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Wenn Laien an Armaturen Hand anlegen

Wer haftet für die Folgeschäden?

Inhalt

Der Begriff der „wesentlichen Änderungen“ wurde bereits in der DVGW-Stellungnahme zur AVBWasserV näher erläutert und im Jahr 2012 in der „Betriebsanleitung Trinkwasser-Installationen“ des ZVSHK sinngemäß übernommen. Bei einer „wesentlichen Veränderung“ einer Trinkwasser-Installation geht es um jeden Eingriff, jede Erweiterung oder Veränderung der Trinkwasser-Installation, die (nachteilige) Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität haben kann. Wesentliche Veränderungen sind daher alle Veränderungen, die bei unsachgemäßer Ausführung die Trinkwassergüte beeinträchtigen können, z. B. wenn bei den Arbeiten technische Regeln zu beachten sind, nur bestimmte Materialien verwendet werden sollen oder besondere ­Sicherungseinrichtungen notwendig sind.

Wesentliche Veränderungen sind alle Arbeiten in der Trinkwasser-Installation, zum Beispiel Austausch, Verlängerung oder Verkürzung von Rohrleitungen (auch mit Panzerschläuchen), insbesondere die mechanische Bearbeitung wie Gewindeschneiden, Löten oder Schweißen von Rohrleitungen. Ebenso ist das Auswechseln von Sicherungseinrichtungen als wesentliche Veränderung anzusehen, z. B. der Austausch des Oberteils eines Schrägsitzventils mit Rückflussverhinderer. Auch der direkte Anschluss von Apparaten und Anlagen ist schließlich als wesentliche Veränderung anzusehen, da hier zusätzliche Einzelsicherungen einzubauen sind, z. B. beim Anschluss einer nicht eigensicheren Wasch- oder Geschirrspülmaschine.

Was kann bedenkenlos verwendet werden?

Beim Austausch von Armaturen geht es konkret darum, dass der Laie gar nicht erkennen kann, ob die in der Armatur verwendeten Bauteile und Materialien in Kontakt mit Trinkwasser geeignet sind, ob hier Schwermetalle aus dem Bauteil austreten oder sich Bakterien ansiedeln können. Nicht alles, was im Internet, in Baumärkten oder Lebensmitteldiscountern angeboten wird, kann auch bedenkenlos verwendet werden.

Nach § 17 TrinkwV dürfen im Kontakt mit Trinkwasser nur Materialien verwendet werden, die auf einer sogenannten Positivliste stehen oder den Bewertungsgrundlagen des Umweltbundesamts entsprechen. Heißt: Hier dürfen nur Materialien verwendet werden, die nicht oder nur wenig von Bakterien besiedelt werden, die keine Nährstoffe für Mikro­organsimen abgeben, keine Schadstoffe oder Schwermetalle an das Trinkwasser abgeben oder sonst irgendwie zu einer nachteiligen Veränderung der Trinkwasserqualität führen. Das Umweltbundesamt hat hierfür Prüfmethoden entwickelt und führt eine Liste geeigneter Materialien. Was hier nicht aufgeführt ist, hat im Trinkwasser nichts zu suchen. Dazu gehören u. a. auch einfache Metall-­Legierungen, wie sie für Heizungs- oder Gasanwendungen gedacht sind, genauso wie ungeeignete Silikone, Gummis oder Elastomere, die Kohlenstoffe und andere Nährstoffe für Mikroorganismen abgeben.

Abmahnungen aufgrund der Beschaffenheit

In diesem Zusammenhang wurde im Jahr 2021 bereits ein Onlinehändler auf einer ­bekannten Verkaufsplattform abgemahnt, dessen angebotene Duscharmatur als nicht verkehrsfähig erkannt wurde. Die fehlende Verkehrsfähigkeit ergab sich daraus, dass die ­Bestimmungen der Trinkwasserverordnung bei diesem Produkt nicht eingehalten wurden und ein Vertrieb dieser Produkte in Deutschland daher als nicht zulässig an­gesehen wurde. Konkret hielten fast alle Produktbestandteile der Duscharmatur in Kontakt mit Trinkwasser die verbindlichen Vorgaben der Metall-Bewertungs­grundlage des Bundesamtes nicht ein. Zum Teil wurden die Anteile an nicht zulässigen Stoffen sogar deutlich überschritten.

Die Beschaffenheit einer Entnahmearmatur beschränkt sich aber nicht nur auf die ­Materialien in Kontakt mit Trinkwasser. Ein Laie kann in der Regel nicht abschätzen, ob seine Armatur eigensicher ist oder ob der ­Anschluss einer Entnahmearmatur zusätzliche Sicherungseinrichtungen benötigt. Nach DIN 1988-200 dürfen nur Entnahmearmaturen mit Einzelsicherungen und, wo gefordert, Verbrühungsschutz eingesetzt werden. Schnellschlussarmaturen (z. B. Kugelhähne als Entnahmearmaturen) können zu Druckschlägen führen und sind nach DIN 1988-200 in der Trinkwasser-Installation ebenfalls nicht zugelassen. Diese Beurteilung über die Verwendbarkeit eines Bauteils oder über die Einsatzbedingungen kann ein Laie gewöhnlich nicht vornehmen.

Was kann ein Laie überhaupt beurteilen?

Selbst eine zur Verwendung geeignete Arma­tur muss aber nicht zur Installation passen, d. h. ein Laie kann auch nicht beurteilen, ob die Geräuschklasse der Armatur geeignet ist oder ob es hinterher im ganzen Haus scheppert und pfeift, wenn die Armatur geöffnet und geschlossen wird. Ist der ­Volumenstrom der Armatur im Verhältnis zur installierten Leitungsdimension zu gering, kommt es in der Leitung u. U. zu Stagnation (Stichwort „Wasserspar-​Strahlregler“) und damit ggf. zur Ansiedlung von Bakterien. Ist der Volumenstrom dagegen zu groß, führt das wieder zu Geräuschen.

Letztlich ist auch die Installation einer ­Armatur selten so trivial, wie in der Werbung dem Endverbraucher suggeriert wird. Selbst ein ambitionierter Heimwerker ist in der Bredouille, wenn die Überwurfmutter zu fest angezogen wurde und reißt, die Dichtung gequetscht wird oder beim Festziehen der Überwurfmutter die Hahnverlängerung oder das Eckregulierventil abreißt. Unter anderem drohen auch Folgeschäden, wenn Panzerschläuche verdreht oder gequetscht werden, ­mechanische Belastung auf die Leitungen ausgeübt wird und so weiter. Wer haftet für die Folgeschäden bei einer unsachgemäßen Installation trotz Youtube-Video? Nicht geeignete und falsch montierte Flexschläuche für Trinkwasseranschlüsse verursachen viele vermeidbare Wasserschäden. Nicht zertifizierte oder schadhafte Schläuche, Korrosion durch aggressive Reiniger und falsche Montage sind die Hauptgründe.

Fazit: Fachkräfte vor!

Aufgrund der vielfach gegebenen Risiken und Schadensursachen oder der möglichen nachteiligen Veränderungen beim Tausch einer Entnahmearmatur kann dieser Austausch durchaus eine wesentliche Veränderung darstellen, die nach AVBWasserV nur durch ein in ein Installateurverzeichnis eines Wasserversorgungsunternehmens eingetragenes Installationsunternehmen erfolgen darf.

MEINUNG 1

Versicherungswirtschaft sieht DIY kritisch

Nur das Handwerk bzw. der Installateur ist berechtigt, an Trinkwasser-Installationen zu arbeiten, heißt es dazu vonseiten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der Installateur muss beim ­jeweiligen Wasserversorger eingetragen sein und dort seine Kompetenz nachgewiesen haben. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Trinkwasserhygiene eingehalten wird. Ob ein Laie dies gleichermaßen leisten kann, ist fraglich. Hintergrund sind die Regeln in der Trinkwasserverordnung und der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser. In Bezug auf Schadenverhütung und Gewährleistung der Trinkwasserhygiene steht der ­Verband derartigen Do-it-yourself-​Produkten (DIY) kritisch gegenüber.

MEINUNG 2

DVGW: Verbraucher ­keinesfalls ermutigen

Der Sachverhalt stellt sich aus Sicht des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) wie folgt dar:

Unsere DVGW-Information Wasser Nr. 09 Ausgabe 10/1986 be­inhaltet eine ausführliche Stellungnahme bezüglich § 12 Absatz 2 Satz 2 AVBWasserV. Nach § 12 Absatz 2 Satz 2 ­AVBWasserV dürfen die „Errichtung der Anlage und wesentliche ­Veränderungen nur durch das Wasserversorgungsunternehmen oder ein in ein ­Installateurverzeichnis eines Wasserversorgungs­unternehmens eingetragenes Installationsunternehmen erfolgen.“ ­Damit ist eindeutig beschrieben, wer entsprechende Tätigkeiten durchführen darf. Die DVGW-Information Wasser Nr. 09 führt u. a. aus, dass der Austausch von Auslaufarmaturen an den ­Entnahmestellen nur dann nicht als wesentliche Veränderung ­an­zusehen ist, wenn ­sichergestellt ist, dass beim Austausch nur gleichwertige Arma­turen eingebaut werden, die den geltenden tech­nischen (und unseres Erachtens heute auch hygienischen) Anforderungen genügen. Eine wesentliche Änderung liegt nicht vor, wenn z. B. der Austausch von typgleichen Luftsprudlern bei Entnahmearmaturen vorgenommen wird.

Vor dem Hintergrund, dass die gesetzlichen und normativen Anforderungen bei Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung klar und eindeutig definiert sind, raten wir grundsätzlich Verbrau­cherinnen und Verbrauchern davon ab, selbst und in eigener ­Ver­antwortung Auslaufarmaturen zu tauschen. D. h. wir sind der Meinung, dass im Regelfall eine spezifische Bewertung der ­je­weiligen Situation vor Ort durch qualifiziertes Fachpersonal ­erfolgen muss, da eine Sicherstellung der Gleichwertigkeit auf ­anderem Wege unseres Erachtens kaum möglich ist.

Zusammenfassend kommen wir vor dem Hintergrund der vor­genannten Aspekte zu dem Ergebnis, Verbraucherinnen und ­Verbraucher keinesfalls zum Austausch von Armaturen zu ermu­tigen und dass „Marke Eigenbau“ oder „Do-it-yourself“ nichts in der Trinkwasser-Installation zu suchen hat.

MEINUNG 3

Beispiel aus Österreich: „schuldhaft und deliktisch“

Beim Obersten Gerichtshof in Österreich wurde im vergangenen Jahr zum Thema ein Urteil gefällt, weil ein Laie eine Armatur tauschen wollte und aufgrund eines „groben Fehlers“ einen Wasserschaden in Höhe von mehr als 70 000 Euro verursachte. Die Versicherung musste den Schaden übernehmen und hat gegen den Heimwerker geklagt und Recht bekommen, weil der Heimwerker „ohne Not eine Arbeit übernommen hat, der er ­wegen mangelnder Fachkenntnis nicht gewachsen war“. Wer eine solche ­Arbeit übernimmt, haftet demgemäß „schuldhaft und deliktisch“. Wobei das ­Gericht dem Heimwerker nicht den Fehler bei der Arbeit als Vorwurf ­gemacht hat, sondern dass er sie überhaupt übernommen hat, wie die ­Kronen-Zeitung im März 2021 berichtete (in Österreich gibt es dazu ein Gesetz: §1299 ABGB, eine Übertragung der Sachlage auf die deutsche Rechtsprechung ist nicht bekannt, wäre aber logisch).

Bild: Ausriss SBZ

Autor

Arnd Bürschgens
ist ö. b. u. v. Sachverständiger für Trinkwasserhygiene im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk sowie Vorsitzender des Deutschen Vereins der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasser­hygiene (DVQST e. V.). Er ist Vorsitzender des VDI-Richt­linienausschusses VDI 6023 Blatt 3 „Hygiene in Trink­wasser-Installa­tio­nen – Betrieb und Instandhaltung“.

Bild: A. Bürschgens