Um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der elektrischen Flächenheizung in Kombination mit weiterer Anlagentechnik für Niedrigenergiehäuser verbindlich zu beurteilen, hat der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e. V. (BVF) eine fundierte Studie durch das ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden in Auftrag gegeben. Diese belegt, dass die elektrische Flächenheizung in sehr gut gedämmten Gebäuden als Vollheizung eine Alternative zu anderen gängigen Heizsystemen ist und nicht mehr nur zur Zusatztemperierung dient.
Dabei steht die jeweilige Heizung nicht für sich allein. Erst in Kombination mit Anlagentechnik wie zum Beispiel einer zentralen Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung kann das Effizienzpotenzial des Heizsystems voll ausgeschöpft werden. Insgesamt also ein zukunftsfähiges System.
„In Niedrigenergiehäusern bieten sich für die elektrische Flächenheizung sehr sinnvolle Einsatzmöglichkeiten in einer Technologiekombination mit einem hohen baulichen Wärmeschutz (KfW 55 oder besser), einer Photovoltaikanlage mit möglichst großer Kollektorfläche sowie einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Ergänzt werden kann dieses Technologiepaket noch um einen Stromspeicher, der für die Erreichung des Standards KfW 40 Plus zwingend ist“, fasst Michael Muerköster, Vorsitzender des BVF-Arbeitskreises elektrische Flächenheizung, einige Ergebnisse der Studie zusammen.
Die elektrische Direktheizung im Gebäudeenergiegesetz
Im Gegensatz dazu wurde dem Einsatz der elektrischen Flächenheizung als Vollraumheizung im Neubausektor im früheren Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) aus dem Mai 2019 beinahe ein jähes politisches Ende bereitet. Dort wurde in § 23 Absatz 1 Punkt 3 der Ausschluss der Anrechenbarkeit des regenerativ erzeugten Stromes formuliert – eine unverständliche Benachteiligung für die elektrische Direktheizung, die nicht dem technologieoffenen Ansatz des neuen GEG entsprach.
Durch den früheren Ausschluss der Anrechenbarkeit ergab sich rein rechnerisch eine deutliche Erschwerung, den Nachweis für den vorgeschriebenen Standard laut Energieeinsparverordnng (EnEV) bzw. für KfW-Effizienzhäuser überhaupt zu erbringen, obwohl die Technologie in der Realität in Niedrigenergiegebäuden effiziente Werte aufweist.
Der BVF und andere Verbände haben im Rahmen der Anhörungen zum GEG auf diesen Sachverhalt hingewiesen und konnten, auch mittels der Ergebnisse der hier vorgestellten Studie, belegen, dass man bei gutem Dämmstandard auch mit der elektrischen Direktheizung ein effizientes und wirtschaftliches Heizsystem erhält.
Im aktuellen Stand des GEG nach der ersten Kabinettssitzung ist der Ausschluss der Anrechenbarkeit für elektrische Direktheizungen im Gesetzestext entfallen. Die Anrechenbarkeit bei der Nutzung von Stromdirektheizungen wird allerdings abweichend von der sonstigen gesetzlichen Regelung über das Monatsbilanzverfahren bestimmt, so beschreibt es der Gesetzestext in dem neu hinzugefügten Absatz 4 unter § 23. Bei anderen Heizsystemen, wie zum Beispiel der Wärmepumpe, sieht der Gesetzentwurf derzeit eine pauschale Anrechnung von 20 % für den selbst erzeugten Strom vor, ohne den realen Verbrauch zu berücksichtigen, der oftmals viel höher liegt.
Die Anrechnung des PV-Stroms für elektrische Flächenheizungen ist unabhängig von der Größe der PV-Anlage (keine Mindestgröße), aber es ist kein primärenergetischer Vorteil von Stromspeichern, wie bisher in der EnEV, vorgesehen.
Studie zur Effizienz und Wirtschaftlichkeit der elektrischen Direktheizung
Die Studie „Energetische Effizienz und Wirtschaftlichkeit der elektrischen Direktheizung“ bringt weitere interessante Erkenntnisse. Detailliert aufgeführt sind vergleichende Berechnungen und Analysen aus Sicht der Effizienz (Studie Teil 1) und der Wirtschaftlichkeit (Studie Teil 2) für unterschiedliche Anlagenvarianten. Dies sind Anlagenkombinationen mit Gas-Brennwertheizung, Luft/Wasser-Wärmepumpe und Systemkombinationen mit elektrischer Direktheizung. Bei allen verglichenen Systemen wurde eine Fußbodenheizung zugrunde gelegt, da diese im Neubau eine hohe thermische Behaglichkeit in Verbindung mit hoher energetischer Effizienz bietet.
Energetische und wirtschaftliche Bewertung der Stromheizung
Die energetische und wirtschaftliche Bewertung der Stromdirektheizung wurde anhand der elektrischen Flächenheizung analysiert. Nachtspeicheröfen, elektrische Heizkörper oder elektrische Heizlüfter sind aufgrund ihrer Andersartigkeit in der Studie nicht behandelt worden. Als grundlegende Randbedingungen der Studie wurden natürlich die komplexen rechtlichen und normativen Vorgaben berücksichtigt.
Im Rahmen der Studie wurden zwei Gebäudetypen ausgewählt und mit genauen Maßen definiert:
Der bauliche Wärmeschutz der Gebäude entspricht je nach betrachtetem Effizienzstandard der baulichen Mindestanforderung für das KfW-Effizienzhaus 55, 40 und 40 Plus. Es wurde immer mit einem einheitlichen baulichen Wärmeschutz innerhalb eines Effizienzstandards gerechnet.
Sechs Anlagenvarianten im Vergleich
Im Rahmen der vergleichenden Berechnungen wurden für die genannten Effizienzstandards folgende sechs Anlagenvarianten berücksichtigt:
Bei allen Varianten wurde außerdem eine zentrale Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG) unterstellt. Bei den Betrachtungen zum KfW-Effizienzhaus 40 Plus wurde entsprechend dem Plus-Paket der KfW ein Stromspeicher berücksichtigt.
Als Übergabesystem wurde bei den wasserbasierten Systemen (Gas-Brennwertkessel und Luft/Wasser-Wärmepumpe) eine Fußbodenheizung mit Systemtemperaturen von 35/28 °C zugrunde gelegt. Bei den Varianten mit elektrischer Direktheizung wurde ebenfalls von einer Fußbodenheizung ausgegangen. Im Rahmen der Studie wurde die PV-Anlage so dimensioniert, dass die installierte PV-Fläche der theoretisch verfügbaren geeigneten Dachfläche entsprach.
Energetische Bewertung (Studie Teil 1)
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass alle Varianten mit elektrischen Flächenheizungen in Gebäuden mit gutem bzw. sehr gutem baulichem Wärmeschutz und in der beschriebenen Technikkombination eine anlagentechnische Lösung zur Erfüllung der primärenergetischen Anforderungen nach GEG darstellen. Das bedeutet: Alle Varianten dürfen grundsätzlich in Neubauten eingesetzt werden.
Ein baulicher Wärmeschutz entsprechend für ein Einfamilienhaus mit dem Standard KfW 55 führt zur Erreichung der primärenergetischen Anforderungen des aktuellen GEG-Entwurfs, mit einer Bauhülle entsprechend KfW-Effizienzhaus 40 werden bei freistehenden Einfamilienhäusern mindestens KfW-55-Anforderungen erreicht.
Mit der Anlagenvariante elektrische Flächenheizung in Kombination mit einer Warmwasser-Wärmepumpe ist mit einem baulichen Wärmeschutz entsprechend der Mindestanforderung für KfW-Effizienzhaus 40 die Einhaltung der hohen energetischen Anforderungen für KfW-Effizienzhaus 40 bzw. in Verbindung mit einem Stromspeicher sogar auch die für KfW-Effizienzhaus 40 Plus möglich. Hier zeigt sich die gute Effizienz dieser Heizlösung, die somit auch die KfW-Förderwürdigkeit erreicht (Bild 2).
Real genutzter und anrechenbarer PV-Strom
Bemerkenswert ist, dass große Teile des real im Gebäude genutzten PV-Stroms nach den Vorgaben der EnEV und des GEG nicht angerechnet werden. Die in Bild 4 dargestellten Berechnungen zeigen hier über alle Anlagenvarianten Anteile zwischen 17 und 38 % auf. Zudem zeigt sich, dass auch bei den Technologiepaketen, die eine elektrische Direktheizung beinhalten, selbst erzeugter Strom ins Netz eingespeist werden kann.
Unverständlich ist – und dies gilt für alle untersuchten Varianten – warum der selbst erzeugte und im Gebäude genutzte Strom nur zu einem Teil angerechnet wird. Deutlich zu erkennen ist hier, dass der real im Gebäude genutzte Strom einen deutlich höheren Anteil aufweist und die durch das Gesetz gegebene Anrechenbarkeit nicht der physikalischen Realität entspricht.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der in gebäudenahen PV-Anlagen erzeugte Strom wird bei allen betrachteten Möglichkeiten der Anrechnung auf den Gebäudeenergiebedarf nur zum Teil berücksichtigt und der ins Netz eingespeiste PV-Strom wird nicht erfasst. PV-Anlagen leisten damit über den Beitrag zur Effizienzsteigerung des Gebäudes hinaus auch immer einen Beitrag zur Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren im allgemeinen Stromnetz. Dies unterscheidet PV-Anlagen von sonstigen Effizienzsteigerungen durch bauliche oder anlagentechnische Komponenten, die vollständig auf den Energiebedarf des Gebäudes angerechnet werden.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (Studie Teil 2)
Auf Grundlage der vorgenommenen Energiebedarfsberechnungen wurden Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit der betrachteten Anlagenvarianten beim jeweils angesetzten baulichen Wärmeschutzniveau durchgeführt.
Bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit wurden folgende Strommengen berücksichtigt:
Jahresgesamtkosten elektrischer Direktheizungen
Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Anlagenvarianten wurden die Jahresgesamtkosten in Anlehnung an die VDI 2067 „Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen“ ermittelt. Die Jahresgesamtkosten beinhalten folgende Kostenbestandteile:
Alle Kosten enthalten die gültige Mehrwertsteuer in Höhe von 19 %. Die angesetzten Investitionskosten sind das Ergebnis umfangreicher Recherchen. Sie basieren auf einer Auswertung von Listenpreisen führender Hersteller und umfassen neben den Materialkosten auch die Lieferung, Montage, Inbetriebnahme, typische Rabatte und Preisaufschläge. Die kapitalgebundenen Kosten beinhalten die in jährliche Kosten umgerechneten Investitionen mit der Annuitätsmethode.
Die Jahresgesamtkosten elektrischer Direktheizungen sind in den betrachteten Gebäuden vergleichbar mit denen einer Gas-Brennwertheizung bzw. etwas günstiger als bei einer Luft/Wasser-Wärmepumpe, wenn diese ebenfalls mit PV-Anlage und Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung kombiniert werden. Ein Heizstromtarif verbessert die Wirtschaftlichkeit der elektrischen Heizsysteme, ist jedoch für eine gute Wirtschaftlichkeit nicht zwingend erforderlich. Bemerkenswert sind dabei die niedrigen Investitionskosten für die elektrische Flächenheizung bei der Erstellung des Gebäudes.
Die Bilder 6 und 7 zeigen beispielhaft die Jahresgesamtkosten, einmal im freistehenden Einfamilienhaus, einmal im Reihenhaus, beide mit Dämmstandard KfW 40. Insbesondere mit Blick auf Bild 7 lässt sich erkennen, dass gerade in hochgedämmten Neubauten die Varianten mit den elektrischen Flächenheizungen die günstigsten aller untersuchten Varianten hinsichtlich der Jahresgesamtkosten sind.
Fazit
Die Erfüllung der primärenergetischen Anforderungen des aktuellen Entwurfs des GEG und teilweise auch von KfW-Effizienzhäusern ist mit elektrischen Flächenheizungen in Verbindung mit PV-Strom möglich und wirtschaftlich attraktiv. In hochwärmegedämmten Gebäuden stellen die elektrischen Flächenheizungen damit eine gute Alternative zu anderen gängigen Heizsystemen dar.
Die Jahresgesamtkosten elektrischer Direktheizungen sind vergleichbar mit denen einer Gas-Brennwertheizung bzw. etwas günstiger als bei einer Luft/Wasser-Wärmepumpe mit PV-Anlage und Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Hinsichtlich der energetischen Effizienz schneidet die Kombination Wärmepumpe mit einer wasserbasierten Flächenheizung am besten ab und ist heute die erste Wahl beim Neubau von Eigenheimen, da je nach Systemtechnik auch die Möglichkeit des Kühlens gegeben ist.
Aber gerade in hochwärmegedämmten Neubauten mit geringem Heizbedarf kann die elektrische Flächenheizung eine interessante Alternative sein: Die Installationskosten und -aufwände sind geringer als bei allen anderen Heizsystemen. Dies ist für den Bauherrn natürlich ein attraktiver Anreiz. Auch die Wartungskosten sind deutlich geringer als bei anderen Heizsystemen, da mit einer Lebensdauer von mindestens 40 Jahren gerechnet werden kann und die elektrische Flächenheizung nahezu wartungsfrei ist. Durch die Einbeziehung der laufenden Betriebskosten kommen wir zu einer Vollkostenbetrachtung, in der die elektrische Flächenheizung auch langfristig betrachtet wirtschaftlich attraktiv ist.
Info
#flaechenheizungforfuture
Offiziell vorgestellt wurde die Studie „Energetische Effizienz und Wirtschaftlichkeit der elektrischen Direktheizung“ von Prof. Dr.-Ing. Bert Oschatz vom ITG Dresden auf dem BVF-Symposium 2019, das am 14. November in Würzburg stattgefunden hat. Die Veranstaltung stand ganz im Zeichen der Energiewende. Über 90 Teilnehmer aus der Heizungsbranche sind der Einladung des Bundesverbandes Flächenheizungen und Flächenkühlungen e. V. (BVF) gefolgt.
Unter dem Motto #flaechenheizungforfuture lehnte sich die Tagung an die Klimaschutzdebatte der letzten Monate und Jahre an. Fokussierte Fragestellung: Wie kann die Energiewende mithilfe von Flächenheizungen und Flächenkühlungen unterstützt werden? Nach der Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden Ulrich Stahl wurde die Thematik im ersten Vortrag von Axel Grimm, BVF-Geschäftsführer, aufgegriffen. Seiner Einschätzung nach ist die Flächenheizung und Flächenkühlung die Basistechnologie für ein Erreichen der Klimaschutzziele.
Daran knüpfte Prof. Dr. Bernd Hirschl vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung IÖW mit seinem Vortrag „Die Herausforderungen der Energiewende“ an. Anschließend referierte Antje Vargas von der Geoclimadesign AG über den Einsatz von Flächenheiz- und
-kühlsystemen in der Modernisierung. Axel Grimm klärte in seinem zweiten Vortrag über die technischen Regelwerke im Bereich Kühl- und Heizdeckensysteme auf und stellte dabei die neue Richtlinienreihe des BVF für Deckensysteme vor.
Zum Abschluss des Symposiums wurde der BVF Award vergeben. Die Auszeichnung „Objekt des Jahres“ ging an das Unternehmen mi-Heiztechnik für den Einsatz des Heiz- und Kühlsystems PYD Alu Floor im Edelweiss Mountain Resort in Salzburg. Zum „Produkt des Jahres” wurde das Flächenheizungssystem Unidis von Oventrop gewählt, für das kein Verteiler benötigt wird. Als „Fachplaner des Jahres“ wurde das Unternehmen Duschl Ingenieure aus Rosenheim für den Neubau der John-Cranko-Ballettschule in Stuttgart ausgezeichnet.
Dieser Beitrag ist eine Überarbeitung des Artikels „Heizen mit Strom als Alternative?“ von Axel Grimm aus SBZ 01-2020.