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Entwicklungstrends bei Wassermanagementsystemen

Interesse im privaten Bereich steigt

Inhalt

SBZ: Über ein Wassermanagementsystem lassen sich Armaturen flexibel per Kabel und/oder Funk miteinander vernetzen. Was waren die Anforderungen und die besonderen Herausforderungen bei der Entwicklung?

Dr. Oliver Fontaine: Zu den Voraussetzungen für ein Wassermanagementsystem zählten zum einen elektronische Armaturen, die sich mittlerweile an allen relevanten Zapfstellen etabliert haben, und zum anderen Technologien, die es überhaupt erst ermöglichen, Armaturen über eine kommunikative Schnittstelle miteinander vernetzen zu können.

Die Hauptaufgabe des Systems war die Durchführung von automatischen Spülungen – und zwar auch gleichzeitig, zu festen Terminen und bis zur Entnahmestelle und damit weg von einzelnen Spülstationen. Nur so erreichen wir eine entsprechende Fließgeschwindigkeit, womit sich eine zu hohe Konzentration an Bakterien sowie Rückstände aus allen Leitungen spülen lassen – und zwar endständig, ohne stagnierende Wasserrestmengen.

Die zweite große Aufgabe bzw. Anforderung war die Dokumentation. Immer mehr Gebäudebetreiber suchen aufgrund gestiegener rechtlicher Anforderungen gezielt nach Möglichkeiten, jederzeit durch Analyse, lückenlose Dokumentation und Reportings nachweisen zu können, dass sie ihren Pflichten zur Aufrechterhaltung der Wasserhygiene nachkommen. Genau das kann unser Wassermanagementsystem SWS ihnen bieten.

Uns selbst war außerdem wichtig, dass wir Fachhandwerkern und Planern einen weiten Spielraum zur Umsetzung bieten. Wo es nicht möglich ist oder keinen Sinn macht, kabelgebundene Leitungen zu nutzen – zum Beispiel im Sanierungsfall – wollten wir die Vernetzung via Funk als Alternative etablieren. Das ist uns auch gelungen, sodass man heute beides nutzen kann, auch in Kombination. Das schafft eine größtmögliche Flexibilität bei der Planung und Montage. Zudem erleichtern eine einfache Kabeltypologie und eine hohe Funk­reichweite dank Mesh-Netzwerk Installation und Betrieb.

Guido Wurm: Während der Entwicklung des Wassermanagementsystems haben uns die durchgeführten Stagnationsspülungen bei unserer Testanlage in einem Bestandsgebäude eindrucksvoll den Effekt der Gleichzeitigkeit vor Augen geführt. Plötzlich waren alle Armaturen verstopft, weil das erste Mal sämtliche Rückstände aus den Leitungen gespült wurden. So wurde noch mal deutlich, mit welch starken Ablagerungen und Kontaminationen Trinkwasser-Installa­tionen zu kämpfen haben und wie wichtig es ist, Stagnationsspülungen mit hohen Fließgeschwindigkeiten durchzuführen.

Elektronische Armaturen sorgen für mehr Nutzer- und Trinkwasserhygiene und werden zukünftig dank dieser Vorteile sicherlich auch verstärkt im Wohnungsbau eingesetzt werden.

Dr. Oliver Fontaine

Bild: Schell

SBZ: Ihr System kam 2016 auf den Markt. Gab es seitdem Weiterentwicklungen?

Wurm: Die wesentlichen Grundfunktionen waren von Anfang an gegeben. 2020 kamen eine Lecka­ge­schutzarmatur, die sich ins System einbinden lässt und Wasserschäden in Abwesenheit vermindert, sowie Updates zur Optimierung des Wassermanagementsystems und Hardwareanpassungen zur Reichweitenoptimierung bei Funk hinzu.

Die wesentliche Innovation 2020 war allerdings unser Smart.SWS. Als praktische Ergänzung bietet der cloudbasierte Onlineservice einen komfortablen Überblick über die wichtigsten Betriebsparameter der SWS-Anlagen: Per Fernzugriff können Analysedaten online und gebäudeübergreifend abgerufen sowie wichtige Statusmeldungen und Auswertungen geprüft werden. Das bedeutet für die Betreiber mehrerer Liegenschaften mehr Effizienz, Planbarkeit und Sicherheit.

Aber auch hier gilt: Erst durch die Cloud-Technologie war es uns überhaupt erst möglich, eine solche Lösung zu schaffen. Deswegen beschäftigen wir uns immer sehr intensiv mit den neusten technologischen Trends und schauen, welche Technologien sich für unsere Zwecke einsetzen lassen. Digitalisierung nutzen wir als Chance für die Weiterentwicklung von zukunftsorientierten Produkten und Lösungen, um einen Mehrwert für unsere Kunden, Partner und die Gesellschaft zu bieten.

SBZ: Welche Trends sehen Sie im Bereich Wassermanagementsysteme?

Fontaine: Der sicherlich größte Trend liegt in der Balance von Wassersparen und Hygiene. Das heißt: Der Wunsch nach einem nachhaltigen, sparsamen Umgang mit Wasser darf nicht zu Abstrichen im Bereich Trinkwasserhygiene führen. Die Maxime lautet daher: So viel Wasser sparen wie möglich und so viel Spülungen zulassen wie nötig, sodass der Erhalt der Trinkwassergüte gewährleistet bleibt. Dabei trägt das Wassermanagementsystem maßgeblich zu einem nachhaltigen Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser bei, weil bei einer automatischen Spülung nie mehr Wasser verbraucht wird als nötig.

Der Trend von morgen geht dahin, dass Wassermanagementsysteme noch mehr Daten aufnehmen und verarbeiten, sodass Spülungen in stärkerer Korrelation zu aktuellen Zuständen, wie zum Beispiel Nutzerverhalten oder Gebäudetyp, vorgenommen werden können.

Ein zweiter Trend liegt im Plug-and-play, also darin, Inbetriebnahme, Handling und Updates von Wassermanagementsystemen für Installateure und Gebäudebetreiber immer weiter zu vereinfachen. Obwohl wir schon heute eine durchdachte Komplettlösung mit aufeinander aufbauenden Modulen bieten, was die Montage so einfach wie möglich hält, machen wir uns natürlich immer Gedanken, wie wir den Arbeitsalltag unserer Kunden weiter erleichtern können.

Damit verbunden ist ein dritter Trend, nämlich der Trend zu immer mehr Service und damit einhergehend mehr Sicherheit. Das Wassermanagementsystem soll dem Gebäudebetreiber sozusagen „Peace of Mind“ verschaffen. Bei der Vielzahl seiner Aufgaben und Verantwortlichkeiten will er sichergehen, dass er das Thema Trinkwasserhy­giene bestimmungsgemäß betreibt.

Wurm: Hier kommen wieder neueste Technologien ins Spiel, die es uns ermöglichen, Daten einfach und kostengünstig den Kunden zur Verfügung zu stellen und Serviceleistungen anzubieten, die den Kunden aktiv und permanent über den Status seiner Trinkwasseranlage informieren. So könnten wir unsere Kunden noch besser bei ihren Aufgaben unterstützen.

Unser Ziel ist, die Digitalisierung von Anwendungen stärker in den Mittelpunkt zu rücken und damit beim Thema Wassermanagement mehr Servicemöglichkeiten anzubieten.

Guido Wurm

Bild: Schell

SBZ: Heutige Wassermanagementsysteme sind für den Einsatz in (halb-)öffentlichen und gewerblichen Sanitäranlagen konzipiert. Sehen Sie die Zukunft auch im privaten Bereich – schließlich hat hier coronabedingt eine starke Sensibilisierung hinsichtlich Nutzer- und Trinkwasserhygiene stattgefunden?

Fontaine: Voraussetzung für die Nutzung eines Wassermanagementsystems sind ja elektronische Armaturen. Und hier sehe ich tatsächlich einen Trend, der Einzug ins Private halten wird – einfach, weil mit einer berührungslosen Bedienung neben Hygiene der Nutzerkomfort deutlich steigt. Bei Küchenarmaturen können wir das jetzt schon gut beobachten.

Aber auch das Thema Stagnationsspülungen wird hier immer wichtiger. So sehen wir gerade im Wohnungsbau ein wachsendes Interesse an Trinkwasserhygiene und Wassermanagement-Lösungen. Man denke nur an länger leerstehende Wohnungen bedingt durch Urlaub oder Sanierung, die durchaus eine Gefahr für die Trinkwassergüte – auch in anderen Etagen – darstellen können. Zum Teil werden schon heute Vermieter dazu verpflichtet, Spülungen durchzuführen, um einer schleichenden Verkeimung der Trinkwasser-Installation vorzubeugen.

SBZ: Gibt es auch Trends hinsichtlich Design?

Wurm: Sicherlich, und zwar auf verschiedenen Ebenen. Zum einen im Bereich der Optik. Hier werden die Ansprüche an ein kohärentes Design über alle Zapfstellen immer höher. Dem kommen wir nach, daran arbeiten wir. Zum anderen ein Trend hinsichtlich Software-Design. Neue Bedienkonzepte, die die individuellen Einstellungen der Kunden noch stärker und besser berücksichtigen, werden die Inbetriebnahme noch komfortabler und einfacher gestalten können.

SBZ: Ihr Fazit?

Fontaine: Die Anforderungen an das Thema Trinkwasserhygiene und Wassermanagement werden in Zukunft weiter steigen. Wasserverbrauch wird nachhaltiger und transparenter. Neue digitale Technologien schaffen die Voraussetzung für erweiterte Serviceleistungen, mehr Komfort und Nachhaltigkeit. Nur so schaffen wir es, dass unser Lebensmittel Nr. 1 weiterhin die Güte hat, die wir uns alle wünschen.

SBZ: Herr Dr. Fontaine, Herr Wurm, vielen Dank für das Gespräch.

Wassermanagementsysteme vernetzen und steuern elektronische Sanitärarmaturen, wodurch unter anderem Stagnationsspülungen zeitgleich ausgelöst und automatisiert durchgeführt werden können.

Bild: Schell

Wassermanagementsysteme vernetzen und steuern elektronische Sanitärarmaturen, wodurch unter anderem Stagnationsspülungen zeitgleich ausgelöst und automatisiert durchgeführt werden können.

Interview

Dr. Oliver Fontaine ist Leiter Produktmanagement bei der Schell GmbH & Co. KG in 57462 Olpe.

Guido Wurm ist Produktmanager für digitale Produkte bei Schell.

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