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Neue Trinkwasserverordnung

Neue TVO fordert Handwerksbetriebe

Inhalt

Die Anforderungen an hygienisch einwandfreies Trinkwasser steigen weiter. Zur neuen TVO, die ab November 2011 in Kraft tritt (siehe Topthema der SBZ 16/17-2011), hat jeder SHK-Mitgliedsbetrieb über seinen Landesverband die Fakten in einer Broschüre auf den Tisch bekommen. Aus der Verordnung ergibt sich für die Sanitärinstallateure erheblicher Handlungsbedarf. Die Gesundheitsämter kümmern sich künftig nicht nur um die Beschaffenheit des Trinkwassers in öffentlichen und gewerblich genutzten Gebäuden. Auch größere Wohngebäude rücken ins Interesse der Gesundheitsbehörden – vorausgesetzt, sie sind mit einer zentralen Warmwasserbereitung ausgestattet und verfügen über Trinkwassererwärmer mit mehr als 400 Litern sowie Bäder mit Duschen.

Betreiber solcher Anlagen (z.B. Wohnungsbaugesellschaften) sieht die TVO in der Pflicht, weil sie kaltes und warmes Trinkwasser an Dritte (Mieter) weitergeben. Damit auch an der letzten Zapfstelle Trinkwasserqualität ankommt, ist der SHK-Betrieb gefragt. Er klärt den Betreiber am besten über Zusammenhänge und Pflichten auf, nämlich für die Bereitstellung des hygienisch einwandfreien Leitungswassers Sorge zu tragen. Ziel ist es, dass die Anlagen den allgemein anerkannten Regeln der Technik (z.B. DIN EN 806, DIN EN 1717 sowie DIN 1988) entsprechen. Was für den Sanitärinstallateur von Bedeutung ist, kann er in einer Weiterbildung seines Landesfachverbandes in Erfahrung bringen.

Trinkwasser-Check offensiv anbieten

Die neue TVO geht von einer regelmäßigen Prüfung, Wartung und Instandsetzung der Installation aus. Bei allen Trinkwasser-Installationen soll dies jährlich geschehen. Trifft der Sanitärfachmann auf eine Installation, die offenbar nicht regelmäßig betreut wird, kann er dem Betreiber zunächst einen Trinkwasser-Check empfehlen. Mit wenig Aufwand lässt sich dabei ermitteln, ob Kaltwasser im Verteilnetz stets unter 25°C bleibt und die Warmwassertemperaturen 60/55°C einhalten. Auch zeigt sich dann, ob Sicherungseinrichtungen vorhanden und funktionsfähig sind. Darüber hinaus kann ein Probenahme die unbedenkliche Qualität des Wassers dokumentieren. Zurzeit gibt es keine einheitliche Regelung in den Bundesländern (siehe Interview).

Bestandsschutz für Blei im Trinkwasser aufgehoben

Blei-Anteile im Trinkwasser sind gefährlich für die Gesundheit, deshalb hebt die neue TVO den Bestandsschutz auf. Der Fachbetrieb soll den Werkstoff schnellstmöglich ersetzen. Ab 2013 darf kein Trinkwasser mehr die scharfen Grenzwerte der TVO bei einer Blei-Installation übersteigen. Der deutlich verschärfte Grenzwert für Blei offenbart allerdings jetzt ein neues Problem bei alten Anlagen: Stagnationen im Trinkwasser können bereits nach einigen Stunden innerhalb von Messing-Armaturen Bleiwerte ergeben, die die neue TVO als zu hoch einstuft.

Die Fachbetriebe sind gut beraten, wenn sie bei der Produktauswahl für die Installation grundsätzlich nur Komponenten verwenden, die von einem nationalen oder europäischen Branchenzertifizierer eine Zertifizierung bekommen haben. Allerdings gibt es im Markt für bestimmte Produkte keine solche Zulassung (z.B. Eckventile oder Trinkwassererwärmer). Dann sollte man sich vom Hersteller die Konformität gemäß DIN 50930-6 zusichern lassen. Für die Technischen Referenten zeichnet sich ab, dass manche Alt-Anlage eine Wasserprobe wegen des Bleigehaltes nicht mehr bestehen wird und ersetzt werden muss.

Endverbraucher über Wasserqualität aufklären

Hygienisch einwandfreies Wasser, das auch für die Zubereitung von Babynahrung genutzt werden kann, soll aus jeder Entnahmestelle der Trinkwasser-Installation fließen. Diese Forderung der TVO lässt sich nur ohne Stagnation erfüllen. Wichtig ist deshalb, dass sowohl der Betreiber als auch Nutzer über einige wichtige Punkte informiert wird. Das Wichtigste in Kürze:

  • Trinkwasser, das länger als vier Stunden in der Leitung steht, soll der Verbraucher ablaufen lassen, bis es spürbar kühler auf der Haut wird.
  • Für die Zubereitung von Babynahrung sollte das Trinkwasser nicht länger als 30 Minuten in der Leitung stehen.
  • Grundsätzlich sollte sich der Verbraucher zur Gewohnheit machen, dass nach Öffnen der Armatur zunächst etwa zwei Sekunden lang stagniertes Wasser abläuft.

Das Umweltbundesamt hat Wissenswertes einschließlich Verbrauchertipps in einer Broschüre zusammengefasst. Man kann sie kostenlos bestellen oder herunterladen (18 MB) unter https://www.umweltbundesamt.de/ (im Suchfeld „Publikation: Rund um das Trinkwasser“ eingeben). Informationen für Endverbraucher sind auch im Übergabeprotokoll enthalten, das der ZVSHK für die Fertigstellung einer Trinkwasseranlage ausgearbeitet hat. Mitgliedsbetriebe können die Betriebsanleitung Trinkwasser-Installation im Onlineshop von https://www.wasserwaermeluft.de/ erwerben.

Anschlusszwang oder ­Verbrennungsverbot

Die Bundesregierung hat im Baugesetzbuch festgelegt, dass die klimagerechte Entwicklung von Städten und Gemeinden mehr Bedeutung bekommen muss. Andreas Müller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer im ZVSHK, erläuterte die praktischen Auswirkungen. „In den Flächennutzungsplänen der Kommunen geht es mittlerweile nicht nur darum, bestimmte Flächen für die energetische Nutzung auszuweisen“, berichtete Müller. „Der Gemeinde- oder Stadtrat muss auch definieren, welche Energiequellen erschlossen werden sollen.“ Das kann beispielsweise Wald für die Hackschnitzelgewinnung sein, Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden oder Pflanzen für die Biogas-Gewinnung.

Weil durch dieses Konzept Biomasse als Energiequelle zur Verfügung steht, haben Städte und Gemeinden in vielen Regionen Nahwärmenetze geschaffen. Andreas Müller: „Die Wärmeenergie der Kommunen soll genügend Abnehmer finden. Deshalb sehen sich Fachbetriebe zunehmend mit einem Anschlusszwang konfrontiert.“

Für Dr. Jörg Lenk, Umweltbeauftragter des Bundesverbandes mittelständischer Mineralölunternehmen Uniti, sind Verbrennungsverbote von Interesse, die von Städten und Gemeinden verhängt werden. Mehr als 900 Fälle hat er inzwischen gesammelt, betrachtet dies aber nur als Spitze des Eisbergs. „Wenn ein neuer Bebauungsplan beschlossen ist, gilt es, genau hinzuschauen.“ Oftmals habe jetzt die Kommune einen Anschlusszwang oder ein Verbrennungsverbot festgelegt, dem man innerhalb eines Jahres widersprechen könne. Wenn im Grundbuch die Wärmequelle festgelegt ist, besteht so gut wie keine Chance mehr für einen anderen Wärmeträger. Vielen Bauherren falle diese Klausel beim Kaufvertrag nicht auf und erst nachdem ein Konzept des SHK-Betriebes für einen Kachelofen oder eine Brennwert-Heizung zusammen mit dem Bauantrag eingereicht würden, käme die böse Überraschung. Inzwischen gibt es 130 Luftreinhaltepläne, die zu zwei Dritteln Kleinfeuerungsanlagen betreffen. Möglich ist dies durch das Bundesimmissionsschutzgesetz, das in §47 die Landesregierungen ermächtigt, gegen zu hohe Immissionsgrenzwerte Beschränkungen zu verordnen. Landeswärmegesetze werden zunehmend auf den Weg gebracht, um Kleinfeuerungen oder bestimmte Brennstoffe nicht mehr zuzulassen.

Bei Kesseltausch Schornstein ­berücksichtigen

Der Heizungsbauer muss Auflagen der Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV) berücksichtigen, wenn er einen neuen Heizkessel installiert – zwischen Neubau und Bestand gibt es keine Differenzierung. Weil auch der Austausch eines Kessels eine wesentliche Änderung ist, schaut der Schornsteinfeger nach den Ableitbedingungen der Abgase – möglicherweise macht dies eine Verlängerung des Schornsteins nötig oder er muss aufgrund von hinzugekommenen Gebäuden extrem hoch ausgeführt sein (siehe Grafik). Bei Dachneigungen bis 20 Grad muss der Schornstein den First um mindestens 40cm überragen oder von der Dachfläche mindestens 1m entfernt sein. Bei Dachneigungen über 20 Grad muss der horizontale Abstand der Schornsteinmündung zur Dachhaut sogar mind. 2,30m betragen oder den First um 40cm überragen. Die Empfehlung von ZVSHK-Referent Tim Froitzheim an die Fachbetriebe: Um Zweifel auszuräumen, bereits in der Planungsphase den Schornsteinfeger hinzuziehen. Mitgliedsbetriebe können Hinweise zur BImschV unter https://www.wasserwaermeluft.de/ herunterladen.

Aktuelles in Kürze

  • Das Thema Steinbildung in wandhängenden Heizgeräten bleibt weiterhin problematisch. Es gibt Hersteller, die sich nicht an die Vereinbarung von BDH und ZVSHK halten. Statt die Herstellerangaben umzuschreiben und an die im Merkblatt Steinbildung vereinbarten Punkte und Handlungshinweise anzupassen, beharren Hersteller unverändert auf ihren Vorgaben. Die SHK-Berufsorganisation sieht deshalb Handlungsbedarf.
  • Einige Fachbetriebe wandten sich an ihren Landesverband, weil sich in der Praxis gezeigt hat, dass Wärmepumpenanlagen 60°C für die Trinkwassererwärmung nicht erreichen konnten. Dies ist jedoch durch die DIN EN 1988-200 gefordert. Die SHK-Organisation rät deshalb ihren Mitgliedern, die von den Landesfachverbänden angebotenen Schulungen für Berechnung und Installation von Wärmepumpenanlagen zu nutzen. Die Weiterbildung zeigt Chancen und Grenzen der Systeme auf und thematisiert die Gratwanderung zwischen Anlageneffizienz und Trinkwasserhygiene.
  • Einkünfte durch den Betrieb von PV-Anlagen oder Mikro-KWKs müssen versteuert werden. Der Fachbetrieb sollte dies bei Anlagenplanung und Kalkulation gegenüber dem Betreiber thematisieren.

Bitte lesen Sie hierzu auch das Interview mit Franz-Josef Heinrichs.