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Wärmewende

Gelichtetes Klimaschutz Sofortprogramm beschlossen

Die Bundesregierung hat am 23. Juni 2021 ihr „Klimaschutz Sofortprogramm 2022“ beschlossen. Gegenüber dem ersten Entwurf sind im Gebäudesektor Maßnahmen entfallen.

8 Mrd. Euro sollen über das Klimaschutz Sofortprogramm 2022 (KSP-2022) in konkrete Maßnahmen fließen, um das Erreichen der mit der Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) vorgesehenen Verschärfung der Klimaziele zu unterstützen.

Das KSP-2022 macht aber auch schon im zweiten Absatz klar: „Der Logik des Klimaschutzprogramms 2030 folgend wird die anfängliche finanzielle Förderung des Umstiegs auf klimafreundliche Technologien perspektivisch schrittweise durch Anreize und Regeln abgelöst werden.“ Mit anderen Worten: Der frühe Vogel fängt den Wurm.

Gebäudesektor wäre größter Nutznießer

Größer Nutznießer der Finanzspritze des KSP-2022 wäre der Gebäudesektor. 2022 fließen von 5,15 Mrd. Euro 2,65 Mrd. Euro in die Bundesförderung energieeffiziente Gebäude sowie den Klimagerechten sozialer Wohnungsbau. 2023 sind es 2,25 Mrd. Euro von 2,75 Mrd. Euro. Allerdings ist am 26. September 2021 Bundestagswahl und über den Bundeshaushalt 2022ff entscheidet der künftige Bundestag: Das KSP-2022 wurde mit dem Entwurf des Bundeshaushalts 2022, der nach aller Erfahrung niemals so beschlossen wird, verabschiedet.

Insgesamt sind für den Gebäudesektor zusätzliche 5,5 Mrd. Euro bis 2025 für die Förderung der energetischen Sanierung von Wohngebäuden und den klimafreundlichen Neubau oder die Sanierung von Sozialwohnungen vorgesehen. Damit lassen sich aber bestenfalls 3 bis 4 Mio. t/a an Treibhausgasemissionen vermeiden. Das dürfte kaum ausreichen, um mit dem Gebäudesektor auf den KSG-Zielpfad zu gelangen.

Im Klimaschutz Sofortprogramm vorgesehene Maßnahmen (Auswahl)

Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG)
„Die große klimapolitische Herausforderung im Gebäudesektor liegt in den Bestandsgebäuden. Zur auskömmlichen Finanzierung des BEG werden die Haushaltsmittel in 2022 und 2023 erhöht. Aus den Förderprogrammen des Bundes werden ab 2023 keine Heizungen mehr gefördert, die ausschließlich mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können.“

Im Finanztableau zum KSP-2022 ist eine Mittelaufstockung von 2,5 Mrd. Euro für 2022 und von 2 Mrd. Euro für 2023 vorgesehen.

Überprüfung des GEG
„Die Überprüfung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) wird auf 2022 vorgezogen und für eine weitergehende Novelle genutzt. Hierbei wird auch eine Modernisierung der Anforderungssystematik des GEG untersucht. Neubaustandards werden angehoben.“

Klimagerechter sozialer Wohnungsbau
„Die Bundesfinanzhilfen für den sozialen Wohnungsbau werden erhöht. Die zusätzlichen Mittel werden für einen energetisch hochwertigen Neubau oder für die energetische Modernisierung von Sozialwohnungen eingesetzt. Dies trägt zur Vereinbarkeit von Klimaschutz und der Bezahlbarkeit des Wohnens – einer Grundvoraussetzung für den Erhalt des sozialen Zusammenhalts – bei.“

Im Finanztableau zum KSP-2022 ist eine Aufstockung von 150 Mio. Euro für 2022, von 250 Mio. Euro für 2023 und jeweils 200 Mio. Euro für 2024 und 2025 vorgesehen.

Reform der Abgaben, Umlagen, Entgelte und Steuern im gesamten Energiesystem
„Investitionen in Klimaschutz benötigen konsistente Rahmenbedingungen. Konsistente Rahmenbedingungen geben einen klaren Anreiz zur effizienten Nutzung von Energie, zur Flexibilisierung der Nachfrage sowie zur Sektorenkopplung und führen dazu, dass mittelfristig nicht mehr substanziell gegen klimaschädliche Anreizstrukturen ‚angefördert‘ werden muss.

Die Bundesregierung legt einen Vorschlag für eine umfassende Reform der Abgaben, Umlagen und Steuern im Energiesystem vor. Es ist das Ziel der Bundesregierung, die EEG-Umlage weitergehend zu reduzieren. Zudem setzt sich die Bundesregierung auf europäischer und internationaler Ebene für eine konsistente klimafreundliche Besteuerung im Energiesystem ein.“

„Die Steuervergünstigungen, für die umwelt- und klimaschädliche Nebenwirkungen im 27. Subventionsbericht der Bundesregierung festgestellt wurden, werden hinsichtlich ihres Fortbestandes auf Basis vorliegender Evaluierungsergebnisse geprüft.“

Energieeffizienz in der Wirtschaft / Abwärme:
„Über die „Bundesförderung für Energieeffizienz in der Wirtschaft“ (EEW) wird die Erschließung industrieller Abwärme-Quellen derzeit mit einem Satz von 30 % (KMU: 40 %) der förderfähigen Investitionskosten gefördert. Der Fördersatz für die Nutzung außerbetrieblicher Abwärme (Fernwärme) wird auf 40 % (KMU: 50 %) erhöht, um das vorhandene industrielle Abwärme-Potential auszuschöpfen.“

Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW):
„Die BEW fördert den Neubau von Wärmenetzen, deren Wärme zu großen Teilen aus nachhaltigen erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme kommt, und den Ausbau und die Dekarbonisierung bestehender Wärmenetze. Durch die Aufstockung der Mittel für das BEW wird die Reichweite des Programms vergrößert und weitere CO2-einsparende Transformationsmaßnahmen angereizt und beschleunigt.“

Ausbau der erneuerbaren Energien:
„Da die neuen Klimaziele auch zu einem insgesamt höheren Strombedarf durch beschleunigte Sektorkopplung führen, müssen auch die Ausbaumengen von Wind- und Solarenergie unter Beibehaltung des bisherigen Beitrags der Biomasse damit konsistent sein. Die Bundesregierung wird im Lichte der ausstehenden Beschlüsse auf EU-Ebene zur Umsetzung des Green Deal in der nächsten Legislaturperiode die Ausbaupfade für die erneuerbaren Energien entsprechend anpassen.

Gleichzeitig ist es erforderlich, die Planung, die Genehmigung und die Umsetzungsverfahren auf allen staatlichen Ebenen für klimafreundliche Infrastruktur zu beschleunigen. Bund und Länder müssen sich gemeinsam der Herausforderung stellen, wie hinreichend Flächen zur Verfügung gestellt werden können, um insbesondere die Windenergie an Land im erforderlichen Maße ausbauen zu können. Hierfür sieht das EEG 2021 einen Kooperationsmechanismus vor, in dem die Länder über den Stand des Ausbau des erneuerbaren Energien, eigene Ziele für Erzeugung und zu Flächen für Windenergie an Land berichten. Diese Ziele sind kurzfristig zu prüfen und entsprechend der aktualisierten Ziele auf Bundesebene nach zu schärfen.“

Download: Klimaschutz Sofortprogramm 2022

Maßnahmen aus dem Entwurf (siehe auch: Sonder-Förderung für Wärmepumpe im Bestand geplant), die es nicht in den KSP-2022 geschafft haben

Förderprogramm Wärmepumpe
Der KSP-2022-Entwurf sah vor: „Elektrische Wärmepumpen werden als wichtigste, zukunftsfähige Wärmetechnologie im Gebäudebestand in den nächsten Jahren bis 2025 besonders gefördert. […] Das Förderprogramm wird die Differenz der Investitionskosten für Wärmepumpen gegenüber konventionellen Wärmeerzeugern durch eine zur BEG zusätzliche, befristete Prämienförderung ausgleichen, und damit die Attraktivität dieser Schlüsseltechnologie […] erhöhen. Zudem soll die Prämienförderung an die bereits förderfähige Erstellung eines Sanierungsfahrplans für das Gebäude geknüpft sein. Neben der direkten Klimaschutzwirkung des Förderprogramms wird damit der notwendige Kapazitätsaufbau in der Herstellerindustrie, sowie bei Energieberatern und umsetzenden Handwerksunternehmen voran-getrieben. Zudem können mehr Praxiserfahrungen mit Wärmepumpen auch in der Wohnungswirtschaft gesammelt werden. Die Maßnahme soll schnellstmöglich, d. h. möglichst noch im Jahr 2021, eingeführt und bis Ende 2025 befristet werden.“ Wärmepumpen finden im beschlossenen KSP-2022 keinerlei Erwähnung.

Ambitioniertere Förderstandards im Gebäudebestand
Aus dem KSP-2022-Entwurf ersatzlos gestrichen wurde zudem: „Die Fördermittel werden entsprechend [weil die große klimapolitische Herausforderung im Gebäudesektor in den Bestandsgebäuden liegt] stärker auf ambitioniertere Standards im Bestandsbereich konzentriert. Die bisherigen Förderstandards KfW-100 und KfW-85 im Bestand entfallen. EE-, NH- und Plus-Pakete werden gestärkt. Der Fördersatz für Dämmmaßnahmen wird in der Bundesförderung Energieeffiziente Gebäude (BEG) um 10 Prozentpunkte angehoben.“

Neubaustandard und Solarbaupflicht
Um nicht in den nächsten Jahren errichtete Gebäude vor dem normalen Sanierungszyklus zum Erreichen des klimaneutralen Gebäudebestands noch einmal energetisch modernisieren zu müssen, sah der KSP-2022-Entwurf vor: „Der bisherige Förderstandard EH-55 wird ab 2023 zum Neubaustandard für alle Gebäude (äquivalent für Nicht-Wohngebäude (NWG)). Eine weitere Anhebung auf EH-40-Standard wird für 2025 festgelegt.“ Dies wurde ersatzlos gestrichen.

Gestrichen wurde auch: „Zudem wird eine PV- bzw. Solarthermie-Installationspflicht für alle Neubauten und bei größeren Dachsanierungen eingeführt.“

Weiterbildung und Energieberatung
Ebenfalls gestrichen wurde: „Der notwendige Umbau des Gebäudebestands erfordert neue Kompetenzen und Fähigkeiten in Handwerk und Beratung. Deshalb sollen zusätzliche Aus- und Weiterbildungen für Effizienzexperten und Handwerker gefördert werden. Beratungsinstrumente wie der individuelle Sanierungsfahrplan (ISFP) und weitere Beratungsangebote sollen gestärkt werden. Die Bundesregierung will nun auch Wege zu einem verpflichtenden Einsatz individueller Sanierungsfahrpläne bei gleichzeitiger Förderung prüfen. Die Maßnahme soll spätestens im Jahr 2022 eingeführt werden.“

Teilung der CO2-Bepreisung
Der Kabinettbeschluss der Bundesregierung vom 12. Mai 2021, dass im Bereich des vermieteten Wohnraums die Kosten des nationalen CO2-Bepreisung zu 50 % von den Vermietern getragen werden soll, fand sich zwar auch im Entwurf für das KSP-2022, es wurde aber schon sehr bald klar, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion das nicht mittragen wird. sodass dieser Punkt ebenfalls gestrichen worden ist.

„Gebäudesektor-Sofortprogramm“?

Aufgrund der Überschreitung der Jahresemissionsmenge 2020 muss für den Gebäudesektor ein Sofortprogramm gemäß § 8 KSG vorgelegt werden. In der Pflicht ist hier das Bundesinnenministerium, die Frist zur Vorlage endet Mitte Juli 2021. Weiterhin sieht das KSG vor: „Die Bundesregierung berät über die zu ergreifenden Maßnahmen im betroffenen Sektor oder in anderen Sektoren oder über sektorübergreifende Maßnahmen und beschließt diese schnellstmöglich.“

„Schnellstmöglich…“ Ob es vor der Bundestagswahl 2021 noch ein „Gebäudesektor-Sofortprogramm“ geben wird und ob darin eventuell aus dem KSP-2022-Entwurf gestrichene Maßnahmen aufgegriffen werden, bleibt also abzuwarten. Letztendlich ist es wenig sinnvoll, wenn darin attraktive Maßnahmen angedeutet werden, die Modernisierungswillige in die Warteschleife schicken. Für die Energiewende wäre es vermutlich besser, wenn das Bundesinnenministerium die Frist für Ruhe im Markt fruchtlos verstreichen lässt. Die Wahlprogramme der Parteien werden schon für genügend Unsicherheit sorgen. ■