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Perspektiven für Mini-KWK

Ohne Rendite keine Marktimpulse

Inhalt

Der Markt für Mikro- und Kleinst-KWKs entwickelt sich langsamer als prognostiziert, lautet ein zentrales Fazit von der Fachtagung „Dezentrale Klein- und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung“, die im Oktober 2009 im Rahmen der Renexpo, Augsburg, stattfand.

Verteilnetze und Netzbetriebsführung mit Intelligenz aufrüsten

Neben der noch eingeschränkten technischen Zuverlässigkeit und dem fehlenden praxisnahen Wirtschaftlichkeitsnachweis werden zunehmend auch die unübersichtlichen Förderbedingungen des Staates sowie die bürokratischen Hürden der Energieversorger als Markthemmnis angesehen. Offen ist, wie die neue Regierung zur KWK-Förderung steht und welche Einspeisevergütungen für selbst erzeugten Strom in Zukunft zu erwarten sind.

Auch die Grünen-Politiker sehen die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung inzwischen eher nüchtern: Ohne Rendite für den Investor keine Marktimpulse. Laut Hans-Josef Fell, Bündnis 90/Die Grünen, rechnen sich erneuerbare Energien nach folgender Gleichung:

Klimaschutz + Rendite = Nachhaltigkeit + Versorgungssicherheit.

Wichtig sei es jetzt, die Grundlastversorgung durch konventionelle Kraftwerke zurückzubauen und diese durch dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zu ersetzen. Dazu gelte es, auch die Verteilnetze und Netzbetriebsführung mit Intelligenz aufzurüsten, um die Einspeisung von KWK-Strom und regenerativer Energie und deren Bündelung in virtuellen Kraftwerken zu erleichtern. Hybrid- und Elektrofahrzeuge könnten dabei eine Energiespeicherfunktion übernehmen, um z.B. Wind- oder PV-Strom zu puffern oder umgekehrt, um Spitzenstrom aus den Fahrzeugbatterien bei Bedarf ins Netz einzuspeisen.

Kältebedarf durch Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung abdecken

Der Einsatz von Mikro-KWK zur Steigerung der Energieeffizienz und damit zur Senkung des Primärenergieeinsatzes wird von Vertretern des Bundesumweltministerium (BMU) der vorherigen Bundesregierung als wichtige strategische Maßnahme zur Effizienzsteigerung bei der Stromerzeugung angesehen. Wolfgang Müller, Regierungsdirektor im BMU, geht davon aus, dass künftig ein Drittel des geplanten KWK-Zubaus durch Mikro-KWK im Leistungsbereich von 2 bis 6 kWel abgedeckt werden kann. Durch die Verdoppelung der Kraft-Wärme-Koppelung auf 25 % Anteil an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 könnten die energiepolitischen Ziele (bezogen auf die Regierungserklärung vom 26.4.2007) schneller erreicht werden als durch die energetische Gebäudesanierung, deren Minderungspotenzial bei nur 2 % pro Jahr läge.

Die Erfahrung – so Müller – zeige, dass trotz der heutigen Möglichkeiten der energetischen Gebäudesanierung nicht alle Einsparpotenziale ausgeschöpft würden. Gleichzeitig steige der Kältebedarf von Gebäuden. Deshalb gäbe es im BMU Überlegungen, die Koppelung von Mini-KWK mit einer Absorptionskältemaschine (Mindest-Leistungszahl 0,5) mit einem Innovationsbonus zu belohnen. Neben dem Ausbau der Förderung müssten jedoch auch Markthemmnisse beseitigt werden, wie beispielsweise steuerliche Benachteiligungen beim Einsatz von KWK-Anlagen in Mehrfamilienhäusern.

Bafa kritisiert fehlerhafte Förderanträge

Doch gerade die staatliche Unterstützung gestaltet sich für viele Antragsteller schwierig. Von 1000 Anträgen zur Förderung von Mini-KWK-Anlagen sind laut Bafa 700 bis 800 Anträge fehlerhaft oder unvollständig. Eugen Pietrowski vom Bafa machte keinen Hehl daraus, dass Antragsteller und Hersteller von Mini-KWK die Rahmenbedingungen ihrer Aggregate häufig zu optimistisch einschätzen. Insbesondere fehle es oft am Nachweis, dass die Anlagen 4000 bis 5000 Vollbenutzungsstunden im Jahr erreichen. Auch seien Fälle bekannt, bei denen das BHKW ausschließlich der Stromerzeugung dienen sollte. Die Bafa sehe sich deshalb gezwungen, die Verwendungsnachweisprüfung zu verschärfen und die im Antrag angegebenen Vollbenutzungsstunden nachzurechnen. Aktuell gäbe es immer noch einen Rückstand der Antragsbearbeitungen von 2008. Für 2009 sei der Titelansatz nahezu ausgeschöpft. Die etwa 7000 Anträge hätten rund 51 Mil­­lio­nen Euro gebunden. Allerdings seien davon erst 16 Millionen Euro nach Abschluss der Verwendungsnachweisprüfung ausgezahlt worden (Stand: September 2009).

Schnellere Amortisation durch stromoptimierte Betriebsweise

Wer ein Mikro-KWK wärmegeführt betreibt, also nur zur unmittelbaren Abdeckung seines Wärmebedarfs einsetzt, verhält sich womöglich konträr zum eigenen Strombedarf wie auch zu dem in der mittelbaren Siedlungsperipherie. Carsten Wissing von Offis e.V., Oldenburg, befürwortet deshalb einen netzorientierten Mikro-KWK-Betrieb mit Auslegung des Aggregates wie bei einem wärmegeführten Betrieb. Notwendig sei allerdings ein ausreichend großer thermischer Pufferspeicher, um den thermischen Bedarf des Gebäudes vom elektrischen Lastgang der peripheren Stromabnehmer in der Siedlung zu entkoppeln. In einer nächsten Stufe könnten elektrische und thermische Lastkurven des Objektes durch Smart Metering aufgezeichnet werden, mit dem Ziel einer stromoptimierten Betriebsweise. Die Betriebszeiten des BHKWs werden dadurch in die Zeiten mit einem hohen elektrischen Bedarf verlagert, um so den externen Strombezug zu minimieren. Durch den Einsatz von Smart Metering sei keine Kommunikation mit Netzbetreibern oder externen Stromanbietern notwendig, so Wissing. Eine Sensitivitätsanalyse der Wirtschaftlichkeit von elf Objekten hätte ergeben, dass die stromoptimierte Betriebsweise die Wirtschaftlichkeit um 4 % im Vergleich zum wärmegeführten Betrieb erhöhe. Eine weitere Verbesserung könne durch die Einkoppelung von Smart-Home-Funktionen erreicht werden, zum Beispiel durch das gezielte Zuschalten von Kühl- und Gefriergeräten, Wasch­maschine oder einer Ladestation für ein Elektrofahrzeug. Letzteres scheint sich zu einer wichtigen Komponente zur Effizienz- und Renditeverbesserung von Mini-KWK-Anlagen zu entwickeln.

Noch einen Schritt weiter geht Karsten Pott von der Arivus GmbH, Großhalbersdorf, der Smart Metering über das Internet zu einem virtuellen Kraftwerk verknüpfen will, um damit eine noch bessere Synchronisierung der „Schwarm-KWK-Geräte“ mit dem Lastgang des EVU zu ermöglichen. Allerdings müssten dafür weitere Anreize für den Mikro-KWK-Betreiber geschaffen werden, z.B. zusätzliche Vergütungen für eingespeisten Spitzenstrom durch den Energieversorger oder den Zugang zur Strombörse in Leipzig. Dort werde für Spitzenstrom an manchen Tagen bis zu 5 Euro pro kWh bezahlt.

Ob Mikro-KWK-Betreiber an diesem lukrativen Markt partizipieren können, ist jedoch fraglich. Um so wichtiger sei es, die Hausgeräte intelligent über ein Hausautomationssystem miteinander zu vernetzen, um durch eine gezielte Zuschaltung von Elektrogeräten den Anteil selbst erzeugten Stroms zu erhöhen.

Hohe Fördergeldern durch exakte Dimensionierung der Leistung

Die Wirtschaftlichkeit eines Mikro-, Mini- oder Klein-KWKs scheint heute in erster Linie davon abzuhängen, in wieweit Planer, Anlagenbauer oder Hersteller die vielfältigen Fördermög­lichkeiten für KWK-Geräte kennen und in der Lage sind, diese auch auszuschöpfen. Wulf Binde, Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung, geht von mindestens zwölf Förderoptionen aus, angefangen beim Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz über das Erneuerbare-Energiengesetz, KWK-Marktanreizprogramm, KfW-Programm bis hin zum Konjunkturpaket II.

Schlüssel zu hohen Fördergeldern ist in erster Linie die exakte Dimensionierung der Leistung, sprich die Vorausberechnung der erzielbaren Vollbenutzungsstunden. Für ein BHKW mit 12 kWel rechnet Binde mit einem Förderbetrag von 9250 € bei 5000 Betriebsstunden/Jahr. Zukünftig soll auch der Stromdirektverkauf innerhalb eines Gebäudes bzw. einer Liegenschaft möglich sein. Allerdings scheinen die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen beim Wohnungseigentumsgesetz (WEG) noch nicht bei allen Stadtwerken, EVUs und Steuerbehörden angekommen zu sein, wie Beispiele aus der Praxis zeigen.

Andere Vorträge im Rahmen der Renexpo über Praxiserfahrungen mit BHKW in Mehrfamilienhäusern lassen vermuten, dass man derzeit ohne juristischen Beistand solche Anlagen kaum realisieren kann. Neben miet- und steuerrechtlichen Auseinandersetzungen geht es dabei in erster Linie um das Aushandeln individueller Strombezugsverträge, die Einrichtung eines Summenzählers für mehrere Wohnungen, Zählerkosten und den Leistungspreis bzw. die Festsetzung der Bezugslast.

„Wirtschaftliches Risiko derzeit nicht tragbar“

Weiterhin ernüchternd sind die Ergebnisse der Feldtests von Mikro-KWK-Anlagen. Michael Bolle, Berliner Gasanlagen-Messtechnik, moniert z.B. die immer noch unzureichende Verfügbarkeit des Lion-Powerblocks, der in einem konkreten Projekt durchschnittlich alle 14 Tage auf Störung gegangen sei. Obwohl sich mit den neuen Geräten vieles verbessert hätte, sei der Optimierungsbedarf noch hoch. Neben Schallproblemen seien es Undichtigkeiten auf der Dampfseite, die Nachbesserungen erforderlich machten. Obwohl der Lion-Powerblock-Hersteller Otag sehr engagiert kooperiere, sei das Mikro-KWK derzeit noch kein ausgereiftes und damit wirtschaftliches Produkt.

Auch das ebenfalls im Feldversuch getestete Whispergen-Gerät überzeuge noch nicht, obwohl die Verfügbarkeit im Mittel bei 97 % gelegen hätte. Die Tester kritisierten u.a. die hohen Anforderungen an die Heizwasserbeschaffenheit (enthärtetes Wasser) sowie die Notwendigkeit eines Korrosionsschutzsystems mit Schlammfilter und Mikroblasenabscheidung. Die werksseitig ausgelieferte Regelung sei nicht nur störanfällig, sondern beruhe auch auf einem für bivalente Anlagen ungeeigneten Regelungskonzept. Einige Kunden beschwerten sich über den „hohen Gasverbrauch“, was offensichtlich mit der Dimensionierung des Gerätes zusammenhängt. In vielen Fällen sei das Whispergen-Gerät für den Einsatzzweck zu groß oder der Kunde zu sparsam. Insgesamt sinke der Nutzungsgrad der Geräte, wenn der Kunde einen sparsamen Betrieb mit Nachtabschaltung anstrebe. „Dieses Mikro-KWK ist nichts für Sparfüchse“, urteilt Michael Bolle. Das Gerät beginne dann zu takten, was für das Aggregat nicht gut sei, so Bolle.

Whispergen-Praxistests „mit überaus sehr guten Ergebnissen“

Gerd Studer von der Sanero Vertriebs GmbH, dem Vertriebspartner von Whispergen in Deutschland, sieht die Zukunft des Mikro-KWK dagegen positiver. Man habe inzwischen Erfahrungen aus rund 570 Praxistests in Europa „mit überaus sehr guten Ergebnissen“. Seit September 2009 werde das Gerät von Mondragon im spanischen Baskenland gefertigt, wobei ausschließlich europäische Komponenten zum Einsatz kämen. Durch den Ersatz des Saugzugbrenners durch einen Matrixbrenner habe man deutliche Verbesserungen bei den Abgaswerten erzielt und gleichzeitig die Leistung gesteigert. Die Gewährleistung liege heute bei zwei Jahren oder 8000 Betriebsstunden, optional bei fünf Jahren und 30000 Stunden. Das Systempaket umfasst einen 800-l-Pufferspeicher mit integriertem Trinkwasserspeicher, ein Montage-Set, eine neue witterungsgeführte Regelungseinheit (aus Österreich) sowie einen geeichten digitalen Stromzähler (Preis: 14270 Euro inkl. MwSt.).

Die Produktion im Mondragon-Werk sei auf eine Kapazität von 30000 Geräten pro Jahr ausgelegt, die bereits 2010 erreicht werden soll. Um das Gerät künftig stromseitig besser auszulasten, setzt man auf Elektrofahrzeuge mit der Autobatterie als Stromspeicher. Studer: „Unser Ziel ist es, 100 % Strom selbst zu erzeugen und bei Bedarf im Haushalt der Batterie den Strom wieder zu entnehmen.“ Die Stromkosten für 100 km mit einem E-Smart würden mit selbst erzeugtem Mikro-KWK-Strom gerade einmal 80 Cent kosten, so Studer.

Auch die mit viel Vorschusslorbeeren bedachte Sunmachine GmbH will jetzt die Produktion hochfahren. Anstatt der 4000 Geräte wie im Jahr 2008 prognostiziert, sind bis dato jedoch erst etwa 400 Einheiten vom Band gelaufen. 2010 will man die Zielmarke von 4000 erreicht haben. Dann plant das Unternehmen, neben der Pellet-Variante auch ein gasbefeuertes Stirlingmotor-Aggregat auf den Markt zu bringen. Nach weiteren zwei bis drei Jahren soll ein Vielstoffgerät folgen. Die Kosten für das 3-kWel-Pellet-Aggregat inklusive Peripherie liegen mittlerweile bei rund 43000 Euro.

Schwelle zum Pioniermarkt ­erreicht

Das Mikro-KWK hat die Schwelle zum Pioniermarkt erreicht. Über ein Dutzend Förderprogramme unterstützen den Anspruch des Gesetzgebers, den KWK-Anteil am Strommarkt bis zum Jahr 2020 auf 25 % zu verdoppeln. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass an Auslegung und Betrieb solcher Anlagen hohe Anforderungen gestellt werden, will man Energieeinsparung, Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit zur Deckung bringen. Wirtschaftlichkeit bedeutet beim Mikro-KWK möglichst viele Betriebsstunden mit möglichst wenig Unterbrechungen.

Entscheidende Impulse erwartet die Branche durch die breite Einführung von intelligenten Strom- und Gaszählern und die damit einhergehende Transparenz des Energieverbrauchs. Einen zusätzlichen wirtschaftlichen Anreiz für den Endverbraucher könnte die Öffnung der Leipziger Strombörse für Stromangebote aus privaten KWK-Anlagen zu Spitzenlastzeiten bieten.

Synergien wird es auch durch Hausautomationssysteme geben, denn damit lässt sich der Wärme- und Stromverbrauch im Haushalt am einfachsten synchronisieren. Wichtigster Verbündeter für Mini-KWK-Anlagen wird aber die E-Mobility sein, denn damit lässt sich die Eigenstromerzeugung nochmals bedeutend erhöhen. Fehlt nur noch ein kompakter Absorber, um die dann im Sommer anfallende Abwärme in Kühlenergie umzuwandeln. Wie es heißt, will der Gesetzgeber dafür sogar Fördergelder locker machen.

Info

Begriffs-Wirrwarr um KWK

Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bedeutet die gleichzeitige Gewinnung von Elektrizität und Wärme durch einen thermi­schen Prozess. Bei KWK-Aggregaten unter 2000 kWel gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Begrifflichkeiten mit oft unscharfen Trennungen zwischen den einzelnen Leistungsbereichen. Allgemein hat sich die Branche nun auf folgende KWK-Größenklassen verständigt:

– Mikro-KWK 1–15 kWel

– Kleinst-KWK 16–50 kWel

– Klein-KWK 51–2000 kWel

– Groß-KWK > 2000 kWel

Als Mini-KWK werden allgemein alle Geräte unter 50 kWel bezeichnet.

Hintergrund

Wachsende Anforderungen an SHK-Betriebe

Auch auf der technisch-handwerklichen Seite wachsen die Ansprüche. Peter Thomas, Hati GmbH, Berlin, stellte in Frage, ob die auf den technischen Mainstream ausgerichteten SHK-Fachbetriebe überhaupt noch in der Lage sind, anspruchsvolle Technik wie Mikro-KWKs in einem komplexen förder- und steuerpolitischen Umfeld kundengerecht umzusetzen. Bei weiter sinkendem Wärme- und Strombedarf von Neubauten sei es um so anspruchsvoller, Mikro-KWK so auszuwählen und zu dimensionieren, dass der Kunde damit auch Geld verdiene.

Das Beispiel Lichtblick werfe zudem die Frage auf, in wieweit die SHK-Handwerker in Zukunft durch Contracting und Kooperationen mit EVUs zu „Schraubern“ degradiert werden. In diesem sich radikal verändernden Umfeld müsse der Installationsbetrieb ­eigenes Wissen über KWK-Anwendungen aufbauen und seine Dienstleistungskom­petenz nach außen präsentieren.

Autor

Wolfgang Schmid ist Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung und lebt in München, E-Mail: wsm@tele2.de

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