Das wichtigste Kapital des Handwerksbetriebs sind seine Mitarbeiter. Deshalb sollte der Installateur schon vor Beginn der Anlagenmontage die Gefährdung genau beurteilen. Kaum ein Dach ist wie das andere, auch spielen Wind, Regen oder Eis eine wichtige Rolle. Die Unterweisung auf der Baustelle ist essenziell und sie ist unbedingt durch die Unterschrift nachzuweisen.
Bei Dachneigungen zwischen 20 und 45° sind traufseitig Fanggerüste vorzusehen. Hinzu kommt ein Seitenschutz oder ein Fanggerüst für die Giebelseite. Steilere Dächer benötigen zusätzliche Fangeinrichtungen – jeweils nach 5 m Höhenunterschied. Für die Montage braucht der Installateur freie Hände und sicheren Stand. Deshalb ist auf Steildächern mit mehr als 45° Neigung ein Dachdeckerstuhl oder eine Auflegeleiter vorgeschrieben. Sie wird an einem Sicherheitsdachhaken (DIN EN 517) befestigt. Alle Fangeinrichtungen müssen den Arbeitsbereich um mindestens 1 m überragen.
Bei Flachdächern ist die Absturzsicherung ab 3 m Absturzhöhe vorgeschrieben. Dazu gehören feste Absperrungen (Ketten), Fanggerüste oder temporärer Seitenschutz mit Planken. Ganz wichtig: Nicht durchbruchsichere Einbauten oder Dachbereiche sind unabhängig von der Absturzhöhe zu sichern, beispielsweise durch Umwehrungen oder Unterfangung. Solche Einbauten sind klein, man kann sie leicht übersehen. Doch selbst ein scheinbar kleiner Fehltritt kann fatale Folgen haben: So brachen im April 2010 zwei Monteure in Hamm-Weetfeld gleichzeitig durch das Dach eines Gehöftes und stürzten 6 m in die Tiefe. Im April 2011 brach eine 38-Jährige an einer Solaranlage auf dem Dach eines Kuhstalls durch eine Eternitdach-Lichtplatte und stürzte 10 m tief auf den Stallungsboden. Schwer verletzt wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert. In Neuenkirchen-Vörden trat ein 30-jähriger Solarteur auf eine Kunststoffabdeckung des Daches, die unter seinem Gewicht zerbrach. In Gedern stürzten zwei Monteure durch eine Lichtplatte etwa 8m tief. Sie wurden nach Frankfurt in die Unfallklinik geflogen. Wenige Tage zuvor hatte ein 42-jähriger Monteur in Walderbach versehentlich eine 20000-V-Leitung berührt, als er eine Photovoltaikanlage installierte. Er bekam nicht nur einen Stromschlag, sondern stürzte auch noch 6 m ab. Wie die Beispiele zeigen: Besonders problematisch sind Dächer, die nicht durchsturzsicher sind. Um darauf zu arbeiten, braucht man Laufstege, die mindestens 0,5 m breit sind. Unter dem Dach sind Auffangnetze zu spannen.
Auch am Boden ist der Schutzhelm empfehlenswert
Egal, wie das Dach beschaffen ist: Jeder Monteur sollte eine persönliche Schutzausrüstung tragen. Vorgeschrieben ist sie nur, wenn die oben genannten Maßnahmen länger dauern als die Arbeit auf dem Dach oder bauliche Schwierigkeiten gegen ein Fanggerüst sprechen. Haltegurte und Seilschaft sollten in ihrer Anwendung trainiert werden, ebenso die Rettung Verunglückter nach einem Absturz. Wer bewusstlos in den Seilen hängt, dem droht ein orthostatischer Schock. Der Kreislauf bricht zusammen, binnen weniger Minuten kann der Tod eintreten.
Viele Unfälle passieren, indem sich die Installateure durch herunterfallendes Werkzeug oder falsche Handhabung der Werkzeuge verletzen. Im Sommer können auf dem Dach sehr hohe Temperaturen auftreten, dennoch sollte der Schutzhelm nicht fehlen. Auch am Boden arbeitende Monteure oder Handlanger brauchen einen Helm, sie zuallererst. Bei der Montage der Schienen, Haken, Ziegel und Module sollte der Monteur immer einen guten Stand haben, egal, wie er seinen Schwerpunkt verlagert. Deshalb sind angelehnte Leitern eine gefährliche Unfallquelle. Und wenn schon eine Leiter, dann muss sie gut auf dem Boden stehen, um nicht zu kippen. Auch sollte der Installateur beide Hände frei haben für das Werkzeug und die Anlage. Häufig genutztes Werkzeug kann man an den Hüftgurt binden.
Das Dach ist der größte Unfallschwerpunkt, aber auch im Keller lauern Gefahren. Beim elektrischen Anschluss sind anliegende Spannung und der elektrische Widerstand, den der menschliche Körper bildet, entscheidend. Dieser Widerstand hängt unter anderem vom Körpergewicht oder vom Zustand (Feuchtigkeit) der Haut ab. Er liegt zwischen 500 bis 3000 Ohm. Schon 60 V können also zu einem Strom von 12 mA führen. Die Folge sind Krämpfe, eventuell ein Sturz vom Dach oder ein lebensbedrohlicher Schock.
Bei elektrischen Anschlüssen auf Materialqualität achten
Deshalb sollten die Steckverbinder, Kabel, Sicherungen und Klemmen den geforderten Standards entsprechen und leicht zugänglich sein. Das bewährt sich auch bei späteren Überprüfungen. Schon indirektes Licht erzeugt in den Solarmodulen einen gewissen Stromfluss, das ist unbedingt zu beachten. Alle Steckkontakte müssen voll isoliert sein. Beim Verlegen der elektrischen Leitungen dürfen nur für den jeweiligen Zweck geeignete Kabel verwendet werden. Die Modulanschlüsse und die Stringverkabelung befinden sich im Außenbereich, dafür muss die Anschlusstechnik zugelassen und geprüft sein. Die Leitungen sollten ohne Druck oder Knick verlegt werden, sonst brechen sie schnell. In der Folge drohen Lichtbögen und Brände. Manche Installateure verlegen das plus-leitende Kabel zusammen mit dem minus-leitenden Kabel. Das kann sich bei Kurzschlüssen oder Bruch der Isolierung bitter rächen.
Unter manchem Dach lauern noch andere Gefahren: In der Praxis findet man häufig Wellplatten aus Faserzement oder Asbestzement. Diese Platten sind in der Regel nicht begehbar und nicht durchsturzsicher. Das Anbringen von Photovoltaikanlagen auf Asbestzementdächern ist auch verboten (TRGS 519, GefStoffV Anhang IV Nr. 1). Andererseits ist die Photovoltaik gut geeignet, mit Asbest belastete Dächer zu sanieren. Bevor der Solargenerator installiert werden kann, muss das alte Asbestdach fachgerecht demontiert und entsorgt werden. Dazu braucht der Handwerksbetrieb eine gesonderte Genehmigung, die sich aus den Vorschriften über Gefahrstoffe wie Asbest ergeben.
Maßnahmen zur Sicherheit sind an die Witterung anzupassen
Der Winter steht vor der Tür und im Januar sinkt wieder die Einspeisevergütung. Wer im Winter Photovoltaikanlagen installiert oder Schnee von den Paneelen kehren will, darf auf die Absturzsicherung keinesfalls verzichten. Und im Sommer ist darauf zu achten, dass die pralle Sonne nicht auf die ungeschützte Haut der Installateure trifft. Denn im März 2012 hat das Sozialgericht Aachen Hautkrebs als Berufskrankheit eingestuft, für die die Berufsgenossenschaft aufkommen muss. Geklagt hatte ein Dachdecker (SG Aachen, Urteil vom 16.3.2012, Az.: S6U63/10). Deshalb gehören auch im Sommer eine Kopfbedeckung, Sonnenbrille und deckende Kleidung zur persönlichen Schutzausrüstung des Dacharbeiters.
Info
Antworten auf Fachfragen
Institutionen, die konkrete Fragen beantworten können:
Maschinen- und Metall-Berufsgenossenschaft
Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd http://www.bg-metall.de
Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft https://www.bgbau.de/
Berufsgenossenschaft Elektro Textil Feinmechanik http://www.bgetf.de
Speziell zur Dachmontage haben die Berufsgenossenschaften ein gemeinsames Merkblatt „Sichere Montage von Thermosolar- und Photovoltaikanlagen auf Dächern“ veröffentlicht, das im Internet zum Download bereitsteht.