Schon bald steht das deutsche Stromnetz vor einem ernsten Problem: Wenn sich der Ausbau der erneuerbaren Energien in dem Tempo der letzten Jahre fortsetzt, wird bald an sonnen- oder windreichen Tagen mehr Strom aus erneuerbaren Quellen produziert, als gleichzeitig verbraucht wird. Um den Überschuss aufzufangen, werden Speichervorräte immer nötiger. Nur so ist ein Umstieg auf erneuerbare Energien möglich, ist sich Dirk Uwe Sauer, Professor für Speichersystemtechnik an der RWTH Aachen, sicher: „Wir werden ein modernes Energiesystem nur bekommen, wenn wir das Speicherproblem lösen.“ Für das Jahr 2050, wenn Deutschlands Energieverbrauch nahezu komplett aus Öko-Strom gedeckt werden soll, prognostizieren Fachleute einen Speicherbedarf im Bereich von Terrawattstunden.
Speicherlösungen sind ein Zukunftsmarkt für die Industrie
Für die Industrie tut sich somit ein gewaltiger Zukunftsmarkt auf. Sie sucht bereits emsig nach Speicher-Lösungen. Auf der Fachkonferenz IRES 2010 im Dezember stellten Experten und Unternehmen ihre Ideen und Entwicklungen zur Speicherung von regenerativer Energie vor und diskutieren über die technischen Möglichkeiten. Das Spektrum an Ideen ist weit: Pumpspeicherkraftwerke und unterirdisch gespeicherte Gase sollen überschüssige Energie aus dem Stromnetz auffangen. Große Batteriestationen sollen den Stromfluss aus Wind- und Solarparks verstetigen. Kleinere, modulare Akkus für private PV-Anlagen oder in Elektrofahrzeugen erreichen durch ihre potenziell große Menge hohe Speicherkapazitäten.
Gerade für die Besitzer von PV-Anlagen können Batteriesysteme interessant werden, denn sie entkoppeln den Stromverbrauch vom Sonnenstand. Solche Akkus sind bereits auf dem Markt, jedoch bisher hauptsächlich für den Offgrid-Bereich gebräuchlich. Nach dem heutigen Stand der Technik sind dabei Blei-Säure-Batterien die erste Wahl. Sie sind verhältnismäßig günstig und in der Entwicklung ausgereift. Doch Bleiakkus haben nur eine vergleichsweise geringe Lebenserwartung und müssen nach einigen Jahren ausgetauscht werden, was die Wartungskosten des Systems erhöht.
Kostenprobleme verschiedener Technologien
Längere Lebenszeiten und auch eine höhere Energiedichte haben Lithium-Ionen Akkus, die etwa bei E-Mobil-Pilotprojekten zum Einsatz kommen. Hier treibt etwa der französische Spezialist Saft Batteries die Entwicklungen voran. Die Bonner Solarworld AG bietet mit dem Sunpac ein Li-Ion-Speichersystem für Solaranlagen mit einer Leistung von 6,9 kWh an. Die Hamburger Conergy AG plant für die zweite Jahreshälfte 2011 eine ähnliche Speicherlösung auf den Markt zu bringen. Doch noch sind die Kosten für solche Speicher enorm hoch. Derzeit kostet ein Li-Ion-Akku etwa 1000 Euro pro kWh Kapazität. Geht man davon aus, dass ein Privathaushalt Speicherkapazitäten von mehreren kWh bedarf, so ist klar, dass sich eine Anschaffung bisher wirtschaftlich kaum rentiert. Doch durch technische Verbesserungen und Massenproduktion könnten die Kosten noch in 2011 rapide sinken.
Zwei Hebel für den Marktdurchbruch der modularen Energiespeicher zeichnen sich ab. Zum einen die Elektromobilität, der für die kommenden Jahre ein gewaltiger Schub prophezeit wird. Benutzer könnten die integrierten Batterien ihrer E-Mobile auch als temporäre Energiespeicher nutzen. Zum anderen gilt die Eigenverbrauchsregelung für Solarstrom als große Chance für Batteriespeicher. Wer nämlich einen möglichst hohen Anteil an Sonnenstrom selbst nutzen möchte, braucht einen Speicher. Noch lohnt sich dies laut einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung in Berlin (IÖW) allerdings nicht. PV-Anlagen mit Batteriesystemen aufzurüsten stellt aus Sicht des Instituts bei den heutigen Preisen keine Verbesserung gegenüber dem reinen Eigenverbrauch dar. Speicher kosten noch mehr, als sie mit dem Eigenverbrauch Zusatzeinnahmen generieren.
Auch exotische Lösungsansätze sind in der Entwicklung
Ferner befindet sich eine Vielzahl weiterer Batterietechnologien im Entwicklungsstadium, darunter die sogenannte Redox-Flow-Batterie. Dabei zirkulieren zwei flüssige Elektrolyte mit gelösten Metallverbindungen (z.B. Vanadium) in zwei getrennten Kreisläufen, über eine Membran erfolgt der Ionenaustausch. Das Besondere an der Technologie: Da der Energieträger und der Energiewandler getrennt sind, treten keine Energieverluste auf, die Batterie kann sich nicht selbst entladen, ist aber in der Größe beliebig skalierbar. Durch das schlechte Masse-Leistungs-Verhältnis kommt die Redox-Flow-Technologie allerdings nicht für kleine, modulare Lösungen in Frage. Vor allem der amerikanisch-chinesische Entwickler Prudent Energy ist in dem Bereich aktiv und möchte noch 2011 mit Großspeicher-Lösungen in den deutschen Markt einsteigen. Eine weitere spezielle Entwicklung ist die Luft-Zink-Brennstoffzelle. Dabei handelt es sich um ein Speichersystem, das den Sauerstoff aus der Luft als Reaktionsmittel des Pluspols nutzt. Da also immer Luft in die Zelle gelangen muss, bietet sich diese Technologie vor allem in offenen Räumen an. Die Entwicklung steckt allerdings noch in den Kinderschuhen.
Den meisten Technologien bereiten noch hohe Kosten einen schweren Stand. Kostentreiber sind teure Rohstoffe wie Nickel oder Mangan, aufwendige Produktionsverfahren und die noch geringen Stückzahlen in der Produktion. „Viele Produkte sind in ihrer technologischen Entwicklung schon sehr weit, aber eine Marktreife ist wirtschaftlich noch nicht gegeben“, sagt Ingo Stadler, Professor für elektrische Energietechnik an der Fachhochschule Köln. Ein Vorschlag, um den benötigten Speichertechnologien zur Marktreife zu verhelfen, wäre eine staatliche Förderung. Dafür macht sich auch Hochschul-Professor Stadler stark. „Es wäre sinnvoll, über Förderinstrumente für Energiespeicher nachzudenken. So haben Windenergie und Photovoltaik schließlich auch ihre Marktreife erreicht.“
INFO
Großspeicher-Technologien
In Zukunft sollen große, zentrale Energiespeicher überschüssigen Strom auffangen und das Stromnetz entlasten. Drei Methoden sind in Diskussion:
Pumpspeicherkraftwerke sind bereits weltweit im Einsatz. Sie machen sich den Höhenunterschied zwischen zwei stehenden Gewässer zunutze. In Zeiten hoher Energieproduktion pumpt das Kraftwerk Wasser in das höher gelegene Becken. Wird Strom benötigt, fließt das Wasser zurück in den unteren See und treibt mit Turbinen einen Generator an. In Deutschland existieren Pumpspeicherkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von etwa 40 GWh. Ein weiterer Ausbau ist durch die geologischen Bedingungen hierzulande begrenzt, einige Projekte – etwa im Schwarzwald – sind geplant. Vor allem aber in den Alpenländern und in Skandinavien gibt es Pläne, die Kapazitäten weiter auszubauen.
Wasserstoff-Speicher funktionieren genau wie Brennstoffzellen, nur im größeren Maßstab. Durch Elektrolyse wird aus Wasser Wasserstoff als Energieträger hergestellt und unter Druck in großen Kavernen gespeichert. Bei Bedarf kann das Gas in Brennstoffzellen wieder zu elektrischer Energie umgewandelt werden, als Nebenprodukt entsteht Wasser. Die Vorteile: Speichervolumina sind nach Belieben skalierbar und die Energie lässt sich nahezu verlustfrei über lange Zeiträume lagern. Als geeignete Speicherorte kommen etwa unterirdische Salzstöcke in Frage. Die meisten Komponenten – Elektrolyseure, Gasturbinen und zuverlässige Kavernen – sind grundsätzlich verfügbar. Dennoch stehen Wasserstoff-Speicher erst am Anfang.
Druckluft-Energiespeicher verdichten mit Kompressoren Gase und pressen sie in verschließbare Tanks oder in unterirdische Kavernen. Bei Bedarf lässt sich mit der Druckluft eine Turbine antreiben und so Strom erzeugen. Weltweit gibt es nur wenige große Druckluftspeicher in Betrieb, die Technologie krankt an einer mäßigen Ausbeute bei der Energieumwandlung. Gängige Systeme erreichen Wirkungsgrade zwischen 40 und 55 %. Das Energieunternehmen RWE plant derzeit einen unterirdischen Druckluftspeicher in einem Salzstock bei Staßfurt in Sachsen-Anhalt mit einer Kapazität von 360 MW. Mit Hilfe einer verbesserten Technologie soll das Druckluft-Speichersystem Wirkungsgrade um die 70 % erreichen. Nach Abschluss der Forschungen soll die Demonstrationsanlage 2013 in Betrieb gehen.
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Eigenverbrauch erhöhen
Seit vergangenem Jahr gibt es von der Regierung eine gesonderte Förderung für diejenigen, die ihren Solarstrom selbst verbrauchen. Durch die Einsparungen beim Strombezug ist der Eigenverbrauch noch wirtschaftlicher als die reine Netzeinspeisung. Zudem machen Eigenverbrauchslösungen den Betreiber unabhängig von kommenden Strompreissteigerungen. Eine Batterie kann dabei helfen, den Anteil des Eigenverbrauchs deutlich zu erhöhen. Bis zu 40 % Eigenverbrauch kann ein Haushalt ohne Speicher verwirklichen – mit Speicher lässt sich der Anteil auf bis zu 80 % erhöhen. Auch die Wechselrichter-Hersteller scheinen das Feld der Batterie-Lösungen für den Eigenverbrauch erkannt zu haben. So bietet etwa Voltwerk mit seiner VS 5 Hybrid-Station ein Batterie gestütztes Wechselrichtersystem zur Eigenverbrauchsoptimierung an. Auch SMA hat mit dem Sunny Backup System eine integrierte Speicherlösung im Sortiment, die Batterie ist in verschiedenen Größen ab 1 bis 100 kWh zu haben. Doch noch rechnet sich die Anschaffung kaum. Die Batteriesysteme für den Haushalt liegen preislich deutlich über dem Mehrwert, den sie durch den Eigenverbrauch ermöglichen.
Autor
Rouben Bathke ist Redakteur beim EuPD Europressedienst, 53111 Bonn, Telefon (02 28) 3 69 44-87, r.bathke@europressedienst.com, http://www.europressedienst.com