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Was bringt BIM?

Inhalt

Die Digitalisierung von Arbeitsprozessen und die damit verbundene zunehmende Vernetzung einzelner Akteure sorgen im Bau- und Ausbaugewerbe für große Herausforderungen. Die Planung und Reali­sierung von Bauprojekten erfolgen heute zunehmend auf Basis digitaler Informationen und Werkzeuge. In diesem Zusammenhang hat sich Building Information Modeling, kurz BIM, entwickelt. Im Deutschen wird auch der Begriff Bauwerksdatenmodellierung verwendet.

Handwerker sehen den gewerkeübergreifenden Bauprozess, in dem von Anfang bis Ende einheitlich Daten und Informationen ausgetauscht werden, als Vorteil. Kalkulationsfunktionen und verbesserte Abstimmungen (Stichwort Nachträge) erleichtern aus ihrer Sicht den Arbeitsalltag. Die neue Arbeitsmethode stellt aber auch hohe Ansprüche an alle Projektbeteiligten hinsichtlich Koordination, Kooperation und Transparenz. Über eine verpflichtende Einführung bei öffentlichen Bauvorhaben wurde bereits diskutiert. BIM wird nun für Infrastrukturprojekte des Bundes ab dem 31. Dezember 2020 verpflichtend eingeführt. Was bedeutet das für SHK-Betriebe?

Was ist BIM?

BIM ist eine Arbeitsmethode, bei der alle relevanten Daten eines Bauwerks in einem Datenmodell modelliert und erfasst werden. Der Zweck ist es, möglichst alle Bauwerksdaten zentral und objektbasiert in einem Modell zu verwalten und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten auszutauschen.

Das Modell bietet die Möglichkeit, Informationen auszuwerten. Dies betrifft beispielsweise automatisierte Kollisionsprüfungen und aus dem Modell abgeleitete Material­mengen. Darüber hinaus lassen sich weitere Informationen wie Kosten, Abläufe oder Lie­ferstatus als Plan- und Ist-Daten hinterlegen.

Erstellt wird es mithilfe dreidimensionaler, bauteilorientierter CAD-Softwaresysteme. Im Gesamtmodell sind dann sowohl die Vorstellungen des Bauherrn als auch die Planungen des Architekten, der Haustechnik sowie beteiligter Bauunternehmen integriert. Dadurch ist es allen Projektbeteiligten möglich, gemeinsam daran zu arbeiten und beinahe in Echtzeit auf die aktuellen Planungsdaten zugreifen zu können.

BIM existiert in seinen Grundzügen schon seit den 70er-Jahren. Jedoch ermöglichen erst die heutigen 4.0-Technologien die benötigten Prozesse und Werkzeuge, um die Methodik der integralen Planung – als die eigentliche Methodik – nachhaltig umzusetzen.

Ziel ist eine integrierte, partnerschaftliche Arbeitsweise aller am Bau Beteiligten. Es handelt sich um eine neue, kooperative Arbeitsmethode, die auf Offenheit und Transparenz fußt. Transparenz betrifft nicht nur die Informationen zu einzelnen Bauteilen, sondern auch die Kommunikation der Projektbeteiligten untereinander, beispielsweise hinsichtlich der Änderungen im Material oder im Ablauf und deren Auswirkungen.

Für wen ist BIM wichtig?

BIM ist für alle am Bauvorhaben beteiligten Personen wichtig, das heißt Architekten, Bauzeichner, Ingenieure, Konstrukteure und ausführende Betriebe wie eben den SHK-Unternehmer. Mittelfristig ist anzunehmen, dass die Industrie und die Immobilienwirtschaft das Konzept an die Auftragsvergabe koppeln werden, was wiederum auch ein Kriterium an die Vergabe an den Subunternehmer, etwa den SHK-Fachhandwerker, sein kann. Der Schritt zum flächendeckenden Einsatz auch bei kleineren Bauprojekten wie von Ein- und Zweifamilienhäusern ist damit nicht mehr groß.

Vorreiter im Thema sind Großbritannien, Finnland, Norwegen und Dänemark sowie die Niederlande. Diese Länder schreiben die Nutzung bei öffentlich finanzierten Bauvorhaben bereits vor. Aber auch in Deutschland wird schon heute eine Vielzahl an Großprojekten mit Einsatz der BIM-Methode geplant und ausgeführt, wie beispielsweise der Omniturm in Frankfurt oder das Rathaus in Leonberg bei Stuttgart.

Um sich langfristig Umsätze zu sichern, ist es für SHK-Betriebe ratsam, die Zeit zu nutzen, um das Thema anzugehen und sich zu rüsten. Aktuell arbeiten mit BIM vorrangig SHK-Betriebe, die in Großprojekten tätig sind. Mittelfristig kann das Konzept aber auch – abhängig von der Struktur der Auftraggeber – für kleinere SHK-Betriebe relevant werden.

Hersteller unterstützen bei der Umsetzung, indem sie technische Datensätze für ihre Produkte bereitstellen. Auch sie haben erkannt, dass sie dies leisten müssen, um zu garantieren, dass ihre Produkte auch verbaut werden. Damit sichern sie sich zukünftige Marktanteile und ihren Unternehmenserfolg.

Bisher findet Building Information Modeling vor allem in großen Architekturbüros sowie Planungs- und Bauunternehmen Anwendung. Obwohl laut Umfrage des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima jeder dritte SHK-Handwerker den Begriff „BIM“ kennt, ist die Branche damit in der Praxis bisher tendenziell wenig in Berührung gekommen. Welche Chancen und Herausforderungen gibt es bei der Anwendung?

Chancen und Herausforderungen

Da der Bau des Gebäudes zunächst digital durchgeführt wird, bevor real an der Baustelle gearbeitet wird, ermöglicht das Modell Entscheidungsgrundlagen in einem früheren Stadium, als dies bisher möglich war. Zudem können durch die zentrale objektbezogene Verwaltung der Projektdaten logische Planungsfehler früher sichtbar und die Koordination aller Beteiligten entsprechend abgestimmt werden.

Durch die Software werden automatisch die benötigten Materialmengen ermittelt und dazugehörige, hinterlegte Sicherheitsanforderungen angezeigt. Darüber hinaus lassen sich bei Änderungen die daraus resultierenden Kostenauswirkungen und die gegebenenfalls veränderten Ter­min­ab­läufe anzeigen.

Da im Modell Änderungen beinahe in Echtzeit kommuniziert werden, kann der Nachtrag noch während der Bauphase durch den Auftraggeber genehmigt werden. Hierdurch reduziert sich das Risiko für den SHK-Unternehmer, dass offene Forderungen nach Ende der Bauphase nicht realisiert werden können.

Im Gesamtmodell sind sowohl die Vorstellungen des Bauherrn als auch die Planungen des Architekten, der Haustechnik sowie beteiligter Bauunternehmen integriert.

Bild: iStock / Getty Images Plus / Marc_Osborne

Im Gesamtmodell sind sowohl die Vorstellungen des Bauherrn als auch die Planungen des Architekten, der Haustechnik sowie beteiligter Bauunternehmen integriert.

Weshalb BIM bisher nicht flächendeckend genutzt wird

Als größte Herausforderung in der Arbeit mit BIM wird seitens der Betriebe der erhöhte Mehraufwand gesehen. Angesichts der aktuell vollen Auftragsbücher wird das Thema daher oftmals auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Vor allem die nötige Kompetenz im Umgang mit BIM-fähiger Software scheint ein weiteres Hemmnis zu sein. Darüber hinaus wird häufig mit unterschiedlichen Datenformaten gearbeitet, was die Frage der Kompatibilität unterschiedlicher Softwaresysteme im Allgemeinen aufwirft. Infolgedessen kann es teilweise zu Medienbrüchen kommen, wenn Schnittstellen nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind. Die notwendige Standardisierung der Software-Schnittstellen und -Formate ist jedoch Voraussetzung für einen reibungslosen Informationsaustausch.

Um möglichst unabhängig von den Vorgaben des Auftraggebers bezüglich der verwendeten Softwareanwendung und Dateiformate zu werden, sollten SHK-Unternehmen beginnen, aktiv mit der Methode zu arbeiten. So können sie mögliche Alternativen vorbereiten und dabei mitwirken, welche Formate sich künftig im Austausch etablieren werden.

Aber auch betriebsinterne Prozesse sowie Schnittstellen nach außen müssen klar strukturiert und dokumentiert sein. Im Allgemeinen stellt die lückenlose Dokumentation als Voraussetzung für eine jederzeit mögliche Überprüfung eine weitere große Herausforderung für die Ausbaugewerke dar. BIM wird es dem Architekten oder Bauherrn zukünftig leichter machen, zu prüfen, ob die ausführenden Gewerke den Vertrag einhalten. Kommunikation und klare Absprachen unter den Projektbeteiligten sind deshalb essenzieller denn je. Nur so kann sich der SHK-Unternehmer vor eventuellen finanziellen Forderungen durch den Auftraggeber schützen.

Es ist organisatorisch nicht zu unterschätzen, wie stark sich durch die Methode der Aufwand auf frühere Planungsphasen vorverlagert. Hinzu kommt, dass bei Planungsleistungen keine Entlastung des Verrechnungssatzes durch das eingesetzte Material erfolgen kann. Dieser zeitliche Aufwand muss bei der Planung von BIM-Projekten also nicht nur organisatorisch, sondern auch kalkulatorisch in jedem Fall berücksichtigt werden. Zudem sind Aspekte des Urheberrechts, des Datenschutzes und der Berufshaftpflichtversicherung für BIM-Leistungen teilweise noch nicht abschließend geklärt.

Qualifizierungsprogramme

Das Schulungsangebot für Handwerker, die sich zu BIM fortbilden wollen, ist aktuell noch relativ überschaubar. Qualifizierungsprogramme werden von unterschiedlichen Anbietern durchgeführt. Unter dem Aspekt, dass in diesem Bereich noch kein Ausbildungsstandard besteht, zielen Weiterbildungen auf eine praxisnahe Heranführung an die Thematik ab.

Unterstützung bietet beispielsweise das „Schaufenster Digitales Bauen“ des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk. Auf dem Innovationspfad „Digitales Bauen“ werden Anwendungen und praxisnahe Werkzeuge vorgestellt, die Betriebe im Bau- und Ausbaugewerbe dabei unterstützen, digital zu arbeiten. Darüber hinaus werden Informations- und Weiterbildungskurse zur Nutzung, beispielsweise als Tagesworkshop, angeboten. Hier besteht die Möglichkeit, BIM-Werkzeuge kennenzulernen und BIM-fähige Software selbst auszuprobieren.

Hinsichtlich ­Weiterbildungsmöglichkeiten wird prinzipiell zwischen den Zielgruppen „BIM-Konstrukteur“, ­„BIM-Koordinator“ und „BIM-Manager“ unterschieden. Für den Großteil der SHK-Betriebe empfiehlt sich überwiegend die Rolle des BIM-Konstrukteurs. Hierbei werden insbesondere die gewerkspezifische Vorentwurfs-, Entwurfs-, Ausführungs- und Detailplanung im Modell erarbeitet.

Qualifizierungsprogramme werden darüber hinaus unter anderem von der Architektenkammer Baden-Württemberg angeboten, die auch für SHK-Unternehmen offen zugänglich sind. Unter Umständen ist eine Förderung für BIM-Schulungen durch den Europäischen Sozialfonds in Höhe von 30 % möglich. Es empfiehlt sich, im Vorfeld der Schulung eine mögliche Förderung mit dem Anbieter abzuklären, ebenso wie die Frage, wer für die Antragstellung zuständig ist.

Welche Maßnahmen sind zu empfehlen?

Mit der Einführung von BIM ist eine neue Arbeitsweise notwendig. Dabei sollten sich SHK-Unternehmer im Vorfeld überlegen und festlegen, wie sich Planungs- und Arbeitsabläufe verändern und welche Maßnahmen dies im Betrieb mit sich bringt. Folgende Aspekte müssen zum Beispiel betrachtet werden:

  • Anforderungen an Beteiligte
  • Planungsabläufe
  • Kommunikation und Koordination bei Änderungen von Verantwortlichkeiten
  • kontinuierliches und strukturiertes Arbeiten mit der Software
  • Verlagerung von Arbeitsplanung in frühere Planungsphasen.
  • Für diese Vorüberlegungen sollte sich vor der Einführung genügend Zeit genommen werden, um die Akzeptanz durch die Mitarbeiter sicherzustellen. Gerade zu Beginn dürfen die Erwartungen an die neue Methode nicht zu hoch gesteckt werden, denn der Einstieg und die Umsetzung erfordern zunächst einmal Zeit. Der Nutzen kann sich erst langfristig einstellen, wenn eine gewisse Routine in der Handhabung erarbeitet worden ist und die Planung mit BIM als Alleinstellungsmerkmal genutzt werden kann.

    Hinsichtlich der Zusammenarbeit sowohl mit dem Auftraggeber als auch mit anderen Gewerken gilt es, vor Beginn des BIM-Projekts Vereinbarungen über Ziele und Regeln zu treffen. Dazu gehören beispielsweise die Klärung des (geistigen) Eigentums der zentral verfügbaren Informationen und die Haftung für die Richtigkeit der jeweiligen Modelle vor der Weitergabe.

    In der Arbeit ist der reibungslose Austausch der Daten elementar. Es empfiehlt sich deshalb, hinsichtlich der Datenkompatibilität proaktiv auf den Auftraggeber zuzugehen. Bevor viel Zeit mit der Einpflegung von Daten aufgewendet wird, sollte vorher in Erfahrung gebracht und gemeinsam abgestimmt werden, welche Dateiformate zum Austausch genutzt werden sollen. Im Falle, dass personenbezogene Daten von der Software verwendet werden, muss diesbezüglich eine Information an die Mitarbeiter erfolgen.

    Die eine Vorgehensweise zum BIM-fähigen SHK-Betrieb gibt es nicht. Vor allem gibt es nicht die eine Software, die ein Handwerksbetrieb haben muss. Es gibt zahlreiche Software-Anbieter, darunter auch Freeware, die in Frage kommen. Anforderungen an die Software bestehen darin, dass Baukörper erfasst werden können. Dies erfüllt in der Regel CAD-Software, die DWG-Formate unterstützt. Manche Hersteller bieten bereits nützliche Hilfsmittel an, wie ein CAD-Portal und die Bereitstellung der technischen Datensätze der angebotenen Produkte.

    BIM ist vielmehr ein Prozess, statt, wie vielfach angenommen, eine einmalige Anschaffung oder ein abgeschlossenes System. Daher kann nicht genug betont werden, dass die Einführung das Einlassen auf eine neue Arbeitsweise in der Projektabwicklung darstellt, aber auch vor allem den Willen, transparent arbeiten zu wollen.

    Fazit

    Abschließend kann gesagt werden, dass sich bislang nur eine Minderheit der SHK-Unternehmen aktiv mit BIM beschäftigt. Faktoren, die das Konzept noch ausbremsen, bestehen vorrangig in einer fehlenden Infrastruktur und in Unklarheiten über die Methode und deren Umsetzung. Dennoch ist heute schon vieles machbar, auch wenn die Aufwände teilweise noch hoch sind.

    Ziel sollte es sein, sich eine aktive Rolle als Partner im Planungsprozess zu erarbeiten, um letzten Endes nicht zum Erfüllungsgehilfen degradiert zu werden und zukünftig das Schlusslicht in der Planungskette zu bilden. SHK-Betriebe, welche dies schnell erkennen und ins Handeln kommen, werden den Wandel mitgestalten und von dem daraus entstehenden Wettbewerbsvorteil profitieren können.

    Da der Bau des Gebäudes zunächst digital durchgeführt wird, bevor real an der Baustelle gearbeitet wird, ermöglicht das Modell Entscheidungsgrundlagen in einem früheren Stadium, als dies bisher möglich war.

    Bild: iStock / Getty Images Plus / dinn

    Da der Bau des Gebäudes zunächst digital durchgeführt wird, bevor real an der Baustelle gearbeitet wird, ermöglicht das Modell Entscheidungsgrundlagen in einem früheren Stadium, als dies bisher möglich war.

    Info

    Quellen

    Weitere Informationen gibt es hier:

  • Kompetenzzentrum Digitales Handwerk
  • ZVSHK-Studie „SHK-Branche im BIM-Check“, 2018
  • www.vdi.de
  • www.akbw.de
  • www.ework-bau.de
  • Autorin

    Katherina Reiser 
    ist betriebswirtschaftliche Referentin beim Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg.

    Bild: FV SHK BW