Fällt der Begriff Sitzmöglichkeit im Bad, denken die meisten zuerst an behindertengerechte Klappsitze in der Dusche. Aber heute soll das Bad wohnlich sein. Meist wird dieser Aspekt über Farben und Materialien vermittelt. Schnell fallen die Begriffe Wohnbad oder Bad mit Wohnzimmercharakter. Aber bedeutet der Begriff Wohnen nicht weitaus mehr, als nur ein gemütliches, heimeliges und wohliges Ambiente? Schaut man sich die Definition dieses Begriffes im Duden an, bedeutet wohnen vor allem: leben, sich aufhalten, sich niederlassen – überträgt man dies auf das Bad, gehört also weitaus mehr dazu, aus einem Bad ein Wohnbad zu machen. Eine oder mehrere Sitzgelegenheiten zum Niederlassen machen den Wohncharakter erst perfekt. Gestalterisch gibt es dabei viele Möglichkeiten, um mehr Komfort und mehr Sicherheit zu bieten.
Vom Hocker bis zur Liege
Eine Bank, ein Stuhl, Sessel oder eine Liege bringen also wohnlichen Komfort ins Bad und laden wortwörtlich zum Verweilen ein. Ob zum Ausruhen nach einem Saunagang oder heißen Wannenbad, zum Lesen eines Buches oder kommunikativ zum Plausch. Wie im Beispiel Bild 1 bleiben diesbezüglich kaum Wünsche offen: Kommunikativ fügt sich eine Bank zwischen Wanne und Waschtisch ein. Hier kann morgens in Ruhe der Tagesablauf besprochen werden, während einer sich am Waschtisch stylt, kann der andere sich gemütlich sitzend auf der Bank anziehen. Wenn die Kinder abends ein Vollbad nehmen, kann Mama sich gemütlich dazu setzen und sich die Tageserlebnisse erzählen lassen. Für die Ruhephase nach einem Saunagang sorgt die große Liegefläche der Wannenablage – eine extra Liege hätte keinen Platz mehr gefunden. Nur etwas für große Bäder? Nein!
Dach- und Schlauchbad wirken mit Bank größer
Gerade in kleinen Bädern und vor allem Bädern mit Dachschrägen steckt ungeahntes Potenzial für Sitzgelegenheiten. Bleibt doch der Raum unter Dachschrägen oft ungenutzt, da für einen Schrank oder ein Sanitär-Objekt die Stehhöhe nicht ausreicht. Das Bild 2 zeigt, wie trotz kompliziertem Grundriss und Dachschrägen ein Wohnbad konzipiert werden kann, indem die Wanneneinfassung bis zur Duschwand als Sitzgelegenheit fortgeführt wird. So wird gestalterisch nicht nur die Wanne gut eingebunden, sondern die Fläche unter der Zwei-Meter-Linie sinnvoll genutzt: Sie lädt zum Verweilen ein. Bei Sitzgelegenheiten unter Dachschrägen sollte darauf geachtet werden, dass an der Bankvorderkante mindestens eine Stehhöhe von 180 cm gewährleistet werden kann – es sei denn, die Nutzer schlagen aus der Körpergrößennorm.
Bei Schlauchbädern kann durch gezielt platzierte Bänke dem Schlauchcharakter entgegengewirkt werden. Zum Beispiel wie im Bild 3, wo gegenüber dem Eingang an der kurzen Wandseite eine Bank mit beleuchteter Nische unter dem Fenster platziert wurde. Dies verringert optisch die Raumtiefe und schafft gestalterisch eine Verbindung zwischen den langen Raumseiten mit Waschtisch auf der einen und der Wanne auf der anderen Seite. Aber auch in meist ungenutzten Gauben lässt sich wunderbar eine Bank (Bild 4) integrieren und schafft wahrlich wohnliches Flair. Bänke sind also gerade für kleinere Bäder ein ideales Gestaltungsmittel: Sie benötigen nicht viel Platz, können zusätzlich Stauraum bieten, indirekte Lichtquellen für Stimmungslicht beherbergen und Raumproportionen verbessern.
Sessel & Co erobern das Bad
Im Trend liegen Sitzgelegenheiten aus anderen Wohnbereichen, die als Einzelstücke im Bad platziert werden. Dabei kann es sich um einen Stuhl, Hocker oder Sessel handeln. Aus welcher Epoche beziehungsweise Stilrichtung diese Einzelstücke stammen, ist dabei Geschmackssache: Im Trend liegen zurzeit Vintage-Style, Used-Look oder Shabby-Chic. Sie verleihen dem Bad eine ganz besondere, individuelle Note. Fast immer passen diese Stücke als Kontrast perfekt in ein modernes Bad. Damit sie richtig zur Geltung kommen, benötigen sie allerdings etwas Freiraum. Je kleiner und zierlicher das Möbel, umso leichter ist es zu integrieren. Den gestalterischen Möglichkeiten, Sitzmöbel im Bad zu integrieren – ob als Bank oder Einzelstück – sind kaum Grenzen gesetzt. Sitzgelegenheiten im Bad können auch objektbezogen sein. Schauen wir uns daher die einzelnen Bad-Bereiche im Detail an.
Doppelfunktion für die Wanne
Die Badewanne ist das größte Einzelobjekt im Bad und nimmt innerhalb des Raumes den meisten Platz ein. In der heutigen Zeit wird die Wanne meist relativ selten genutzt – es sei denn, es handelt sich um ein Bad für eine Familie mit Kleinkindern. Überwiegend wird die Wanne nur noch für ein Erkältungsbad, zur Entspannung nach einem anstrengenden Tag oder einem Spaziergang in der Kälte genutzt. In diesen Fällen ist der Platz im Verhältnis zur Nutzungsdauer gesehen fast vergeudet.
Damit die wertvollen Quadratmeter nicht nur zu einem entspannenden Vollbad genutzt werden können, zaubern Wannenauflagen wie im Bild 5 aus der Wanne eine bequeme Liege- oder Sitzmöglichkeit. Da die Auflage aus mehreren Einzelelementen besteht, ergeben sich – je nach Anzahl der verwendeten Elemente – noch weitere Nutzungsmöglichkeiten: als Sitzfläche für ein komfortables Fußbad oder als Ablage für ein Buch oder Sektglas beim Vollbad. Je nach Hersteller gibt es kleine, aber feine Unterschiede: Zum Beispiel besteht die Liegefläche bei Kaldewei aus sechs Elementen, von denen jeweils zwei fest miteinander verbunden sind. Liegen alle Elemente auf der Wanne auf, können diese miteinander zu einer großen, stabilen Fläche verbunden werden. Zusätzlich kann durch das Aufbringen von Befestigungsknöpfen auf dem Wannenrand eine Verbindung zwischen Auflage und Wanne hergestellt werden. Die gesamte Liegefläche ist bis zu 130 kg belastbar, ein Nackenkissen und Halter zur fachgerechten Aufbewahrung runden das Paket ab. Bei Duravit dagegen handelt es sich um einzelne flexible Elemente, die einfach auf den Wannenrand gelegt werden. Vier Elemente in Folge ergeben eine komplette Abdeckung der Wanne und schaffen eine bequeme Liegefläche, die bis zu 150kg pro Element belastet werden kann. Muss an der Seite ein Brauseschlauch berücksichtigt werden (Bild 6), stehen bei Duravit auch Varianten mit einer Aussparung zur Verfügung: Der Schlauch verschwindet dann nach dem Bad ganz einfach im Wanneninneren.
Aber aufgepasst: Mobile Auflagen sind nicht fest mit der Wanne verbunden und können somit verrutschen und bei unsachgemäßem Gebrauch oder falscher Planung landet der Nutzer beim Setzen im schlimmsten Fall mit der Auflage in der Wanne. Daher gibt es ausführliche Sicherheitshinweise von den Herstellern (siehe Extras zum Download). Grundsätzlich sollte bei der Planung darauf geachtet werden, dass die mobilen Auflagen nicht nach hinten wegrutschen können. Dies bedeutet, die Wanne sollte direkt an einer Wand stehen – was den Nachteil von weniger Armfreiheit hat, auch Armaturen auf dem Wannenrand sind nicht möglich. Und natürlich passt nicht jede Auflage auf jede Wanne: Wannentiefe, Länge und Wannenrandbreite sind hier maßgeblich. Zusätzlich sollte bei der Planung daran gedacht werden, wo die Auflagen bei einem Vollbad verbleiben. Dieses Problem – und auch das des Verrutschens – fällt zum Beispiel bei der Sundeck-Wanne von Duravit (Bild 7) weg, da hier die Auflagen fest in einer Nut geführt werden und bei Wannennutzung am Wannenende als Kopfstütze dienen.
Sitz in der Dusche schon fast Pflicht
Eine Sitzmöglichkeit im Duschbereich rundet das Komfortpaket ab und erfreut sich immer mehr Beliebtheit. Kann Frau doch auf diese Weise entspannt ihre Beine rasieren ohne dabei einen Balanceakt vor dem Waschbecken oder der Toilette vollziehen zu müssen. Auch die Fußpflege fällt mit zunehmendem Alter so leichter. Damit das Komfortpaket stimmt, sollten Armaturen und Handbrause von der Sitzgelegenheit aus bedienbar sein und Ablagemöglichkeiten die nötigen Accessoires und Kosmetika griffbereit vorhalten. Im Alter bieten Sitzmöglichkeiten in der Dusche zusätzlich Sicherheit. Gestalterisch gibt es viele Möglichkeiten: zum Beispiel als geflieste Bank unter der Dachschrägen, die Raum nutzt, der sonst verschenkt wäre. Oder raffiniert wie im Bild 8 als scheinbar schwebende Natursteinkonsole über die ganze Länge des Raumes ausgebildet. Diese trägt zum einen die Waschschüssel und fungiert im Duschbereich als Sitzbank. Eine funktionale und zudem gestalterisch schöne Lösung, die dem kleinen Bad Großzügigkeit verleiht. Bei wenig Platz kommen Klappsitze (Bild 9) zum Einsatz, die es mittlerweile auch ohne Krankenhausausstrahlung in ansprechendem Design gibt. Auf jeden Fall sollen gemäß der aktuellen DIN 18040 „Barrierefreies Bauen“ Haltegriffe und Klappsitze nachrüstbar sein. Grundvoraussetzung dafür ist die Vorhaltung einer stabilen Wandkonstruktion.
Kombiwanne mit Sitz
Reicht der Platz für eine Badewanne und extra Duschfläche nicht aus und soll dabei nicht auf eine Wanne zugunsten einer Dusche verzichtet werden, muss nicht zwangsweise der Komfort einer Sitzgelegenheit beim Duschen entfallen. Nachträgliche Sitzbretter oder Wannensitze aus dem Sanitärhaus als ideale Hilfe für ältere oder bewegungseingeschränkte Personen sind zwar eine Möglichkeit, genügen aber wohl kaum einem gestalterischen Anspruch. Dagegen bieten begehbare Badewannen mit Duschfläche, zum Beispiel von Artweger (Bild 10), nicht nur einen fast schwellenlosen Zugang, sondern meist auch eine ausgeformte Sitzmöglichkeit des Wannenrandes im Duschbereich. Dabei bleibt gestalterisch genügend Freiraum: ob gerade oder mit ausgewölbtem Duschbereich, verfliest oder mit Schürze aus Glas. Sie fügt sich perfekt in die individuelle Badgestaltung ein, gepaart mit dem Komfort ist sie so nicht nur etwas für Best Ager.
WC mit integrierter Sitzbank
Meist soll das WC nicht präsent sein, am besten räumlich separiert oder optisch abgeteilt werden. Aus Platzgründen oder technischen Gegebenheiten ist dies nicht immer realisierbar. Eine schöne Lösung bietet hier der spanische Hersteller Hatria mit G-full, einer WC/Bidet-Kombination mit Holzrostabdeckung zum Hochklappen. Im Beispiel Bild 11 war das Bad zum einem vom Wohnraum aus zugänglich, zum anderen lag es direkt an der Terrasse. Eine Verlegung oder Änderung der Situation war nicht möglich und die technischen Voraussetzungen und Raummaße gaben die Position des WCs gegenüber der Eingangstür vor. Mit der WC/Bidet-Bank und dem in den Raum ragenden Waschplatz verschwinden diese Objekte (WC/Bidet) aus dem Blickfeld. Schöner Nebeneffekt: Es wurde ein großzügiger Sitzplatz mit Ausblick geschaffen. Bis Ende 2012 bot auch Villeroy & Boch mit der Smart-bench eine attraktive WC-Bank an – die nun aus dem Programm genommen wurde. Schade, dass es hier kein größeres Angebot gibt.
Frisierplatz wieder im Trend
Früher hatte die Dame des Hauses einen Frisiertisch, an dem Sie sich im Sitzen schminken, die Haare kunstvoll frisieren und ihren Schmuck anlegen konnte. Eine bequeme Errungenschaft, die weitgehend durch Platzmangel verloren gegangen scheint. Doch vermehrt trifft man wieder auf Bad-Serien (Bild 12), die im Möbelprogramm einen separaten Schminkplatz anbieten. Dabei muss es nicht unbedingt ein separater Tisch sein: Waschtische mit Aufsatzbecken wie im Bild 13 bieten mit der Waschtischplatte in Tischhöhe die Möglichkeit, seitlich verlängert einen Sitzplatz zum Schminken oder Föhnen anzubieten. Eine platzsparende, praktische und gestalterisch reizvolle Lösung. Entscheidend ist hier die Höhe des Aufsatzbeckens, um eine angenehme Tischhöhe von ca. 72–82 cm im Standard zu erreichen. Damit das Konzept aufgeht, muss auch die Position/Höhe des Spiegels auf eine sitzende Person abgestimmt sein und idealerweise seitliches Licht vorhanden sein.
Alternativ kann auch ein beleuchteter Schminkspiegel ausreichen. Ganz entscheidend ist hier natürlich auch die Frage Links- oder Rechtshänder, denn danach sollte die Position von Steckdosen und/oder Föhnhaltern geplant werden. Dieser Komfort erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Schöner Nebeneffekt: Der Stuhl oder Hocker kann im ganzen Bad Verwendung finden oder sogar zusätzlichen Stauraum bieten wie im Beispiel Bild 14. Dieser Hocker ist nicht nur fahrbar und stoppt bei Belastung, sondern auch in zwei Höhen verstellbar. Bei Nichtverwendung kann dieses Möbel dann platzsparend unter dem Frisiertisch geparkt werden.
Ein Sessel, eine Bank oder ein Hocker im Bad bringen also nicht nur einen Mehrwert an Komfort und Sicherheit, sondern sind das I-Tüpfelchen zum wohnlichen Ambiente. Art und Anzahl der Sitzgelegenheiten sind abhängig vom Platzangebot, Kundenwunsch und der Kreativität des Planers.
Checkliste
Bei mobilen Wannen-Abdeckungen ist zu beachten
Die Elemente müssen gegen Verrutschen nach hinten gesichert sein.
Belastbarkeit der Einzelelemente, zum Beispiel für ein Fußbad, prüfen.
Platz zum Lagern der Wannenabdeckung bei Benutzung der Wanne vorsehen.
Armaturen auf dem Wannenrand sind nicht möglich.
Nutzer über die Sicherheitshinweise des Herstellers informieren.
Sitzgelegenheiten unter Dachschrägen und in der Dusche
Auf ausreichende Stehhöhe an der Vorderkante der Sitzmöglichkeit achten – empfohlene Mindesthöhe: 180 cm.
Lose Möbel können unter Dachschrägen platziert werden und bei Bedarf weiter nach vorne gezogen werden.
Bei Sitzgelegenheiten in der Dusche sollten Armaturen und Handbrause in sitzender Position erreichbar sein. Das Gleiche gilt für Duschzeug und Accessoires.
Bei selbstentworfenen Bänken zu beachten
Auf ausreichende Stabilität und Belastbarkeit bei der Konstruktion achten.
Als zusätzlichen Stauraum nutzen: offen, mit Schub oder von oben zu öffnen.
Feuchtraumgeeignete Materialien verwenden. Zum Beispiel Kompakt-Hochdruckschichtstoffplatten (HPL) oder feuchtebeständige Verbundplatten.
Korpuskanten sind mit einem Feuchtigkeitsschutz zu versiegeln.
Bei Waschplätzen mit Sitzgelegenheit
Bei einem Waschplatz mit Aufsatzbecken auf die Höhe der Platte achten, damit diese als Tisch fungieren kann.
Bei Schubladen im Sitzbereich auf Beinfreiheit achten.
Bei Wandspiegeln darauf achten, dass eine sitzende Person sich noch anschauen kann – oder einen separaten Spiegel vorsehen.
An Steckdosen für Föhn etc. denken, dabei Rechts- oder Linkshänder berücksichtigen.
Extras
Auf SBZ-Online finden Sie unter Extras weitere Informationen rund um die Wannenauflagen: Darunter Bedienungs-, Montage- und Gebrauchsanleitungen von Duravit und Kaldewei.
Autor
Nicola Stammer, Dipl.-Ing. Innenarchitektur, übernimmt die Gestaltung von Hotels, Büros und Privathäusern. Das Bad aber ist ihr eigentliches Steckenpferd.
Nicola Stammer, 21365 Adendorf, Telefon (0 41 31) 2 20 96 57, Mail: innenarchitektur@nicostammer.de, https://www.nico-stammer.de/