Gut informiert zu sein gehört heute zu den wichtigsten Produktionsfaktoren. Das kann am Beispiel der Fachzeitschriften in der Praxis so aussehen, dass man aus sechs bis acht Fachblättern monatlich das Wesentliche in 15 bis 20 Minuten heraussucht und die Texte im Laufe eines Monats studiert. Stets sind einige Themen dabei, die für die eigenen Belange brauchbar sind. Auch gibt es manchmal durch das Lesen eine Negativ-Bestärkung. Man liest und denkt sich dabei immer mehr: „Nein, so möchte ich es nicht machen.“ Dies stellt jedoch auch eine gewonnene Erkenntnis dar. Jeder erfahrene alte Hase hat seine eigene Methode bei der Auswahl und beim Lesen. Nur stoßweise die Zeitungen anhäufen und auf den Urlaub warten, führt meist nicht zum Ziel.
Natürlich kann die bisher in der Menschheitsgeschichte noch nie da gewesene Informationsflut sich als Hindernis auftürmen. Doch wer weiterkommen will, sollte durch stete Auslese der Texte und durch Vereinbarungen mit sich selbst – also wann was gelesen wird – einen entsprechenden Nutzen ziehen. Der vermeintliche Zeitengpass, den alle kennen, dem ist durch Methode und Neugierde beizukommen – eben durch Fahnden nach hilfreichen, interessanten Gedanken. Erst durchblättern, Seiten signieren, Artikel entnehmen, das sind kleine Hilfen zur Auswahl. Manchmal sind es ja nur ein paar Sätze im Text, die durchdrungen und zu Ende gedacht werden wollen.
Das Ziel, möglichst alle Mitarbeiter im Unternehmen zum Lesen der für sie geeigneten Fachartikel zu bringen, geschieht aus Eigennutz, denn es erweist sich immer als wertvoll, viele Mitdenker im Betrieb zu aktivieren: Viele Augen erkennen mehr und interpretieren anders als nur wenige.
Informationslücken lassen sich verhindern
Bekannte und erfolgreiche Unternehmen sorgen für die Verbreitung der von ihnen abonnierten Fachzeitschriften bis hin zur automatischen Zusendung an die Privatadressen der Leute. Sie kennen keine Angst, dass ihre Leute durch Stellenanzeigen abgeworben werden könnten.
Bedenken wir die Vielfalt der Gebiete, die in der Fachpresse angesprochen werden, so zeigt sich auch, dass manche Information zur Diskussion im eigenen Betrieb geeignet ist. Sollte dabei eine Führungskraft auf den Gedanken kommen, dass sie die Mitarbeiter möglicherweise durch zuviel Wissen überholen könnte, drängt sich die Frage auf, ob sie auf dem richtigen Platz ist.
Dass es mit Lesen nicht getan ist und dass es meistens einer Nacharbeit bedarf, zeigt auch das nachfolgende Sprichwort:
- Gesagt ist noch nicht gehört.
- Gehört ist noch nicht verstanden.
- Verstanden ist noch nicht einverstanden.
- Einverstanden ist noch nicht angewendet.
- Angewendet ist noch nicht beibehalten.
Dies gilt sinngemäß auch für „Gelesen ist noch nicht verstanden“. Die Inhalte der Fachmedien bedürfen also im Betrieb der Begleitung, der Nachfrage und des Gedankenaustausches im Alltag.
Zu beobachten ist, dass in gut geführten Unternehmen regelmäßig auch eine achtbare Gesprächskultur vorhanden ist. Sollte diese nicht um eine geeignete Lesekultur ergänzt werden? Sollten die Diskussion, ja der Disput über externe Fachgedanken nicht regelmäßig mit eingeplant werden oder informell stattfinden? Könnten regelmäßige Besprechungen nicht durch fachlichen Diskussionen angereichert werden? Schließlich gibt es auch viele Menschen, die ungern lesen und von solchen Diskussionen profitieren könnten.
Der Chef sollte ruhig aktiv auf Mitarbeiter zugehen
Wie wäre es, wenn Chefs ganz aktuell und zwischendurch den Mitarbeiter fragen: „Haben Sie den Artikel gesehen?“ Oder Thema Nachwuchs fördern und heranführen: „Kopier Dir das bitte, es ist lesenswert.“
Beschaffen Sie und lesen Sie ab und zu auch branchenfremde Texte. Es gibt auch dort immer wieder etwas zum Staunen. Der bekannte Ford-Verkaufskönner und Vorstand in USA, Lee Iacocca wurde in jungen Jahren von einem Mentor auch mit solchen Hinweisen begleitet. Gibt es derartige Führungskräfte oder Senior-Kollegen heute noch? Ich denke schon.
Schließlich möchte ich die Redaktionen auffordern, der Routine und der Lesemüdigkeit entgegenzuwirken. Kritik sollte herausgefordert werden, um Leserbriefe zu provozieren und Diskussionen anzuzetteln.
Autor
Ludwig Koschier war 46 Jahre überwiegend im Fachgroßhandel tätig. Auch aus dem Ruhestand beobachtet er die Branche mit Interesse und kritischem Blick, 83404 Ainring, Telefon (0 86 54) 5 02 01, office@ludwigkoschier.de