Im Oldenburgischen Donnerschwee-Viertel wurden zwei Gebäude neu errichtet. Der energetische Gebäudestandard ist dort hoch, hier wird bereits seit 2019 KfW 40 gebaut, was bekanntlich erst im Jahr 2022 zur Förderpflicht wurde. Teil des Energieversorgungskonzepts der beiden Neubauten ist, eine hohe solare Deckungsrate bei der Heizungs- und Warmwasserversorgung zu erzielen. Für die Häuser ist eine Rate von 30 % angepeilt, die mit Compound-Parabolic-Concentrator-Röhrenkollektoren – kurz CPC‑Röhren – erreicht werden soll. Verantwortlich für die Planung und Ausführung der Heizung und Warmwasserversorgung ist WeserSolar aus Hude in Niedersachsen. Das Unternehmen hat sich auf erneuerbare Energien spezialisiert und ist unter anderem Systemanbieter für solarthermische Röhrenkollektoren.
Solarkonzept mit Röhrenkollektoren
Gegenüber den weit verbreiteten Flachkollektoren sind CPC-Röhren zwar teurer in der Anschaffung, dafür ist ihr Ertrag höher. Röhrenkollektoren sind eineinhalb Mal so effizient bei der Warmwassergewinnung wie Flachkollektoren. Vorteil der CPC-Röhren ist, dass sie nicht nur in den Sommermonaten, sondern auch in den Übergangszeiten und im Winter bei diffusen Lichtverhältnissen vergleichsweise hohe Energieerträge erzielen. Verantwortlich sind hierfür Parabolspiegel, die unterhalb der Vakuumröhren platziert sind. Sie reflektieren die Sonnenstrahlen unabhängig vom Sonnenstand in die Röhren.
Im ersten oldenburgischen Bauabschnitt mit seinen 11 Wohneinheiten beträgt die Kollektorfläche 40,96 m². Im zweiten Bauabschnitt weist die Fläche für 22 Wohneinheiten insgesamt 70,04 m² auf. Somit ergeben sich für das erste Haus 3,7 m² und für das zweite Haus rund 3,2 m² Kollektorfläche pro Wohneinheit.
Dieser Wert ist komfortabel, wenn man bedenkt, dass die meisten Einfamilienhäuser nach KfW in der Vergangenheit häufig nur mit zwei Standard-Flachkollektor-Modulen belegt wurden.
Individuelle Pufferspeichergrößen
Allerdings stellt die Kollektorgröße nur einen Teil der Gleichung dar, denn um das Solarpotenzial nutzen zu können, sind verhältnismäßig große Pufferspeicher notwendig. Welche Größe angemessen ist, richtet sich danach, wie lange die Wärme bevorratet werden soll und worin der Zusatznutzen einer beispielsweise größeren Dimensionierung bestehen soll. In Oldenburg wurde im ersten Haus ein Speicher mit 2,80 m3 und im zweiten Haus ein weiterer mit 5,95 m3 Volumen installiert. Die Pufferspeicher wurden vom Speicherhersteller Unitec individuell gefertigt. Ziel ist es, die Heizungs- und Warmwasserversorgung von Mai bis Oktober mit Solarthermie bereitzustellen. Bei Unterdeckung und zur Spitzenlastdeckung greifen Gas-Brennwertkessel von Brötje ein. Im ersten Bauabschnitt wurde ein Kessel WGB 38 installiert und im zweiten Abschnitt werden zwei weitere Kessel WGB 38 in Form einer Kaskade eingebaut.
Komponenten von PAW
Zur weiteren technischen Ausführung der Wärmeversorgung wurden zudem Komponenten von PAW verwendet. Zur Steuerung der Solarerträge in den Pufferspeichern wurden ein sowie zwei „SolarBloC maxi Basic“ installiert. Sie weisen als Anschluss DN 25 auf. Der „SolarBloC“ kann sowohl als Low-Flow-System (= 0,25 l/min je m² Kollektorfläche, bis 125 m² Kollektorfläche) und auch als High-Flow-System (= 0,5 l/min je m² Kollektorfläche, bis 80 m² Kollektorfläche) betrieben werden.
Hintergrund: Kollektoren unterschiedlicher Bauart benötigen bei gleicher Kollektorfeldgröße sehr unterschiedliche Volumenströme zum störungsfreien und effektiven Betrieb. Einfluss hierauf nimmt auch die hydraulische Verschaltung. Solarsysteme werden deshalb in High-Flow- und Low-Flow-Systeme eingeteilt. In beiden Bauvorhaben in Oldenburg laufen die Anlagen im High-Flow-Betrieb.
Hygienische Frischwasserstationen
Aufgrund der verbauten Frischwasserstationen erübrigt es sich, mit einem großen Brauchwasserspeicher Warmwasser auf hoher Temperatur auf Vorrat zu halten. Zudem gewährleisten sie eine hygienische Warmwasserbereitstellung ohne Gefahr von Legionellenbildung. Für die Warmwasserversorgung installierte WeserSolar die Frischwasserstationen „FriwaMaxi“ (PAW) inklusive Zirkulation. Mit den Frischwasserstationen werden in dem Wohnungsbauprojekt außerdem niedrige Temperaturen im Rücklauf erzeugt, die sich vorteilhaft auf die Solaranlage auswirken, die den Speicher von unten aufwärmt.
Erste Werte aus der Praxis
Obwohl die Dauer der Sonneneinstrahlung im Jahr 2021 überragend war, erbrachte die mit dem Simulationsprogramm „Polysun“ (www.velasolaris.com) durchgeführte Solarertragsberechnung, dass die für beide Oldenburger Häuser ins Auge gefasste solare Deckungsrate von 30 % nicht erreicht wurde. Ein möglicher Grund könnte sein, dass der tatsächliche Gasverbrauch in jenem Jahr deutlich höher lag als der Wert, der über die Berechnung der Energie-Einspar-Verordnung der Bundesregierung (EnEV) eingestellt wurde. Daraufhin wurde für 2022 von einem höheren Gasverbrauch ausgegangen, um realistische Werte zu erhalten.
Es wurde zudem festgestellt, dass im Dezember 2021 und im Januar 2022 kaum Solarerträge vorhanden waren, was auch daran liegt, dass sich die Bewohner sofort melden würden, wenn die Heizung im Winter bei beispielsweise 5 °C Außentemperatur nicht mit einem Vorlauf von 55 bis 60 °C und mit einem Rücklauf von 50 °C fährt.
Dieses Vorgehen bei der Temperatureinstellung erfolgte bereits im ersten Bauabschnitt in Abstimmung mit den Bewohnern.
Dadurch hätte der Speicher im unteren Bereich meist schon eine Temperatur von 50 °C, sodass die Solaranlage gar nicht erst aktiv wird. Das liegt allerdings am Nutzerverhalten der Bewohner und ist eher der Ausnahmefall. Die Auswertung der ersten Zahlen aus der Praxis läuft aktuell noch und wird verdeutlichen, an welchen Stellschrauben möglicherweise nachjustiert werden darf.
Einsparungen in Zahlen
Mit folgenden Ertragswerten wird für 2022 gerechnet: Der solare Deckungsanteil könnte im ersten Gebäude des sozialen Wohnungsbaus insgesamt 25,3 % betragen. Hiervon beträgt der Deckungsanteil des Warmwassers 36,9 % und der Deckungsanteil der Heizung 18,6 %. Dagegen könnte der angepeilte Wert im zweiten Gebäude fast erreicht werden – hier wird ein solarer Deckungsanteil von insgesamt 29 % prognostiziert, wobei 44,2 % auf Warmwasser und 16,1 % auf die Heizung entfallen.
Die Heizanteile sind darauf zurückzuführen, dass keine Fußbodenheizungen verbaut wurden. Es darf angenommen werden, dass die Heizanteile mit einem solchen Verteilsystem höher ausfallen könnten.
Das oldenburgische Wohnungsbauprojekt zeigt, dass es sich lohnt, die Wohnungen entsprechend dem neuen deutschen Energiesystem auszustatten. Die Planer prognostizieren, dass rund 1570 m3 Erdgas pro Jahr im ersten Gebäude und etwa rund 2800 m3 im zweiten Haus über die Solarthermie eingespart werden kann. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag, um Wohnen bezahlbar zu halten.