Die Infrarot-Messtechnik kann nicht nur energetische Schwachstellen an Gebäuden erkennen oder mangelnde Wärme- oder Kälteisolierungen lokalisieren und damit Betriebskosten sparen. Mit IR-Kameras lassen sich auch gebäudetechnische Anlagen inspizieren. Ohne den laufenden Betrieb unterbrechen zu müssen, können Problemstellen erkannt und rechtzeitig behoben werden, bevor größere Schäden entstehen. Strömungsblockaden an Heizkörpern lassen sich ebenso erkennen wie Leckagen an Heiz- oder Gasleitungen oder Defekte an Klimageräten, elektrischen oder mechanischen Bauteilen. Besondere Konstruktionen, Materialien oder Abdeckungen können eine korrekte Messung jedoch vereiteln und das Messergebnis verfälschen. Deshalb sind neben einer guten IR-Kamera auch Fachwissen und viel Erfahrung erforderlich.
Wo sind die Wärme- und Kältelecks?
Wohn- und Gewerbegebäude benötigen Energie für die Erwärmung von Brauchwasser oder für die Beheizung von Wohn-, Arbeits-, Produktions- oder Lagerräumen. Umgekehrt setzen Produktions- und Lagerhallen eine Kühlung und Isolierung von Anlagenteilen und Rohrleitungen voraus. Werden Wärme- oder Kälteverluste frühzeitig lokalisiert und beseitigt, lassen sich Betriebskosten sparen. Zu den energetischen Schwachstellen von baulichen Anlagen im Winter zählen Wärmebrücken im Boden-, Sockel- und Dachbereich, in Raumecken, an Heizkörpernischen, Fenstern oder Bauteilübergängen. Dort können bei ungünstigen Bedingungen potenzielle Schimmelstellen entstehen, die man in Verbindung mit einem Raumfeuchtemesser lokalisieren kann.
Auch durch Fugen an Bauteildurchdringungen, Fenster-, Tür- oder Toranschlüssen verursachte Luftundichtigkeiten können im Zusammenspiel mit der sogenannten Differenzdruckmessung auf dem Display der Infrarotkamera sichtbar gemacht werden. Ebenso wie Wärme- erhöhen auch Kälteverluste von Kühl- oder Lagerhallen den Energiebedarf, führen zu einer Verschlechterung von Produktions- oder Lagerbedingungen und erhöhen die Betriebskosten. Defekte oder unzureichende Isolierungen an Gebäuden, Behältern oder Rohrleitungen lassen sich bereits mit einem kurzen Kameraschwenk ausfindig machen, sodass man gezielt Abhilfe schaffen kann.
Geräte und Anlagen inspizieren
Ein reibungsloser Betrieb der Haustechnik ist nur möglich, wenn Geräte und Anlagen zuverlässig arbeiten. Das setzt regelmäßige Inspektionen und Wartungsarbeiten voraus, damit Schäden frühzeitig erkannt und teure Folgeschäden vermieden werden. Neben konventionellen, zerstörungsfreien Prüf- und Messverfahren der gebäudetechnischen Diagnostik (Sichtprüfung, Druck- und Schallmessung etc.) hat sich im SHK-Bereich auch die Infrarotthermografie als Mess- und Inspektionsmethode etabliert. Mithilfe mobiler Thermografiekameras lassen sich überhitzte Stellen an mechanischen und elektrischen Bauteilen aufspüren. Thermisch auffällig belastete Bauelemente von Geräten oder Anlagen werden damit ebenso lokalisiert wie defekte Elektrobauteile. Damit ist eine schnelle Zustandskontrolle von Rohrleitungen, Ventilen, Behältern, Geräten, Schaltschränken, Elektrokabeln, Schaltern und anderen für den gebäudetechnischen Betrieb essenziellen Systembauteilen möglich.
Überhitzte Bauteile, etwa an Photovoltaikanlagen, können zu Leistungseinbußen und Schäden führen, für die Nutzer zur Gefahrenquelle werden und im Extremfall sogar Brände auslösen. Eine unkontrollierte Wärme- oder Kälteabgabe an die Umwelt ist zudem gleichbedeutend mit Energie- und damit Wirkungsgradverlusten, was die Wirtschaftlichkeit einer Anlage entscheidend beeinträchtigen kann. Thermografische Untersuchungen sichern betriebliche Werte, verbessern die betriebliche Sicherheit, steigern die Wirtschaftlichkeit und senken Betriebskosten, etwa weil Reinigungs- und Wartungsintervalle optimiert werden können. Da komplette Anlagenbereiche mit allen Details abgebildet werden, lassen sich von der Norm abweichende Zustände mit einem Blick erkennen und im Wärmebild, auch Thermogramm genannt, dokumentieren.
Leitungen und Leckagen lokalisieren
Im SHK-Bereich häufig genutzt, in der Praxis aber nicht frei von Tücken ist die Leitungs- und Leckageortung. Per Infrarotkamera können Leitungsverläufe bei Wand-, Decken- oder Fußbodenheizungen visualisiert werden. Dabei spielt die Durchströmungszeit eine wichtige Rolle: Sie sollte so gewählt werden, dass der Wärmeunterschied zwischen durchströmter Leitung und umgebendem Material am größten ist. Da durchfeuchtete Bauteile ein anderes Wärmeabstrahlverhalten haben als trockene Bereiche, lassen sich auch Leitungslecks an Heiz- und Wasserleitungen erkennen oder auch Undichtigkeiten an Flachdächern. Notwendige Reparaturmaßnahmen können so räumlich eingegrenzt werden. Wird in einer Leitung ein Wasserverlust festgestellt, steht der Installateur nicht nur vor dem Problem, dass der Leitungsverlauf meist unbekannt ist. Das Wasser tritt zudem häufig an Stellen aus Wand, Boden oder Decke, die von der eigentlichen Leckage mehr oder weniger weit entfernt sind. Eine Reparatur hat dann meist eine großflächige Zerstörung des Boden- oder Wandaufbaus zur Folge. Mit der IR-Kamera lässt sich die Schadensstelle anhand ungewöhnlicher Temperaturverläufe, sogenannter Hotspots, eingrenzen.
Allerdings lässt sich die genaue Schadensstelle in der Praxis aufgrund individueller Randbedingungen wie Konstruktionen, Schichtaufbauten, Isolierungen, unterschiedlichen Verlegungstiefen etc. nicht immer eindeutig bestimmen. Deshalb ist der parallele Einsatz mehrerer Messverfahren empfehlenswert, wie etwa von Feuchtesensoren oder elektroakustischen Messungen. Außerdem sollten Richtlinien, wie etwa die VATh-Richtlinie für die „Planung, Durchführung und Dokumentation thermografischer Messungen an verdeckt liegenden, wasserführenden Leitungssystemen innerhalb- und außerhalb von Gebäuden“ beachtet werden. Entweichende Kältemittel oder schädliche Gase lassen sich mithilfe der Thermografietechnik ebenfalls aufspüren und sichtbar machen – aus sicherer Entfernung und ebenfalls ohne dass die Produktionsprozesse unterbrochen oder Anlagen komplett heruntergefahren werden müssen. Allerdings erfordert auch diese Anwendung spezielle Erfahrung, Fachwissen und nicht zuletzt auf die Gasdetektion spezialisierte IR-Kameras.
Spezielles Equipment ist ebenso erforderlich …
Sowohl die Aufnahme von Wärmebildern als auch deren Interpretation und Auswertung setzen spezielle Werkzeuge voraus. Ohne das Fachwissen, Know-how und die Erfahrung eines Fachmanns sind Wärmebilder allerdings wertlos.
Die Qualität dieser Wärmebilder hängt von der Leistungsfähigkeit der IR-Kamera ab. Insbesondere die Auflösung des Kameradetektors, der die Infrarotstrahlung erfasst, spielt dabei eine große Rolle. Je höher diese ist, desto besser ist die Wärmebildqualität und desto mehr Details lassen sich erkennen. Sie liegt bei Standardkameras heute bei 320 x 240 IR-Bildpunkten, was 76 800 einzelnen Messwerten entspricht. Mehr Details sind mit IR-Kameras erkennbar, die über höher auflösende Detektoren mit 640 x 480 oder 1024 x 768 IR-Bildpunkten und mehr verfügen.
Weitere wichtige Kameraparameter neben der Detektorauflösung sind der erfasste Temperaturbereich, der je nach Einsatzbereich, zwischen 40 °C und +250 °C bzw. 750 °C liegen sollte. Wichtig ist ferner die thermische Empfindlichkeit, auch NETD-Wert genannt. Sie gibt die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Detektor erfasst werden kann, und liegt bei Profikameras zwischen 0,03 und 0,05 Kelvin bei 30 °C.
Auch die geometrische Auflösung (IFOV-Wert) entscheidet über die Messgenauigkeit. Sie ist abhängig vom aktuell eingesetzten Objektiv und definiert die kleinstmögliche Messfleckgröße. Das ist jene Fläche auf dem Messobjekt, die aus 1 m Entfernung einer einzelnen Detektorzelle in einem Wärmebild zugeordnet werden kann. Die Messfleckgröße entscheidet darüber, wie genau bei einer vorhandenen Objektgröße bzw. Objektentfernung gemessen werden kann.
Je nach räumlicher Situation bzw. Objektentfernung sollte das Kameraobjektiv aufgabenbezogen deshalb durch ein Weitwinkel- oder Teleobjektiv austauschbar sein, um beispielsweise sicherheitstechnisch problematische Messobjekte aus sicherer Entfernung erfassen zu können. Zu den Kamera-Einstellmöglichkeiten sollten mindestens der Emissionsgrad (materialspezifischer Wärmeabstrahl-Kennwert des Messobjekts) sowie die reflektierte Temperatur gehören.
… wie Fachwissen und Erfahrung
Über die Qualität der Thermogramme entscheidet nicht nur die Kamera, sondern auch, wer sie bedient. Der Kameranutzer muss über die korrekte Bedienung der Kamera hinaus mögliche Fehlerquellen bei der Messung der unterschiedlichen Objekte und Grenzen der Thermografie kennen sowie die Messergebnisse korrekt interpretieren. Das setzt sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Auswertung Kenntnisse aus den Bereichen Optik, Wärmestrahlung, Wärmeleitung, Messtechnik, Materialkunde, Bauphysik und durch das Messobjekt bedingtes Fachwissen voraus. Kenntnisse über den technischen und konstruktiven Aufbau des jeweiligen Messobjekts oder verwendete Materialien sind ebenso unverzichtbar, denn sie helfen bei der Deutung thermischer Auffälligkeiten.
Ferner sollte man sich vorher eingehend mit der Funktionsweise und thermischen Charakteristik der zu untersuchenden Anlage sowie typischen Störungen vertraut machen. So sollte etwa bekannt sein, wo mögliche Schwachstellen liegen und welche Temperaturwerte auffällig sind und welche nicht. Außerdem muss man bei der Aufnahme auf bestimmte Randbedingungen und mögliche Fehlerquellen achten. Personen, die beauftragte Messungen und Auswertungen ohne Aufsicht durchführen, müssen außerdem über entsprechende Qualifikationen verfügen und diese durch geeignete Zertifikate nachweisen können (z. B. DIN EN ISO 9712, Stufe 2 oder 3, siehe auch www.vath.de).
Wärmebilder aufnehmen und auswerten
Wichtig bei der Aufnahme sind die Fokussierung und der Bildausschnitt. Falsche oder ungünstige Kameraeinstellungen lassen sich bei Thermogrammen per Software zwar bis zu einem gewissen Grad nachträglich korrigieren. Nicht korrigiert werden können eine mangelnde Fokussierung, der Bildausschnitt sowie die Messung verfälschende Randbedingungen. Dazu gehören etwa extremer Wind, starker Regen, Nebel oder Schneefall. Zu jeder Thermografieaufnahme sollte parallel auch ein Digitalkamerafoto (Lichtbild) angefertigt werden, um später bei der Auswertung der Thermogramme lokalisierte Schwachstellen und Leckagen einfacher zuordnen zu können. Sinnvoller als die in der Regel integrierte Digitalfotofunktion ist eine separate Digitalkamera ab 10 Megapixel Bildauflösung. Die höhere Bildauflösung ermöglicht das nachträgliche Heranzoomen von Anlagendetails, was im Rahmen der Interpretation weitere Rückschlüsse ermöglicht.
Als Zeitaufwand müssen für eine fachgerechte thermografische Untersuchung mindestens zwei Stunden vor Ort und weitere vier bis acht Stunden für die Auswertung und Berichterstellung im Büro einkalkuliert werden. Schon während der Messung sollten Thermogramme vorab begutachtet werden, um einen ersten Eindruck vom Messobjekt zu erhalten, für Plausibilitätsprüfungen etc. Für diese erste Vor-Ort-Auswertung bieten aktuelle Kameras zahlreiche Funktionen, mit denen sowohl das aktuelle als auch alle bereits aufgenommenen und im Bildspeicher befindlichen Thermografiebilder vorab ausgewertet werden können. Zu den kamerainternen Auswertefunktionen zählen die Temperaturskalierung, die Position und der Wert der Min-/Max-Temperatur, wahlweise die Cursor-/Multipunkt-/Multigebietstemperatur, eine Isothermendarstellung und andere.
Die eigentliche Auswertung mithilfe der in der Regel zum Lieferumfang gehörenden Auswertesoftware oder einer optionalen, beispielsweise speziell für die Gebäudeanalyse konzipierten Software erfolgt im Büro. Die Auswertesoftware kann Thermogramme am PC-Monitor anzeigen, modifizieren, optimieren, organisieren, analysieren, Digitalfotos gegenüberstellen bzw. mit diesen überlagern und zu einem nachvollziehbaren Thermografiebericht zusammenstellen.
Kamera kaufen oder Dienstleister beauftragen?
Die vorbeugende Instandhaltung im Bereich der Gebäudetechnik setzt IR-Profikameras voraus, für die man allerdings, je nach Detektorauflösung und Kameramodell, zwischen 5000 und 50 000 Euro (und mehr) investieren muss. Die Preise für wenige Jahre alte Gebrauchtgeräte liegen zwischen 20 und 50 % unter dem Neupreis. Mietpreise sind abhängig vom Kameramodell und bewegen sich zwischen 150 und 500 Euro pro Tag. Mit einkalkulieren muss man auch Zeit und Kosten für Schulungen (Basisschulung 2 bis 5 Tage: ca. 500 bis 1500 Euro, Zertifizierungskurse 5 Tage: ca. 2000 Euro). Diese Investitionen für Kamerakauf und Schulung entfallen, wenn man sich für eine Thermografiedienstleistung entscheidet. Die Kosten dafür hängen vom Leistungsumfang, vom Messobjekt und der Aufgabenstellung ab. Deshalb sollte man sich nur von zertifizierten Dienstleistern Angebote unterbreiten lassen. Diese sollten allerdings auch fundierte Kenntnisse über die Funktionsweise der zu untersuchenden Anlage haben.
Im Angebot enthalten sein sollten die Anfahrt, Spesen, die nötige Arbeitszeit und Gerätetechnik, alle Materialkosten sowie die nachvollziehbare Auswertung und ausführliche Dokumentation der Thermogramme. Bei der Auswahl des Dienstleisters sollte man auf seine Qualifizierung, den angebotenen Leistungsumfang, Erfahrungen und Referenzen aus dem jeweiligen Einsatzgebiet und die Qualität des Thermografieberichts achten. Dieser sollte wichtige Angaben enthalten: Auftraggeber, Auftragnehmer, Klimadaten (Innen-/Außentemperatur, Wetter, Sonneneinstrahlung, Wind etc.), Objektdaten (Adresse, Gebäudetyp, Lageplan mit Himmelsrichtung, Konstruktionsweise und Materialien), Kameradaten (Hersteller, Kameramodell, technische Daten).
Am wichtigsten sind natürlich die Bildinformationen (Datum und Aufnahmezeit, Farbskala, materialspezifischer Emissionsgrad etc.), Interpretationen und Schlussfolgerungen zu jedem Thermogramm, das jeweils durch ein Digitalkamerafoto ergänzt werden sollte. Da für bestimmte Messaufgaben die Thermografie nicht ausreicht, sollten in Zweifelsfällen stets ergänzende Messverfahren hinzugezogen werden, um die Messungen verifizieren zu können.
Fazit: Thermografie kann vieles, aber nicht alles
Die Thermografie ist in der Haustechnikinspektion, Leckagesuche, Bauwerksdiagnose oder für die Qualitätskontrolle und in vielen anderen Bereichen sinnvoll einsetzbar. Die berührungslose, zerstörungsfreie Messung hilft, Energie zu sparen, Gebäude- und Anlagenschäden zu vermeiden, die Gebäudetechnik instand zu halten und Sachwerte zu erhalten. Ohne das Wissen und Know-how eines erfahrenen Fachmanns können Thermogramme allerdings schnell zu Fehlschlüssen verleiten. Für bestimmte Messaufgaben reicht die Thermografie zudem nicht aus, etwa bei der Leckageortung. Deshalb sollten in Zweifelsfällen stets ergänzende Messverfahren hinzugezogen werden, um thermografische Messungen zu ergänzen und zu überprüfen.
Info
Weitere Infos im Web*
Eine Auswahl an weiteren Infos rund um die Thermografie (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Normen/Literatur/Quellen
Kamera- und Schulungsanbieter
www.de.tuv.com, www.fluke.de, www.icodata.de, www.infratec.de, www.irpod.net, www.irtraining.eu, www.messbar.de, www.pce-instruments.de, www.testo.de, www.trotec.de, www.vds.de