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Wärmepumpen neu denken

Was bringen die neuen Kältemittel?

Inhalt

Wärmepumpen sind ein integraler Bestandteil in der Erreichung der EU-Klimaziele sowie der Verträge von Paris. Sie können beim Betrieb mit erneuerbarem Strom die CO2-Emissionen im Bereich Gebäudeheizung und Warmwasserbereitstellung auf ein Minimum reduzieren. Die Wärmepumpentechnologie erfordert jedoch den Einsatz von Kältemitteln, welche durch ihre physikalischen Eigenschaften den Energietransport aus der Umwelt in die Gebäude ermöglichen.

Heute besteht noch ein Großteil dieser Kältemittel aus Fluorkohlenwasserstoffen, die eine hervorragende Wärmeübertragung ermöglichen, aber auch Treibhausgas-Eigenschaften besitzen, sollten sie in die Umwelt gelangen. Daher hat die EU 2012 die F-Gase-Verordnung eingeführt, die Kältemittel mit hohen Treibhausgaspotenzial bis 2030 durch klimafreundliche Kältemittel ersetzen soll.

Kältemittel zum Einsatz in Wärmepumpen

Grundsätzlich gibt es natürliche und chemische Kältemittel. Natürliche Kältemittel sind Stoffe, die in der Natur vorkommen, wie zum Beispiel CO2, Propan und Ammoniak. Chemische Kältemittel dagegen werden künstlich hergestellt und bestehen aus diversen Verbindungen von Kohlenwasserstoffen und Fluor. Ein wesentlicher Vorteil der natürlichen Kältemittel ist, dass sie wenige bis keine Treibhausgas-Eigenschaften haben. Allerdings gibt es auch Nachteile, wie die eingeschränkte Anwendung, Toxizität oder Brennbarkeit.

Chemische Kältemittel sind speziell entwickelt, um den größtmöglichen Nutzen im Kältekreis im Hinblick auf Effizienz und Einsatzgrenzen zu bieten. Nachteilig sind jedoch ihre hohen Treibhausgas-Eigenschaften und ihre Brennbarkeit.

Unter Berücksichtigung der F-Gase-Verordnung werden aktuell neue Kältemittel entwickelt, die einen geringeren Treibhaus­effekt haben. Allerdings weisen sie bezüglich ihrer Treibhausgas-­Eigenschaften immer noch einen „Global Warming Potential (GWP)“-Wert zwischen 150 und 700 auf, verglichen mit CO2. Das heißt: 1 kg Kältemittel hat einen um den beschriebenen Faktor höheren Treibhauseffekt als 1 kg CO2.

Die Füllmenge einer Heizungswärmepumpe für Einfamilienhäuser liegt normalerweise bei 2 kg Kältemittel. Unter normalen Betriebsbedingungen verbleibt es während der gesamten Lebensdauer der Wärmepumpe im Kältekreis und wird anschließend recycelt. Nur in Ausnahmefällen gelangen Teile des Kältemittels in die Atmosphäre.

Hinzu kommt, dass auch die neuen chemischen Kältemittel meist brennbar sind, was Einschränkungen in der Anwendung zur Folge hat – auch wenn die Brennbarkeit geringer ist als z. B. beim natürlichen Kältemittel Propan (R290).

Die Kältemittel der Zukunft im Fokus

Die Implementierung neuer Kältemittel bedingt einen großen Entwicklungsaufwand. Man kann hierbei nicht auf gewohnte und etablierte Komponenten wie Kompressoren zurückgreifen, wie man sie bei einem Produktupdate nutzen kann. Die Hersteller sind vielmehr auf eine vollständige Neuentwicklung der Wärmepumpe angewiesen.

So erfordert die Brennbarkeit der Kältemittel sowohl bei natürlichen als auch bei chemischen Kältemitteln umfassende Änderungen aller elektrischen Komponenten, da diese keine Zündquellen für eventuell austretende Kältemittel darstellen dürfen. Darüber hinaus ist das thermodynamische Verhalten aller Kältemittel unterschiedlich, sodass auch im Bereich Steuerung und Kontrolle des Kältekreises eine neue Regelungssoftware benötigt wird. Alle neuen Komponenten müssen dann auch entsprechend qualifiziert werden.

Bezüglich Qualität und Sicherheit setzt sich zum Beispiel die Heizungsmarke Bosch hohe Standards. Während und nach der Entwicklungsphase bedarf es umfangreicher Tests, um mit der Nutzung neuer Kältemittel einerseits die gewünschte Funktion sicherzustellen, aber vor allem die Sicherheit in allen Betriebszuständen zu gewährleisten.

Um die Zufriedenheit der Kunden und Installateure langfristig zu garantieren, legt der Hersteller Bosch großen Wert darauf, die Wärmepumpen in Bezug auf die Einfachheit der Installation, die Dimensionierung und den Bedienungskomfort den heute bereits etablierten Gas- und Öl-Brennwertgeräten anzugleichen.

Künftige Strategie bei Kältemitteln und Systemen

Wie sieht die Kältemittelstrategie von Bosch aus? Mittelfristig wird der Umstieg auf natürliche Kältemittel wie Propan (R290) in jenen Bereichen anvisiert, wo es die gesetzlichen Vorschriften erlauben. Und dort, wo die Anforderungen mit R290 nicht erfüllt werden können, sollen chemische Kältemittel mit sehr niedrigem Treibhauseffekt genutzt werden.

Weil R290 als natürliches Kältemittel lediglich einen sehr niedrigen GWP-Wert von 3 besitzt, wird seine Verwendung von der F-Gase-Verordnung nicht eingeschränkt. Aufgrund seiner positiven thermodynamischen Eigenschaften ist R290 aus Sicht von Bosch das zukunftsfähigste Kältemittel.

Der Einsatz von R290 gestattet sehr hohe Vorlauftemperaturen, um z. B. bestimmte Heizkörpersysteme im Wohnungsbestand zu bedienen und einen sehr hohen Trinkwasserkomfort zu ermöglichen. Das Effizienzpotenzial ist im Vergleich zu den bisherigen Kältemitteln höher und der Einsatz in der Supermarktkühlung bereits etabliert. Die Brennbarkeit ist eine Herausforderung, die durch aktuelle Normen und Richtlinien sehr sicher gelöst ist.

Die Strategie von Bosch für die jeweiligen Produktsegmente ist definiert und erste Produkte sind bereits in der Entwicklung. Für das Jahr 2022 ist der Verkaufsstart von Luft/Wasser-Wärmepumpen mit R290 geplant.

Im Bereich Luft/Wasser-Split-Wärmepumpen, wo die Verwendung von R290 aufgrund von Brennbarkeit nicht möglich ist, setzt der Hersteller vorerst auf die chemischen Kältemittel R32 und R410A. Mittelfristig will man aber auch hier auf Kältemittel mit niedrigem GWP umsteigen, falls es die Nutzung im Split-Segment zulässt. Selbiges wird für das Sole/Wasser- und Abluft-Wärmepumpensegment geplant.

Das Unternehmen geht auch im Bereich der Systemkompatibilität durch konsequente Modularisierung neue Wege. So vereinfachen z. B. die neue Regelungseinheit und die gesteigerte Konnektivität die Installation, Bedienung sowie Service und Ferndiagnosen. Des Weiteren sind Kombinationen von Wärmepumpen mit dem Bosch Energiemanager, Lüftungsanlagen und der Elektrifizierungsperipherie, wie Batteriespeicher und Photovoltaikanbindung, verfügbar.

Ein Technologieausblick auf 2022: Die Luft/Wasser-Wärmepumpe Compress 5800i AW wird mit dem natürlichen Kälte­mittel R290 (Propan) ­betrieben.

Bild: Bosch

Ein Technologieausblick auf 2022: Die Luft/Wasser-Wärmepumpe Compress 5800i AW wird mit dem natürlichen Kälte­mittel R290 (Propan) ­betrieben.

Autoren

Marco Bastian 
ist Business Owner Residential Heating Electrification South Europe bei der Bosch Thermotechnik GmbH.

Andreas Bühring 
ist Leading Manager Refrigerant Circuit Technologies bei der Bosch Thermotechnik GmbH,

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