Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Lüften nach Programm

Energieeffiziente Gebäude stellen erhöhte Anforderungen an die Luftdichtigkeit von Gebäuden. Eine dichte Gebäudehülle verhindert jedoch einen ausreichenden Luftaustausch, was zu mangelnder Luftqualität, einem Anstieg des Luftfeuchtegehalts und letztlich zu Schimmelpilzbildung führen kann. In Verbindung mit einem erhöhten Feuchteeintrag, bei gleichzeitig geringer Feuchte-Speicherfähigkeit von Boden, Wand und Decke, kann die luftdichte Gebäudehülle auch zu Schäden an der Bausubstanz führen.

Wann ist ein Lüftungskonzept erforderlich?

Für alle neu zu errichtenden oder zu modernisierenden Gebäude mit lüftungstechnisch relevanten Änderungen muss gemäß DIN 1946-6 ein Lüftungskonzept erstellt werden. Liegt dieses nicht vor, bestehen Haftungsrisiken für mögliche Feuchte- oder Schimmelschäden. Lüftungstechnisch relevant ist eine Modernisierung immer dann, wenn im bestehenden Ein- oder Mehrfamilienhaus mehr als ein Drittel der vorhandenen Fenster (Anzahl) ausgetauscht werden, und im Einfamilienhaus mehr als ein Drittel der Dachfläche abgedichtet wird.

Ob überhaupt – und falls ja – welche lüftungstechnische Maßnahme (LtM) erforderlich ist, lässt sich anhand der Raumlufttechnik-Normen DIN 1946-6 [1] und DIN 18017-3 [3] ermitteln. Die im Mai bzw. September 2009 veröffentlichten Normen korrigieren in gewisser Weise die durch Forderungen nach einer höheren Luftdichtheit von Gebäuden entstanden Probleme.

Wer darf ein Lüftungskonzept erstellen?

Die DIN 1946-6 enthält neben dem LtM-Nachweis auch Regeln für die Belüftung von Wohngebäuden (Neubau und Renovierung), Festlegungen von Grenzwerten sowie Berechnungsmethoden für den notwendigen Luftaustausch, unter Berücksichtigung energetischer, bauphysikalischer, lüftungstechnischer sowie hygienischer Aspekte. Dabei unterscheidet das Regelwerk grundsätzlich zwischen einer freien und einer ventilatorgestützten Lüftung in vier Lüftungsstufen:

  1. Grundlüftung zur Vermeidung von Feuchteschäden (FL)
  2. reduzierte Lüftung (RL) für den hygienischen Mindeststandard
  3. Nennlüftung (NL) zur Gewährleistung hygienischer Erfordernisse und des Bautenschutzes bei normaler Nutzung
  4. Intensivlüftung (IL) für den Abbau von Lastspitzen.

Während die Grundlüftung und die reduzierte Lüftung nutzerunabhängig funktionieren müssen, kann bei der Nenn- und Intensivlüftung der Nutzer in Form einer aktiven Fensterlüftung einbezogen werden. Erstellt werden kann das Lüftungskonzept beispielsweise vom Architekten, TGA-Ingenieur, Gebäude-Energieberater oder SHK-Handwerker.

Da bei Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen nicht immer ein mit lüftungstechnischen Maßnahmen vertrauter Fachmann einbezogen wird, fällt diese Aufgabe häufig dem ausführenden Handwerker zu. Deshalb wurde mit der DIN 1946-6, Beiblatt 2 [2] die Anwendung vereinfacht, sodass auch Handwerker Berechnungen anhand von Tabellen und Diagrammen durchführen können.

Software vereinfacht die Lüftungskonzept-Planung

Zusätzlich vereinfacht wird die Erstellung von Lüftungskonzepten mit speziellen Programmen. Sie ermitteln binnen weniger Minuten zuverlässig, ob lüftungstechnische Maßnahmen auf Grundlage der DIN 1946-6 notwendig sind.

Ein Sonderfall sind fensterlose Räume, deren Belüftung nach den Vorgaben der DIN 18017-3 geplant werden muss. Die Software prüft, ob innerhalb eines Gebäudes der Luftvolumenstrom über Undichtigkeiten der Gebäudehülle (Infiltration) größer ist als der für den Feuchteschutz notwendige Luftwechsel. Ist das nicht der Fall, sind lüftungstechnische Maßnahmen notwendig. Daraufhin muss festgelegt werden, wie der aus Sicht der Hygiene und des Bauschutzes notwendige Luftaustausch erfolgt, worauf das passende Lüftungssystem ausgewählt wird. Das kann eine freie Lüftung über eine Querlüftung oder Schachtlüftung sein.

Bei erhöhten Anforderungen an die Energieeffizienz, die Raumluftqualität oder den Schallschutz kommt der Fachmann jedoch um den Einbau von Lüftungstechnik nicht herum. Hier wird zwischen reinen Abluft-, reinen Zuluft- oder Zu- und Abluftsystemen unterschieden, wobei eine energiesparende Wärmerückgewinnung eine Zu- und Abluftanlage voraussetzt.

Die Software berechnet die erforderlichen Anlagendaten und bemisst die Lüftungskomponenten des Lüftungssystems. Dazu gehört die Berechnung des hygienisch und bauphysikalisch notwendigen Gesamt-Außenluftvolumenstroms und der für die Dimensionierung der Lüftungskomponenten erforderlichen Auslegungs-Volumenströme.

Nach Wahl des passenden Systems werden die einzelnen Lüftungskomponenten ermittelt und aus einem integrierten Produktkatalog ausgewählt: Durchlässe für Außenluft, Zuluft, Abluft, Fortluft, Lüftungsschächte, Luftleitungen, Ventilatoren etc. Aus den im Auslegungsteil ermittelten Daten wird eine Stückliste generiert, die Kostenkalkulationen und eine Datenübergabe an Ausschreibungsprogramme ermöglicht.

Vorschlagslisten beschleunigen die Komponentenauswahl

Bei speziell für Installateure ausgelegten herstellerspezifischen Programmen beschleunigen Vorschlagslisten die Wahl der passenden Komponenten und die Angebotserstellung.

Anhand rechtssicherer Musterbriefe und Gesprächsprotokolle kann der Planer seine Lüftungsempfehlungen dokumentieren und die Entscheidung des Bauherrn festhalten. Anschauliche Präsentationsvorlagen und Diagramme unterstützen den Planer dabei, Bauherren über die Risiken luftdichter Wohnräume und die Vorteile lüftungstechnischer Maßnahmen aufzuklären, was angesichts der geringen Akzeptanz von Bauherren/Nutzern gegenüber lüftungstechnischen Maßnahmen hilfreich sein kann.

Zusätzliche Rationalisierungsvorteile bieten Planungsmodule für lüftungstechnische Maßnahmen, die in die EnEV- und DIN-V-18599-Programme oder in andere Softwareprodukte eingebunden sind. Diese Integration ermöglicht es dem Nutzer, auf alle schon erfassten Daten zuzugreifen, wie z. B. auf die Raumdaten oder die Heizlast-Berechnungen. Das verringert den Eingabeaufwand und mögliche Fehlerquellen.

Ausgegeben werden die Ergebnisse wahlweise in Papier sparender Tabellenform oder auf Formblättern gemäß DIN 1946-6. Diese bilden die Basis für eine detaillierte Auslegung und Planung von Lüftungskanalnetzen mithilfe entsprechender CAD-Software.

Große Vielfalt an Software-produkten, Webtools und Apps

Die deutsche Klima- und Lüftungsindustrie verzeichnet im Bereich der kontrollierten Wohnungslüftung beachtliche Wachstumsraten. Dieser erhöhten Nachfrage wird nicht zuletzt seitens der Lüftungssystem-Hersteller mit entsprechenden Planungsprogrammen Rechnung getragen: Über 25 Programme für die Lüftungskonzept-Planung und -Berechnung gibt es inzwischen (siehe tabellarischer Produktvergleich und Info-Kasten.).

Sowohl die Konzeption als auch der Funktionsumfang der Lösungen ist sehr unterschiedlich: Die Palette reicht von kostenfreien herstellerspezifischen Planungs- und Ausschreibungsprogrammen von Lüftungssystem-Herstellern wie Helios, Maico oder Zehnder, bis hin zu kostenpflichtigen herstellerunabhängigen Planungsprogrammen als eigenständige Software oder als modularer Teil von EnEV- oder TGA-Softwarelösungen.

Auch Web-basierende Programme gibt es: So bietet der Bundesverband für Wohnungslüftung e.V. mit der App „Lüftungskonzept“ ein plattformunabhängiges mobiles Werkzeug für die Prüfung der Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen nach DIN 1946-6. Lüftungssystem-Anbieter Helios und Zehnder bieten mit KWL easyPlan bzw. Comfoplan zwei Online-Programme für die Luftmengenberechnung nach DIN  1946-6, inklusive Materialermittlung, Kostenberechnung und Angebotserstellung.

Worauf sollte der Fachmann bei der Software generell achten?

Handelt es sich um eine separat lauffähige Software oder ein Modul einer übergeordneten Software (EnEV, TGA-CAD etc.)? Für welche Zielgruppe wurde die Software konzipiert? Diese Frage ist wegen der Funktionsunterschiede zwischen Programmen für Planer und ausführende Betriebe wichtig.

Beim Gebäudetyp unterscheiden sich die meisten Programme dadurch, ob auch Nichtwohngebäude sowie frei definierbare Raumtypen berücksichtigt werden, die nicht in der DIN 1946-6 enthalten sind.

Nicht alle Programme berechnen die unterschiedlichen Systemarten (Frei, ventilatorgestützt, Quer-, Schachtlüftung, Abluft-, Zuluft-, Zu-/Abluftsysteme etc.). Das gilt insbesondere für produkt- bzw. herstellerspezifische Lösungen. Auch ermöglichen nicht alle Programme wahlweise die tabellarische, raumbuchorientierte oder grafische Eingabe. Während bei der Berechnung die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen sowie Luftvolumenströme berücksichtigt werden, gilt dies nicht für die Berechnung von Lüftungskomponenten oder frei wählbaren Lüftungsstufen. Auch bei den Betriebsstufen werden nur vereinzelt von der Norm abweichende Lüftungsstufen erfasst – etwa eine (Sommer-)Nachtlüftung bei extremer Sommerhitze.

Während bei den Regelwerken die DIN 1946-6 die Grundlage nahezu aller Planungsprogramme ist, gilt dies nicht für die DIN 18017-3 zur Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster.

So unterschiedlich wie die Möglichkeiten bei der Ausgabe sind – die Palette reicht von DIN-Formblättern, über Tabellen, Reports, Stücklisten, Grundrisspläne oder Schemaskizzen – so unterschiedlich sind auch die Möglichkeiten des Datenim- und -exports: Ein Teil der Programme ermöglicht den zeitsparenden Datenimport aus EnEV- bzw. DIN-V-18599-Programmen. Beim Datenexport werden unterschiedliche Formate unterstützt, teilweise ist aber auch nur eine Druckausgabe möglich.

Die Preise für kostenpflichtige Programme liegen zwischen 100 und 800 Euro, je nach Konzept und Ausbaustufe.

Welche projektspezifischen Kriterien sind erforderlich?

Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme sollte z. B. eine erhöhte Feuchtebelastung berücksichtigt werden – etwa durch das konventionelle Trocknen der Wäsche ohne Wäschetrockner. Ferner sollten die Abluftvolumenströme bei fensterlosen Bädern als erweitertes Lüftungskonzept in die Berechnung mit einfließen.

Wichtig ist auch eine freie Wahl der Lüftungsstufe, damit man sie – abweichend von Normvorgaben – mit dem Bauherren/Nutzer aus Gründen des Komforts, der Behaglichkeit oder eines individuellen Nutzungsprofils individuell vereinbaren kann.

Ferner sollte die Software von der Norm abweichende, aber in der Praxis häufig vorkommende Fälle berücksichtigen. Dazu gehören beispielsweise frei definierbare Raumtypen, in denen die notwendigen Außenluftvolumenströme individuell festgelegt werden können. Damit lassen sich auch Räume in die Berechnung einbeziehen, die nicht in der DIN 1946-6 enthalten sind – etwa Räume mit keiner oder einer besonders hohen Feuchtelast.

Schließlich sollte die Software auch Mischsysteme, d. h. unterschiedliche Lüftungssysteme in einem Gebäude, abbilden können. Dazu sollte ein Lüftungssystem pro Nutzungseinheit (Einfamilienhaus, ein- oder mehrgeschossige Wohnung oder Raumgruppe etc.) getrennt zugeordnet werden können.

Kombinierte Wohn- und Nichtwohnbereiche (z. B. Gewerberäume mit Wohnbereich) sollten an einer lüftungstechnischen Anlage angeschlossen und als Gesamtanlage berechnet werden können. Auch die heute übliche gemischte Raumnutzung verlangt einen über die DIN  1946-6 hinausgehenden Anwendungsbereich für die Bemessung lüftungstechnischer Komponenten. Deshalb sollte die Software gemischte Raumnutzungen, z. B. Wohnen, Essen und Küche, in einem Raumverbund abbilden und in die Berechnung einbeziehen können. Gleichartige Nutzungseinheiten, wie etwa im Geschosswohnungsbau, sollten inklusive aller Parameter kopiert werden können, damit sich der Eingabeaufwand verringert.

Fazit

Das Lüftungskonzept ist ein wesentlicher Bestandteil des Haustechnik- und Energiekonzeptes und gehört deshalb zwingend zum Verantwortungsbereich des Haustechnik-Fachplaners bzw. des SHK-Fachhandwerkers.

Programme zur Erstellung von Lüftungskonzepten vereinfachen und beschleunigen die Erstellung von Lüftungskonzepten, geben planenden oder ausführenden Betrieben mehr Sicherheit und beugen Haftungsrisiken vor. Außerdem sind Lüftungskonzepte besondere Leistungen, die man gesondert abrechnen kann.

Auf den nächsten Seiten finden Sie einen Produktvergleich Planungssoftware.

Info

Weitere Programme und Anbieter*

App Lüftungskonzept/Planungstool Lüftungskonzept (www.wohnungslueftung-ev.de)

AX 3000 Wohnraumlüftung (www.ax3000-group.de)

ECOTECH Air Plan (www.ecotech.cc)

EVA Lüftungs-Check (www.enev-shop.de)

FGK Airplan (www.fgk.de)

KWL easyPlan (www.kwleasyplan.de)

Limodor Professional (www.limot.de)

Raumlufttechnik DIN 1946-6 + DIN 18017-3 (www.sss2000.de)

VENTPLAN (www.westaflex.com)

* Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Info

Normen, Literaturhinweise, Quellen

[1] DIN 1946-6: Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung, Beuth/Berlin, Mai 2009

[2] DIN 1946-6, Beiblatt 2: Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 2: Lüftungskonzept, Beuth/Berlin, März 2013

[3] DIN 18017-3: Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren, Beuth/Berlin, September 2009

DIN 4108-2: Wärmeschutz und Energie-Einsparungen in Gebäuden. Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz, Beuth/Berlin, Februar 2013

DIN EN 15665: Lüftung von Gebäuden – Bestimmung von Leistungskriterien für Lüftungssysteme in Wohngebäuden, Beuth/Berlin, Juli 2009

N.N.: Planungshelfer für die kontrollierte Wohnraumlüftung, aus: IKZ-Fachplaner 10/2008, Strobel Verlag, Arnsberg

Nadler, N.: Lüftungskomponenten nach DIN 1946-6, aus: TAB Technik am Bau, Ausgabe 5/2011, Bauverlag, Gütersloh

Trogisch, A.: Planungshilfen Lüftungstechnik, VDE Verlag, Berlin 2011

Autor

Dipl.-Ing. Marian Behaneck ist Fachautor zahlreicher Publikationen zu Hardware, Software und IT im Baubereich; 76751 Jockgrim, behaneck@gmx.de