In der aktuellen BEG-Förderstatistik haben Luft/Luft-Wärmepumpen einen Anteil von über 25 %. Das hat möglicherweise Konsequenzen für deutsche Hersteller.
Als Heizsystem fristet die Luft/Luft-Wärmepumpe in Deutschland bislang noch ein Nischendasein. Dies liegt vor allem daran, dass die Wärmeverteilung in deutschen Wohngebäuden traditionell vorwiegend wasserbasiert erfolgt. Aus diesem Grund ist die Luft/Luft-Wärmepumpe bei SHK-Fachhandwerkern noch selten im Fokus.
Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Luft/Luft-Wärmepumpen in der Absatzstatistik des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) zur Entwicklung des Wärmemarkts bislang gar nicht erfasst wurden. Dies mag auch daran liegen, dass nur wenige deutsche Heizungsmarken entsprechende Geräte im Portfolio haben.
So hat etwa die Bosch Home Comfort Group auf den Frühjahrmessen erstmals eine Luft/Luft-Wärmepumpe für den deutschen Markt vorgestellt. Stefan Thiel, Bereichsvorstand mit Zuständigkeit für Vertrieb DACH, sagte damals im Interview mit der SBZ, man wolle den in diesem Bereich traditionell sehr starken asiatischen Herstellern etwas entgegensetzen und werde das Produkt aktiv im Markt vorantreiben (Link zum Artikel).
Kommen Luft/Luft-Wärmepumpen jetzt aus der Nische?
Die aktuellen Antragszahlen zur Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG – Stand Juli 2024) zeigen nun, dass es mit dem Nischendasein bald vorbei sein könnte. Denn Luft/Luft-Wärmepumpen haben im deutschen Markt eine größere Rolle als bislang angenommen. In der Statistik weist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erstmals nicht nur die Anzahl der Förderzusagen für die verschiedenen Wärmeerzeuger (Wärmepumpe, Solarthermische Anlage, Biomasse etc.) insgesamt aus, sondern differenziert bei Biomasse-Heizungen und Wärmepumpen auch nach den verschiedenen Arten.
Für elektrisch angetriebene Wärmepumpen wird bei insgesamt 51 019 Zusagen die in der Tabelle (siehe nebenstehende Grafik) dargestellte Aufteilung angegeben. Die Differenz zu 52 276 zugesagten Wärmepumpenanträgen insgesamt resultiert aus 1257 Zusagen für „Elektrisch angetriebene bivalente Wärmepumpen-Kombi-/Kompaktgeräte“, für die keine eindeutige Zuordnung möglich ist.
Zusammengefasst ergeben sich damit die folgenden Anteile an der Gesamtanzahl der Anträge:
● Luft/Wasser 67,8 %
● Luft/Luft 26,8 %
● Sole/Wasser 4,0 %
● Wasser/Wasser 1,4 %
Der Anteil von Luft/Luft-Wärmepumpen liegt mit 26,8 % (13 692 Anträge) deutlich höher als die bisherige Marktwahrnehmung vermuten ließ. Dabei ist allerdings zu beachten, dass für die vollständige Beheizung eines Einfamilienhauses auch mehrere Luft/Luft-Wärmepumpen erforderlich sein können. Auch werden häufig bislang unbeheizte oder neu ertüchtigte Räume über einzelne Single-Split-Anlagen versorgt. In Mehrfamilienhäusern können einzelne Wohnungen in der Regel jeweils über eine Multi-Split-Anlage beheizt werden.
Luft/Luft-Wärmepumpen seit 2021 in der BEG
Laut dem Bundesverband Wärmepumpe (BWP) gab es bereits in den vergangenen Jahren deutliche Anteile von Luft/Luft-Wärmepumpen bei der BEG-EM-Förderung. Die Anlagen werden seit dem Jahr 2021 miterfasst:
● 2021: 22 % (von 3986 Anträgen)
● 2022: 26 % (von 27 806 Anträgen)*
● 2023: 17 % (von 128 508 Anträgen)
*Für das Jahr 2022 liegen die Zahlen nur bis einschließlich Oktober vor, für 2021 und 2023 ist es das Gesamtjahr.
Vor diesem Hintergrund sind die jetzt ausgewiesenen Zahlen zwar hoch, aber keine erhebliche Abweichung. Trotzdem hat es für die Hersteller deutliche Auswirkungen, wenn der Anteil der Luft/Luft-Wärmepumpen an der Förderung nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Gleichzeitig erschweren es verschiedene Faktoren, die Zahlen eindeutig einzuordnen. So lässt sich oft nicht erkennen, ob es sich bei den geförderten Anlagen um Klimageräte oder Luft/Luft-Wärmepumpen handelt. Darüber hinaus kann es bei der Antragstellung aufgrund des Auswahlmenüs vorkommen, dass Wärmequelle und -senke verwechselt werden. Dies ist aus Sicht des BWP eine signifikante Fehlerquelle.
Mehr Hintergründe dazu in der Diskussion auf LinkedIn (Link zum Beitrag).
Zu optimistische Erwartungen für Luft/Wasser-Wärmepumpen?
Der hohe Anteil von Luft/Luft-Wärmepumpen an den BEG-Anträgen wirft noch eine weitere Frage auf. So gehen die Heizungshersteller bei ihrer Abschätzung für die Marktentwicklung in Deutschland bislang anscheinend von 52 276 zugesagten Förderanträgen überwiegend für Luft/Wasser-Wärmepumpen aus.
Deren Marktanteil liegt laut den aktuellen BDH-Absatzzahlen (siehe Grafik) bei 92 %. Dann folgen die Kategorien „Sole/Wasser“ (7 %) und „Wasser/Wasser und sonstige“ (1 %). Allerdings sind Luft/Luft-Wärmepumpen hier, wie oben bereits erwähnt, nicht berücksichtigt.
Daraus ergibt sich möglicherweise eine verzerrte Wahrnehmung. Angesichts des hohen Anteils von Luft/Luft-Wärmepumpen sind bis Ende Juli tatsächlich nur 34 567 Anträge für Luft/Wasser-Wärmepumpen gestellt worden. Dies sind 28 % weniger als bei der Betrachtung nur auf Basis der BDH-Zahlen.
Es kann also gut sein, dass die aktuellen Erwartungen für die Marktentwicklung bei Luft/Wasser-Wärmepumpen zu optimistisch sind. Dies wiegt umso schwerer, weil die erhöhte Nachfrage nach Luft/Luft-Wärmepumpen nicht durch deutsche Hersteller bedient werden kann. Dieser Markt ist fest in asiatischer und amerikanischer Hand. ■
Quelle: BMWK / tg