Durch die Lockerungen von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie können nun sukzessive immer mehr Gebäude mit öffentlicher Nutzung sowie Arbeitsstätten wieder in den bestimmungsgemäßen Betrieb übergehen. Für die mikrobielle Situation in den häuslichen Trinkwasserinstallationen ist dies jedoch eine besonders sensible Phase. Aufgrund der zunächst nur teilweisen Nutzung, beispielsweise in Schulen, ist das Risiko einer Entwicklung von Legionellen und anderen pathogenen Keimen in Trinkwasseranlagen besonders hoch, da das Wasser in den Leitungen meist nur ungenügend ausgetauscht wird (Bild 1).
Regelmäßigen Wasseraustausch gewährleisten
Um Legionellen und anderen krankheitserregenden Keimen keine Zeit bzw. Wachstumschancen durch Stagnation und bedenkliche Temperaturen zu geben, muss der regelmäßige Austausch des Trinkwassers in den Leitungen gewährleistet werden. Vor der Wiederinbetriebnahme sollte zumindest der Filter am Hauswassereingang rückgespült und an eventuell vorhandenen Enthärtungsanlagen am Ionentauscher eine manuelle Regeneration durchgeführt werden. Auch eventuell vorhandene Spülstationen sowie Trinkwasserspeicher bzw. -erwärmer sollten kontrolliert werden (Bild 2).
Feinsiebe und Duschschläuche reinigen
Auch die Peripherie darf nicht vergessen werden. Nach Stillstand und daran anschließender Spülung bzw. Nutzung werden durch sich verändernde Strömungsverhältnisse in den Wasserleitungen Ablagerungen, Schlacken und auch Biofilm gelöst und weitertransportiert. Diese können dann Feinsiebe, Eckventile, Rückflussverhinderer oder Verbrühschutz-Vorrichtungen an Waschbecken und Duschen belegen und verstopfen, was zu Fehlfunktionen und verstärkter Keimbelastung führen kann. Es empfiehlt sich daher, Feinsiebe und Duschschläuche zu entfernen bzw. zu reinigen und eine Funktionsprüfung von Eckventilen, Rückflussverhinderern in Armaturen und Verbrühschutz-Thermostaten durchzuführen (Bild 3).
Ebenfalls sollten Filter und Wasserbehandlungseinheiten zum Beispiel in leitungsgebundenen Kaffeemaschinen oder Trinkwasserspendern überprüft werden. Häufig müssen diese in regelmäßigen Abständen und nach längeren Stillstandszeiten gewechselt werden. Hierzu sind die Vorgaben der Hersteller zu beachten.
Betrieb simulieren und gründlich spülen
Wurde die Trinkwasserinstallation während der Betriebsunterbrechung weiterhin gespült? In diesem Fall ist unter Berücksichtigung des geänderten Nutzungsverhaltens weiterhin der bestimmungsgemäße Betrieb zu simulieren (Bild 4). Wenn die Trinkwasserinstallation länger als sieben Tage stillgestanden hat, muss sehr gründlich gespült werden. In der Leitung mit dem größten Durchmesser muss mindestens eine Fließgeschwindigkeit von 2 m/s erreicht werden. Diese Fließgeschwindigkeit kann bei ausreichendem Wasserdruck erreicht werden, wenn eine bestimmte Anzahl von Entnahmestellen gleichzeitig geöffnet wird (Bild 5).
Es empfiehlt sich, die Spülvorgänge innerhalb der Installation von unten nach oben im Gebäude durchzuführen. Sind seit der Anlagenstillegung mehr als vier Wochen vergangen, wird empfohlen, dass zusätzlich zu den beschriebenen Spülmaßnahmen auch mikrobiologische Kontrolluntersuchungen gemäß TrinkwV durchgeführt werden. Hierbei werden neben der allgemeinen Keimzahl bei 22 °C und 36 °C auch Escherichia coli, coliforme Bakterien und Legionellen sowohl im Kalt- als auch im Warmwasser kontrolliert. In öffentlichen Anlagen muss zusätzlich das Kaltwasser auf das Vorhandensein von Pseudomonas aeruginosa beprobt werden.
Hatte eine Trinkwasserinstallation bereits vor der Stilllegung mikrobiologische Auffälligkeiten wie zum Beispiel Befunde auf Legionellen, ist natürlich auch auf die Sicherheit des Spülpersonals zu achten.
Wenn die Trinkwassererwärmung abgeschaltet war
Damit nach der Stilllegung die Wassertemperatur während der Aufheizphase möglichst schnell die erforderliche Temperatur von 60 °C erreicht, sollte zunächst nur der Trinkwassererwärmer vollständig aufgeheizt werden. Erst im zweiten Schritt wird die Zirkulationspumpe zugeschaltet, bis am Zirkulationsrücklauf vor dem Wiedereintritt in den Trinkwassererwärmer die vorgeschriebene Temperatur von mindestens 55 °C erreicht wird.
Bei großen und weitläufigen Anlagen mit vielen Steigsträngen empfiehlt es sich, die Temperaturen an jeder der rückführenden Zirkulationsleitungen, also vor der Zusammenführung in die Sammelleitung, zu kontrollieren. Erst im Anschluss daran wird das Warmwasser an die einzelnen Entnahmestellen geführt und unter Berücksichtigung der erforderlichen Gleichzeitigkeiten so lange aufgedreht, bis das austretende Wasser spürbar heiß ist (Temperaturkonstanz; mindestens 55 °C).
Analog dazu sollten diese Maßnahmen auch für dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen wie zum Beispiel Frischwasserstationen, Durchlauferhitzer oder Untertischgeräte durchgeführt werden.
Auf der sicheren Seite
Kein Betreiber möchte für die Verletzung seiner Verkehrssicherungspflichten zur Rechenschaft gezogen werden, weil er aus Unwissenheit über den mikrobiologischen Zustand seiner Trinkwasserinstallation die Gesundheit von Nutzern und Bewohnern gefährdet hat. Durch die Sicherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebes und ein durchdachtes Vorgehen bei der Wiederinbetriebnahme inklusive einer Beprobung zum Nachweis einer hygienisch einwandfreien Beschaffenheit des von ihm abgegebenen Trinkwassers begibt sich der Betreiber auf die sichere Seite der rechtlichen Vorgaben und normativen Anforderungen und kann somit nach der Krise ruhigen Gewissens in den Normalbetrieb übergehen.
Weitere Informationen liefert die Fachpublikation Nr. DVQST-02-2020 des Deutschen Vereins der qualifizierten Sachverständigen für Trinkwasserhygiene – DVQST e. V. Die Publikation gibt es im Internet unter: