Über Farbtrends wird viel geredet. Eine klare Meinung zu diesen Trends zu haben ist eine Chance, im Kundengespräch aufzuzeigen, dass man als Badberater gut informiert und auf der Höhe der Zeit ist. In Küche, Bad und Architektur dreht sich das Trend-Rad langsam. Verständlich, da es sich um langfristige Investitionen handelt. Der deutsche Durchschnittsverbraucher kauft sich grob gesagt alle 15 bis 20 Jahre eine neue Einbauküche.
Fassadenanstrich und Badrenovierung passieren meist auch nicht öfter. Da will man nicht mit Nuancen mutig experimentieren, sondern sicher sein und auf Anhieb genau richtig liegen. Wem der Einsatz von Farbe für die langlebigen Objekte zu riskant ist, der kann trotzdem die „Farbe des Jahres“ in Werbung und Deko oder als Blickfang in der Sanitärausstellung aufgreifen, um Lust auf frischen Wind im Bad zu machen.
Ist Farbe wirklich so wichtig, wie immer wieder suggeriert wird? Wir denken: ganz klar ja! Lassen Sie uns ein besonders drastisches Argument erwähnen, das unsere Ansicht deutlich auf den Punkt bringt. Hätten wir als Jäger und Sammler in geraumer Vorzeit nicht genug rote Beeren im grünen Umfeld finden können, wären wir vielleicht verhungert. Farbe ist überlebenswichtig, dient nicht nur zur Balz, sondern auch zu Kommunikation, Information und manchem mehr. Gelungene Farbgestaltung trägt maßgeblich
zu wirtschaftlichem Erfolg bei – und zum Wohlfühlen.
Außer wechselnde Trends zu kennen sind die Grundlagen der Farbenpsychologie bei der Beratung eine wertvolle Basis. Es lohnt sich dabei, auf die Feinheiten zu achten, denn Rot ist nicht gleich Rot und Blau ist nicht gleich Blau. Innerhalb jeder einzelnen Farbfamilie gibt es helle und dunkle sowie knallige und dezente Nuancen, die ihre eigene Geschichte erzählen, unterschiedlich auf den Betrachter wirken und die Wahrnehmung des Raumes beeinflussen.
Himbeer, Tomate, Chili und Bordeaux sind Vokabeln für Rottöne, die fast jeder Kunde und Kollege versteht. Himbeerrosa wirkt zart und feminin, während schon eine kleine Portion Chili Leben in die Bude, Verzeihung: ins Bad bringt. Pink braucht einen starken Kontrast, vielleicht Beton oder Schiefer, damit es familientauglich wird, während für andere Kunden vielleicht Tomatenrot mit Kaffeebraun zur perfekten Kombi wird.
Planen Sie nicht einfarbig, verteilen Sie bunte Farben aber auch nicht beliebig wie mit der Gießkanne. Sonst sieht es schnell nach Kindergarten aus. Nutzen Sie verschiedene Nuancen einer Farbfamilie, gern in Kombination mit hochwertigen Naturmaterialien und den sogenannten unbunten Farben um Grau und Beige. Eine Melodie bzw. die perfekte Harmonie im Bad entwickelt sich wie in der Musik erst aus der Kombination verschiedener Töne. Ein Ton bzw. eine Farbe oder ein Material allein bleibt bunt und stumm.
Das Thema Farbe ist komplex und dies nicht erst seit gestern. Aber egal, um welches Projekt es geht, Küche, Fassade oder Badezimmer, ganz gleich, ob es sich um die Anwendung von Trends oder Farbenpsychologie handelt: Nach wie vor hilft die historische Kategorisierung der Farbgestaltung in sieben Kontraste, auch für heute und morgen. Wenn Sie im Internet nach den sieben Kontrasten des Bauhauskünstlers Johannes Itten suchen, werden Sie feststellen, dass diese nicht ganz unumstritten sind. Dennoch sind sie auch nach über 100 Jahren für verschiedene Farbfragen zwar ein wenig erklärungsbedürftig, aber immer noch extrem relevant. Nur dürfen wir nicht den Fehler machen, bei dieser Theorie stehen zu bleiben. Schauen wir uns also kurz die drei harten und die vier soften Kriterien zur Farbgestaltung an.
Die drei harten Argumente können wir umgangssprachlich mit Farbton, Helligkeit und Sättigung benennen. Es handelt sich um drei objektivierbare Eigenschaften von Farbe, die alle Betrachter wahrnehmungsphysiologisch gleich sehen. Immer vorausgesetzt, dass keine Farbsehschwäche vorliegt. Wenn also ein Kunde sagt, er „würde gern etwas mit Blau machen“, müssen wir überlegen, ob es Türkisblau wie die Karibik oder eher „Veilchenblau“ sein soll. Es geht zunächst also um die Position im Farbkreis und erst dann darum, ob die Nuance eher hell oder dunkel, eher kräftig oder aber zurückhaltend mit Grauanteil sein soll. Das sind die drei ersten Überlegungen, die die harten Fakten darstellen.
Dazu gibt es vier softe Kriterien: Soll das Blau warmtonig werden, weil die Kundin dem Klischee entsprechend schnell friert, bietet sich ein Blau mit leichtem Rotanteil an, allerdings ohne dass es zu sehr in die Nähe von Violett gerät. Dann wird nämlich wahrscheinlich ihrem Mann das Bad nicht mehr gefallen. Blau und Türkis wirken eher kalt, während Orange und Rot auf der warmen Seite im Farbenkreis liegen. Wenn unser fiktives Paar Blau mag, aber Angst vor viel Farbe hat, reduzieren Sie einfach die Quantität, und schon ist ein weiterer der sieben Kontraste genutzt. Eine Farbe steht nie allein, wählen Sie im Sinne des Simultankontrastes ganz bewusst die Umgebung für Ihren farbigen Akzent: zum tiefen Tintenblau vielleicht für die großen Flächen mehrere Nuancen von sonnigem Sand in verschiedenen Helligkeiten.
Violettblau und ein zum sonnigen Sand abgeschwächtes Orange gehören zu zwei Farbfamilien, die sich im Farbkreis gegenüberliegen. Im weiteren Sinne handelt es sich hiermit um Komplementärfarben, in unserem Fall also dem letzten der vier soften und insgesamt sieben Kontraste. Der Maler Johannes Itten beschrieb komplementär als harmonisch: Das kann zutreffen – ja –, aber sollte nicht als Rezept verstanden werden. Nicht zuletzt diese eine These über die Komplementärfarben ist es, die die gesamte Theorie der sieben Kontraste immer wieder in die Diskussion bringt.
Bei kniffeligen Aufgaben und sagen wir einmal: seltsamen Farbpräferenzen und/oder grobem Unwissen aufseiten der Kundschaft kann die Kenntnis der sieben Kontraste in der Beratung maßgeblich helfen, langwierige emotionale Diskussionen diplomatisch, für alle nachvollziehbar und zufriedenstellend zu lösen. Mit drei harten und vier soften Kriterien hat man im Verkauf sofort entscheidende Argumente für die Auswahl und gleichzeitig für die Begründung den Kunden gegenüber parat.
Sie merken, Farbe ist kein Hexenwerk und auch nicht „reine Geschmackssache“, ganz nach dem Motto: „Ich mache, was der Kunde will.“ Man kann durch ein wenig Auseinandersetzung mit dem Thema Gestaltung relativ einfach einüben, unsichere Kundschaft zielgerichtet zu beraten und sie vor krassen Fehlern wie der „falschen Farbe“ bewahren. Zusammengefasst: Farbe kann man sehr wohl lernen!
Eng verbunden mit Farbenlehre, -psychologie und -trends ist das Thema Stilkunde. Nicht Ihr Ding? Umso wichtiger, sich etwas auszukennen, sodass man schnell damit fertig wird und dabei keine Fehler macht. Nicht jedem gefällt die sogenannte klassische Eleganz, und der seit Langem wichtige Purismus darf auf keinen Fall zu grauer Langeweile werden. Aktuelle Einrichtungsthemen können aus dem Wohnzimmer recht gut ins Bad übertragen werden, greifen den Zeitgeist auf, meist mit wenigen gut ausgewählten Accessoires und Farben. Deko-Elemente und Blickfänge geschickt einsetzen heißt auf keinen Fall, dass ein Bad bzw. eine Badausstellung überladen wirken soll oder darf. Folgende Stilrichtungen können unterschieden werden, haben sich bewährt und erscheinen uns weiterhin wichtig:
1. Country, naturnah, romantisch oder maritim
2. Mediterran, Terrakotta neu kombiniert
3. Asia, Feng-Shui, Wellness-Welle
4. Skandinavische Leichtigkeit
5. Ethno, orientalisch, kolonial: gern auch mit schweren Möbeln
6. Vintage, Retro: nach wie vor bewährt und beliebt
7. Boho: leicht zu kombinieren, kreativ mit Makramee und Fransen
8. Purismus und Bauhaus-Stil sind das Gegenteil von romantisch verspielt
9. Mid-Century-Style aus den 40er- und 50er-Jahren, erinnert an Hollywood oder Mailand
10. Virtuelle Welt im Metaversum mit ganz eigenen Farben (mal sehen, was sich durchsetzt).
Aber bleiben wir nicht bei den Allgemeinplätzen, sondern blicken kurz zur ISH 2023 in Frankfurt zurück. Es wurde zwar nicht in Farbe gebadet, aber dem Thema wurde viel Raum gegeben und das Interesse daran war groß. Was war neu und was wird bleiben?
Unübersehbar war, dass fast alle namhaften Hersteller auch langlebige, hochwertige und große Badelemente in starken Farben präsentiert haben. Besonders auffällig und unvergessen: das neue Farbkonzept für Waschbecken, Wanne und WC der Serien Vitrium und Millio von Duravit, mit sechs Nuancen im Mineralgussverfahren mit matter Oberfläche und als Lack für Möbelfronten erhältlich. Die Palette besteht aus drei sogenannten unbunten Farben Weiß, Hellgrau und Dunkelgrau, die in der Ganzheit der Serie von Zimt, Salonblau und einem eisigen Grünblau flankiert werden. Die zurückhaltenden Nuancen sind sicher die Hauptumsatzträger, während die drei hochbunten Nuancen (meiner Einschätzung nach) kaum oder gar nicht den Weg ins deutsche Reihenhaus finden werden. Dennoch eignen sie sich hervorragend zur Individualisierung von Design-Hotel oder Themenrestaurant und erst recht als Blickfang in der Badausstellung. Fürs konservative Betrachter-Auge ungewohnt, zeigten Hansgrohe und Roca sogar starkfarbige Armaturen. Einfacher zu integrieren in den deutschen Markt sind allerdings sicher PVD-beschichtete Armaturen in Anthrazit, Schwarz matt, Bronze, Messing und Kupferfarben.
Eine Frage drängte sich beim Bummel über die ISH auf: Was sollen eigentlich die ganzen Riffel und Rillen? Man sah sie überall: nicht nur auf dem neuen Waschtischunterschrank Antao von Villeroy & Boch, sondern auch bei vielen anderen Herstellern, vertikal und horizontal verlaufend, filigran oder markant, auf verschiedensten Objekten in allerlei Materialien. Die Palette ist – außer auf den neuen Armaturen von Roca – bei geriffelter Struktur nach Jahren mit viel lauter Farbe meist eher zurückhaltend und auf Nuancen nahe bei Holz und Stein reduziert. Fast könnte man auf die Idee kommen, der Zenit der Farbe sei nun überschritten und man will Form, edles Material und Oberflächenstruktur gestalterisch nicht übertönen. Ganz besonders ausgereizt haben außer V & B das Riffel-Thema die spanischen Experten bei Inbani, wo sich der Linienrhythmus über gläserne Schubladenelemente, steinerne Waschbecken und freistehende Säulenschafte aus Wildeiche oder Marmor zieht. So wird durch das vornehme Spiel von Licht und Schatten quasi ein Fragment historischer Architektur im verkleinerten Maßstab ins heutige (Luxus-)Bad geholt. Rillen sind bestimmt keine Eintagsfliege, zumal sie gleichzeitig auch bei mehreren namhaften Küchenherstellern ins Programm kamen.
Wenn Sie dieses Jahr viel mit Heiztechnik beschäftigt waren, lohnt sich ein kleines farbiges Update der Badausstellung, um diesen Bereich des Geschäfts wieder mehr in den Fokus zu bringen. Und falls Ihre Kunden gerade in eine Wärmepumpe investiert haben, bietet sich fürs Bad vielleicht zumindest eine Teilsanierung an. Wie das ohne großen Aufwand geht? Eine Duschrückwand mit Fotomotiv am Stück, um gammelige Fugen verschwinden zu lassen, ein farbiger, kreativer Raumteiler, um Funktionszonen voneinander zu trennen, oder ein attraktiver Anstrich, wenn nicht gleich die Fliesenwand erneuert werden soll. Am einfachsten wären neue Textilien als Badematte oder als Fensterkleid. Dazu gern hier und da eine neue Wannenablage mit cleverer Deko und farbig abgestimmten Wohnaccessoires. Es gibt so viele Möglichkeiten!
Die Themen Farbdesign und Gestaltung im Bad nicht zu nutzen wäre eine verschenkte Chance. Farbe beeinflusst in starkem Maße die Stimmung, prägt die Präferenzen von Kunden und kann die Kaufentscheidung maßgeblich mitbestimmen. Farbe hat das Potenzial, Kunden ins Geschäft zu locken und aus jedem Bad ein ganz besonderes zu machen, wenn nach der Teilsanierung die große Renovierung wieder ansteht.