Die Grundidee klingt prinzipiell absolut einleuchtend: Bei solegeführten Luft-Wärmepumpen könnte im Winter eine Solarunterstützung durch Einkopplung in den Wärmequellenkreislauf der Wärmepumpe erfolgen. Die geringen Soletemperaturen aus den Solarkollektoren können im Winter in der Regel für eine Warmwasserbereitung oder Heizungsunterstützung nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden. Eingespeist in den Wärmequellenkreislauf einer Luft-Wärmepumpe jedoch könnte die Effizienz entscheidend gesteigert werden. Gleichzeitig ist die Effizienz des Kollektors aufgrund der geringen Kollektortemperaturen sehr hoch. Darüber hinaus kann eine Stagnation der Solaranlage im Sommer verhindert werden.
Genau diese Erweiterung plante der Remscheider Spezialist für Heizungstechnik bereits, als er eine neue Wärmepumpe zur SHK Essen 2010 vorstellte. Präsentiert wurd eine Luft/Wasser-Wärmepumpe mit Split-Technologie. Bei dem Produkt sollten die individuellen Vorteile von Luft- und Erd-Wärmepumpen in einem neuartigen Konzept zusammengeführt werden. Gekennzeichnet ist das System durch eine frei aufstellbare Außeneinheit, die einen Luft/Sole-Wärmetauscher und einen Ventilator enthält, sowie eine Inneneinheit in Form der bekannten Geotherm-Sole/Wasser-Wärmepumpe. Beide Elemente werden durch Standard-PE-Rohre verbunden, die eine Soleflüssigkeit führen.
Vorteile der Außeneinheit mit Sole statt Kältemittel
„Die Vorteile dieses Konzeptes liegen auf der Hand: Es bietet dem Anwender maximale Flexibilität bei der Aufstellung und höchste Betriebssicherheit – weil die Sole führende Verbindungsleitung auch bei extremer Kälte oder Stromausfall keine Schwachstelle bietet“, so Andreas Christmann, Leiter Produkt und Marketing bei Vaillant Deutschland. „Unsere Fachhandwerkspartner konnten damit über ein in sich schlüssiges Paket mit größtenteils bekannten Produkten verfügen. Dadurch lässt sich die Installation schnell, sicher und kostengünstig durchführen. Spezialkenntnisse im Umgang mit Kältemitteln sind – wie bei alternativen Geräten am Markt – nicht erforderlich. Anders als bei herkömmlichen Systemen, die in der Verbindungsleitung auf Kältemittel oder Heizungswasser setzen, kann es bei unserem Konzept keinen Wärmeverlust im Außenbereich geben. Im Gegenteil: Es ist nicht einmal eine Wärmedämmung der Sole führenden PE-Rohre notwendig, weil die Wärmeträgerflüssigkeit auf dem Weg vom Außen- zum Innengerät gegebenenfalls sogar noch Wärme im Erdreich aufnehmen kann.“
Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, dass es in einem nächsten Entwicklungsschritt möglich sein werde, andere Umweltwärmequellen wie beispielsweise Solarkollektoren einfach in den Solekreislauf des neuen Systems einzubinden und so die Effizienz weiter zu steigern. Dabei war beabsichtigt, die Nutzung der Solarenergie in drei Stufen umzusetzen. Bei Kollektortemperaturen zwischen 20 und 100°C können solare Erträge direkt für die Warmwasserbereitung genutzt werden. Bei Temperaturen zwischen 25 und 50°C sowie der entsprechenden Anforderung des Heizsystems erfolgt die direkte Heizungsunterstützung. Kombinationen dieser Art sind im Markt nicht ungewöhnlich und werden auch bei Vaillant-Systemen bereits zahlreich eingesetzt. Erst bei Temperaturen zwischen –5 und 25°C sollte die innovative indirekte Nutzung durch die Anhebung der Quellentemperatur erfolgen. Bei einer höheren Temperatur wäre in jedem Fall die direkte Nutzung sinnvoller. Durch Simulationsmodelle wurden in einem Standard-Einfamilienhaus, gebaut nach EnEV 2007, mit 160m2 und einem Heizwärmebedarf von 10000 kWh/a verschiedene Szenarien mit und ohne Solareinbindung in den Wärmequellenkreis geprüft.
Konzept erfordert aufwendige Anlagenverschaltung
Grundsätzlich musste eine Systemtrennung der Solekreisläufe erfolgen, weil diese für völlig unterschiedliche Temperaturen ausgelegt sind. Im Solarkreislauf zirkuliert eine Soleflüssigkeit, die von ihrer chemischen Zusammensetzung her für sehr hohe Temperaturen ausgelegt ist, um auch dann eine wirtschaftliche Funktion gewährleisten zu können. Der Solekreislauf zwischen Innen- und Außengerät der Wärmepumpe hingegen ist für eine Sole ausgelegt, die auch für tiefe Temperaturen geeignet ist. „Natürlich gibt es Möglichkeiten, hier eine gemeinsame Soleflüssigkeit einzusetzen. Jedoch hat dies nicht nur einen Effizienzverlust, sondern auch Einschränkungen des Arbeitsbereiches der Wärmepumpe zur Folge“, erläutert Christmann die Thematik weiter. „Bereits bei –10 °C müssen vergleichbare Systeme im Markt abgeschaltet werden. Unsere Zielsetzung ging natürlich bis –20 °C, um das System sicher in ganz Deutschland einsetzen zu können.“
Aus diesem Grund musste der Hersteller mit einer konstruktiven Systemtrennung der Solekreisläufe planen. Vorrangig sollte die Solarenergie immer zur Warmwasserbereitung oder Heizungsunterstützung eingesetzt werden. Reichen die Temperaturen im Solarkreislauf jedoch weder für die eine noch die andere Variante aus, könnte in der Übergangszeit und im Winter die noch zur Verfügung stehende Wärmeenergie aus dem Solarkreislauf in den Wärmequellenkreislauf der Wärmepumpe einfließen. Hierfür wäre ein Tieftemperaturkollektor erforderlich gewesen, um bei relativ niedriger Soletemperatur keine Kondensationsprobleme an den Solarkollektoren entstehen zu lassen.
Betrachtung der Energieströme mit und ohne Solarkollektor
Die Problematik ergibt sich bei Betrachtung der Energieströme innerhalb des Gesamtsystems, wie sie auch in den Grafiken (oben) dargestellt sind. Grundsätzlich erhöht die Zufuhr von Solarenergie die Soletemperatur. Die Wärmepumpe hat hierdurch eine höhere Heizleistung und die Temperatur der Sole am Austritt der Wärmepumpe erhöht sich.
Ohne Einkopplung von Solarenergie beträgt bei einer angenommenen Wärmeleistung der Wärmepumpe von 10kW und einem COP von 4, einer Soletemperatur von 0°C und einer Außenlufttemperatur von 3°C die elektrische Leistungsaufnahme 2,5 kW. Liefert die Solaranlage zusätzlich 1kW, wird die Soletemperatur von 0°C auf 0,4°C erhöht. Das wiederum bedeutet eine Leistung der Wärmepumpe von 10,2kW. Weil immer noch ungefähr die gleiche elektrische Energie aufgewendet wird, steigt also auch der COP der Wärmepumpe auf 4,08. Nicht berücksichtigt wird zunächst die benötigte Leistung einer zusätzlichen Sole-Umwälzpumpe. Was jedoch in jedem Fall unverändert bleibt, ist die Spreizung der Soletemperatur in der Wärmepumpe von rund 3 K. Liegen die Temperaturen ohne Zuführung der Solarenergie zwischen 0 und –3°C, betragen die Werte mit Einbindung der Solarenergie 0,4 und –2,6°C. Das heißt: Der Luftwärmetauscher, der vorher 7,5kW Umweltwärme liefern konnte, ist dann nicht mehr in der Lage, die gleiche Energiemenge aufzunehmen, weil sich die Soletemperatur erhöht. Die zusätzlich eingebundene Solarenergie bringt also kaum Nutzen und ersetzt nur eine Umweltwärmequelle durch eine andere. Wird jetzt noch die erforderliche Pumpenleistung einberechnet, wird der Effizienzgewinn noch geringer. Der investive Mehraufwand kann deshalb nicht gerechtfertigt werden.
Auch das Fraunhofer-Institut bestätigte diese Ergebnisse durch eigene Untersuchungen, die im Mittel eine Steigerung der Effizienz um rund 1,7 % erreichten. „Nutzen und Aufwand standen in keinem vertretbaren Verhältnis. Insbesondere auch die regelungstechnischen Abläufe bei kombinierter direkter Nutzung und Quellentemperaturanhebung wären relativ komplex ausgefallen“, resümiert Christmann die Ergebnisse. „Am sinnvollsten ist es nach wie vor, die Sonnenenergie bei der Koppelung mit Wärmepumpen direkt zu nutzen. Hier ergeben sich deutliche Einsparungen elektrischer Energie, weil die benötigte Wärme nicht erst mit der Wärmepumpe erzeugt werden muss.“
Als denkbar für einen wirtschaftlichen Einsatz der Technologie beschrieben die Untersuchungen des Fraunhofer-Institutes aber die Nutzung eines Latentwärmespeichers. Hier kommen Lagermöglichkeiten von Wärme ins Spiel, die derzeit in der Klimatechnik bereits in Serie hergestellt werden. Wann und wie Latentspeicher auch in der privaten Heiztechnik wirtschaftlich zum Einsatz kommen könnten, lässt Christmann offen. „Wir forschen natürlich ständig zum einen an der Verbesserung unserer Produkte und an der Erstellung völlig neuer Heizkonzepte wie unserem Zeolith-Heizsystem. Auch in der Branche sind in Richtung Latentspeicher mehrere Forschungsprojekte im Gang. Doch wir müssen immer auch die Investitionsbereitschaft des Endkunden in Korrelation zum Nutzen bzw. der zusätzlichen Betriebskostenreduzierung bringen. Was nutzt ein Heizsystem, das garantiert keine Betriebskosten verursacht, aber nicht bezahlbar ist? Unsere Fachhandwerkspartner benötigen für ihren Erfolg Systeme, die sich mit überschaubarem Einsatz planen und installieren lassen und gleichzeitig preislich mit ähnlich energieeffizienten Lösungen konkurrieren können. Und genau dafür sind Studien und ungewöhnliche Produktkonzepte genauso sinnvoll wie Kfz-Studien in der Automobilindustrie: Sie brechen prinzipiell feststehende Strukturen und Muster auf, um dann vielleicht eine völlig neuartige Lösung bieten zu können, die dann sowohl uns als Hersteller, dem Fachhandwerker als unserem Partner und insbesondere dem Endkunden bezahlbaren Nutzen mit einer Erhöhung seines Wohnkomforts und der Reduzierung seiner Energiekosten ermöglicht. So lauten die Ziele unserer Forschung und Entwicklung.“
Nach den Untersuchungsergebnissen wurden weitere Alternativen diskutiert und geprüft. Keine konnte jedoch nach dem derzeitigen Stand der Technik eine signifikante Änderung der Basisargumente bieten. „Wir haben anschließend noch ausgewählte Fachhandwerkspartner eingeladen und die Fakten vorgestellt. Auch hier zeigte man sich überrascht über die Ergebnisse, weil man bei der ersten Präsentation der Perspektiven unserer neuen Luft-Wärmepumpe davon überzeugt war, eine innovative Nutzung der Solarwärme eröffnen zu können. Natürlich forschen wir jetzt weiter nach Möglichkeiten, unser Erfolgsmodell der Luftwärmepumpe noch effizienter zu machen.“
Die Forschung zur Einbindung von Solarenergie in den Wärmequellenkreislauf einer Luftwärmepumpe brachte den Heiztechnik-Hersteller Vaillant nicht zum gewünschten Ergebnis. Hinter jedem erfolgreichen Produkt am Heiztechnikmarkt stehen auch zahlreiche Konzepte, die sich nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht wirtschaftlich in tragfähige Lösungen umsetzen lassen. Die Offenheit des Unternehmens, hierüber zu sprechen und die Perspektiven, die jetzt geprüft werden, zeigten einen Blick auf die alltägliche Realität in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Branche.