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Wegschauen hilft nicht

Bakterien im Trinkwasser

Die Ursachen für das Auftreten von Organismen im Trinkwasser, die Krankheiten hervorrufen können, sind sehr vielschichtig und teilweise in Gebäuden bauhistorisch bedingt. Eine Ursache liegt in der inkonsequenten Umsetzung der umfangreichen Regelwerke – eine andere Ursache ist letztendlich der Faktor Mensch. In Trinkwasserinstallationen muss das Wasser fließen, es darf keine Stagnation auftreten. In bestehenden Gebäuden können die Änderungen aus der Überarbeitung bestehender und neu erstellter Regelwerke nicht immer konsequent umgesetzt werden. In neu zu erstellenden Ge­bäuden müssen die Forderungen aus den Regelwerken zur Trinkwasserhygiene künftig strenger ausgeführt werden. Alle Beteiligten, Installateure, Planer, Verbraucher, Betreiber und Inhaber von Gebäuden, müssen geschult und informiert werden. Erst dann bessert sich das Bewusstsein für die Bedeutung der Trinkwasserhygiene.

Welche Mikroorganismen sind von Bedeutung?

In öffentlichen Einrichtungen, vor allem in Kliniken und Pflegeheimen, werden wasserbedingte Krankheiten durch Legionellen, Pseudomonaden, Mykobakterien, Amöben und andere Keime verursacht. Aber auch pilzverursachende Krankheiten werden in letzter Zeit verstärkt gefunden. Im Klinik- und Pflegebereich sind nach wie vor die Legionellen und Pseudomonaden von besonderer und bisher unterschätzter Bedeutung. Legionellen kommen im Warmwassersystem vor, während Pseudomonaden, die typischen Feucht- oder auch Krankenhauskeime, durch mangelnde Hy­­giene weiterverbreitet werden und durch ­ihre Anspruchslosigkeit nur schwer aus dem Trinkwassersystem zu entfernen sind. Die Bedeutung der Amöben bei der Legionärskrankheit wurde bisher deutlich unterschätzt. Legionellen werden von Amöbenzellen aufgenommen, vermehren sich darin und sind vor Chemikalien, UV-Strahlung und hohen Temperaturen geschützt. Die Virulenz-Gene der Legio­nellen werden in Amöben aktiviert. Daher ist es wichtig, künftig sowohl die frei im Wasser vorkommenden Legionellen als auch die Amöben und die darin lebenden Legionellen zu bekämpfen.

Möglichkeiten der Trinkwasser-Desinfektion

In Trinkwasser-Installationssystemen kann ­eine chemische, thermische oder eine Desinfektion mit UV-Licht und Ultraschall durchgeführt werden. Die Spülung der Rohrleitungen ist die wichtigste Voraussetzung für alle Verfahren, um die Schmutz- und Feststoffpartikel zu entfernen. Danach kommt die Des­infektion. Grünbeck bietet außer der thermischen Desinfektion die Spülung, die UV- bzw. UV/Ultraschalltechnik zur Legionellenbekämpfung, die Behandlung mit Chlordioxid und als Aufbereitungsverfahren die Membrantechnik an.

Notwendige Maßnahmen vor dem Einbau von Desinfektionsgeräten

Vor der Anwendung von Desinfektionsverfahren müssen folgende bau- und betriebstechnische Maßnahmen umgesetzt werden:

  • Spülung von Rohrleitungen zur Partikelentfernung
  • hydraulischer Abgleich der Trinkwasser-Installation
  • kontinuierlicher Einsatz von Zirkulations-Pumpen
  • vollständige Wasseranalyse und Lokalisierung der Zapfstellen, an denen hygienisch belastetes Wasser auftritt
  • entsprechend den Ergebnissen der Wasseranalyse angemessene Wasservorbehandlung (z. B. Enthärtung, Dosierung)
  • vollständige Entfernung von Stich- und Totleitungen
  • Überdimensionierung von Warmwasserspeichern vermeiden
  • regelmäßige Reinigung der Trinkwasser-Erwärmer
  • Rohrleitungen (kalt und warm) isolieren

Diese zu beachtenden Maßnahmen reichen in der Praxis meistens nicht aus, um keimfreies Trinkwasser zu genießen. Daher ist der Einbau von Desinfektionsgeräten unerlässlich.

Rohrleitungen spülen mit Luft-/Wassergemisch

Bei der Lagerung und Montage werden Rohrleitungen (unabhängig vom Material) meistens verunreinigt und müssen daher vor Inbetriebnahme der Trinkwasserinstallation gereinigt werden. Zum einen werden dadurch Schmutzpartikel entfernt, zum anderen auch Biofilme und damit Mikroorganismen, die das Wasser hygienisch belasten und eine ständige Keimquelle darstellen. Grundsätzlich sind Spülungen den chemischen und thermischen Desinfektionsverfahren vorzuziehen. Die geltende VDI 6023 vom ­Juli 2006 fordert klar: „Mit dem Befüllen der Trinkwasser-Installation muss diese grundsätzlich und sorgfältig gespült werden. Das Spülen der Trinkwasserleitung hat entgegen den in der DIN 1988-2 enthaltenen Aussagen aus Gründen der Hygiene nicht direkt nach der Montage, sondern erst unmittelbar vor der eigentlichen Inbetriebnahme zu erfolgen.“

Nach dieser Spülung der Trinkwasser-Installation hat der bestimmungsgemäße Betrieb zu erfolgen. Die Verantwortung hierfür übernimmt der Betreiber.

UV-Technologie einfach erklärt

Die keimabtötende Wirkung von UV-Strahlen ist seit langer Zeit bekannt. Die Wirksamkeit der heutigen UV-Technik ist vergleichbar mit einer chemischen Desinfektion. Dabei wird das Wasser über eine spezielle UV-Lampe mit Licht bei einer Wellenlänge von 254 nm bestrahlt. Durch die Absorption der energiereichen Strahlung wird das Erbgut (DNA bzw. RNA) der Mikroorganismen verändert, sodass sich diese nicht mehr vermehren können. Die Inaktivierung ist u.a. von der Organismenart abhängig.

Sowohl Bakterien als auch Viren, Pilze und Cryptosporidien lassen sich mit UV abtöten. Durch die – entsprechend in der technischen Regel ­W 294 des DVGW – festgelegte Mindestraumbestrahlung von 400 J/m² wird eine Reduk­tionsrate von 99,99 % bei Viren und Bakte­rien erreicht. UV-Geräte wirken am Ort des Einbaus und haben keine Depotwirkung. Sie können im Kalt- und Warmwasserbereich eingesetzt werden. Weiterhin muss das Wasser annähernd partikelfrei sein. Seit Juli 2007 sind laut Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren (§11 der TrinkwV 2001) zur Trinkwasserdesinfektion nur noch typgeprüfte UV-Geräte nach DVGW-Arbeitsblatt W 294 zulässig.

Ultraschall und UV gegen ­Legionellen in Amöben

Legionellen sind Bakterien, die über die öffentliche Trinkwasserversorgung ins Gebäude gelangen und vorzugsweise in Warmwassersystemen, Kühltürmen, Klimaanlagen mit Luftwäschern und Whirlpools vorkommen können. Die Besonderheit von Le­gionellen ist, dass sie nicht nur frei im Wasser, sondern auch vielfach in Wirtsorganismen oder Schutzräumen, z.B. Amöben oder Feststoffpartikeln, vorkommen. Dabei können sie weder mit thermischen noch mit chemischen Verfahren abgetötet werden. Nur mit Ultraschall ist es möglich, sowohl die Amöben als auch die darin enthaltenen Legionellen-Bakterien abzutöten.

Die Öffnungsklausel im DVGW-Arbeitsblatt W 551 erlaubt den Einsatz zur Legionellenbekämpfung.

Ultraschall: Durch die Kavitationswirkung werden im Wasser befindliche Amöben und Korrosionspartikel aufgeschlossen bzw. zerlegt und alle darin befindlichen Legionellen freigesetzt.

UV-Einheit: Im nachgeschalteten UV-Gerät werden die nun frei vorliegenden Legionellen durch hochenergetisches UV-C-Licht abgetötet.

Dosierung mit sanfter Chemie

Chlordioxid, ClO2 wird verstärkt zur Trinkwasserdesinfektion eingesetzt und ist auch in der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren (§ 11 TrinkwV 2001) aufgeführt. Die Herstellung muss vor Ort erfolgen, da Chlordioxid nicht transportiert werden darf. Es wird meist nach dem Natriumchlorit-/Säureverfahren erzeugt. Als Säure wird Salzsäure verwendet. Die Reaktion verläuft schnell, von daher kann Chlordioxid auch als Sofortmaßnahme eingesetzt werden.

Chlordioxid ist im Wasser sehr beständig und hat daher eine entsprechende Depotwirkung. Die Reaktionsnebenprodukte sind unbedenklich, sofern die maximale Dosiermenge eingehalten wird. Eine Dauerdosierung ist aber nicht zu empfehlen. Grünbeck beispielsweise bietet das Chlordioxid Geno-Baktox in zwei Konzentrationen an: Dosierung mit 0,2 mg/l (entspricht dem Grenzwert in der TrinkwV), Typ DM-B, und mit 2,0 mg/l zur Sanierung, Typ DM-BS. Zur Ermittlung der Konzentration gibt es auch passend dazu einen Chlordioxid-Test. Biofilme werden nur geringfügig angegriffen. Vor der Anwendung von Chlordioxid sind die Rohrleitungsmaterialien zu berücksichtigen. Es kann zwischen einer kontinuierlichen und diskontinuierlichen Vor-Ort-Herstellung unterschieden werden.

Hygiene in Luftwäscheranlagen

In offenen Kreisläufen von Luftwäschern kommt es infolge der Wasserverdunstung zur Salzanreicherung im Umlaufwasser. Diese Salzkonzentration darf bestimmte Werte nicht überschreiten und muss deshalb durch eine Absalzautomatik und Zusatzwassernachspeisung geregelt werden. Auch bei hohen Salzkonzentrationen können sich im Luftwäscherwasser Mikroorganismen ansiedeln und über die Klimaanlage verbreiten. Diese Verkeimung im Umlaufwasser muss vermieden werden.

Als Grundlage zur Einhaltung der Werte sind die Abwasserverordnungen, die VDI-Richtlinie 6022, Teil 1, „Hygienische Anforderungen an raumlufttechnische Anlagen – Büro- und Versammlungsräume“ und die VDI-Richtlinie 3803 „Raumlufttechnische Anlagen – Bauliche und technische Anforderungen“ einzuhalten.

Organismenentfernung mit ­Membrantechnik/Ultrafiltration

Eine gewisse Anzahl an Gebäuden und Haushalten ist auf eine Eigenwasserversorgung angewiesen, bei denen ebenfalls die Trinkwasserverordnung eingehalten werden muss. Größtenteils ist dies ohne entsprechende zusätzliche Aufbereitungstechnik nicht möglich. Das aus Brunnen geförderte Wasser kann durch Schwebstoffe getrübt und damit auch hygienisch belastet sein. Künftig wird versucht, eine verfahrenstechnische Barriere bei der Erstbefüllung von Trinkwasser-Installationen mit Kaltwasser zu verwenden, um eine Besiedelung mit Mikroorganismen und damit eine Biofilmbildung zu verhindern bzw. gering zu halten. Hier bietet sich die Wasseraufbereitung mittels Membrantechnik an. Bei der Ultrafiltration mit einer Porengröße von 0,01 μm werden Amöben und Bakterien durch die Membranen komplett zurückgehalten.

Fazit

Das von den öffentlichen Wasserversorgern bereitgestellte Trinkwasser ist nicht grundsätzlich steril, sondern enthält eine geringe Anzahl an unterschiedlichen Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Viren) und Amöben. Ein Teil der Organismen ist für den Menschen ungefährlich, das Wasser kann jedoch auch krankheitserregende Mikroorganismen enthalten, die aus dem Wasser entfernt werden müssen, um bei der Übertragung auf den Menschen durch Einatmen oder Trinken Infektionen zu vermeiden.

Definitionen

Legionellen: Bakterien, die über Aerosole in die Lunge gelangen und hier das Pontiac-Fieber oder die Legionärskrankheit verursachen können.

Amöben: Im Trinkwasser vorkommende einzellige (eukaryot­ische) Mikroorganismen – auch Protozoen genannt –, die keine Zellwand besitzen, meist farblos und beweglich sind und als Wirts- und Transportorganismen für Legionellen wirken können.

Pseudomonaden: Anspruchslose Bakterien, die nosokomiale Infektionen im Krankenhaus auslösen können – auch Hospitalismuskeim genannt.

Tipp

Spülen geht vor ­desinfizieren

Die sorgfältige Spülung der Rohrleitungen ist grundsätzlich den chemischen und thermischen Desinfektionsverfahren vorzuziehen. Dabei ist wichtig, dass die Spülung unmittelbar vor der Inbetriebnahme erfolgt.

Info

Häufigste Ursachen für ­Hygieneprobleme

  • Eintrag von Verunreinigungen in Rohrleitungen und anderen Teilen der Wasserinstallation beim Ein- bzw. Umbau
  • keine regelmäßige Wasserentnahme an allen Zapfeinrichtungen
  • keine kontinuierliche Zirkulation im Warmwassersystem
  • kein hydraulischer Abgleich des Rohrleitungssystems
  • unregelmäßige Nutzung von Einrichtungen
  • Ablagerungen im Warmwasserspeicher
  • falsche Materialauswahl bei Speichern und Rohrleitungen
  • zu groß dimensionierte Warmwasserspeicher
  • Stagnation und Korrosions-Schäden bzw. Kalk­ablagerungen

Extras

Auf unserer Homepage können Sie eine Checkliste als PDF-­Datei zur Einschätzung des Legionellenrisikos bei wasserführenden ­Anlagen herunterladen.

https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft

Autor

Dr. Heinz Rötlich ist bei Grünbeck Wasseraufbereitung für den Geschäftsbereich Hygiene/Gesundheitswirtschaft zuständig und Schulungsleiter. 89420 Höchstädt, Telefon (0 90 74) 41-3 42, Telefax (0 90 74) 41-7 03 42, E-Mail: heinz.roetlich@gruenbeck.de