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Heizanlage im Schaufenster als Werbeträger

BHKW betankt Elektrofahrzeuge

Inhalt

Der Wunsch, elektrisch angetriebene Fahrzeuge in Masse zu produzieren, scheiterte in der Vergangenheit stets am Mangel an effizienter und ausgereifter Technik, deren Entwicklung als unwirtschaftlich erachtet wurde. Motiviert durch unkalkulierbar steigende Energiepreise und die europäischen Klimaschutzziele entstehen jedoch neue Ansätze. Einer davon heißt E-Mobility. In Deutschland sollen schon 12000 Elektrofahrzeuge unterwegs sein und die Bundesregierung will, dass in zehn Jahren mindestens eine Million E-Autos auf unseren Straßen fahren. In diesem Fall würde der Strombedarf um etwa zwei Milliarden Kilowattstunden steigen.

Potenzielle Abnehmer sind Arbeitsplatzpendler, die ungefähr 80% des Verkehrs­aufkommens verursachen. Sie sitzen meist alleine im Auto und legen durchschnittlich weniger als 20 km einfache Wegstrecke zurück. Dementsprechend konzipierte Elektroautos sind im Idealfall klein, bieten Platz für höchstens zwei Personen und haben Reichweiten zwischen 120 und 150 km. Sie kommen mit geringen Batteriekapazitäten aus und lassen sich deshalb vielleicht in absehbarer Zeit zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren.

Verkaufsargumente für Elektroautos sind geringe Betriebskosten und Umweltaspekte, wobei die Erzeugung und Bereitstellung von Energie eine wichtige Rolle spielt.

Die Pioniere setzen auf kleinere Fahrzeuge

Vorangetrieben wird E-Mobility meist von kleineren Unternehmen. Einer der Pioniere dieser Sparte ist Karl Nestmeier, Vorstand der Smiles AG in Aub. Er kommt ursprünglich aus der Elektrobranche und hat sich schon Anfang der 90er-Jahre mit Umwelt­technik auseinandergesetzt. Zuerst mit Photovoltaik, dann mit Solarthermie und schließlich mit der Kraft-Wärme-Kopplung. Daraus entstand der Gedanke, sich auch mit Elektromobilen zu befassen. Heute produziert die Smiles AG sogenannte Downsizing-Fahrzeuge. Ihr Merkmal sind die oben genannten Forderungen nach kleinen Fahrzeugen und sie gelten als ideales Fortbewegungsmittel für den regional geprägten Individualverkehr. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen als Hersteller kleiner E-Fahrzeuge und als Generalimporteur Marktführer in Deutschland.

Für Nestmeier war es eine logische Konsequenz, ein Mini-BHKW zur Stromversorgung der Fahrzeuge einzusetzen. Auf dem Firmengelände steht zwar auch PV-Strom zur Verfügung – immerhin sind hier 47 kW Leistung installiert. Doch wegen der unregelmäßigen Ladewerte eignet er sich nicht zur direkten Verwertung und benötigt daher den Umweg über das Netz. Der mit einem BHKW erzeugte Strom lässt sich hingegen direkt nutzen und führt zu höheren Kostenvorteilen. Bei einem Strompreis von 22 Cent/kWh spart sich Nestmeier die Bezugskosten und erhält noch 5,11 Cent pro kWh als KWK-Bonus. Nur der ungenutzte BHKW-Strom wird ins Netz eingespeist, was derzeit mit rund 10 Cent vergütet wird.

Effizienter Ersatz für das alte BHKW

Schon vor Jahren hat der Energiepionier die Firmenzentrale mit einem selbst entwickelten und selbst gebauten BHKW ausgestattet. In die Jahre gekommen, musste es nun erneuert werden. Nebenbei war es im Vergleich zu modernen Geräten weit weniger effizient. Hinsichtlich der Anforderungen an das neue Kleinkraftwerk standen neben einem fairen Preis-Leistungs-Verhältnis die Netzregelbarkeit und Modulation sowie die für sein Objekt passenden Leistungsdaten im Vordergrund. Seine Recherchen führten ihn schließlich zu Vaillant.

Seit Ende Juli 2010 ist nun ein mit Flüssiggas betriebenes Ecopower e4.7 Mini-BHKW installiert. Das wärmegeführte Gerät arbeitet modulierend und entwickelt eine thermische Leistung von 4 bis 12,5 kW. Die elektrische Leistung von 1,3 bis 4,7 kW wird vorrangig für die Stromversorgung des Betriebs eingesetzt. Bei der vorliegenden Anlagenkonfiguration ergeben sich Laufzeiten von 3500 bis 4000 Vollbetriebsstunden. Die Kapazität der Stromerzeugung soll dabei zu 90% direkt genutzt werden.

Der tagsüber anfallende Stromüberschuss speist eine für Kunden und Mitarbeiter eingerichtete Ladestation für die Elektrofahrzeuge. Dennoch wird das Mini-BHKW überwiegend nachts betrieben. Dann wird der Strom zum Laden der Neufahrzeuge der Smiles AG verwendet, die zur Kundenübergabe anstehen. Je nach Modell beträgt deren Akkukapazität zwischen 4 und 12kWh. Beim üblichen Stromtarif kostet eine Ladung von 12kWh rund 2,40 Euro. Mit dem kleinen Kraftwerk dauert das Laden knapp drei Stunden und kostet nur etwa die Hälfte.

Der Gesamtwirkungsgrad des Mini-BHKW erreicht Werte von etwa 90 %. Von der zugeführten Primärenergie werden 25 % in Strom umgewandelt. Etwa 65 % sind als thermische Energie aus der Abwärme des 1-Zylinder-Gasmotors nutzbar. Die Gebäude des Unternehmens haben eine Gesamtfläche von 1200m2 und sind im Niedrigenergiestandard gebaut. Für deren Beheizung übernimmt das BHKW die Grundlast. Die rechnerische Heizlast des Mini-BHKW beträgt im Auslegungspunkt 10 kW. Bei Temperaturen unter –8 °C schaltet ein Spitzenlastkessel dazu. Hierzu dient ein bereits vorher installiertes Ecotec Brennwertgerät.

Das Anlagenkonzept komplettiert ein 1000 Liter fassender Pufferspeicher, der die nachts erzeugte Wärmeenergie bevorratet. Nestmeier geht davon aus, dass sich rund 4000 Betriebsstunden erreichen lassen. Wobei es beim Jahresnutzungsgrad noch Potenzial zur Verbesserung gibt. Weil im Sommer nur wenig Wärme für die Warmwasserbereitung abgerufen wird, ist hier das BHKW meist außer Betrieb.

Vorführeffekte einer fortschrittlichen Technik

Die kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung sowie der Zusatznutzen, den BHKW-Strom für die Elektro-Mobilität zu verwenden, soll auch Neukunden anlocken. Deshalb wurde das Mini-BHKW an exponierter Stelle platziert. Hierzu wurde die Außenwand des ebenerdigen Heizraums durch ein großes Fenster ersetzt, was für den Heizungsbauer eine zusätzliche Herausforderung darstellte. „Wir installieren schon seit zehn Jahren Mini-BHKWs. Normalerweise jedoch in geschlossenen Heizräumen“, erläutert Franz Fuchs, Geschäftsführer der von Vaillant für die Montage des Mini-BHKW empfohlenen Erhard Fuchs GmbH aus Würzburg. „Die für jedermann sichtbare Installation erforderte akkurates Arbeiten, wobei die Altinstallation die Leitungsführung bestimmte und nur wenig Spielraum für Kompromisse ließ.“ Der Remscheider Heiztechnikhersteller unterstützte den Handwerker bei der Planung inklusive Bereitstellung von Unterlagen zur hydraulischen Einbindung und er führte die beauftragte Inbetriebnahme durch.

Eine Variante des Cross Marketing

Hintergrund der Präsentation des Mini-BHKW im Schaufenster ist der Aspekt Marketing. Nestmeier formuliert seine Absicht so: „Wichtig ist, dass jeder ein wenig über den Tellerrand hinausschaut. Auch wenn die Smiles AG keine BHKWs verkauft, promoten wir trotzdem die Technologie und schicken Interessenten zum SHK-Fachbetrieb. Solche Cross-Marketing-Maßnahmen können viel bewirken. Ein BHKW im Keller hat für gewöhnlich leider nur wenig Außenwirkung.“

„Auch über das Thema Elektromobilität lässt sich die Kraft-Wärme-Kopplung mit entsprechend beschrifteten Fahrzeugen, beispielsweise mit ‚Ich fahre für 80 Cent Energiekosten mit Strom aus meinem Mini-BHKW’ gut kommunizieren.“ Themen wie Photovoltaik oder Solarthermie hätten hier Vorteile durch ihre offensichtliche Präsenz. Zu BHKWs haben Verbraucher jedoch kaum Kontakt.

Auch Fuchs sieht die repräsentative Installation als geeignetes Marketinginstrument. Seit eineinhalb Jahren betreibt der SHK-Handwerker ein Mini-BHKW im eigenen Heizungskeller, das er auch Kunden zeigt. Ebenso hat er sich mit der Möglichkeit der Elektromobilität beschäftigt. In seinen Kundengesprächen ist E-Mobility eine willkommene Argumentationshilfe und er verweist regelmäßig auf die Möglichkeit, seinen Strom für das Autofahren selbst zu erzeugen.

Klimaschutz taugt als Verkaufsargument

Unter den Befürwortern von Elektroautos steht vor allem eine Frage im Fokus der aktuellen Diskussionen: Wie können die Fahrzeuge unter geringen CO2-Emissionen mit Energie versorgt werden? Genau das zeigt der Heizraum als Showroom, meint Nestmeier. Es sei wichtig, die Leute für diese Themen zu interessieren. Es gehe um effiziente Energienutzung und das in Verbindung mit innovativen Technologien. Auf der einen Seite das Mini-BHKW, auf der anderen Seite sparsame Elektrofahrzeuge.

Vor dem Hintergrund dieses Projektes werden Forschungsvorhaben wie „Vehicle to Grid“ interessant. Dabei sollen Elektromobile entwickelt werden, die Strom an anderer Stelle wieder einspeisen. Beispielsweise im Büro oder auch auf Baustellen. Sinn macht das nur dann, wenn der mobil verfügbare Strom billiger ist, als der vom Energieversorger. Die Möglichkeit, das eigene Elektroauto mit günstigem Strom aus einem Mini-BHKW zu betanken, macht gerade diese Kombina­tion sehr attraktiv. Hier liefert das in Aub umgesetzte Gesamtkonzept einen Fingerzeig, welcher Mehrwert sich in Kundengesprächen argumentieren lässt. Ein sehr interessanter Ansatz ist auch das Cross-Marketing mit Anbietern von Elektrofahrzeugen.

INFO

Neuer Motor im Mini-BHKW

Seit Oktober letzten Jahres arbeitet Vaillant mit dem ebenfalls in Remscheid ansässigen Motoren-Spezialisten AVL Schrick bei der Entwicklung und Produktion von dezentralen Mini-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zusammen. Bei Schrick sind zwölf Arbeitsplätze für die Motorenfertigung neu entstanden. Ziel ist auch die gemeinsame Weiterentwicklung von ­Motorsystemen für BHKW.

AVL Schrick entwickelt mit über 310 Mitarbeitern Verbrennungsmotoren und Hochleistungskomponenten für jeden Einsatzzweck. Zu den Kunden des Unternehmens zählen Anbieter aus Automobil- und Feizeitindustrie, Rennsport, Luftfahrt und Maschinenbau.