Geht es um die Trinkwasserqualität in der modernen Gebäudetechnik, macht es keinen Sinn, sich nur eine Problemzone herauszupicken. Das jedoch geschieht häufig. Mal ist es die ungünstige Übertragung von Wärmelasten im Schacht oder der Vorwand auf kaltes Trinkwasser (PWC = potable water cold), mal ist es die Stagnation trotz laufenden Betriebs, die für Schlagzeilen in den Medien sorgt. Beispielsweise sollen als zu hoch bewertete Kaltwassertemperaturen zwischen 20 und 25 °C alarmieren, obwohl sie – zunächst für sich allein betrachtet – nicht zwangsläufig für eine schlechte Trinkwasserqualität sorgen müssen.
Geprüfte Bauprodukte – saubere Komponenten (1)
Schon bei der Planung und Errichtung einer Trinkwasserinstallation sollte die Wahl einzelner Komponenten nicht willkürlich erfolgen (Bild 1). Das Zeichen eines anerkannten Zertifizierers, z. B. DIN/DVGW oder DVGW-Zertifizierungszeichen, bekundet, dass die gestellten Anforderungen erfüllt sind und die Produkte für den Einsatzbereich Trinkwasser verwendet werden können. Zusätzlich zur DVGW-Zertifizierung ist eine Konformität nach der UBA-Positivliste oder der KTW-Empfehlung zu beachten. Eine Trinkwasseranalyse gibt dem Fachunternehmer Hinweise zur Auswahl der richtigen Werkstoffe.
Neben der Auswahl von zertifizierten Produkten ist es wichtig, dass bereits während der Bauphase keine Verunreinigungen ins Leitungssystem gelangen, die vor der Inbetriebnahme zunächst herausgespült werden müssen. Deshalb müssen die einzelnen Komponenten einer Trinkwasseranlage für den Transport sicher verpackt bzw. verschlossen sein (Bild 2). Sorgt der Fachunternehmer zusätzlich dafür, dass jeder Verarbeiter bei der Installation der Trinkwasserleitungen wichtige Hygieneregeln beachtet, ist bereits sehr viel erreicht.
Vor Inbetriebnahme fachgerecht spülen (2)
Vom Hausübergabepunkt des Wasserversorgers bis zur letzten Entnahmestelle kann der Weg weit sein und die Trinkwasserqualität beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund macht es Sinn, sowohl bei der Neubauplanung als auch der Altbaumodernisierung sorgfältig vorzugehen. Schon am Hausübergabepunkt kann der Start für die neue Trinkwasserinstallation misslingen, wenn die Erstbefüllung unsachgemäß erfolgt und verunreinigtes Trinkwasser in die Anlage gelangt (Bild 3).
Was der Sanitärfachmann noch vor der Abnahme im Detail zu beachten hat, ist im ZVSHK-Merkblatt „Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme von Trinkwasserinstallationen“ zusammengefasst. Ein besonderer Punkt muss dabei thematisiert werden: Nach wie vor gilt für die Druckprüfung, dass sie aus hygienischen Gründen trocken, mit ölfreier, sauberer Luft oder Inertgasen durchgeführt werden sollte. Erfolgt stattdessen die Druckprobe der Trinkwasseranlage mit Wasser, muss der bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage unmittelbar nach der Druckprüfung und der Spülmaßnahme erfolgen (spätestens innerhalb von drei Tagen).
Technikzentrale ungünstig für Kaltwasser (3)
Ist der Hausübergabepunkt für das Kaltwasser im Untergeschoss in einer Technikzentrale positioniert, kann dies bereits die erste unerwünschte Erwärmung des Kaltwassers mit sich bringen. Ein solcher Technikraum weist oft erhöhte Temperaturen auf, bedingt durch Heizungstechnik und Warmwasserbereitung. Die Erwärmung des Kaltwassers kann also schon im Bereich der Verteilungen (z. B. abgehängte Decken) ansteigen und nicht erst im dicht belegten Versorgungsschacht – der häufig als wichtigste Problemzone angesehen wird. Als bautechnische Lösung wird dem Planer und Verarbeiter inzwischen empfohlen, für das Kaltwasser einen anderen Weg, getrennt von warmgehenden Leitungen, einzuschlagen. Doch das wird wahrscheinlich einem Neubau vorbehalten bleiben und geht an der Realität in den meisten Altbauten vorbei. Im Bestand sind Planer und Installateur meist darauf angewiesen, bestehende Leitungswege zu nutzen.
Bestimmungsgemäßer Gebrauch durch Hygienespülung (4)
Damit es zu einem bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasserinstallation kommt, kann eine Hygienespülung wichtige Funktionen übernehmen. Möglich ist beispielsweise eine verbrauchsorientierte Steuerung, die über einen vorgelagerten Volumenstromsensor den tatsächlichen Verbrauch erfasst. Dementsprechend lässt sich je nach Intervallprogrammierung eine volumenoptimierte Differenzspülung auslösen, um stagnierendes Wasser auszutauschen. Dabei wird nur so viel Wasser ausgetauscht, wie zur Sicherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebs notwendig ist. Dieses Spülprogramm eignet sich, um unnötigen Wasserverbrauch zu reduzieren und nur bei geringer oder ausbleibender Nutzung zu spülen.
Der Modus einer temperaturgesteuerten Hygienespülung ist von Bedeutung, wenn die PWC-Leitungen Umgebungstemperaturen von mindestens 25 °C ausgesetzt sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Kaltwasserleitung im Bereich abgehängter Decken oder durch Schächte mit warmgehenden Leitungen geführt wird. Dabei entsteht häufig ein Wärmeübergang, der unzulässig hoch ist. In Kombination mit einem Temperatursensor kann eine Hygienespülung eine temperaturgesteuerte Spülung auslösen und so den Wasseraustausch einleiten und damit die Temperaturen im Leitungsabschnitt senken.
Wärmeübertragung im Schacht minimieren (5)
Mittels innen liegender Zirkulation und des damit verbundenen Wegfalls der warmgehenden Zirkulationsleitung (PWH-C = potable water hot circulation) im Schacht kann die Wärmeeinwirkung auf die Kaltwassersteigleitung reduziert werden (Bild 4). Weitere Vorzüge der innen liegenden Zirkulation sind insbesondere:
- geringer Platzbedarf im Schacht, kleinere Schachtabmessungen
- geringere Erstellungskosten durch den Wegfall von Dämmung, Befestigung und Brandschutz für die Zirkulationsleitung
- reduzierter Energiebedarf für die Zirkulation.
Eine weitere Möglichkeit zur Reduktion der Wärmelast stellt der oben liegende Zirkulationssammler mit separat geführtem Strang dar (Bild 5).
Stagnation und Temperaturübertragung entgegenwirken (6)
Wird die Versorgung mit PWC- und PWH-Leitungen (PWH = potable water hot) für die Etage neu geplant, gibt es eine Empfehlung: Um die Ausstoßzeiten auf der Warmwasserseite möglichst kurz zu halten, sollte diese über eine Reihenleitung und die Kaltwasserleitung über eine Ringleitung installiert werden. Wenn in der Vorwand bis zur Entnahmestelle eine Zirkulationsleitung benötigt wird, ist eine thermische Entkopplung notwendig, damit sich eine Temperaturschichtung, analog einem Speicherladesystem, einstellt. In diesem Fall werden Leitungen für PWH bzw. PWH-C im oberen Bereich der Vorwand installiert – am besten mit kurzer Anbindung an die Entnahmestelle (Bild 6).
Die PWC-Leitung verläuft im unteren Bereich der Vorwand, um einem Wärmeübergang entgegenzuwirken. Besteht ein geringer und unregelmäßiger Wasserverbrauch auf der Etage, kann die Hygienespülung den bestimmungsgemäßen Betrieb sicherstellen. Die Positionierung der Hygienespülung ist dabei entscheidend. Sind die Entnahmestellen über eine Reihenleitung angeschlossen, muss die Hygienespülung als letzter Verbraucher angeschlossen sein, damit alle Leitungsteile gespült werden können.
Eine Ringleitungsinstallation ist für die Hygienespülung nicht optimal. Die Hygienespülung lässt sich zwar an beliebiger Stelle zwischen den Entnahmestellen in die Ringleitung einbinden, doch ergeben sich wahrscheinlich ungleiche Fließwege, die sich nur durch einen erhöhten Wasserverbrauch komplett spülen lassen.
Raumbuch schafft Transparenz
Während der Betriebszeit eines Gebäudes kann es zu Nutzungsänderungen kommen. Für die Trinkwasserversorgung kann dies von besonderer Bedeutung sein. Denn eine mangelnde Dokumentation über bauliche Veränderungen oder Umnutzungen kann bewirken, dass Totleitungen und damit verbundene Stagnation lange unentdeckt bleiben. Aus diesem Grund gehört es bereits zu den Aufgaben in der Planungsphase, ein Raumbuch zu erstellen. Dies fordert die VDI/DVGW 6023 für alle Trinkwasserinstallationen, um die tatsächliche Nutzung des Betreibers in der Planung zu berücksichtigen. Nach DIN 1988-200 ist ein Raumbuch für Gebäude mit besonderer Nutzung, wie Krankenhäuser, Seniorenwohnheime, Kindergärten, Schulen, und Gebäude mit gewerblicher Nutzung notwendig. Es gibt keine formalen Vorschriften, doch ist für jeden Raum mit sanitären Einrichtungen ein Raumbuch zu erstellen, das unter anderem folgende Angaben enthalten sollte:
- allgemeine Informationen (z. B. Raumbezeichnung, Geometrie, Lage, Temperatur und Nutzungsbeschreibung)
- Entnahmestellen (z. B. Anzahl, Nutzungshäufigkeit, hydraulische Kennwerte, Ausstoßzeiten, Armaturenabsicherung)
- Installation (z. B. Material, Leitungsführung, Trinkwassererwärmer, Zirkulation)
- Angaben zur Sicherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebs (z. B. Intervall, Umsetzung der Vorgaben)
- Angaben zu Instandhaltungsmaßnahmen (z. B. Inspektions- und Wartungsintervalle nach DIN EN 806-5)
- Angaben zu Probenahmestellen, Verbrühschutz und weitere Hinweise (<b>Bild 7</b>).
Kurzfristige Nutzungsänderung überbrücken (7)
Damit keine unzulässige Stagnation entsteht, wenn Räume mit sanitären Einrichtungen temporär nicht mehr oder anderweitig genutzt werden, lässt sich gemeinsam mit dem Betreiber des Gebäudes eine Übergangslösung finden. Bei endständigen Leitungen, die nicht sofort zurückgebaut werden können oder die temporär nicht in Benutzung sind, kann eine Hygienespülung wie beispielsweise die Geberit Rapid für einen regelmäßigen und sicheren Wasseraustausch sorgen. Ein typisches Beispiel ist die Stichleitung zu einem Waschmaschinenanschluss eines Hauswirtschaftsraumes im Keller, der nicht genutzt wird, weil die Waschmaschine in die Wohnung integriert werden konnte. Auch die Zuleitung für einen Gartenwasseranschluss wird in der Regel im Winter weder genutzt noch abgesperrt und entleert, sodass über Monate Stagnation eintritt. Auch dann kann die Hygienespülung den Wasseraustausch sicherstellen (Bild 8).
Hygienespülung auch im Neubau
In einem neu errichteten Wohn- oder Gewerbekomplex können Trinkwasserinstallationen in verschiedenen Bauabschnitten entstehen und durch Teilabnahme in Betrieb genommen werden. Bis zum endgültigen bestimmungsgemäßen Betrieb der gesamten Trinkwasserinstallation kann einige Zeit verstreichen, da zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus nicht alle Wohnungen sofort vermietet oder verkauft werden konnten. Deshalb gilt es bereits bei der Planung zu prüfen, in welchen Teilen der Trinkwasserinstallation Risiken für die Beeinträchtigung der Trinkwassergüte zu erwarten sind und welche Bereiche der Leitungsanlage auf Stagnation sowie kritische Temperaturen zu überwachen sind.
Automatische Spülung hat sich etabliert
Die Notwendigkeit einer Hygienespülung hinsichtlich der Temperaturen besteht fast ausschließlich für das kalte Trinkwassernetz. Sofern die Warmwasserversorgung mit Zirkulation nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet und betrieben wird, sind bereits anlagentechnische Maßnahmen zum Schutz vor Legionellen getroffen. Doch um Stagnationen entgegenzuwirken, ist eine Hygienespülung für Kalt- und Warmwasser notwendig (Bild 9).
Der Anschluss der Hygienespülung an das Entwässerungssystem kann wie ein gewöhnlicher Objektanschluss erfolgen. Bei der Installation innerhalb der Etage ist es sinnvoll, die Hygienespülung über eine separate Anschlussleitung an die Fallleitung anzubinden. In den letzten Jahren hat sich die Hygienespülung weiterentwickelt und ist sowohl bei der Neuerrichtung als auch bei der Modernisierung von Trinkwasserinstallationen vielfach zum festen Bestandteil geworden. Dafür sorgen viele verantwortliche Personen, die sich mit Betrieb und Instandhaltung haustechnischer Anlagen in öffentlichen Gebäuden wie Hotels, Krankenhäusern sowie Pflege- und Seniorenheimen auseinandersetzen. Auch in Sportstätten, Bürokomplexen sowie im Wohnungsbau kann eine Hygienespülung die entscheidende Lösung sein, damit die Trinkwasserqualität erhalten werden kann.
Fazit
Nach der Abnahme ist der Betreiber für den bestimmungsgemäßen Betrieb einer Trinkwasserinstallation verantwortlich, der oftmals jedoch nicht mit den anlagenspezifischen Details vertraut sein kann. Umso bedeutsamer ist eine Übergabe der vollständigen Dokumentation zu Wartungs- und Instandhaltungspflichten sowie spezifischen Eigenschaften und Hinweisen zur jeweiligen Trinkwasserinstallation. Im Dialog mit dem Betreiber lässt sich zudem zielgerichtet danach suchen, in welchen Teilen der Anlage eine Stagnation des Trinkwasssers von mehr als 72 Stunden auftritt. Eine Hygienespülung kann die unzulässige Erwärmung des Kaltwassers bzw. eine Stagnation in der Kalt- und Warmwasserinstallation verhindern. Die Verpflichtung zur Instandhaltung und Wartung, wie dies durch die DIN EN 806 Teil 5 vorgegeben ist, ist fester Bestandteil der allgemein anerkannten Regeln der Technik.
Durch eine gesamtheitliche Betrachtung der Trinkwasserinstallation wird deutlich, dass die hohe Trinkwasserqualität mit der Anwendung der allgemein anerkannten Regeln der Technik erhalten werden kann.
Tipp
Wissenswertes zum Thema
Sanitärtechnikanbieter Geberit hat in der Kompetenzbroschüre „Trinkwasserhygiene“ zusammengestellt, auf welchen Grundregeln eine Trinkwasserinstallation aufgebaut werden kann, damit im gesamten Gebäude Trinkwasser in hoher Güte zur Verfügung steht. Die Broschüre kann unter www.geberit.de/wissen-kompetenzen/trinkwasserhygiene/ heruntergeladen werden.
Autor
Pascal Lehmler ist Produktmanager Rohrleitungssysteme bei der Geberit Vertriebs GmbH in 88630 Pfullendorf, Telefon (0 75 52) 9 34-01.