Ein Einleiten von Abwasser über undichte Rohrleitungen in den Untergrund und in das Grundwasser ist nach § 48 WHG nicht statthaft, wenn von einer nachteiligen Veränderung der Grundwassereigenschaften auszugehen ist. Erdverlegte Abwasserleitungen müssen deshalb grundsätzlich dicht sein. Die regelmäßigen Dichtheitsprüfungen erfolgen entweder mit Wasser oder Luft.
Als normative Grundlagen gelten die DIN EN 1610 „Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen“ und die DIN 1986-30 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 30: Instandhaltung“. Dabei sind in der DIN 1986-30 die wiederkehrenden Prüfungen von in Betrieb befindlichen Entwässerungsanlagen geregelt, während die DIN EN 1610 für neu errichtete Anlagen gilt. Die darin enthaltenen Vorgaben bezüglich der Dichtheitsprüfung fokussieren ausschließlich die Grundleitungen außerhalb des Gebäudes.
Für Installationen im Gebäude gibt es keine normativen Vorgaben zur Dichtheitsprüfung von Abwasser- und Regenwasserleitungen. Dennoch kann in Einzelfällen eine Dichtheitsprüfung im Rahmen der Installation vom Bauherrn gefordert und ausgeschrieben sein, beispielsweise bei Leitungsführungen durch Gebäude oder Räume mit besonders schützenswerten Gütern. Auch können Versicherer im Rahmen der vertraglichen Ausgestaltung einer Schadensversicherung diese Forderung erheben.
Anwendung nach BTGA-Regel
Um die normative Lücke zu schließen und klare Vorgaben für den Gebäudebereich zu beschreiben, hat der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e. V. (BTGA) im Jahr 2020 die BTGA-Regel 5.005 „Dichtheitsprüfung von Schmutz- und Regenwasserleitungen innerhalb von Gebäuden“ erstellt. In Kooperation mit Herstellern, ausführenden Unternehmen und unter wissenschaftlicher Begleitung wurden Grundlagen zur Durchführung einer solchen Dichtheitsprüfung in Bezug auf Prüfdruck und Prüfzeit geschaffen. Dazu fanden umfangreiche Untersuchungen mittels speziell angefertigter Prüfstände statt.
Aufgrund der Betriebsweise von innen liegenden Schmutz- und Regenwasserleitungen unterscheidet sich deren Dichtheitsprüfung grundsätzlich von der Dichtheitsprüfung bei Trinkwasser-Installationen oder geschlossenen Wasserkreisläufen. Mit Ausnahme von Unterdruck-Dachentwässerungssystemen werden Abwasseranlagen innerhalb von Gebäuden teilgefüllt nach dem Schwerkraftprinzip betrieben. Zudem besitzen sie häufig eine Vielzahl offener Leitungsenden zu den sanitären Einrichtungsgegenständen oder offene Übergänge zu Grundleitungen und Schacht- oder Kanalanlagen. Der größtmögliche Überdruck in einer Abwasseranlage entsteht nicht im regulären Betrieb, sondern durch Rückstau oder Verstopfung mit der Folge einer Vollfüllung der Leitungsanlage bis zum Erreichen einer Leitungsöffnung.
Praxisgerechte Prüfverfahren
Bei der Erstellung der BTGA-Regel wurde darauf geachtet, dass die Prüfung praxisgerecht und mit überschaubarem Aufwand durchgeführt werden kann. Durch die Wahl der Prüfverfahren wurde insbesondere berücksichtigt, dass der Aufwand der Dichtheitsprüfung nicht den Aufwand der Leitungsinstallation übersteigt. Die ausführenden Unternehmen sollten mit dem Verfahren eine klar kalkulierbare Leistungsposition erhalten.
Des Weiteren musste sichergestellt werden, dass das Verfahren für die heute vorwiegend installierten Stecksysteme angewendet werden kann und kein zusätzlicher Befestigungsaufwand für die Rohrleitungen entsteht. Die Anwendbarkeit und Aussagekraft der Prüfverfahren wurden in einem Prüfstand bei Geberit verifiziert (Bild A). Die BTGA-Regel 5.005 unterscheidet drei Prüfverfahren:
Sichtprüfung
Die Sichtprüfung sollte insbesondere bei den Leitungsteilen durchgeführt werden, wo aufgrund einer Vielzahl von Leitungsöffnungen nur unter erhöhtem Aufwand eine Dichtheitsprüfung mit Luft oder Wasser realisiert werden kann. Das ist beispielsweise bei Einzel- und Sammelanschlussleitungen der Fall. In wenig sensiblen Bereichen ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten (Verhältnismäßigkeit von Zeit- und Kostenaufwand) mit dem Auftraggeber abzustimmen, ob eine Sichtprüfung ausreichend ist. Im Rahmen der Sichtprüfung werden die system- oder herstellerspezifischen Verlege-, Befestigungs- und Rohrverbindungsvorgaben überprüft.
Dichtheitsprüfung mit Luft
Entgegen der DIN 1986-30 sieht die BTGA-Regel 5.005 kein Prüfverfahren mit Unterdruck vor, da die heute in Steckverbindungen vorwiegend eingesetzten Lippendichtungen auf die Abdichtung gegen Überdruck konstruiert und optimiert sind. Der Prüfdruck wird unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten mit einer Wartezeit zum Temperaturausgleich über eine Pumpe oder einen Kompressor aufgebracht. Die Begrenzung der Prüfabschnitte erfolgt durch Rohrdichtkissen oder durch Verschlüsse an den Leitungsenden.
Bild B zeigt beispielhaft, wie der Prüfdruck über die Reinigungsöffnung einer Fallleitung aufgebracht werden kann. Für innen liegende Abwasserleitungen beträgt der Prüfdruck 50 hPa. Die Prüfzeit von 30 Minuten beginnt nach Erreichen eines stabilen Prüfdrucks (Bild C). Der gewählte Prüfdruck von 50 hPa mag zu gering erscheinen und Fragen aufwerfen, zumal Abwasserleitungen nach DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“ einem inneren und einem äußeren Überdruck von 500 hPa standhalten müssen. Die Festlegung des Prüfdrucks auf 50 hPa stammt aus den Erkenntnissen im Prüfstand.
Im Prüfaufbau wurde festgestellt, dass ohne Änderung der allgemeinen Befestigungsregeln oder ohne zusätzliche Sicherung der Rohrverbindung (z. B. durch eine Haltekralle) der Prüfdruck auf 50 hPa begrenzt werden muss, da sonst die Gefahr des Auseinandergleitens von Komponenten oder des Verbiegens von Befestigungselementen besteht. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass dieser Prüfdruck völlig ausreicht, um eine fehlerhafte Rohrverbindung zu detektieren.
Dichtheitsprüfung mit Wasser
Bei der Dichtheitsprüfung mit Wasser handelt es sich um eine hydrostatische Prüfung, bei der die Rohrleitungen bis zu einer bestimmten Höhe mit Wasser gefüllt werden. Der maximale Druck der Wassersäule wirkt auf den tiefsten Punkt des Prüfabschnitts, das entspricht der Situation einer Vollfüllung bei Rückstau.
Bei der Auswahl der Prüfabschnitte müssen die Herstellervorgaben hinsichtlich der maximal zulässigen Druckbeaufschlagung der Bauteile eingehalten werden. Der Druckaufbau kann analog zur Dichtheitsprüfung mit Luft über die Verschlusskappe einer Reinigungsöffnung aufgebracht werden (Bild D).
Gut anwendbar und verlässlich
Festzuhalten ist der Grundsatz, dass innen liegende Abwasser- und Regenwasserleitungen nicht zwingend auf Dichtheit geprüft werden müssen. Eine Prüfung sollte nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen, wenn besonders sensible Bereiche einen erhöhten Schutz erfordern, beispielsweise in der Lebensmittelverarbeitung, in Archiven oder in Serverräumen. Insbesondere muss die Verhältnismäßigkeit von Zeit- und Kostenaufwand berücksichtigt werden. Die Praxiserfahrungen nach Veröffentlichung der BTGA-
Regel 5.005 haben gezeigt, dass die Vorgaben leicht umzusetzen sind und – der wichtigste Punkt – etwaige Undichtigkeiten frühzeitig erkannt werden. Die Dichtheitsprüfung lässt sich mit ihren Prüfkriterien sowohl in der Planung als auch in der Durchführung gut anwenden und kann als verlässliches Verfahren bezeichnet werden.