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Was bringt das Label?

Die Ökodesign-Richtlinie bildet den Rahmen für die Festlegung einheitlicher Vorgaben in Bezug auf die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (Energy related Products) innerhalb der Europäischen Union. Die Bundesregierung sieht in den Vorgaben der Ökodesign- bzw. ErP-Richtlinie nicht nur eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Energieeffizienz, sondern stuft sie auch als Schritt auf dem Weg zur Begrenzung der CO2-Emissionen und zur Umsetzung der Energiewende ein. In Deutschland wird die Vorgabe der EU durch das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) und das Gesetz zur Kennzeichnung energieverbrauchsrelevanter Produkte (EnVKG) in geltendes Recht umgesetzt. Seit dem 26. September 2015 gelten in Deutschland bestimmte Mindestanforderungen vor allem an die Energieeffizienz von mit Öl, Gas und Strom betriebenen Wärmeerzeugern, Kombi-Heizgeräten und Warmwasserbereitern bis 400 kW Nennwärmeleistung sowie Warmwasserspeichern bis 2000 l Inhalt. Dokumentiert wird dies mit der CE-Kennzeichnung der Produkte.

Für den Öl-/Gas-Wärmeerzeugermarkt ergibt sich aus der neuen Richtlinie eine weitreichende Konsequenz: Im Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 813/2013 wird festgelegt, dass die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz nicht unter 86 % fallen darf. Weil die Heizwerttechnik aus technologischen Gründen an dieser Hürde scheitert, dürfen seit dem Stichtag faktisch bis 400 kW Leistung nur noch Öl- und Gas-Brennwertgeräte verkauft werden. Dies gilt allerdings nicht für Niedertemperatur-Geräte, die sich am 26. September 2015 in einem Lager des Großhandels oder Fachhandwerks befinden. Sie dürfen noch verkauft, installiert und betrieben werden, weil sie rechtlich gesehen als „in den Verkehr gebracht“ gelten.

Eine unbefristete Ausnahmeregelung hat der Verordnungsgeber für Niedertemperatur-Gasetagenheizungen des Typs B1 als Heiztherme mit einer Wärmeleistung bis 10 kW und als Kombitherme mit bis zu 30 kW vorgesehen. Diese raumluftabhängigen Geräte sind Teil eines mehrfach belegten Schornsteins und dürfen weiterhin installiert werden. Darüber hinaus ist der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) gemeinsam mit dem BMWi bemüht, bei der EU auch noch eine auf fünf Jahre befristete Ausnahmeregelung für raumluftunabhängige Gas-Heizwertgeräte des Typs C4 (mit Mehrfachbelegung am Schornstein) zu erwirken. Das Ergebnis stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest.

Label für Einzelgeräte und Verbundanlagen

Bestimmte, von der Ökodesign-Richtlinie betroffene Produkte müssen seit dem 26. September 2015 zusätzlich mit einer Energiekennzeichnung bzw. mit einem Energieeffizienzlabel ausgestattet werden. Die Labelpflicht gilt zum einen für Wärmeerzeuger, Kombi-Heizgeräte und Warmwasserbereiter bis 70 kW Nennwärmeleistung sowie für Warmwasserspeicher bis 500 l Inhalt. Unterteilt sind die Wärmeerzeuger zunächst in neun Energieeffizienzklassen von A++ (grün) bis G (rot). Ab 2019 kommt die Klasse A+++ hinzu, während die drei untersten Klassen entfallen. Die Warmwassergeräte erhalten zunächst eine Klassen-Einstufung von A bis G. Bei den Warmwasserspeichern werden übrigens nur die Bereitschaftsverluste berücksichtigt, nicht jedoch andere konstruktive Merkmale wie eine Schichtladetechnik.

Kombi-Heizgeräte tragen aufgrund ihrer Doppelfunktion für Heizung und Warmwasserbereitung ein Label mit zwei Efzienzklassen. Auch bei Wärmepumpen gibt es getrennte Effizienzklassen, nämlich für Mitteltemperatur- (55 °C) und Niedertemperaturanwendung (35 °C). Als weitere Besonderheit sind auf dem Wärmepumpen-Label drei Klimaregionen abgebildet (warm, durchschnittlich, kalt). Für alle drei wird die Nennleistung angegeben, wobei die Region für den durchschnittlichen Standort, zu dem auch Deutschland gehört, hervorgehoben ist. Die Energieeffizienzklasse der Wärmepumpen bezieht sich ebenfalls auf die durchschnittlichen Klimaverhältnisse.

Mit Blick auf die Kundenberatung ist es problematisch, dass Festbrennstoffkessel und Einzelraumheizgeräte erst ab 2017 bzw. 2018 von der Ökodesign-Richtlinie und der Label-Pflicht betroffen sind. Schuld an der Verzögerung sei laut Deutschem Pelletinstitut (DEPI) das komplizierte EU-Gesetzgebungsverfahren. Das DEPI erwartet, dass Pelletkessel in die Energieeffizienzklassen A+ und A++ (Brennwertmodelle) eingruppiert und Pelletkaminöfen mit A++ eingestuft werden. Die Hersteller können für ihre Geräte und Anlagen die jeweilige Klasse schon jetzt ermitteln, eine vorzeitige Kennzeichnung und Bewerbung mit dem Energielabel sei allerdings nicht zulässig.

Ergänzend zum Einzelprodukt-Label gibt es noch ein Verbund- oder Paket-Label, falls beispielsweise mehrere Wärmeerzeuger miteinander kombiniert werden. Weil hierbei die Effizienzklassen-Einstufung über der des Einzelprodukts liegen kann, reicht die Bandbreite beim Verbund-Label bis A+++. Ein Beispiel dafür wäre ein Heizsystem bestehend aus einer Wärmepumpe mit A++, die im Verbund mit Solarthermie-Anlage, Speicher und Regelgerät einen höheren erneuerbaren Energieanteil erreicht und dadurch in die Klasse A+++ aufsteigt.

Handwerkern kommt eine besondere Verantwortung zu

Schon mit dem Angebot muss der Fachhandwerker als Inverkehrbringer der Ware dem Interessenten alle wesentlichen Informationen zur Einzelprodukt- oder Verbundeinstufung in Form eines Datenblatts und des Energieeffizienz-Etiketts übergeben. Weil der Handwerker hierbei auf die Lieferanten oder die Hersteller angewiesen ist, regeln die Energiekennzeichnungs-Verordnungen auch deren Informationspflichten.

Man kann jedoch davon ausgehen, dass alle namhaften Hersteller unter Marketinggesichtspunkten diese Pflichten übererfüllen und den Handwerkern die Arbeit so leicht wie möglich machen. Diese Unterstützung wird sich nicht nur auf den Abruf der Datenblätter und Etiketten von Einzelprodukten beschränken, sie wird auch alle gängigen, vorkonfektionierten Verbundanlagen betreffen. Denn deren Effizienzklassen müssen auf Basis der energetischen Kenndaten der Einzelkomponenten mit dem sogenannten „Zusätzlichen Datenblatt“ individuell berechnet werden. Hilfestellung bieten herstellerseitige Programme und Apps, mit denen der Handwerker auch die Energieeffizienzklasse eines individuell zusammengestellten Verbunds ermitteln kann. Das Einbinden von Verbund-Produkten anderer Hersteller ist oft jedoch nicht möglich. In solchen Fällen kann sich der Handwerker an seinen Großhändler wenden oder ein passendes Branchensoftware-Modul oder die herstellerübergreifende Online-Plattform www.heizungslabel.de nutzen. Übrigens: Das Energieeffizienz-Etikett muss nur dann gut sichtbar auf der Front kleben, wenn das Heiz- oder Warmwassergerät beim Händler oder Handwerker, z. B. in einer Ausstellung, den Endkunden präsentiert wird.

Das neue Heizungslabel offenbart viele Schwachstellen

Doch wie hilfreich ist nun das neue Effizienzlabel für Baufamilien und Hausbesitzer, die ein neues Heizsystem suchen? „Das Label weist zwar grundsätzlich in die richtige Richtung: hin zu mehr Transparenz im Wärmebereich und weg von fossilen Energieträgern“, sagt Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie der Verbraucherzentrale NRW. „Es ist aber nicht annähernd so hilfreich bei der Kaufentscheidung wie die bekannten Labels etwa für Kühlschränke oder Fernseher.“ Diese Einschätzung hat mehrere Gründe.

Die erste Schwachstelle besteht darin, dass sich die Bandbreite in der Praxis im Wesentlichen auf die Energieklassen A++ bis A konzentrieren wird. Denn zum einen dürfen, wie bereits eingangs erwähnt, die Niedertemperatur-Wärmeerzeuger, die meist in die Klassen C und D eingruppiert würden, seit 26. September 2015 nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Erhältlich sind somit faktisch nur noch Öl- und Gas-Brennwertgeräte, die sich in der Regel in der Effizienzklasse A befinden. Die höheren Klassen A+ und A++ sind ausschließlich den Wärmeerzeugern mit erneuerbaren Energieanteilen, wie Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und Elektro- oder Gas-Wärmepumpen, vorbehalten. Und hier offenbart sich die zweite Schwachstelle: Sowohl der Effizienzvergleich von Produkten innerhalb einer Technologie-Kategorie als auch von unterschiedlichen Kategorien (z. B. Gas-Brennwert mit Wärmepumpe) ist nur sehr eingeschränkt bzw. nicht möglich. Übrigens: Solarthermiekollektoren werden nicht gelabelt, weil sie keine fossile Energie verbrauchen.

Eine dritte Schwachstelle des Heizungslabels ist die fehlende Möglichkeit, anhand der Effizienzklassen die Verbrauchskosten der Produkte überschlägig zu vergleichen. Während man auf dem Label von Elektrogeräten einen durchschnittlichen Jahresstromverbrauch findet, gibt es bei den Wärmeerzeugern keine Angaben zum Brennstoffverbrauch, weil dieser bekanntermaßen von individuellen Randbedingungen wie der energetischen Qualität und Größe des Gebäudes abhängt. Sind diese Randbedingungen ungünstig, z. B. in einem schlecht gedämmten Altbau mit hohen Heizwasservorlauftemperaturen, kommt Handwerkern eine undankbare Aufgabe zu: Sie müssen dem Hausbesitzer klar machen, dass eine höhere Energieeffizienzklasse weder generell noch automatisch niedrigere Heizkosten in der Praxis gewährleistet. Typisches Beispiel dafür wäre eine mit A++ eingestufte Luft/Wasser-Wärmepumpe, welche im Wettbewerb mit einem Gas-Brennwertkessel der Effizienzklasse A steht.

Außerdem darf im Beratungsgespräch der Hinweis gegenüber dem Hausbesitzer nicht fehlen, dass auch eine Verbundanlage mit einem Label A+++ in der Praxis nicht automatisch hocheffizient arbeitet. Sondern nur dann, wenn alle Komponenten eines Heizsystems, inklusive der Wärmeverteilung, sinnvoll aufeinander abgestimmt sowie fachmännisch geplant, installiert und einreguliert werden.

Fazit: Nach dem Label ist vor dem Label

Als echte Orientierungshilfe für den Hausbesitzer taugt das Effizienzklassen-Etikett aufgrund der zahlreichen Schwachstellen nicht. Und in manchen Fällen könnte es sogar Verwirrung bei Endkunden stiften. Die Beratung durch Fachleute ist und bleibt deshalb die wertvollste Informationsquelle. Unter Marketingaspekten könnte das neue Effizienzklassen-Etikett eventuell dafür sorgen, dass sich mehr Hausbesitzer mit dem Thema effiziente Heiztechnik auseinandersetzen.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die EU-Kommission im Juli 2015 eine Änderung der Energieverbrauchskennzeichnung bei den Elektrogeräten vorgeschlagen hat: Demnach sollen die Kategorien A+ bis A+++ verschwinden und stattdessen die ursprüngliche Skala von A bis G wieder eingeführt werden. Denn diese sei einfacher und für die Verbraucher leicht verständlich. Diese Änderung soll voraussichtlich Mitte 2016 wirksam werden. Ob dies dann auch Auswirkungen auf das Heizungslabel hätte, bleibt abzuwarten.

Info

Label bald auch für Altanlagen

Am 1. Januar 2016 soll das neue Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz in Kraft treten, um Hausbesitzer zu motivieren, ihre ineffizienten Heizungsanlagen schneller auszutauschen. Der am 12. August 2015 von der Bundesregierung beschlossene Änderungs-Gesetzentwurf sieht vor, dass alle mindestens 15 Jahre alten Öl- und Gas-Heizkessel bis 400 kW ein Energieeffizienzlabel erhalten. Laut BMWi würden über 70 % der installierten Heizgeräte nur die Effizienzklasse C, D oder E erreichen. Für die Umsetzung hat der Gesetzgeber, gestaffelt nach Kesselbaujahr, einen Zeitraum von acht Jahren vorgesehen, um den Markt nicht zu überhitzen. Es wird erwartet, dass sich die Wärmeerzeuger-Austauschrate von 3 auf 3,7 % pro Jahr steigern lässt.

Ab 2016 dürfen Heizungsinstallateure, Schornsteinfeger, Ausstellungsberechtigte nach EnEV § 21 Absatz 1 und Gebäudeenergieberater des Handwerks ein Label ausstellen und aufkleben. Wichtige Voraussetzungen: Es muss eine Auftragsbeziehung (Details: siehe § 16) zum Eigentümer oder Mieter bestehen. Und es sind zeitliche Vorgaben in Bezug auf das Kesselalter (nach Anlage 3 des Gesetzentwurfs) einzuhalten. Die Effizienzklasse des Wärmeerzeugers wird mit einer standardisierten Software bestimmt und das Etikett sichtbar auf die Vorderseite geklebt. Ab 2017 sind die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger verpflichtet, im Rahmen der Feuerstättenschau das eventuell noch fehlende Etikett auf dem Heizgerät anzubringen. Begonnen wird bei Wärmeerzeugern mit den Baujahren 1994 und älter. Die Hauseigentümer müssen dieses für sie kostenfreie Labeling dulden. Sie erhalten begleitend eine Informationsbroschüre.

Autor

Dipl.-Ing. Jürgen Wendnagel, Presse- und Redaktionsbüro, 73732 Esslingen, Telefon (07 11) 2 55 13 18, jwendnagel@aol.com