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Entwässern mit Hochdruck

Keine lange Leitung

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SBZ: Herr Ishorst, das Prinzip der Dachentwässerung mit Druckströmung kommt ursprünglich aus Skandinavien. Seit wann wird diese Technik in Deutschland eingesetzt?

Ishorst: Die ersten Dachentwässerungen mit Druckströmung wurden in Deutschland vor etwa 30 Jahren unter der Bezeichnung UV-­System eingesetzt. UV stand für „Umpi Virtaus“, dem finnischen Begriff für „geschlossene Strömung“. Da Dachentwässerungen mit Druckströmung damals noch nicht in den Entwässerungsnormen verankert waren, musste die Planung und Ausführung gemäß dem Prüfbescheid PA-I 3630 des Deutschen Instituts für Bautechnik, Berlin, erfolgen.

SBZ: In welchen Objekten kommt diese Systemtechnik vorwiegend zur Anwendung?

Ishorst: Bevorzugte Objekte für die Dachentwässerung mit Druckströmung sind grundsätzlich alle größeren Objekte mit langen Leitungsverzügen, bei denen die technischen und wirtschaftlichen Vorteile voll ausgeschöpft werden können. Dies sind zum Beispiel Industriebetriebe, Büro- und Verwaltungsgebäude, Distributionslager, Einkaufszentren, Fußballstadien und Arenen.

SBZ: Wie hat sich die Verlegung der horizontalen Sammelleitungen ohne Gefälle unterhalb der Deckenkonstruktionen bewährt?

Ishorst: Bedingt durch die Selbstreinigung bei der Dachentwässerung mit Druckströmung ergeben sich keine Ablagerungs- bzw. Verstopfungsprobleme. Die Verlegung der horizontalen Sammelleitungen ohne Gefälle hat sich in der Praxis bestens bewährt.

SBZ: Eine Forderung der DIN 1986-100 ist der hydraulische Abgleich der einzelnen Abläufe. Wie wird dies in der Praxis gewährleistet?

Ishorst: Bei der Dachentwässerung mit Druckströmung muss man mit den wenigen in einer Rohrreihe zur Verfügung stehenden Durchmessern den hydraulischen Abgleich und ­somit die vorgesehene Wassermengenverteilung erreichen. Bei größeren Anlagen mit ­L-förmigem Strang und kurzen Anschlussleitungen würde dies aber häufig zu kleinen Rohrdurchmessern führen, die in der Entwässerungstechnik nicht mehr akzeptabel sind. Die günstigere Lösung ist der T-förmige Strang, bei dem die Fallleitung möglichst in der Mitte der Sammelleitung anzuordnen ist. Durch diese Maßnahme wird der Strang in zwei gleiche Fließwege aufgeteilt, wodurch der hydraulische Abgleich erleichtert wird. Eine nochmalige Verbesserung bringt das Zusammenführen von Anschlussleitungen mehrerer Dachabläufe. Der Druckverlust in den Anschlussleitungen wird annähernd gleich, wobei der Druckverlust in der Sammelanschlussleitung erhöht wird.

SBZ: Bei hohen Gebäuden entstehen in den Fallleitungen große Unterdrücke und Fließgeschwindigkeiten. Wie kann hier der Schallpegel minimiert werden?

Ishorst: Bei hohen Gebäuden steht eine entsprechend große Druckhöhe zur Verfügung, wobei sich sehr kleine Rohrdurchmesser und somit extrem hohe Geschwindigkeiten ergeben können. Mit steigender Geschwindigkeit erhöhen sich die Schallpegel. Bedingt durch die hohen Druckverluste lässt sich bei der Rohrnetzberechnung mitunter eine Überschreitung der zulässigen Unterdrücke (Kavitation) in der Fallleitung nicht vermeiden. In solchen Fällen wird der Übergang auf Teilfüllung bereits im Verlauf der Fallleitung vorgenommen und der zur Verfügung stehende Druck und somit auch der Schallpegel an die jeweiligen Verhältnisse angepasst.

SBZ: Die aktuellen Normen schreiben Notüberläufe vor, um Sammel-, Fall- und Grundleitungen zu entlasten. Wann ist es sinnvoll, ein Rohrsystem zur Notentwässerung als planmäßig vollgefüllt betriebenes System mit Druckströmung zu bemessen?

Ishorst: Sind verrohrte Notablaufsysteme gemäß Abschnitt 5.9 der DIN 1986-100 erforderlich, ist die Ausführung mittels planmäßig vollgefüllter Leitungen immer sinnvoll.

SBZ: Wie hoch ist der Wartungsaufwand bei Entwässerungsanlagen mit Druckströmung?

Ishorst: Der Pflege-, Inspektions- und Wartungsaufwand ist gegenüber Freispiegelentwässerungen identisch. Die DIN 1986-3 schreibt vor, dass Dach- und Notabläufe alle sechs Monate inspiziert, gewartet und gereinigt werden müssen. In den Flachdachrichtlinien wird unter Punkt 6.3 der Abschluss eines Wartungsvertrages empfohlen. Zusätzlich heißt es: „Die Wartung umfasst beispielsweise die Beseitigung von Verschmutzungen und Bewuchs. Laub ist rechtzeitig abzuräumen, um Humusbildungen oder Verstopfungen der Entwässerungsanlagen zu vermeiden. Bei diesem Arbeitsgang sollen die Dachabläufe ebenfalls überprüft und gereinigt werden.“

SBZ: Herr Ishorst, vielen Dank für das Gespräch und die hilfreichen Erläuterungen.