Hitze und Trockenheit, Starkregen, Wirbelstürme und urbane Sturzfluten sind heftiger und häufiger geworden. Als Starkregen werden große Niederschlagsmengen, die in kurzer Zeit anfallen, bezeichnet. Der Deutsche Wetterdienst DWD unterscheidet je nach Intensität drei Starkregenformen:
Plötzliche Starkregen führen oft zu schnell ansteigenden Wasserständen und zu Überschwemmungen. Vor allem in dicht bebauten Gebieten mit stark versiegelten Oberflächen können große Regenmengen oft nicht schnell genug ablaufen. Die Folge: Straßen und Keller werden überflutet, auf den Grundstücken kommt es zu Rückstau, selbst auf flachen Dächern von Gebäuden kann sich das Regenwasser stauen.
Anforderungen an Planung und Ausführung
Um Dachkonstruktionen und deren Entwässerungsanlagen vor Überlastung bei Starkregen zu schützen, muss die Regenentwässerungsanlage so geplant und ausgeführt werden, dass das Wasser selbst bei einem Starkregenereignis kontrolliert und ohne Rückstau auf dem Dach abgeleitet werden kann. Hierfür gelten die Anforderungen der DIN EN 12056‑3 „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden – Teil 3: Dachentwässerung, Planung und Bemessung“ und der DIN 1986‑100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“.
Dem Regelwerk zufolge muss jedes Flachdach zusätzlich zur Dachentwässerungsanlage eine ausreichend dimensionierte Notentwässerung besitzen, um einen Dacheinsturz zu vermeiden. Das Dachentwässerungs- und das Notentwässerungssystem müssen gemeinsam mindestens den am Standort des Gebäudes zu erwartenden Jahrhundertregen r(5/100) entwässern können.
Notentwässerung
Die Dachfläche bzw. jeder Tiefpunkt der Dachkonstruktion muss nach DIN 1986‑100 eine Notentwässerung über Notabläufe erhalten. Die Notentwässerung darf nicht an die Regenwasserleitung der Dachentwässerung angeschlossen werden, sondern muss das Regenwasser in freiem Auslauf auf schadlos überflutbare Grundstücksflächen ableiten. Das gilt auch dann, wenn mehrere Notabläufe über Rohrleitungen zusammengeschlossen sind und das Regenwasser mit einem gemeinsamen Auslauf auf das Grundstück entwässern.
Als Notabläufe werden Dachabläufe und Attikaabläufe mit eingebauten Wehren oder mit äußeren Stauelementen verwendet, die erst dann anlaufen, wenn die eigentliche Dachentwässerung bei Starkregen überlastet und die für die Notentwässerung festgelegte Stauhöhe erreicht ist. Als Notentwässerung können auch ausreichend dimensionierte Notüberläufe in Form runder oder rechteckiger Öffnungen in der Attika dienen.
Flachdächer in Leichtbauweise wie z. B. Trapezblechdächer brauchen immer eine Notentwässerung. Auch Balkone müssen nach DIN 1986‑100 Pkt. 5.10 eine Notentwässerung zusätzlich zum Balkonablauf erhalten, wenn sie über eine geschlossene Brüstung verfügen. Die Notentwässerung kann als Notüberlauf von mindestens 40 mm lichter Weite in der Brüstung oder als Notablauf mit freiem Auslauf geplant werden.
Verzögerte Ableitung
Ein Verzicht auf Notentwässerungen ist jedoch bei Dächern in Massivbauweise möglich, bei denen Niederschlagsrückhaltung planmäßig vorgesehen und statisch nachgewiesen ist. So zum Beispiel bei Gründächern, die das Niederschlagswasser durch die Pflanzen sowie die Substrat- und Drainschichten in großem Umfang aufnehmen und erst verzögert an die Dachentwässerung abgeben.
Ein anderes Beispiel sind spezielle Retentionsdachabläufe mit Drosselöffnungen, die ebenfalls eine Rückhaltung auf dem Dach ermöglichen. Auch hier fließt das auf dem Dach ankommende Regenwasser durch die als Drosselvorrichtung wirkenden Retentionsöffnungen in den Dachabläufen kalkuliert verzögert ab. Die Drosselvorrichtungen sind herstellerabhängig unterschiedlich als Drosselrohr oder Drosselaufsatz mit projektbezogen berechenbaren Retentionsöffnungen ausgeführt.
Durch die verzögerte Ableitung ist der Anteil des Regenwassers, der durch die Grundleitung fließt, geringer. Dadurch wird die Grundleitung bei Starkregen entlastet. Voraussetzung für eine dauerhafte Rückhaltung bzw. Speicherung des Regenwassers auf dem Dach ist jedoch immer, dass die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion für die Überflutungshöhe entsprechend ausgelegt ist.
Abstände von Dachabläufen
Dachabläufe sind grundsätzlich an den tiefsten Stellen der zu entwässernden Dachflächen einzuplanen. Nach DIN 1986‑100 Pkt. 14.2.5 sollte der Abstand der Dachabläufe (dies gilt sinngemäß auch für Attikaabläufe und für Notabläufe) jedoch maximal 20 m nicht überschreiten, wenn sich die Dachabläufe in einem linearen Tiefpunkt befinden. Bei einer Dachentwässerung mit ausgeprägten Tiefpunkten kann der Abstand auch größer sein, da das Regenwasser zwangsläufig zu den Tiefpunkten mit jeweils einem Dachablauf fließt.
Als Mindestabstand für Dachabläufe ist nach Pkt. 6.5 der DIN 18531‑1 „Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen – Teil 1: Nicht genutzte und genutzte Dächer – Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze“ ein Abstand von 0,30 m vorzusehen. Maßgebend dafür ist die äußere Begrenzung des Flansches.
Der Mindestabstand von 0,30 m ist für Dachabläufe ebenfalls zu aufgehenden Bauteilen zu planen, wobei der Abstand bei Keilen im Bereich des aufgehenden Bauteils zweckmäßigerweise von der Vorderkante des Keils gemessen werden sollte. Ausgenommen davon sind Attikaabläufe, die speziell für einen Einbau in die aufgehende Attika vorgesehen sind.
Balkonentwässerung
Abläufe, die Balkone und Loggien mit geschlossener Brüstung entwässern, dürfen im Regelfall nicht an die Regenwasserleitungen der Dachentwässerung angeschlossen werden, um eine mögliche Überflutung durch Rückstau bei Überlastung zu vermeiden (DIN 1986‑100 Pkt. 5.10). Die Balkonentwässerung soll vielmehr über separate und von der Dachentwässerung getrennte Fallleitungen erfolgen.
Dieses gilt auch, wenn Notentwässerungen in der Brüstung vorhanden sind. Von separaten Fallleitungen für die Dach- und die Balkonentwässerung kann jedoch abgesehen werden, wenn die Balkonbrüstung nicht geschlossen ist und mindestens 50 % der Balkonbrüstung einen freien Auslauf über der Balkonfußbodenfläche besitzen, sodass das Regenwasser im Überflutungsfall ungehindert nach außen abfließen kann.
Balkonabläufe im Erdgeschoss sollten aber dennoch separat an die Grundleitung angeschlossen werden, um möglichem Rückstau in der Regenwasserleitung vorzubeugen.
Ableitung auf tiefer liegende Dachflächen
Die Dachentwässerung über tiefer liegende Dächer sollte im Regelfall über ein geschlossenes Rohrsystem bis zur Grundleitung erfolgen, wobei jede Dachfläche für sich gesehen separat entwässert werden muss. Ein freier Auslauf auf tiefer liegende Dachflächen ist nach DIN 1986‑100 Pkt. 6.3.3 nur dann zulässig, wenn das Regenwasser von aufgehenden Gebäudeteilen weggeleitet wird.
Dort, wo das Regenwasser auftrifft, muss zudem die Dachabdichtung verstärkt werden. Bei der Notentwässerung ist eine freie Ableitung auf tiefer liegende Dachflächen dagegen nicht zulässig, da die Ableitung des Regenwassers von jeder Dachfläche bestimmungsgemäß frei auf schadlos überflutbare Flächen erfolgen soll.
Info
Auf Gütezeichen achten
Ablauf ist nicht gleich Ablauf. Dach- und Balkonabläufe, die das Gütezeichen RAL‑GZ 694 tragen, zeichnen sich durch höhere Abflussleistungen aus, als es die Normen fordern, und können damit auch bei Starkregen gezielt und sicher entwässern.