: Wenn die Angebotsseite ausreichend angeschoben wird und die möglichen Hebel zum Ankurbeln der Nachfrage von allen Beteiligten bedient werden, dann kann Deutschland durchaus den Sprung nach vorne schaffen. Hier sind alle in der Pflicht – Politik, Hersteller, Handel und Handwerk können gemeinsam die Bedingungen schaffen, die es den Konsumenten möglich machen, Klimaneutralität zu wählen.

SBZ: Besten Dank für den Ein- und Ausblick!

Hintergrund: Martin Schulte und Moritz Küntzler arbeiten für die Strategieberatung „Oliver Wyman“. Die Erkenntnisse des Interviews basieren auf einer Verbraucherstudie, an der je 1000 Personen aus Deutschland, Spanien, Frankreich und Großbritannien online teilgenommen haben.