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Saniertes Gebäude als Schulungsobjekt

Bivalent heizen mit Pellets und Gas

Inhalt

Wer effiziente Gebäudetechnik verkaufen will, muss sich vom reinen Komponentenverkauf verabschieden und komplette Systemlösungen inklusive abgestimmter Regelungsstrategien und Planungs-Know-how anbieten. Noch bevor die Durchführungsverordnungen der neuen Ökodesign-Richtlinie für Heiztechnikprodukte am 26. September 2015 in Kraft treten werden, zeigt Hoval in neuen Räumen am Standort Aschheim die Vorteile aufeinander abgestimmter Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen für Planer, Anlagenbauer und SHK-Fachfirmen. Dazu zählt auch eine speziell auf das Biomasse-Produktsortiment abgestimmte Schulung in der eigens dafür konzipierten Heizungszentrale.

Die erste Herausforderung für Hoval war, den Vermieter GE Real Estate Property GmbH von der Notwendigkeit und den Vorzügen ­einer modernen Wärmeerzeugung auf der Basis des vollautomatisch arbeitenden Holzpellet-Kessels Hoval Biolyt (160) und des Gas-Brennwertheizkessels Hoval Ultragas (250) zu überzeugen. Die zweite Herausforderung war nicht weniger anspruchsvoll. Da der bestehende Heizraum als Showroom mit Trainingsmöglichkeiten rund um den Pellet-Heizkessel nicht geeignet war, musste für den neuen Heizraum zunächst die Frage geklärt werden, wie die Abgasführung für den ­geplanten Holzpellet-Heizkessel mit 156 kW Leistung und den Gas-Brennwertheizkessel mit 250 kW Leistung nachgerüstet werden kann. Wegen der vergleichsweise langen waagrechten Strecken von etwa 8m war die Lösung keineswegs trivial, denn neben Druck und Temperatur mussten auch die Reinigungsfähigkeit, der Brandschutz sowie eine eventuelle Kollision der Abgasanlage mit Fluchtwegen berücksichtigt werden. In einem solchen Falle ist es ratsam, den Bezirkskaminkehrermeister von Anfang an in die Planung einzubinden, um die komplexe Aufgabe normen- und richtlinienkonform zu lösen.

Die Hydraulik war eine besondere Herausforderung

Um die Komfortbelange der Mieter und die Anforderungen von Hoval an die Schulungsmöglichkeiten mit der Anlage aufeinander abzustimmen, wurde die folgende Lösung erarbeitet:

  • Ersatz des alten Niedertemperaturheizkessels mit etwa 250kW Nennheizleistung (Baujahr 1992) durch einen Holzpellet-Heizkessel Hoval Biolyt (160), Leistungsbereich 43–56 kW, und einen Gas-Brennwertheizkessel Hoval Ultragas (250), Leistungsbereich 49–250 kW
  • Zwei Pufferspeicher Hoval Enerval 2000 mit je 2000 l Nenninhalt
  • Einbau eines Pelletlagers, bestehend aus einem Trogsilo mit 10t Füllgewicht und zwei Gewebesilos als Kaskade mit je 6,5 t Füllgewicht
  • Im Kessel integrierte Hoval-Toptronic-T-Regelung mit Kaskadenmanagement als Ersatz für das defekte Gebäudeautoma­tionssystem, dessen Neuanschaffung über 10000 Euro gekostet hätte
  • Überarbeitung des Heizungsverteilers (früher drucklos, jetzt mit Druckverteilung, Rückbau der Zubringerpumpe)
  • Ersatz von Standard-Heizungsumwälzpumpen durch Biral-Hocheffizienz-Umwälzpumpen (elektrische Einsparung ­etwa 4000 kWh pro Jahr)
  • Hydraulischer Abgleich durch Strangregulierventile und Heizkörper­ventile. Voreinstellungen auf der Basis von Erfahrungswerten, Optimierung im laufenden Betrieb. Ziel ist, die Heiztemperaturen von ursprünglich 80/60 °C auf 70/50 °C und niedriger abzusenken.

Wirtschaftlicher mit bivalenter Betriebsweise

Wegen der Nutzung des Holzpellet-Heizkessels zu Schulungszwecken war es notwendig, den beigestellten Brennwertheizkessel auf 100 % Gebäudeheizlast auszu­legen. Hoval empfiehlt, Holzpellet-Heizkessel großer Leistung ­bivalent zu betreiben, da diese Lösung in den meisten Fällen wirtschaftlicher ist und die Betriebssicherheit verbessert. Bewährt hat sich eine Leistungsverteilung von 70 % auf den Pellet- und 30 % auf den Gasheizkessel. Zielgröße sollte sein, mindestens 80 % des Jahreswärmebedarfs durch Pellets abzudecken.

Beim Gebäude Humboldtstraße 30 musste berücksichtigt werden, dass die rund 3500 m2 Bürofläche in der Regel immer nur teilweise genutzt und somit praktisch nie 100 % Heizlast abgerufen wird. Zur Absicherung des Komfortbetriebs während Schulungszeiten und zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit der Anlage stehen folgende Betriebsprogramme zur Auswahl:

  • <b>Normaler Heizbetrieb:</b> Der Pelletkessel geht mit voller Leistung in Betrieb und lädt die beiden seriell angeschlossenen Speicher auf. Die Energiespeicher werden dynamisch überladen, damit starke Lastschwankungen am Morgen durch die von den Mietern individuell festgelegten Betriebszeiten ausgeglichen werden. Durch die Speicherbeladung wird au&szlig;erdem der Betrieb des Pellet-Heizkessels optimiert und der Einsatz des Gas-Spitzenlastkessels zur Deckung von Lastspitzen hinausgezögert.
  • <b>Zuschaltung Brennwertheizkessel:</b> Fällt die Heiztemperatur am Hauptvorlauf ­unter den Sollwert, so wird zunächst ein einstellbares Zeitglied aktiviert, das den Gas-Brennwertkessel zeitverzögert zuschaltet. Die Sollwertabweichung wirkt dabei auf das Dreiwege-Regelungsventil im Rücklauf zum Gas-Brennwertkessel derart, dass nur so viel Rücklaufwasser durch den Kessel strömt, wie nötig ist, um die Regelabweichung auszugleichen. Der Brennwertheizkessel liefert also nur die Restwärmemenge, die zusätzlich gebraucht wird. Diese Art der Einbindung des Gas-Brennwertkessels ohne zusätzliche Kesselkreispumpe ist möglich, da der Heizkessel über einen geringen kesselseitigen Widerstand verfügt. Wichtig ist, dass die Hydraulik der beiden Heizkessel und der beiden Pufferspeicher mit den Anforderungen der bestehenden Heizungsverteilung und deren Pumpenstrategie übereinstimmt. Ziel der bivalenten Anlage ist ein bevorzugter Betrieb mittels Pellets, da durch die preisgünstigeren Pellets die Heizkosten spürbar reduziert werden können.
  • <b>Schulungsbetrieb:</b> Der Holzpellet-Heizkessel wird manuell abgeschaltet, gleichzeitig geht der Gas-Brennwertkessel in Abhängigkeit des Sollwertes in Betrieb. In diesem Fall läuft die Anlage ohne Energiespeicherladung; das hei&szlig;t, der erste Speicher wird nur im oberen Teil durchflossen. Durch den hohen Modulationsgrad verfügt der Gasheizkessel über genügend Kapazität, um auf Lastschwankungen, z.B. Aufheizphasen, unmittelbar reagieren zu können.
  • <b>Pellet-Anlieferung:</b> Bei anstehendem Füllbetrieb der Pellettanks wird der Pelletkessel blockiert und der Gas-Brennwertkessel übernimmt den Betrieb. Mit der Befüllung des Pelletlagers kann ­etwa 20 Minuten nach dem Abschalten des Pelletkessels begonnen werden.

Pelletlager aus verschiedenen Silos

Beim Pelletlagerraum realisierte der Heiztechnikhersteller eine Lösung, um Planern, Anlagenbauern und Kunden zu verdeutlichen, welche Möglichkeiten bei der Nachrüstung leistungsstarker Pellet-Heizungsanlagen in gewerblich genutzten Gebäuden bestehen. In einem an die Heizzentrale angrenzenden Raum sind ein Trogsilo (10 t) und zwei Gewebesilos (je 6,5 t) mit einem Gesamtfassungsvermögen von 23 t Holzpellets aufgestellt. Die drei Silos sind über eine Kombination aus Schnecken- und Vakuumaustragungssystem so miteinander verbunden, dass jedes Silo zu 100 % entleert werden kann. Diese Silo-Bauarten haben den Vorteil, dass sie einfach zu reinigen sind und ohne Beeinflussung der Statik der Lagerraumwände in Kesselnähe aufgestellt werden können. Auch besteht bei der Wahl dieser Silos die Option, den Pelletvorrat auf mehrere Räume zu verteilen.

Der Weitertransport der Pellets zum Heizkessel erfolgt im vorliegenden Fall über ein Vakuumsystem zum Vorratsbehälter des Pellet-Heizkessels. Dies hat den Vorteil, dass Distanzen von bis zu 25m überwunden werden können. Die variabel montierbare Turbine saugt die Pellets an und befördert diese über einen Zyklonabscheider in den Vorratsbehälter im Kessel. Die pelletfreie Rückluft strömt über ­einen parallelen Schlauch zurück zum Lagerraum. Das Pelletlager entspricht den Sicherheitsanforderungen der aktuellen VDI-Richt­linie 3464:2012-09 „Emissionsminderung – Lagerung von Holzpellets beim ­Verbraucher – Anforderungen an das Lager unter Sicherheitsaspekten“. Wichtig sind Warnhinweise für das Betreiber- und Wartungspersonal vor möglichen erhöhten CO- und CO2-Konzentrationen im Pelletlager. Bei Arbeiten in größeren Siloräumen wird dem Personal das Tragen von CO-Warnmeldern empfohlen.

Die bivalente Heizungsanlage in der Humboldtstraße 30 ist ein Musterbeispiel dafür, wie in urbanen Bestandsgebäuden eine moderne Biomasse-Heizung realisiert werden kann. Das Projekt zeigt, dass Pellet-Heizungsanlagen größerer Leistung automatisiert und mit vergleichsweise geringem Wartungs- und Serviceaufwand auch in gewerblich genutzten Gebäuden nachgerüstet werden können.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Systemlösungen eines Herstellers mit aufeinander abgestimmten Komponenten besser bewertet werden können als Mehrkomponentenlösungen unterschiedlicher Anbieter. Auch bei der Novellierung von EnEV und EEWärmeG ist zu erwarten, dass Heizungsanlagen mit fossilen Brennstoffen langfristig durch regenerative Heizsysteme abgelöst werden. Aus Sicht von Hoval wird künftig die intelligente Vernetzung von regenerativen und fossilen Wärmeerzeugern eine maßgebliche Rolle spielen.

Steckbrief

Objektdaten Humboldtstraße

Eigentümer, Vermieter: GE Real Estate Property GmbH, Frankfurt am Main

Baujahr: 1992

Nutzfläche: etwa 3500 m2

Nutzung: 8 Büroeinheiten, Lagerbereiche

Tech. Facility Management: Strabag Property and Facility Services GmbH, München

Hausverwaltung: Goldbeck Gebäudemanagement GmbH, München

Modernisierung der Heizzentrale

Fachplaner: Allwärme GmbH, München

Installation: Kaiser Haustechnik GmbH, Utting am Ammersee

Wartung: Hoval (im Auftrag von Strabag)

Heizlast: 250kW (Trinkwassererwärmung dezentral elektrisch)

Pelletverbrauch: 80–100 t/a (Prognose)

CO2-Einsparung: 100–120 t/a (Prognose)

Produktsteckbrief

Holzpelletkessel Biolyt

Der Hoval-Biolyt-Holzpellet-Heizkessel ist auf einen auto­matisierten Betrieb mit minimalem Wartungsaufwand ­optimiert. Seine Besonderheiten sind:

die vollautomatische Vakuum-Pellet-Befüllung mit Vorratsbehälter im Heizkessel,

die automatische mechanische Reinigungsvorrichtung,

der waagrechte Rohrbrenner (die waagrechte Verbrennung verbessert den Ausbrand sowie die Energieaus­beute und senkt zusätzlich die Emissionen),

alle beweglichen Teile (Brennstoffmechanik, Schnecken zum Ascheaustrag, Gebläse) liegen außerhalb des heißen Brennraumes,

die kompakte Konstruktion und die praxisorientierten Kesselabmessungen (Aufbau identisch mit Niedertemperatur-Ölkesseln).

Produktsteckbrief

Brennwertkessel Ultragas

Die Besonderheiten des Hoval-Ultragas-Brennwertheizkessels mit ­Alufer-Wärmetauscher sind:

das Ultraclean-Verbrennungssystem mit modulierendem Strahlungsbrenner zur bedarfsgerechten Leistungsanpassung,

der Alufer-Wärmetauscher unterstützt die Brennwertnutzung durch eine fünffach vergrößerte Oberfläche und optimalen ­Wärmeübergang,

durch die getrennten Hoch- und Niedertemperaturrückläufe ergibt sich eine bessere Ausnutzung des Brennwerteffektes (bis zu 6 % höher),

der große Kesselwasserinhalt (Ultragas 250 = 341l); dadurch ist ­eine einfache hydraulische Einbindung in bestehende hydraulische Systeme möglich (keine Mindestwasserumlaufmenge erforderlich, geringe Pumpenenergie),

die Toptronic-T-Regelung für den bedarfsabgestimmten Betrieb; sie erlaubt die einfache Kaskadierung mit anderen Wärmeerzeugern (Heizöl, Pellet-Heizkessel, Wärmepumpe),

die intelligente Kommandozentrale (Systeme mit bis zu fünf Wärmeerzeugern und bis zu zehn Mischkreisen sind mit der Toptronic-T-Regelung ohne Gebäudeautomation steuerbar).

Extras

Als Ergänzung können Sie sich das Hydraulikschema in hoher Auflösung als PDF-Datei bei den SBZ-Extras herunterladen:

https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft

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