Die Zeichen stehen auf Grün. Auch in der SHK-Branche. Immer mehr Fachbetriebe und Hersteller von Heizungstechnik stellen ihre Arbeit auf klimaschonende Systeme um. Das ist nötig, denn die gesteckten Klimaziele können ohne die flächendeckende Unterstützung der SHK-Branche nicht erreicht werden.
Mehr als die Hälfte der in Deutschland verbrauchten Energie entfällt auf den Wärmesektor. Raumheizung und Warmwasserbereitung sind für gut 30 % aller CO2-Emissionen verantwortlich. Kein Wunder: Rund 80 % aller Heizungen werden nach wie vor mit den fossilen – und damit endlichen – Energieträgern Erdgas bzw. Heizöl betrieben [1]. Das heißt, es gibt noch viel zu tun bis zum klimaneutralen Gebäudesektor.
Die Wärmepumpentechnologie wird in Zusammenhang mit den Klimazielen als ein wichtiger Baustein betrachtet, um den Gebäudesektor zu dekarbonisieren (Dekarbonisierung: Reduzierung von Kohlendioxidemissionen). In den kommenden Ausgaben der SBZ wird in einer mehrteiligen Serie das komplexe Geschäftsfeld der Wärmepumpe beleuchtet. Die Beitragsreihe zeigt in den nächsten Monaten auf, welche Möglichkeiten und Herausforderungen sich insbesondere für die Heizungsmodernisierung durch den Markthochlauf dieser Technologie ergeben.
Der Status quo reicht nicht aus
Im vergangenen Jahr wurde in Deutschland die einmillionste Wärmepumpe installiert. Der Einsatz von Wärmepumpen hat sich 2020 um 40 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Diese Entwicklung ist auch den attraktiven staatlichen Förderprogrammen zu verdanken. Aktuelle Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zeigen: Die Wärmepumpe war im dritten Quartal 2021 bis einschließlich September mit 44 047 Förderanträgen hier die wichtigste Heizungstechnologie. Viele Klimastudien halten jedoch einen viel massiveren Einsatz von Wärmepumpen für notwendig [2].
Das Gelingen der deutschen Klimapolitik hängt stark davon ab, ob die CO2-Emissionen im Gebäudebereich deutlich sinken. Das wird für die neue Bundesregierung eine der größten Herausforderungen sein. Dabei hat der Gebäudesektor einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Bereichen wie Industrie und Verkehr: Die Technologien zur Dekarbonisierung sind bereits vorhanden und etabliert.
Im Jahr 2020 sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts insgesamt 124 596 Wohngebäude für den Bau genehmigt worden. 52,8 % davon sollen mit Umweltwärme beheizt werden. Im Neubau ist die Wärmepumpe bereits heute der beliebteste Wärmeerzeuger.
Sorgenkind bleibt der Gebäudebestand. Um die Klimaziele zu erreichen und Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen, müssen vor allem die Bestandsgebäude nach- bzw. umgerüstet werden. Nur knapp 20 % der 21 Millionen Heizungsgeräte in Deutschland sind auf dem neuesten Stand der Technik und laufen mit erneuerbaren Energien [1]. Ein konsequenter Energieträgerwechsel ist mit Blick auf den Klimawandel unerlässlich.
Die nächste Million Wärmepumpen
Die kommende Regierung wird also die Frage beantworten müssen: Wie kann der Sanierungsstau aufgelöst und der Weg frei gemacht werden für den Austausch der bestehenden vorwiegend fossilen Heizungssysteme gegen klimaschonende Alternativen wie Wärmepumpen? Denn ohne einen schnellen Zuwachs installierter Wärmepumpen sind auch die Zwischenziele für 2030 kaum zu erreichen. Das Klimaschutzgesetz wurde 2021 noch mal verschärft. Der neue Zielwert für das Jahr 2030 sieht für den Gebäudesektor jetzt eine zulässige Jahresemissionsmenge von 67 Millionen Tonnen vor [3]. Zum Vergleich: 2020 lag der Ausstoß noch bei etwa 118 Millionen Tonnen.
Bis 2030 müssen laut Studien des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme sechs Millionen Wärmepumpen installiert worden sein, um auf dem Zielpfad zur Klimaneutralität zu bleiben [4]. Seit dem vergangenen Jahr sind eine Million Systeme in Betrieb. Fünf Millionen zusätzliche Wärmepumpen in den nächsten Jahren bedeuten ein jährliches Marktwachstum von gut 20 %. Je schneller die Zielmarke von 500 000 Geräten pro Jahr erreicht wird, desto sanfter kann das folgende Wachstum erneuerbarer Heizungen ausfallen, ohne dass das genannte Ziel für den Gebäudebereich verfehlt würde.
Hand in Hand mit dem Handwerk
Eine durchschnittliche Wärmepumpe spart beim Ersatz eines Heizölkessels bis zu 80 % der CO2-Emissionen ein. Doch wer plant und installiert die neuen Anlagen? Auch hier steht die kommende Regierung vor großen Herausforderungen. Derzeit ist die SHK-Branche mit 382 020 Beschäftigten sehr gut ausgelastet. Vielerorts warten Kunden einige Wochen auf einen ersten Termin. Die Zahl der Unternehmen im SHK-Handwerk war in den vergangenen fünf Jahren sogar leicht rückläufig [5]. Gefüllte Auftragsbücher sind also gesichert. Aber mit Blick auf die wissenschaftlichen Prognosen und Marktentwicklungen wird die Nachfrage nach klimaschonenden Heizungen in den kommenden Jahren noch stärker ansteigen. Und damit muss auch die SHK-Branche mit all ihren Arbeitsbereichen wachsen und sich weiterbilden. Jeder Betrieb, der sich heute auf Wärmepumpen spezialisiert und seine Mitarbeiter schult, profitiert von der immer größer werdenden Nachfrage an CO2-armen Heizsystemen. Nach Schätzungen werden bis zum Jahr 2030 mehr als zehn Millionen veraltete Wärmeerzeuger zum Austausch anstehen.
„Der Gebäudebereich ist eine große Chance für den Klimaschutz und für die Heizungsbranche in Deutschland. Die Fachbetriebe im Heizungsbau müssen hier teilweise neue Wege einschlagen, um digitaler zu werden und erneuerbare Energien einzubinden“, sagt Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe. „Die Aussicht auf einen nachhaltigen Wachstumsmarkt und sichere Beschäftigungsverhältnisse sind zudem ein wesentlicher Anreiz für den Nachwuchs in dieser Branche. Ohne ein Umdenken im Handwerk wird die Energiewende nicht funktionieren.“
Einflussfaktor Strompreis
Dass die grüne Transformation in der SHK-Branche keine Eintagsfliege ist, lässt sich an den bereits etablierten und wirkenden politischen Rahmenbedingungen ablesen: Das Zusammenspiel aus staatlicher Förderung (BEG bis 2030 angelegt), CO2-Preis (marktreguliert ab 2027), Gebäudeenergiegesetz (GEG; Nutzungspflicht für EE-Wärme im Neubau gilt weiter; eingeschränkte Nutzung neuer Öl- und Kohleheizungen ab 2026) und den Vorgaben aus dem Klimaschutzgesetz. Es gibt demnach kein Zurück zur fossilen Wärmeversorgung im Gebäudesektor, darauf müssen sich alle Akteure der Branche einstellen: von den Verbrauchern über Wohnungswirtschaft, Planer und Energieversorger bis hin zum Fachhandwerk und zur Heizungsindustrie. Eine entscheidende Frage ist nicht, ob, sondern in welchem Umfang werden Fachhandwerksbetriebe den Geschäftsbereich Wärmepumpen auf- und ausbauen.
Ein wichtiger Faktor für die Attraktivität der Wärmepumpe beim Endkunden ist der Strompreis. Denn die Systeme verbrauchen Strom, um zu arbeiten. Sie tun das besonders effizient und holen aus 1 kW Strom ca. 3 bis 4 kW Wärme heraus. Diese Effizienz bietet sonst kein anderes Heizgerät am Markt. Außerdem gilt: Durch den fortschreitenden Ausbau von erneuerbarer Energie wird der deutsche Strommix immer grüner und sorgt dafür, dass die Wärmepumpe mit immer CO2-ärmerem Strom funktioniert. Wird die Wärmepumpe mit einer hauseigenen Photovoltaikanlage betrieben, ist das System im Betrieb nahezu CO2-neutral.
Wärmepumpenstrom kostet derzeit im Durchschnitt rund 23,6 Cent/kWh. Trotz der hohen Effizienz wird so allerdings verhindert, dass die Wärmepumpe ihr volles Potenzial entfalten kann, insbesondere im Gebäudebestand. Der Strompreis für Wärmepumpen ist derzeit deutlich teurer als fossile Heizenergieträger (Heizöl, Erdgas) oder Pellets. Das liegt vor allem an den staatlich regulierten Preisbestandteilen.
Die Zukunft elektrischer Heizungen
Aktuell wird der Strompreis durch Faktoren wie eine sich erholende Wirtschaft nach der Coronakrise und einem insgesamt niedrigen Gasangebot auf dem Weltmarkt in die Höhe getrieben. Demgegenüber wurde eine Senkung der EEG-Umlage für 2022 um knapp die Hälfte von den vier Übertragungsnetzbetreibern festgelegt. Auch die komplette Finanzierung der EEG-Umlage aus dem Haushalt ist weiterhin im Gespräch der Koalitionsparteien und dringend notwendig, um den notwendigen Ausbau der Wärmepumpe zu ermöglichen.
Einfluss auf den Markt und die Kaufentscheidung vieler Bürger nimmt zunehmend die CO2-Bepreisung. Sie sieht vor, dass Unternehmen, die mit fossilen Brennstoffen handeln, ein sogenanntes Emissionszertifikat erwerben müssen. Diese höheren Kosten geben die Firmen dann zumindest teilweise an die Endverbraucher weiter. Der Einstiegspreis für die Emission einer Tonne CO2 liegt derzeit bei 25 Euro. Bis zum Jahr 2025 soll dieser Preis bis 55 Euro ansteigen. Ab 2026 soll ein Preiskorridor bis 65 Euro je Tonne CO2 vorgegeben werden, der jährlich angepasst bzw. aufgehoben werden kann. Das bedeutet, dass Öl- und Gasheizungen im Betrieb in den nächsten Jahren immer teurer werden und dass immer mehr Menschen auf elektrisch betriebene Heizungen wie Wärmepumpen umsteigen werden.
Mit Blick auf die steigenden Preise für fossile Rohstoffe, den voranschreitenden Ausbau der Erneuerbaren und die guten Förderbedingungen wird die Nachfrage nach Wärmepumpen im Neubau und Gebäudebestand stetig zunehmen. Die Abschaffung der EEG-Umlage und eine spürbare Senkung des Strompreises werden derzeit von den Koalitionsparteien favorisiert, was die strombetriebene Wärmepumpe für Verbraucher zusätzlich attraktiv machen könnte. Es kommt jetzt darauf an, wie schnell die nächste Regierung Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor umsetzen will.
INFO
Neue SBZ-Serie: Geschäftsfeld Wärmepumpe auf- und ausbauen
Der Wärmepumpe fällt beim Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle zu. Um diese ausfüllen zu können, muss sie aber ihr „Nischendasein“ im SHK-Handwerk verlassen. Es gilt, branchenweit Know-how um Planung, Installation und Wartung aufzubauen – und zwar jetzt! Die SBZ hat dazu mit dem Bundesverband Wärmepumpe eine neue Serie angestoßen, die in den kommenden Monaten eine Grundlage bietet, um sich mit dem wichtigen Geschäftsfeld auseinanderzusetzen und um es auf- und auszubauen. Geplant sind:
Teil 1: Marktperspektiven: in dieser SBZ
Teil 2: Technologische Entwicklung: SBZ 2-2022 (erscheint am 4. Februar)
Die nachfolgenden Ausgaben greifen diese Themen auf:
Teil 3: Einstieg – was muss ich wissen?
Teil 4: Wie verkaufe ich eine Wärmepumpe?
Teil 5: Was ist bei der Planung zu beachten?
Teil 6: Wie installiere ich richtig?
Teil 7: Wie begleite ich den Kunden? (Wartung, Optimierung etc.)
INFO
Für die fachgerechte Planung sind die richtigen Rechentools entscheidend. Heizlast, JAZ oder eine mögliche Förderung lassen sich mit den kostenlosen Online-Rechentools des BWP berechnen. Für Mitglieder gibt es dabei zusätzliche Optionen:
→ www.waermepumpe.de/ fuer-handwerker/planungstools/
TIPP
Mit der Qualifizierung zum Sachkundigen für Wärmepumpensysteme nach VDI 4645 leisten Fachhandwerker einen entscheidenden Beitrag zur Qualitätssicherung. Wärmepumpensysteme sind kein Hexenwerk – dennoch bedarf es eines höheren Planungsaufwands und absoluter Sorgfalt bei der Auslegung. Mit bestandener Prüfung erhalten Teilnehmer den entsprechenden Nachweis in Form einer Urkunde und werden in das VDI-Sachkundigenregister aufgenommen. Die Übersicht der aktuellen Kursangebote und weitere Infos hier:
→ www.waermepumpe.de/fuer-handwerker/schulungen-nach-vdi-4645-1/
Quellen
[1] BDH Schätzung 2020, www.bdh-industrie.de/presse/pressegrafiken
(www.bit.ly/sbz025).
[2] Agora Energiewende 2020 „Klimaneutrales Deutschland“, Prognos, Öko-Institut, Wuppertal-Institut. Bundesverband der Deutschen Industrie BDI 2018: „Klimapfade für Deutschland“, The Boston Consulting Group und Prognos.
[3] BMU 2021: www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/
ksg_aendg_2021_3_bf.pdf (www.bit.ly/sbz026).
[4] Fraunhofer ISE 2020: „Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem 2050“ und Prognos et al. 2020: „Klimaneutrales Deutschland“.
[5] Schätzung ZVSHK 2021: www.zvshk.de/presse/medien-center/daten-fakten/
(www.bit.ly/sbz027).