Trotz des milden Winters 2021/22 kommen auf Haushalte in Deutschland hohe Nachzahlungen fürs Heizen zu. Bei Öl-Heizungen wird ein Plus von 75 % erwartet (Musterhaushalt). Bei Gaskunden in der Grundversorgung sind die stark gestiegenen Energiepreise noch nicht durchgeschlagen, sie müssen im Schnitt 15 % höhere Kosten tragen.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes war der zurückliegende Winter einer der wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung. So ist zwischen September 2021 und April 2022 der Heizbedarf gesunken: Ein Musterhaushalt (Methodik siehe unten) im Einfamilienhaus musste im Vergleich zum Vorjahreszeitraum rund 5 % weniger Heizenergie aufwenden.
Heizöl: Kostenplus von 75 %
Berechnungen des Vergleichsportals Verivox zeigen, dass Gebäude mit Öl-Heizung von der milden Witterung jedoch nicht profitieren konnten. Trotz gesunkenem Bedarf stiegen die durchschnittlichen Kosten in der aktuellen Heizperiode (September 2021 bis April 2022) „explosionsartig“ auf 1822 Euro an. Das Heizen mit Öl verteuerte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 75 %. Das entspricht Mehrkosten von rund 781 Euro/a. Bei einem realen Haushalt kann der Unterschied in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Heizöleinkaufs in beide Richtungen erheblich abweichen.
Die Heizölpreise in Deutschland sind eng gekoppelt an die Entwicklung auf dem Weltmarkt. Nach der Corona-Delle ist die globale Nachfrage nach Mineralöl regelrecht nach oben geschossen und hat die Ölpreise auf die Höchststände von 2014 getrieben. Der Russland-Ukraine-Krieg hat die Preise zusätzlich befeuert. Die für Europa wichtige Rohölsorte Brent legte in den vergangenen 12 Monaten um über 55 % zu. Seit dem Preistief im April 2020 hat sich der Ölpreis mehr als versechsfacht. Mit dem sich gerade konkretisierenden Öl-Einfuhrverbot gegen Russland werden zusätzliche Kosten entstehen, die sich auf die künftige Preisentwicklung auswirken werden.
Gaskunden in der Grundversorgung zahlen 15 %
Auch Verbraucher in der Grundversorgung bleiben von Kostensteigerungen nicht verschont. Eine Musterhaushalts-Familie mit Gas-Heizung bezahlte für ein warmes Zuhause in der Heizperiode 2021/22 bisher durchschnittlich 1613 Euro. Die Heizkosten für die Monate September bis April stiegen damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15 %. Die Gasrechnung fällt rund 213 Euro höher aus. Neukunden müssen allerdings mit deutlich höheren Preisaufschlägen von rund 95 % rechnen.
Gasversorger müssen derzeit deutlich höhere Beschaffungskosten tragen als noch vor einem Jahr. Der vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erhobene Importpreis für Erdgas ist im Jahresvergleich um 205 % gestiegen. Dieses Preisplus im Großhandel erreicht am langen Ende auch die privaten Haushalte: In der regionalen Grundversorgung kostet eine Erdgas aktuell durchschnittlich 10,57 Ct/kWh. Im Mai 2021 belief sich der Preis noch auf 7,58 Ct/kWh. Damit hat sich Gas innerhalb eines Jahres um rund 39 % verteuert. Über alle Tarife (Verivox Verbraucherpreisindex) sind die Preise sogar um 111 % gestiegen.
Methodik
Die Gaspreise entsprechen den durchschnittlichen Kosten von Bestandskunden in der regionalen Grundversorgung. Die Heizölpreise hat Verivox vom Statistischen Bundesamt übernommen. Der Musterhaushalt entspricht einer drei- bis vierköpfigen Familie in einem freistehenden Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20 000 kWh (Basisjahr 2011). Betrachtet wurden die Heizmonate September bis einschließlich April.
Für die Berechnung des Heizbedarfs wurden die Gradtagzahlen des Deutschen Wetterdienstes herangezogen. Mithilfe der Gradtagzahlen wird die Differenz zwischen Innentemperatur (20 °C) und Außentemperatur ermittelt, sobald die durchschnittliche Tagesaußentemperatur unter 15 °C liegt. ■
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