Abwasserkanäle sind leider mit einigen Risiken behaftet. Eine erhebliche Rolle spielen hier die Einbauqualität und das Alter der Kanalisation. Je älter eine Abwasserleitung, desto höher die Gefahr von Verschleiß und Korrosion. Darüber hinaus gibt es den Einwuchs von Wurzeln und Ablagerungen in Rohrsystemen. In Form einer Exfiltration hat das enorme Konsequenzen für Mensch und Umwelt, denn Abwasser aus undichten oder gebrochenen Stellen dringt in Boden und Grundwasser ein. Das gefährdet auch die Trinkwasserversorgung. Im klassischen Rückstaufall führt das anstehende Wasser aus der öffentlichen Kanalisation zur Überflutung des Kellers mit Abwasser. Das Problem: Nach Erfahrungen des Entwässerungsspezialisten Kessel sind nur rund 30 % der Gebäude in Deutschland überhaupt gegen Rückstau gesichert.
Gebäudeeigentümer überzeugen
Um dies zu ändern, sind Installateure und Planer gefordert. Zunächst mit Beratungs- und Überzeugungsarbeit dem Eigentümer gegenüber. Denn sicheren Schutz gegen eindringendes Wasser in Wohnhäusern bieten lediglich Rückstauverschlüsse, Hebeanlagen und Hybrid-Hebeanlagen. Zudem fordert die Entwässerungssatzung explizit, dass Eigentümer für einen zuverlässigen Rückstauschutz zu sorgen haben. Entsprechend zahlen Versicherungen bei einem Rückstauereignis durch eindringendes Abwasser in der Regel nicht, wenn kein oder ein unzureichender Rückstauschutz verbaut wurde.
Bei Starkregen kann es zum Rückstau bis zur Rückstauebene kommen. Ist örtlich nichts anderes festgelegt, gilt nach DIN EN 12056 „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden“ die Straßenoberkante an der Anschlussstelle als Rückstauebene. Bei fehlender Rückstausicherung werden dann alle unterhalb der Rückstauebene liegenden Räume geflutet.
Richtige Lösung wählen
Zur Sicherung gegen hereindrückendes Wasser stehen Rückstauverschlüsse und klassische Abwasserhebeanlagen sowie die Hybridvariante zur Auswahl. Welche Lösung die richtige ist, hängt in erster Linie von den örtlichen Gegebenheiten ab. Wichtig ist die Abwasserart, die in den Kanal abläuft – also Grauwasser oder Schwarzwasser. Handelt es sich um fäkalienhaltiges Schwarzwasser, muss auch der eingesetzte Rückstauschutz dafür zugelassen sein.
Rückstauverschlüsse funktionieren wie ein Rückflussverhinderer. Bei Entwässerung drückt das Abwasser zwei Pendelklappen auf. Bei Rückstau hingegen sind die selbsttätig schließenden Klappen dicht verschlossen. Für ihre Verwendung als Rückstausicherung formuliert die DIN EN 12056‑4 als Voraussetzungen, dass ein Gefälle zum Kanal bestehen muss, die Räume nur untergeordnet genutzt werden, der Benutzerkreis der Anlage klein sein muss, ein zusätzliches WC oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung steht und im Rückstaufall auf die Benutzung der Ablaufstelle verzichtet werden kann.
Moderne Rückstauverschlüsse für fäkalienhaltiges Abwasser setzen auf zusätzliche Sicherheit. Hier sind die Klappen im Normalbetrieb vollständig geöffnet. Bei Rückstau lösen die Geräte mittels Signalgeber akustischen und optischen Alarm aus und verschließen die Klappen motorisch – mittels einer Batteriepufferung auch bei Stromausfall.
Nur wenn die Ablaufstelle unterhalb des Kanalniveaus liegt, wird eine Hebeanlage benötigt. Sie sammelt das anfallende Abwasser unterhalb der Rückstauebene in einem Behälter. Erreicht das Abwasser einen bestimmten Wasserstand im Behälter, fördert eine Pumpe es über eine Rückstauschleife in den Kanal. Neben dem Angebot für den häuslichen Bereich gibt es auch XL-Hebeanlagen für Industrie, Gewerbe und Kommunen.
Auch wenn freies Gefälle zum Kanal besteht und eigentlich ein klassischer Rückstauverschluss eingesetzt werden könnte, werden häufig Hebeanlagen eingebaut. Das ist bei rund 30 bis 40 % der konventionellen Hebeanlagen am Markt der Fall. Dieser Anteil könnte jedoch durch eine hybride Lösung ersetzt werden. Die Funktionsweise: Während im Normalbetrieb das Gefälle zum Kanal genutzt wird, pumpen die Anlagen bloß im Rückstaufall das Abwasser in den Kanal.
Dadurch sind die Hybridlösungen nachhaltig, sicher und wartungsarm. Die Anlagen sparen Strom und Ressourcen, indem sie bis zu 90 % weniger Energie verbrauchen. Ihr großer Vorteil im Vergleich zu den herkömmlichen Hebeanlagen liegt darin, dass Hybridvarianten durch das natürliche Gefälle auch bei Stromausfall weiter entwässern können. Ein Beispiel für eine Hybrid-Hebeanlage ist Ecolift. Die größere Ausführung ist mit einer Leistung von bis zu 4,5 kW auch für gewerblich genutzte Gebäude und Mehrfamilienhäuser geeignet.
Einbau nur durch Fachkundige
Der fachkundige Einbau einer sicheren Rückstaulösung braucht einen Profi. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass ausnahmslos die Ablaufstellen vor Rückstau geschützt werden, die tatsächlich vom Rückstau betroffen sein können. Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene würden sonst bei geschlossener Sicherung in den eigenen Keller entwässern. Das weitaus größere Problem entsteht, wenn Regenflächen über Rückstausicherungen entwässert werden. Denn dann wird das Abwasser der beregneten Fläche im Rückstaufall in den Keller umgeleitet.
Ausschlaggebend für die Einbauvariante und die Installation von Rückstausicherungen sind die baulichen Voraussetzungen. So gibt es Produktlösungen, die in frei liegende Rohrleitungen eingesetzt werden können. Auch der Einbau in die Bodenplatte ist möglich. Moderne Unterflursysteme verfügen dazu über ein integriertes, stufenlos höhenverstellbares Aufsatzelement zum Einbau, auch mit der Möglichkeit des dichten Verbaus in wasserundurchlässigen (WU-)Beton. Mit einer befliesbaren Abdeckung sind diese Lösungen kaum zu erkennen.
Eine Variante, die sich besonders für die Sanierung eignet, da die Bodenplatte nicht geöffnet werden muss, ist der Einbau der Rückstaulösung in einem Schacht vor dem Gebäude. Die Unterbringung in einem Schacht außerhalb des Gebäudes ist funktionssicher und vor allem geräuscharm. Das Technikschachtsystem von Kessel beispielsweise bietet viele Möglichkeiten und ist bis zu 3 m Tiefe grundwasserbeständig. Darüber hinaus hat das Material den Vorteil, dass es bruch- und schlagsicher ist. Wurzeln können in einen Kunststoffschacht nicht hineinwachsen. Das geringe Gewicht des Werkstoffs Polyethylen (PE) macht den Einbau zudem leichter als den von klassischen Betonschächten. Variable Aufsatzstücke ermöglichen die Anpassung an das Bodenniveau.
Hebeanlagen werden hingegen innerhalb des Gebäudes installiert. Sie lassen sich entweder frei aufstellen oder in die Bodenplatte einbauen. Dabei hat der Einbau in die Bodenplatte vor allem optische Vorteile. Die freie Aufstellung einer Hebeanlage stellt die kostengünstigere und mit weniger Aufwand verbundene Lösung dar – auch für den nachträglichen Einbau.
Fachgerechte Wartung
Grundsätzlich verantwortlich für die Inspektion und Wartung der Anlage sind der Eigentümer und der Betreiber. Bei der Inbetriebnahme sind vom Einbauenden die erforderlichen Bedienungs- und Wartungsanleitungen zu übergeben. Nach DIN EN 13564‑1 und DIN EN 1986‑3 sollten Rückstauverschlüsse für fäkalienhaltiges Abwasser mindestens zweimal im Jahr durch einen Fachkundigen (entsprechende berufliche Ausbildung) gewartet werden. Die Rückstausicherungen für fäkalienfreies Abwasser sollten im gleichen Intervall durch sachkundiges Personal (eingewiesener Betreiber) gewartet werden.
Dabei entfernen die Experten Schmutz und Ablagerungen, prüfen Dichtungen und Dichtflächen auf einwandfreien Zustand und tauschen gegebenenfalls Dichtungen aus, kontrollieren die Mechanik der beweglichen Komponenten, fetten diese bei Bedarf ein und stellen die Dichtheit der Betriebsverschlüsse durch eine Funktions- und Dichtheitsprüfung nach Herstellerangaben fest.
Resümee
Starkregenereignisse nehmen immer mehr zu und viele Gebäude sind nicht ausreichend geschützt. Bei der Sensibilisierung der Betreiber und Eigentümer für dieses Thema übernehmen Planer und Installateure eine wichtige Rolle. Denn ohne Rückstauschutz kann die Versicherung den Schadensausgleich verweigern. Dabei ist das Angebot an sicheren Rückstaulösungen inzwischen sehr umfangreich und es gibt passende Systemlösungen für alle möglichen Einsatzbereiche.