Wir erschlagen den schlafenden Riesen – die Bemerkung eines Oppositionspolitikers konnte nicht trefflicher sein, als sich Anfang Mai abzeichnete, dass das Marktanreizprogramm (MAP) für den Wärmemarkt auf Eis gelegt wurde. Mit dem schlafenden Riesen war die Riesen-Chance gemeint, die sich im Wärmemarkt erst noch zu einer breit angelegten Modernisierungswelle entwickeln muss, denn dort können große Potenziale an Energieeffizienz erschlossen werden. Die Wärmeerzeugung in Gebäuden weist mit rund 40 % den größten Anteil am Energieverbrauch und an den CO2-Emissionen auf. Statt das MAP im Mai einzufrieren, hätten die Zuschüsse aufgestockt werden müssen, lautete die Kritik des ZVSHK bereits im Frühsommer.
Ministerium dokumentiert den Einbruch
Was aber hat das Stop-and-Go tatsächlich für Auswirkungen gehabt? Man braucht keine Fantasie, um es sich auszumalen, denn die Fakten liegen auf dem Tisch. Als die MAP-Steuerungsgruppe, in der auch der ZVSHK vertreten ist, zu ihrer Jahrestagung im September zusammenkam, hatte das Bundesumweltministerium (BMU) Charts und Fakten parat. Was die Handwerksbetriebe ab Mai durch spontane Auftragsstornierungen in Millionenhöhe zu spüren bekamen, bestätigte sich durchweg in den Analysen, die zum MAP über die vergangenen Monate erstellt wurden. Grundsätzlich muss allerdings bei der Förderung zum MAP unterschieden werden zwischen den Anträgen für kleinere Modernisierungsvorhaben, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) abgewickelt werden, und den Förderprogrammen für Großprojekte, die über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) laufen.
25000 Förderanträge sind ausgeblieben
Die Bafa bearbeitet Förderanträge für solarthermische Anlagen bis 40 m2, für Biomasseanlagen, Wärmepumpen sowie hocheffiziente Umwälzpumpen.
Zu Chart 1: Die Gesamtzahl der MAP-Anträge, die in den ersten vier Monaten an die Bafa gestellt wurden, lag durchschnittlich bei etwa 13000 pro Monat, bevor es Anfang Mai zum monatelangen Förderstopp kam. Laut Mitteilung des Bafa wurden im Juli und August keine neu eingegangenen Anträge bearbeitet, sondern lediglich mit knapp 8000 bzw. gut 9000 Anträgen Restarbeiten ausgeführt. Aus dem Verlauf der ersten acht Monate lässt sich schließen: Wenn die Bearbeitung der Anträge aus dem Frühjahr so weitergeführt worden wäre, dann wären den Sommer über etwa 25000 zusätzliche Anträge abgewickelt worden. Durch den Förderstopp sind sie ausgeblieben.
Zu Chart 2: Im Bereich der Solarthermie differenziert die Bafa, ob die Modernisierung der Heizung durch eine Solaranlage in Standardtechnik erfolgt (Anträge ohne Bonus, Farbe gelb) oder ob gehobene Anforderungen für eine Effizienzsteigerung erfüllt werden (blau). Dies ergibt sich beispielsweise durch den Einbau einer Hocheffizienzpumpe im Solarkreis (50 Euro Bonus) oder es greift eine gesonderte Innovationsförderung, wenn neben Solarenergie noch eine weitere regenerative Komponente mit hinzukommt. Die Innovationsförderung von 180 Euro pro m2 Kollektorfläche kann für eine Gesamtgröße von 20 bis 40 m2 gewährt werden.
Es zeigt sich, dass die Antragsteller die Bonus-Förderung (blau) seit dem letzten Jahr deutlich stärker nachfragen. Welcher Bonus im einzelnen in Anspruch genommen werden kann, ist auf Chart 3 zu sehen. Für eine Bonusförderung müssen Pumpen stets eine hohe Effizienz aufweisen und als Voraussetzung für den Effizienzbonus muss der Nachweis über den hydraulischen Abgleich vorgelegt werden.
Jede zweite Biomasseanlage mit Pellets
Etwa drei Viertel aller Solaranträge (26 818 von 36 580) sind bis Ende August ohne Kesseltauschbonus abgewickelt worden. Dies hat den Hintergrund, dass stets eine Umstellung auf Brennwert erfolgen muss, um den Kesseltauschbonus zu bekommen. Entweder haben sich die Antragsteller für eine andere Technologie entschieden oder es handelte sich beim Bafa-Antrag um eine solarthermische Nachrüstung.
Das MAP unterstützt den Bau von Biomasseanlagen durch eine Innovationsförderung. Bis Ende August wurden dazu über 15000 Anträge bearbeitet. Während man sich bei 3328 Anlagen (noch) nicht näher auf eine Technologie festgelegt hatte, waren es 4728 Pelletkessel, 3247 Pelletöfen sowie 3609 Scheitholzvergaser (gefördert bis 3. Mai). 544 Hackschnitzelanlagen haben hier an der Gesamtsumme einen vergleichsweise kleinen Anteil, weil die Bafa lediglich Bauvorhaben im häuslichen Bereich sowie im Kleingewerbe betreut. Großanlagen werden dagegen über die KfW abgewickelt.
Wärmepumpenmarkt reagiert sehr träge
Zu Chart 4: Die Antragszahlen für Wärmepumpen erreichen eine Gesamtzahl von 13 559 Einheiten, 4200 sind dabei (noch) nicht näher beschrieben. Bei weiterer Differenzierung bilden 4662 Sole/Wasser-Wärmepumpen die größte Gruppe, während die zunehmenden Luft/Wasser-WP’s auf 3827 kommen.
Mit dem Förderstopp brechen auch hier die Antragszahlen ein, erholen sich aber langsamer. Als Grund dafür gilt, dass die Wärmepumpe als Wärmeerzeuger zu sehen ist und nicht wie die Solarthermie als Zusatzkomponente. Es liegt nahe, dass in der Phase des Förderstopps Bauherren bzw. Planer auf herkömmliche Heiztechnik umgeschwenkt haben, um das Bauprojekt fertigstellen zu können.
Solarthermie rückläufig – Preise gestiegen
Die Gesamtentwicklung der Solarthermie war im MAP-Steuerungskreis ein wichtiges Thema, denn das Geschäftsfeld ist insgesamt stark rückläufig: Im Jahr 2009 wurde bereits ein Minus von 26 % verzeichnet und auch für dieses Jahr deuten die Prognosen auf einen Rückgang in gleicher Höhe hin, sodass sich kummuliert ein Minus von 45 % ergibt – mit diesem Rückschritt wird das Niveau von 2007 erreicht. Als Grund dieser negativen Entwicklung nennen Marktbeobachter die allgemeine Verunsicherung durch das Stop-and-Go in der Förderpolitik.
Die Preisentwicklung in der Solarthermie seit 2008 zeigt deutlich nach oben: Marktbeobachter stellen hier eine Steigerungsrate bis zu 20 % fest, die auf Mitnahmeeffekte von Seiten der Industrie hindeuten. Plausible Gründe konnten im MAP-Steuerungskreis nicht genannt werden. Nebenbei bemerkt: Fallende Preise konnten lediglich bei luftgeführten Pelletöfen sowie bei Scheitholzkesseln festgestellt werden.
Förder-Euros lösen erhebliche Investitionen aus
Der Rückschritt in der Solarthermie zeigt sich auch in den Antragszahlen: Während im Jahr 2008 noch 260000 MAP-Anträge bei der Bafa gestellt wurden, waren es 2009 nur noch 217000 Bauvorhaben (–15 %). In diesem Jahr summieren sich die Anträge insgesamt bis Ende August auf knapp 66500 (Chart 1), sodass sich abzeichnet, dass bis Jahresende erheblich weniger erreicht werden kann.
Chart 5 verdeutlicht, wie sich bei der Antragstellung aus den jeweiligen Bundesländern ein Süd-Nord-Gefälle ergibt, bei dem Bayern und Baden-Württemberg die Löwenanteile halten.
Staatliche Förderung wird abnehmen
Der MAP-Fördertopf ist in diesem Jahr insgesamt mit 380 Millionen Euro gefüllt. Für 2011 zeichnet sich ab, dass nur noch 312 Millionen Euro zur Verfügung stehen – Tendenz fallend. Fest steht, dass jeder Förder-Euro, der von der Bafa bewilligt wird, weitere 5 bis 10 Euro an Investitionen für Modernisierungsmaßnahmen auslöst. Die Spreizung ergibt sich dadurch, dass sehr unterschiedliche Technologien zum Zuge kommen. Bei der KfW sind es pro Förder-Euro etwa 3,5 bis 5 Euro an weiteren Investitionen.
Im Jahr 2009 wurden durch das MAP Investitionen von insgesamt 3 Milliarden Euro ausgelöst. 2010 ist dies nicht mehr zu erreichen.
KfW wickelt größere Programme ab
Mit Darlehen bzw. Tilgungszuschüssen unterstützt die KfW Großprojekte im Rahmen des MAP. Vor allem hat dies bei Wärmenetzen und Biomasseanlagen einen erheblichen Zuwachs gebracht. Waren es im Jahr 2008 nur 243 Wärmenetze, gingen 2009 weitere 1207 ans Netz und in diesem Jahr werden es ungefähr weitere 1000 sein, weil der Förderstopp auch in dieser Sparte seine Spuren hinterlässt. 2008 wurden nur 459 MAP-Anträge über die KfW gestellt, dann schnellte die Zahl im darauffolgenden Jahr auf 2138 Bauvorhaben. Im ersten Halbjahr 2010 kamen 880 Anträge zusammen, davon beziehen sich 494 auf Darlehen für Wärmenetze, 213 Darlehen sind für die Wärmeerzeugung in großen Biomasseanlagen beantragt (Vorjahre 602 bzw. 151).
Kommunale Wärmenetze profitieren erheblich
Chart 6 zeigt das Volumen von 111 Millionen Euro, das im ersten Halbjahr für Darlehen vor allem von knapp 500 Wärmenetzen und Wärmeerzeugern großer Biomasseanlagen eingesetzt wurden. Daraus lässt sich folgern: Vorwiegend Kommunalbereiche sind die Nutznießer der KfW-Förderung, denn man hat sich sowohl das Netz fördern lassen als auch den Wärmeerzeuger. Zu den genannten Darlehen kamen im ersten Halbjahr sogar weitere 32,6 Millionen Euro an Tilgungszuschüssen hinzu.
Der MAP-Fördertopf ist in diesem Jahr insgesamt mit 380 Millionen Euro gefüllt. Zieht man den KfW-Anteil ab (–143,6 Millionen Euro), denn der berücksichtigt den privaten Bereich nicht, lässt sich fürs zweite Halbjahr leicht überschlagen, dass für die kleinen Bauvorhaben nicht mehr viel an Förderung übrig bleiben wird.