Die Planung und Ausführung von Regenentwässerungsanlagen und Notentwässerungen von Balkonen, Loggien und Terrassen müssen grundsätzlich nach DIN EN 12 056-3 „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden – Dachentwässerung, Planung und Bemessung“, Ausgabe Januar 2001, und DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke“, Ausgabe Dezember 2016, sowie der Flachdachrichtlinie, Ausgabe Mai 2019, erfolgen. Gemäß der Flachdachrichtlinie werden Balkone, Loggien und Terrassen folgendermaßen definiert:
Das sind die Anforderungen nach DIN 1986-100, Abschnitt 5.10
Loggien- und Balkonentwässerung
Balkone und Loggien sollten einen Ablauf oder eine vorgehängte Rinne zur Balkonentwässerung erhalten. Haben Balkone und Loggien eine geschlossene Brüstung, so muss zusätzlich zum Ablauf ein Notablauf oder ein Notüberlauf von mindestens 40 mm lichter Weite in der Brüstung vorhanden sein (Bild 1). Die Forderung nach einem Notablauf oder Notüberlauf von mindestens 40 mm lichter Weite zusätzlich zum Balkonablauf bei geschlossenen Brüstungen dient der Sicherheit gegen Überflutung von Gebäuden, selbst im Falle einer Verstopfung des Balkonablaufes, zum Beispiel durch Laub oder andere Stoffe.
Hier dürfen keine Abläufe angeschlossen werden
An Regenwasserfallleitungen von Dachentwässerungen dürfen zur Vermeidung von Überflutungen auf den darunterliegenden Etagen keine Abläufe von Balkonen oder Loggien mit geschlossener Brüstung angeschlossen werden, auch dann nicht, wenn Notentwässerungen in der Brüstung vorhanden sind. Dieses gilt auch für Terrassenabläufe.
Wann kann auf getrennte Fallleitungen verzichtet werden?
Nur wenn Balkone und Loggien keine geschlossene Brüstung haben, kann auf getrennte Fallleitungen für die Dach- und Balkonentwässerung verzichtet werden. Hierbei müssen mindestens 50 % der Brüstung als freier Ablauf zur Verfügung stehen, damit das Wasser im Überflutungsfall ungehindert abfließen kann. Offene Brüstungen sind zum Beispiel auch Begrenzungen durch Geländer mit Glasfassaden oder Ähnlichem, unter denen das Wasser im Überflutungsfall über die Balkonfußbodenfläche nach außen ungehindert abfließen kann (Bild 2). Abläufe von Balkonen und Loggien im Erdgeschoss sollten aus Sicherheitsgründen getrennt an die Regenwassergrundleitung angeschlossen werden.
Regelung in DIN 1986-100 gelockert
Die Regelung in der alten DIN 1986-100, Ausgabe Mai 2008, mit dem generellen Verbot für den Anschluss von Abläufen zur Entwässerung von Balkonen und Loggien an Regenwasserfallleitungen von Dachentwässerungen war zu restriktiv und führte zu einer Vielzahl von Einsprüchen. Mit der neuen Regelung wird sowohl der Kostenminimierung im Bauwesen als auch dem Überflutungsschutz von Gebäuden Rechnung getragen.
Terrassen: Schadloses Abfließen des Wassers ermöglichen
Abläufe im Terrassenbereich sollten möglichst wegen Überflutungsgefahr bei Starkregen erst nach dem Entspannungspunkt (Übergang der Dachentwässerung zur weiterführenden Grundleitung nach einem Hofablauf oder offenen Schacht mit Lüftungsöffnungen) an die Regenwassergrundleitung angeschlossen werden. Terrassen sollten mit Gefälle so angelegt werden, dass ein schadloses Abfließen des Wassers in das umgebende Gelände möglich ist.
Wann dürfen Wasserspeier und Tropfleisten eingesetzt werden?
Gemäß DIN 1986-100 ist grundsätzlich zu prüfen, in welchem Maße Niederschlagswasser über Versickerungsanlagen abgeleitet werden kann. Dies gilt auch für Flächen unterhalb der Rückstauebene. Niederschlagswasser von Flächen unterhalb der Rückstauebene, hierzu zählen auch Terrassen unterhalb der Rückstauebene, das nicht der Versickerung oder einem oberirdischen Gewässer zugeführt werden kann, ist mittels Abwasserhebeanlagen rückstaufrei der öffentlichen Kanalisation zuzuführen. Wenn Dritte nicht beeinträchtigt werden, darf das Niederschlagswasser auch direkt über Wasserspeier oder Tropfleisten auf das Grundstück abgeleitet werden.
Bemessung der Regenentwässerungsanlagen
Niederschlagswasser planmäßig und kontrolliert ableiten
Das auf Balkonen, Loggien und Terrassen anfallende Niederschlagswasser muss planmäßig und kontrolliert abgeleitet werden. Dies erfordert eine exakte Bemessung der Regenentwässerungsanlagen gemäß Abschnitt 14.2 der DIN 1986-100. Der Regenwasserabfluss wird nach Gleichung 5 der Norm berechnet:
Qr = r (D,T) x CS x A / 10 000 (l/s)
Dabei ist:
Qr der Regenwasserabfluss in Liter pro Sekunde (l/s);
r (D,T) die Berechnungsregenspende in Liter pro Sekunde und Hektar [I/(s x ha)] am Gebäudestandort nach Tabelle A.1 der DIN 1986-100 (Bild 3) oder nach KOSTRA-DWD 2010);
CS der Spitzenabflussbeiwert (dimensionslos) aus Tab. 9 der DIN 1986-100;
A Niederschlagsfläche in Quadratmeter (m²).
Info: Die angegebenen Regenspenden in der Tabelle A.1 der DIN 1986-100 gelten grundsätzlich für das Zentrum der aufgeführten Orte. Ist die Ermittlung der Regenspenden anhand der Tabelle A.1 der DIN 1986-100 nicht möglich, müssen die Regenspenden mithilfe des KOSTRA-DWD-2010 bestimmt werden.
Das anfallende Regenwasser von Balkonen, Loggien und Terrassen wird in der Regel über Abläufe oder Rinnen abgeleitet. Die Mindestabflüsse in l/s und die zugehörigen Stauhöhen (Druckhöhen) h für Abläufe erhält man aus der Tabelle 10 der DIN 1986-100 (Bild 4).
Info: Bei den Angaben in der Tabelle 10 der DIN 1986-100 handelt es sich um Mindestanforderungen für Abläufe. Diese Werte sind allgemein gültig und optimal anzuwenden, wenn zum Beispiel in der Vorplanungsphase noch kein Fabrikat für die Abläufe feststeht. Sobald aber das Fabrikat der Abläufe feststeht, sollten die Angaben für das Abflussvermögen und die Druckhöhe h der Ablaufhersteller verwendet werden.
Regenwasserleitungen und Rinnen bemessen
Die Bemessung von Regenwasserleitungen im Freispiegelsystem erfolgt nach Abschnitt 14.2.7 der DIN 1986-100; die für Drückströmung muss nach Abschnitt 14.3 durchgeführt werden. Vorgehängte halbrunde und kastenförmige Rinnen einschließlich der Rinnenstutzen können nach Abschnitt 14.4 der DIN 1986-100 bemessen werden.
Notentwässerungen
Wann Notüberläufe und wann Notabläufe einsetzen?
Nach Abschnitt 5.9 der DIN 1986-100 können zur Notentwässerung entweder Notüberläufe (zum Beispiel durch Öffnungen in der Attika) oder Notabläufe (zum Beispiel Notabläufe mit Rohrsystemen) eingesetzt werden. Notabläufe können als Attikaabläufe frei durch die Attika entwässern.
Notentwässerung mit freiem Ablauf auf schadlos überflutbare Grundstücksflächen abgeleitet werden
Die Notentwässerung darf nicht an die Entwässerungsanlage angeschlossen werden, sondern muss mit freiem Auslauf auf schadlos überflutbare Grundstücksflächen abgeleitet werden. Bei nicht überdachten Balkonen ab ca. 10 m² Grundfläche muss in jedem Fall überprüft werden, ob eine lichte Weite von 40 mm für die Notentwässerung ausreichend ist. Nicht überdachte Balkone sind wie Dachflächen zu behandeln. Hierbei muss generell sichergestellt werden, dass gemäß Abschnitt 14.2.6 der DIN 1986-100 das Entwässerungs- und Notentwässerungssystem gemeinsam mindestens das am Gebäudestandort über fünf Minuten zu erwartende Jahrhundertregenereignis r(5,100) entwässern können. Das Mindestabflussvermögen der Notentwässerung wird nach Gleichung 7 der DIN 1986-100 berechnet:
QNOT = (r(5,100) – r(D,T) x CS) x A / 10 000 (l/s)
Dabei ist:
QNOT das Mindestabflussvermögen der Notentwässerung in Liter pro Sekunde (l/s);
r(5,100) der über 5 Minuten zu erwartende Jahrhundertregen in Liter pro Sekunde und Hektar [I/(s x ha)] am Gebäudestandort nach Tabelle A.1 der DIN 1986-100 (Bild 3) oder nach KOSTRA-DWD 2010;
r(D,T) die Berechnungsregenspende in Liter pro Sekunde und Hektar [I/(s x ha)] am Gebäudestandort nach Tabelle A.1 der DIN 1986-100 (Bild 3) oder nach KOSTRA-DWD 2010;
CS der Spitzenabflussbeiwert (dimensionslos) aus Tab. 9 der DIN 1986-100;
A Niederschlagsfläche in Quadratmeter (m²).
Die resultierende Überflutungshöhe ergibt sich entweder aus der Addition der Druckhöhen h am Ablauf und der Notentwässerungsströmung zur Öffnung in der Brüstung oder aus der Addition der Druckhöhen h am Ablauf und am Notablauf.
Maximale Schwellenhöhe nicht überschreiten
Durch die resultierende Überflutungshöhe dürfen sich weder statische noch abdichtungstechnische Probleme ergeben. Empfehlenswert ist noch ein Freibord von mindestens 25 mm oberhalb der resultierenden Überflutungshöhe. Durch den Freibord erhält man noch eine zusätzliche Sicherheit gegen Wellenbewegungen bei Sturm (Freiborde sind zum Beispiel bei innen liegenden Rinnen vorgeschrieben). Zur Vermeidung von Überflutungsschäden innerhalb von Gebäuden muss sichergestellt sein, dass die berechnete Gesamtüberflutungshöhe die maximale Schwellenhöhe – von zum Beispiel Balkontüren – nicht überschreitet.
Info: Die Flachdachrichtlinie schreibt im Abschnitt 4.4 bei Türen eine Anschlusshöhe der Abdichtung von mindestens 150 mm oberhalb des Belags vor. Eine Verringerung der Anschlusshöhe auf 50 mm ist möglich, wenn vor der Tür ein rinnenförmiger Entwässerungsrost – mit unmittelbarem Anschluss an die Entwässerung – eingesetzt wird.
Größe von Notüberläufen ermitteln
Die Ermittlung der Größe von rechteckigen Notüberläufen erfolgt gemäß Abschnitt 14.5.2 der DIN 1986-100; die von runden Notüberläufen ist in Abschnitt 14.5.3 festgelegt.
Wann ist keine zusätzliche Notentwässerung erforderlich?
Bei vorgehängten Rinnen ist keine zusätzliche Notentwässerung erforderlich. Die normenmäßige Bemessung von vorgehängten Rinnen ist abgestimmt auf den Berechnungsregen bei Vollfüllung der Rinne. Bei Regenereignissen oberhalb des Berechnungsregens erfolgt die Notentwässerung über die Vorderkante der Rinnenlängsseite.
Fazit
Die Entwässerung von Balkonen, Loggien und Terrassen erfordert eine exakte Planung und Ausführung der zugehörigen Regenentwässerungsanlagen und Notentwässerungen nach den geltenden Regelwerken. Eine genaue Koordination zwischen Sanitärfachleuten, Architekten, Bauklempnern und Bedachungsfachleuten ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die sichere Entwässerung von Balkonen, Loggien und Terrassen. Bei fehlender Erfahrung sollten unbedingt die Beratungsfachleute der Hersteller hinzugezogen werden.
Literatur
Dieser Artikel ist eine Überarbeitung des Artikels „Balkone, Loggien und Terrassen richtig entwässern“ von Bernd Ishorst , erschienen in SBZ 14-2020.
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