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Feldtest

Fraunhofer ISE: Machen Wärmepumpen in Bestandsgebäuden Sinn?

Elektrische Wärmepumpen stellen im Neubau inzwischen die dominierende Heiztechnologie dar. Doch auch in Bestandsgebäuden funktionieren die Wärmeerzeuger zuverlässig und sind ökologisch vorteilhaft. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Solare Energie­systeme ISE. Die Ergebnisse des Abschlussberichts liegen nun vor.

Fast jeder zweite Neubau heizt inzwischen mit einer Wärmepumpe. Im Jahr 2019 entschieden sich 46 % der Gebäudeeigentümer für eine Wärmepumpe zur Bereitstellung von Heizwärme und Warmwasser. Klar ist: In neuen Häusern sorgen sie effizient und damit ökologisch für Wärme. Ob sie auch in älteren Wohngebäuden genügend Wärme liefern und CO2-Emissionen einsparen, dazu lagen lange keine systematisch ermittelten Erkenntnisse vor. Für die Wärmewende ist dies jedoch zentral, denn ihr Erfolg hängt maßgeblich von der Sanierung des Gebäudebestandes und dem Einsatz einer klimaschonenden Wärmebereitstellung ab. Der Gebäudebestand benötigt rund 30 % des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland.

Wärmepumpen: Zuverlässig und klimaschonend

Wärmepumpen-Know-how bei Herstellern und Installateuren gewachsen

Mit der Ungewissheit ist nun Schluss. „Die Wärmepumpen in unserem Forschungsprojekt liefern die gewünschte Wärme zuverlässig, es gab kaum Betriebsstörungen“, sagt Dr. Marek Miara, Koordinator Wärmepumpen am Fraunhofer ISE. „Offensichtliche Fehler bei der Installation oder Parametrierung der Regler traten im Vergleich zu früheren Feldtests deutlich seltener auf. Dies ist auch auf den Zuwachs von Know-how bei Herstellern und Installateuren in den letzten 10 bis 15 Jahren zurückzuführen.“ Dennoch bestehe weiteres Verbesserungspotenzial, etwa durch weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Installation und Betrieb, unterstützt durch Möglichkeiten der Digitalisierung, fügt Miara hinzu.

Insgesamt wurden 41 Wärmepumpen mit gleichem Auswertungszeitraum und einheitlicher Bilanzgrenze ausgewertet. Dabei nutzten 29 Geräte die Außenluft und 12 das Erdreich als Wärmequelle.

Bild: Fraunhofer ISE

Insgesamt wurden 41 Wärmepumpen mit gleichem Auswertungszeitraum und einheitlicher Bilanzgrenze ausgewertet. Dabei nutzten 29 Geräte die Außenluft und 12 das Erdreich als Wärmequelle.

Klimaschonender als fossile Heizungen

Klimaschonender als fossile Heizungen sind die untersuchten Wärmepumpen auch. Im Jahr 2018 lagen die auf Basis der Messungen errechneten CO2-Emissionen der vermessenen Außenluft-Wärmepumpen um 19 bis 47% niedriger, als dies bei Wärmeversorgung der gleichen Gebäude mit Gas-Brennwertheizungen der Fall gewesen wäre. Bei den Erdreich-Wärmepumpen lagen die entsprechenden Werte sogar bei 39 bis 57%. Und durch den weiteren Zubau von Windkraft und Photovoltaik werden sich die CO2-Kennwerte für den Strom weiter verbessern, sodass die CO2-Emissionen weiter sinken werden. Infolgedessen sind selbst bei einem pessimistischen Ökostromausbauszenario mittelfristig Einsparungen von mehr als 50 % zu erwarten.

Gute Jahresarbeitszahlen und niedrige Vorlauftemperaturen

Wärmepumpen analysieren

Das Fraunhofer ISE konnte 41 Wärmepumpen mit gleichem Auswertungszeitraum und einheitlicher Bilanzgrenze auswerten. Für den Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 hat das Institut 29 Außenluft-Wärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung analysiert. Die Anlagen erreichten Jahresarbeitszahlen (JAZ) von 2,5 bis 3,8. Der Mittelwert lag bei 3,1. Zwei Ausreißer mit besonders guten JAZ wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Bei den zwölf Erdreich-Wärmepumpen ermittelten die Forscherinnen und Forscher JAZ zwischen 3,3 und 4,7 bei einem Mittelwert von 4,1. Bei den Erdwärmepumpen wurde ein negativer Ausreißer nicht berücksichtigt.

Bandbreiten und Mittelwerte der Jahresarbeitszahlen sowie CO2-Emissionseinsparungen gegenüber einem Gas-Brennwertkessel.

Bild: Fraunhofer ISE

Bandbreiten und Mittelwerte der Jahresarbeitszahlen sowie CO2-Emissionseinsparungen gegenüber einem Gas-Brennwertkessel.

Viel diskutiert: Erforderliche Heizkreistemperaturen

Die maximal zur Raumheizung erforderlichen Vorlauftemperaturen lagen für die 27 Außenluft-Wärmepumpen im Mittel bei knapp 44 °C, bei den elf Erdreich-Wärmepumpen waren es etwas über 45 °C (jeweils ohne Ausreißer). „Für Bestandsgebäude werden oft die erforderlichen Heizkreistemperaturen im Normauslegungspunkt diskutiert, also die Heizkreistemperaturen bei sehr geringen Außentemperaturen um –12 bis –16 °C“, so Miara. Derart bitterkalte Tage treten jedoch nur äußerst selten auf. „Ausschlaggebend für die Effizienz sind daher vor allem die erforderlichen Temperaturen, wenn am meisten geheizt wird, also bei Temperaturen knapp über 0 °C“, erklärt der Wärmepumpenexperte. „Die seltenen Extreme fallen daher in der Jahresbilanz kaum ins Gewicht.“

Elektroheizstäbe selten in Betrieb

Die Energieverbräuche der Elektroheizstäbe, die bei besonders kalten Temperaturen die Wärmepumpe unterstützen, spielen bei den vermessenen Anlagen eine untergeordnete Rolle. Bezogen auf alle mit Elektroheizstab ausgestatteten Außenluft-Wärmepumpen (24 von 29) betrug der Anteil der Heizstabsarbeit 1,9%. Ein relevanter Heizstabbetrieb wurde lediglich infolge falscher Parametrierung, bei Defekten oder zum Zweck der Legionellenvermeidung gemessen. Bei den Erdreich-Wärmepumpen nahmen nur zwei von zwölf Anlagen die Heizstäbe überhaupt in Betrieb.

Gebäudealter nicht entscheidend

Wärmepumpen: Davon hängt der erfolgreiche Betrieb ab

Trotzdem ist die Nutzung von Wärmepumpen im Gebäudebestand kein Selbstläufer. „Ein erfolgreicher Betrieb hängt nicht nur von der Qualität und Effizienz der Wärmepumpe ab, sondern vor allem auch von äußeren Faktoren“, betont Marek Miara. „Dazu gehört vor allem das energetische Niveau des Gebäudes und das installierte Wärmeübergabesystem.“ Das Alter des Gebäudes ist nach den im Projekt erhobenen Daten nicht ­relevant.

Neue Heizkörper machen Umstieg auf Flächenheizsysteme unnötig

Auch ein Umstieg auf Flächenheizsysteme ist nicht zwangsläufig erforderlich, da die Ergebnisse zeigen, dass auch Heizkörper mit vergleichsweise geringen Temperaturen betrieben wurden. Auf dem Markt werden inzwischen Heizkörper angeboten, die bei gleichem Platzbedarf wesentlich geringere Heizkreistemperaturen benötigen. „Der Gesamterfolg hängt von einer guten Planung und sorgfältigen Installation ab“, resümiert Miara. Heizungsinstallateuren und Planern komme daher eine zentrale Rolle zu, so der Forscher.

Bilanzgrenze zur Berechnung der Arbeitszahlen für eine beispielhafte Anlage.

Bild: Fraunhofer ISE

Bilanzgrenze zur Berechnung der Arbeitszahlen für eine beispielhafte Anlage.

Die im Projekt untersuchten Häuser sind zwischen 15 und 170 Jahre alt. Die vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1979 errichteten Gebäude wurden in unterschiedlichem Ausmaß saniert, während die eher seltenen Sanierungsmaßnahmen bei den jüngeren Gebäuden kaum Einfluss auf die energetische Qualität der Gebäudehülle hatten. Der witterungsbereinigte spezifische Heizwärmeverbrauch aller Gebäude reicht von 50 bis 250 kWh/m²a.

Einbindung in intelligente Netze

Das Fraunhofer ISE untersuchte in dem Projekt auch die Einbindung elektrischer Wärmepumpen in ein intelligentes Stromnetz. Im Fokus standen die Funktionalitäten des SG-Ready-Labels, das Smart-Grid-fähige Wärmepumpen kennzeichnet. Simulationsrechnungen haben die Zweckmäßigkeit der intelligenten Ansteuerung bestätigt und für eine Poolgröße ab 250 Wärmepumpen eine reproduzierbare Laständerung nachgewiesen. Im Rahmen der Felduntersuchung von neun via SG-Ready angesteuerten Wärmepumpen konnten die technische Implementierung erprobt und die Einflüsse der smarten Regelansätze sowie der Eigenschaften der Anlagen auf die Lastverschiebung ermittelt werden.

Neues Monitoringprojekt angelaufen

Von 2020 bis 2022 wird das Institut noch einmal drei weitere Jahre Wärmepumpen-­Know-how sammeln: Anfang des Jahres startete das neue Forschungsprojekt „WP-Qualitätssicherung im Bestand“. Unter der Leitung des Fraunhofer ISE findet mit vielen Partnern eine Feldmessung mit bis zu 100 Elektro-Wärmepumpen im Einfamilienhausbestand statt. Im Mittelpunkt steht die Qualitätssicherung für einen effizienten Wärmepumpenbetrieb. Interessierte Hauseigentümer konnten sich bis Ende September 2020 registrieren. Gesucht wurden Gebäude, die vor 1995 errichtet wurden.

Bild: Fraunhofer ISE

Info

Feldtest über fünf Jahre

In dem Projekt „WPsmart im Bestand“ untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer ISE 56 bestehende Gebäude mit Wärmepumpen. Die Geräte funktionierten meist einwandfrei, beim Betrieb kam es nur selten zu Störungen. Die auf Basis der Messungen errechneten CO2-Emissionen lagen im Vergleich zu Erdgas-Brennwertheizungen um 19 bis 57 % niedriger. Wie auch im Neubau wird die Effizienz maßgeblich von der erforderlichen Heizkreistemperatur beeinflusst, die aufgrund der unterschiedlichen spezifischen Heizwärmebedarfe und Wärmeübergabesysteme eine große Bandbreite aufweist.

Das Monitoringprojekt lief über fünf Jahre bis Mitte 2019 und wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziell gefördert (FKZ: 03ET1272A). Projektpartner waren die Wärmepumpenhersteller ait-deutschland, Bosch Thermotechnik, Glen Dimplex, Heliotherm, Weishaupt, Stiebel Eltron, Vaillant und Viessmann sowie die Energieversorger Elektrizitätswerke Mittelbaden, die Lechwerke und die Stadtwerke Stuttgart.

Der Abschlussbericht kann unter www.ise.fraunhofer.de im Bereich Forschungsprojekte heruntergeladen werden.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe 12-2020 der SBZ unter dem Titel „Nicht nur für den Neubau.“

 

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