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Die Physik lässt sich nicht betrügen

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SBZ: Herr Brandstetter, Sie haben sich seit vielen Jahren vorwiegend mit dem Thema Wärmeerzeugung beschäftigt. Was hat Sie veranlasst, zukünftig bei Grundfos Wasser zu bewegen?

Markus Brandstetter: Ich hatte schon immer auch ein Interesse am Thema Wasser und vor allem dafür, was Wasser zukünftig für die globale Entwicklung bedeutet. Damit ist eine Reihe von Mega-Trends eng verbunden, wie Bevölkerungswachstum, Umweltschutz und auch die Digitalisierung. Wobei natürlich gerade der letzte Punkt für meine Position besonders bedeutsam ist.

Die Pumpentechnologie ist hier ein wichtiger und strategisch sehr interessanter Bereich. Und Grundfos ist im Hinblick auf die Digitalisierung sehr gut im Markt positioniert. Dies ist eine dankbare Ausgangsposition, um Dinge zu verändern und Innovationen nach vorne zu bringen. Ich blicke auf 20 Jahre Strategiearbeit im Konzernumfeld zurück und freue mich darauf, hier die zukünftige Entwicklung mitzugestalten.

SBZ: Sie haben Ihre Position praktisch mit Beginn der Coronakrise angetreten. Wie hat sich das auf den Einstieg ausgewirkt?

Brandstetter: Überraschend wenig. Natürlich war und ist die Bewältigung der Coronakrise für alle Unternehmen, ganz gleich ob klein oder groß, eine Herausforderung. Wir als Grundfos sind hier aber sehr gut unterwegs, weiter unsere Kunden zu bedienen und auch die wichtigen Industrien zu unterstützen. Unsere Lieferfähigkeit ist weiterhin sichergestellt, was ja für alle unsere Zielgruppen von herausragender Bedeutung ist.

Gleichzeitig haben wir in einem globalen Konzern gelernt, wie viele Prozesse und Projekte sich auch in der virtuellen Welt umsetzen lassen. Wir haben uns hier genau angeschaut, wie wir mit diesen Methoden arbeiten, und haben dabei viele positive Effekte beobachtet. Dazu kommen Angebote wie etwa virtuelle Werksbesuche und Rundgänge, über die man vor Corona gar nicht nachgedacht hat. Insgesamt arbeiten wir viel flexibler und die Erfahrungen haben uns eher stärker gemacht.

SBZ: Sie sind jetzt etwas mehr als ein halbes Jahr bei Grundfos. Bitte erläutern Sie ein bisschen genauer, wo die Schwerpunkte Ihrer Arbeit liegen.

Brandstetter: Ich habe mich in der Vergangenheit sehr stark mit der Digitalisierung und dem Internet der Dinge (IoT) beschäftigt. Und in diesem Bereich hat Grundfos schon länger kommuniziert, dass wir uns weiterentwickeln werden. Von daher ist der Schwerpunkt meiner Tätigkeit klar umrissen. Das Ganze ist aber natürlich kein Selbstzweck. Ich bin es gewohnt, von der Kundenseite her zu denken, und wir werden nur Lösungen anbieten, mit denen wir digitale Mehrwerte für unsere Marktpartner schaffen können.

Ich habe einen festen Grundsatz: Die Physik lässt sich nicht betrügen. Dieser Satz ist eine wichtige Grundlage für meine Arbeit. Digitale Dienstleistungen können nicht ohne ein tiefgehendes technisches Verständnis des Produkts entstehen. Hier dem Kunden realistische, sinnvolle Anwendungen zu bieten, verlangt, dass man auch die Breite versteht. Und diese Anforderung stelle ich auch an mich.

Investoren, Planer, Installateure und Betreiber haben für digitale Dienstleistungen natürlich unterschiedliche Anforderungen. Diesen zu entsprechen und ein skalierendes Angebot in der ganzen Breite zu entwickeln, das ist die Herausforderung, die ich zu meinem Steckenpferd gemacht habe. Aber noch mal: Es geht bei alledem darum, einen Mehrwert für alle Beteiligten zu erbringen.

Um diese Ideen umzusetzen, haben wir in Bjerringbro ein „Digital Office“ mit rund 200 Mitarbeitern geschaffen. Dort ist jetzt die gesamte Entwicklung digitaler Produkte zusammengefasst. Dies reicht vom Vorausdenken von digitalen Geschäftsmodellen und Applikationen über deren eigentliche Entwicklung bis hin zum flächendeckenden Ausrollen in den Markt.

Bild: Grundfos

In Bjerringbro wurde das Grundfos Digital Office mit rund 200 Mitarbeitern geschaffen. Dort ist jetzt die gesamte Entwicklung digitaler Produkte zusammengefasst.

SBZ: Können Sie konkreter sagen, wo der Nutzen derartiger digitaler Produkte liegt?

Brandstetter: Nehmen wir etwa das Beispiel Modularität: Wenn ich mithilfe steckbarer Kommunikationsmodule im Nachhinein entscheiden kann, ob und mit welchem Protokoll ich eine Pumpe vernetze, dann schafft das erheblich mehr Flexibilität. Das heißt, ich integriere die jeweilige Funktion erst dann, wenn ich genau weiß, was ich benötige und wann ich es benötige. Dies kann bei geänderten Objektanforderungen, z. B. durch eine Erweiterung, auch eine spätere Nachrüstung sein.

Und solche Flexibilität in den Prozess einzubringen hilft allen Beteiligten. Der Planer kann unterschiedliche digitale Dienstleistungen oder Kommunikationsmöglichkeiten auch später noch integrieren. Der Fachhandwerker muss nur die Komponenten bestellen und installieren, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt gebraucht werden. Und der Betreiber ist sich sicher, dass seine Wünsche und Anforderungen, die er aktuell vielleicht noch gar nicht kennt, auch später noch berücksichtigt werden können.

SBZ: Nun kann eine Heizungspumpe schon heute eine sehr komplexe Angelegenheit sein. Ich denke da an die Vielzahl von Betriebsmodi, Selbstüberwachungsfunktionen und ergänzenden Komponenten, wie etwa Wärmemengenzähler oder andere Sensorik. Besteht angesichts weiterer digitaler Produkte nicht die Gefahr, dass die Kunden in der Praxis irgendwann den Überblick verlieren?

Brandstetter: Wir werden niemanden zwingen, digitale Lösungen einzukaufen. Es gibt natürlich Einsatzbereiche, die brauchen eine Pumpe, die einfach nur 30 Jahre möglichst effizient läuft. Und diesen Kern unseres Geschäfts vergessen wir auf keinen Fall. Gerade bei den Hausbesitzern spielen Effizienz, Zuverlässigkeit und geringe Betriebskosten eine große Rolle. Wenn wir hier den Fachhandwerker rund um die Installation digital unterstützen, ist das aber kein digitales Produkt als solches. Diese Unterscheidung ist uns sehr wichtig.

Allerdings gibt es darüber hinaus auch Kunden, etwa Betreiber von Nah- und Fernwärmenetzen oder aus der Wasserversorgung, die von neuen digitalen Funktionen stark profitieren können. Dies gilt etwa, wenn sich durch die Analyse von Betriebsdaten Leckagen identifizieren lassen. Das sind neue digitale Mehrwerte, die für diese Kunden sehr interessant sind und die wir zukünftig verstärkt anbieten wollen.

SBZ: Grundfos spricht im Zusammenhang mit Pumpen häufig von „intelligentem Wassermanagement“. Was bedeutet das in der Praxis?

Brandstetter: Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein sehr breites Portfolio. Ein wesentlicher Aspekt ist das übergreifende Leitbild der Nachhaltigkeit. Hier bemühen wir uns etwa, mithilfe digitaler Intelligenz bei allen unseren Lösungen möglichst effizient mit Wasser und Energie umzugehen.

Ein Beispiel habe ich gerade mit dem Vermeiden und Finden von Leckagen in der Wasserversorgung schon genannt. Oder aber das Zusammenspiel von in Gebäuden verteilten Pumpen. Dabei geht man nicht mehr von zentralen Pumpen aus, sondern von einem dezentralen Pumpensystem. Hier steht dann die Energieeinsparung über eine höhere Gesamteffizienz im Vordergrund.

Zum intelligenten Wassermanagement gehören aber auch einzelne Projekte, wie etwa ein auf Algorithmen basierendes Wassermanagementsystem für Schwellenländer. Hier wollen wir mit solarbetriebenen Pumpen und mit einem Mikrogrid-Ansatz eine kontinuierliche Wasserversorgung sicherstellen.

SBZ: Damit sind wir bei einem weiteren wichtigen Punkt für Grundfos. Das Unternehmen stellt sich auch ethischen Fragen und unterstützt unter anderem die UNO-­Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Wie kommt ein Maschinenbauer zu einem solchen Engagement?

Brandstetter: Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass wir dank der UNO weltweit einen einheitlichen Rahmen für gemeinsame Ziele haben. Sich diesen Zielen zu verschreiben, halte ich auch persönlich für erstrebenswert. Das ist auch etwas, was für mich ganz klar für Grundfos als Arbeitgeber gesprochen hat. Das Unternehmen hat sich immer schon bemüht, mit seiner Tätigkeit auch einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. Nach etwas über einem halben Jahr hier in Bjerringbro kann ich sagen, dass dieses Engagement auch gelebt und von den Mitarbeitern als Gemeinschaft mitgetragen wird. Und das ist, ehrlich gesagt, ein gutes Gefühl.

SBZ: Herr Brandstetter, vielen Dank für das interessante Gespräch.

„Grundfos Machine Health“ kann auf Basis einer Cloud-Anwendung Maschinengeräusche und Vibrationen analysieren und so sich anbahnende Störungen im Vorfeld erkennen.

Bild: Grundfos

„Grundfos Machine Health“ kann auf Basis einer Cloud-Anwendung Maschinengeräusche und Vibrationen analysieren und so sich anbahnende Störungen im Vorfeld erkennen.