SBZ: Herr Kemper, woraufhin müssen Trinkwasseranlagen untersucht werden?
Kemper: Die Trinkwasserverordnung definiert in den §§5, 6, 7 die einzuhaltenden mikrobiologischen, chemikalischen und physikalischen Anforderungen für Wasserversorgungsanlagen. In §3, 2c werden die Wasserversorgungsanlagen in Hausinstallationen definiert, die Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch abgeben. Die für diese Anlagen zu untersuchenden Parameter sind einmal jährlich zu bestimmen und werden vom zuständigen Gesundheitsamt genommen. Den periodischen Untersuchungen in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen unterliegt die Untersuchung auf Legionellen Anlage 4 zu §14 Abs.1. Die Untersuchungspflichten werden in §14 definiert.
SBZ: Die Probeentnahme ist Teil der Untersuchung. Wer darf sie vornehmen?
Kemper: Der Probenehmer ist ein Mitarbeiter des Analysenlabors oder ein externer Probenehmer, der durch das Analysenlabor in das eigene QM-System aufgenommen wurde. Eine vertragliche Regelung mit dem Labor ist notwendig.
SBZ: Müssen externe Probenehmer bestimmte Anforderungen erfüllen?
Kemper: Probenehmer kann jeder werden. Es gibt keine speziellen Anforderungen, sich zum Probenehmer ausbilden zu lassen. Probenehmer-Sachkundelehrgänge werden von diversen Instituten und Landesämtern, Akademien etc. in Deutschland angeboten. Der Lehrgang hat den Titel „Entnahme von Trinkwasserproben für die Durchführung von Untersuchungen im Rahmen der amtlichen Überwachung“. Der Probenehmer wird über die Grundlagen zur Trinkwasserprobenahme geschult. Danach wird er theoretisch und praktisch in die Lage versetzt, die Probenahme für organische, anorganische und mikrobiologische Parameter eigenverantwortlich durchzuführen. Die Probenehmerschulung endet mit der Übergabe eines Zertifikates nach bestandenem Test. Zusätzlich kann noch eine Vertiefungsschulung angeschlossen werden.
SBZ: Zu welchem Zeitpunkt des Anlagenbetriebs wird beprobt?
Kemper: Die Probenahme sollte bei üblichen Betriebsbedingungen generell im täglichen Anlagenbetrieb stattfinden. Unter Umständen ist zur Klärung spezieller Fragen aufgrund auftretender Störungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten eine Probenahme vorzunehmen. Dies kann der Fall sein, wenn längere Stagnationszeiten im Trinkwassersystem bekannt sind, deren Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität untersucht werden sollen. Hier wird dann in einem Trinkwassersystem ohne Wochenendbetrieb freitags im laufenden Betrieb die Probe genommen und danach erst wieder am Montagmorgen, um die Auswirkungen des nicht bestimmungsgemäßen Betriebes am Wochenende ausfindig zu machen.
SBZ: Wie oft wird beprobt?
Kemper: Die Trinkwasserverordnung gibt für Betreiber von Wasserversorgungsanlagen den Umfang und die Häufigkeit der Untersuchungen vor. Das kann von einer einmal jährlichen Untersuchung bis hin zu mehrmaligen jährlichen Untersuchungen gehen. Pauschal beantworten lässt sich das nicht, da die Art der Wasserversorgungsanlage, die in der Trinkwasserverordnung definiert ist, ausschlaggebend für die Anzahl der Untersuchungsmaßnahmen ist. Hier muss zusammen mit dem zuständigen Gesundheitsamt die Anzahl an Untersuchungen festgelegt werden. Die Anzahl der Proben, die in einem öffentlichen Gebäude zu nehmen sind, um Klarheit über die Trinkwasserhygiene im gesamten Trinkwassersystem zu haben, ist abhängig von der installierten Größe und dem Verzweigungsgrad des Trinkwassersystems. Für zentrale Trinkwassererwärmungssysteme wird zur Bestimmung von Legionellen, ausgehend vom DVGW-Arbeitsblatt W 551, ein Prinzipbild für orientierende und weitergehende Untersuchungen mit den jeweiligen Probenahmestellen vorgegeben. In großen Trinkwassersystemen kann es dann schon einmal notwendig sein, dass zur jährlichen Untersuchung an 20 bis 50 Stellen an einem Tag im Trinkwassersystem Proben genommen werden.
SBZ: An welchen Stellen des Leitungssystems wird beprobt?
Kemper: Die Schaffung definierter Probenahmestellen ist zu empfehlen. Bevor die Stellen jedoch festgelegt werden, ist zu klären, wozu die jeweilige Probenahmestelle dienen soll. Folgende Fragestellungen sind mit dem Betreiber, dem zuständigen Hygieniker und dem Planer zu klären: In welchem Verantwortungsbereich soll gemessen werden und welcher Parameter soll dort gemessen werden? Handelt es sich um Probenahmestellen in der Kaltwasser- oder in der Warmwasserinstallation? Steht eine Inbetriebnahme eines neuen Gebäudebauteils mit Anschluss an ein bestehendes Gebäude bevor (Abnahmeuntersuchung)?
Nach Beantwortung dieser Fragen lassen sich die Stellen der Probenahme in der Trinkwasserinstallation anhand der Struktur des Trinkwassersystems relativ leicht festlegen. Die Anforderungen an die Stellen der Probenahme werden für die Trinkwasserinstallation im Warmwasser in DVGW W 551 geregelt. Die Anzahl der erforderlichen Proben ist bei der orientierenden Untersuchung so zu wählen, dass jeder Steigstrang erfasst wird. Zusätzlich sind eine Probe am Austritt des Trinkwassererwärmers und eine Probe am Eintritt in den Trinkwassererwärmer (Zirkulationsleitung) zu entnehmen. Bei der weitergehenden Untersuchung richtet sich die Anzahl der erforderlichen Proben nach Größe, Ausdehnung und Verzweigung des Systems. Weiterhin sind Proben aus Leitungsteilen, die stagnierendes Wasser führen, zu entnehmen. Bei Hinweisen auf Erwärmung der Kaltwasserleitung sind auch an den Kaltwasserentnahmestellen Proben zu entnehmen.
SBZ: Welche speziellen Anforderungen werden an die Probenahmestellen gestellt?
Kemper: Zunächst muss klar sein, nach welcher Norm die Probenahme erfolgen soll (DIN 38402 Teil 14, ISO 19485 oder nach Empfehlungen des UBA) und welche Parameter zu bestimmen sind. Nicht alle im Markt befindlichen Probenahmearmaturen an den Probenahmestellen eignen sich zur Entnahme einer Probe zur anschließenden Bestimmung sämtlicher zu bestimmender Parameter. Die für den Parameter passende Probenahmearmatur ist zu definieren und einzusetzen. Kemper hat sich intensiv mit dem Thema Probenahmearmatur beschäftigt. Wir wollten eine Armatur bauen, die falsche positive Befunde ausschließt, sodass möglichst nach der ersten Probenahme der reale Wert vorliegt. Mittlerweile gibt es von Kemper eine Probenahmearmatur aus Rotguss und aus Edelstahl, die für die Bestimmung physikalischer, chemischer und mikro-biologischer Parameter geeignet ist.
SBZ: Wird bei den Untersuchungen und der Beprobung zwischen öffentlich und gewerblich genutzten Gebäuden unterschieden?
Kemper: Wie Sie wissen, wird die erste Verordnung zur Änderung der TrinkwV 2001 zum 1.11.2011 in Kraft treten. Ich möchte an dieser Stelle daher noch nicht vorwegnehmen, was sich in dieser Änderung der TrinkwV 2001 im Bereich gewerblich genutzter Gebäude ändern wird. Die Untersuchungen und deren Häufigkeit für Trinkwasserinstallationen in öffentlichen Gebäuden sind in der derzeit gültigen Fassung klar definiert. Die Untersuchungen in Trinkwasserinstallationen in gewerblich genutzten Gebäuden sind derzeit nicht explizit erwähnt bzw. nicht klar gefordert. Allerdings gilt heute schon, dass Betreiber gewerblich genutzter Gebäude, die Trinkwasser an Dritte abgeben, garantieren müssen, dass sie ausschließlich Trinkwasser in Trinkwasserqualität an jeder Entnahmestelle zur Verfügung stellen müssen. Auch diese Betreiber müssen heute schon die Verantwortung für eine Trinkwasseranlage nach TrinkwV 2001 „Hausinstallation“ übernehmen und sollten sich aus diesem Grunde einer jährlichen Eigenkontrolle unterziehen. Im Falle einer Störung im Bereich Trinkwasserhygiene wird das zuständige Gesundheitsamt den Betreiber eines gewerblich genutzten Gebäudes einschließlich der Trinkwasserinstallation in die Pflicht nehmen, den ordnungsgemäßen Zustand im Trinkwassersystem wieder herzustellen. Dazu sind Probenahmen und Messungen durchzuführen, die nach Fehlerbehebung im Trinkwassersystem belegen, dass die Parameter nach TrinkwV 2001 wieder hergestellt sind.
SBZ: Gibt es Faktoren, die das Ergebnis einer Legionellenbeprobung beeinflussen können?
Kemper: Ja. Sie können hier viele Fehler machen und an ein und derselben Stelle unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Hier kommen wir wieder an den Punkt, wo alle Beteiligten, die in der Kette der Untersuchung mitwirken, angefangen beim akkreditierten Labor bis hin zum Installateur, der die geeignete Probenahmestelle installiert hat, qualifiziert sein müssen, um eindeutige Probenahmeergebnisse zu erzielen. Selbst unter der Voraussetzung, dass alle an der Wirkungskette beteiligten Ausgangsbedingungen nach den anerkannten Regeln der Technik im Bereich Probenahme berücksichtigt wurden, können Abweichungen im Messergebnis zustande kommen. Es ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Ort der Probenahme repräsentativ ist und alle vertikalen, horizontalen und zeitlichen Veränderungen berücksichtigt werden. Eine Probenahme zu unterschiedlichen Zeiten, z.B. vor oder nach einer Wartungsmaßnahme, kann daher schon unterschiedliche, voneinander abweichende Ergebnisse hervorrufen.
SBZ: Herr Kemper, wir bedanken uns für das informative Gespräch und die hilfreichen Erläuterungen.