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„Zeigen, zeigen, zeigen“

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SBZ: Sie kümmern sich seit Jahren intensiv um die Rekrutierung von Auszubildenden im SHK-Handwerk. Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Kampagne „Zeit zu starten“?

Bernd Seeger: Unsere Erfahrungen sind sehr gut. Wir nutzen die Kampagne und das zur Verfügung stehende Material komplett. Wir setzen z. B. die Roll-ups für Messen ein. Wir verlinken auf die Homepage und weisen im Grunde überall, wo es sinnvoll ist, auf die Nachwuchskampagne hin.

SBZ: Wie sind Sie im Schulmarketing in Hamburg organisiert?

Seeger: In der Stadt läuft das natürlich etwas anders als in der Fläche. In Hamburg sind wir in Bezirken organisiert. Die Bezirksmeister engagieren sich intensiv. Im Grunde benötigt der Betrieb keine eigene Recruitingseite, sondern ein Verweis auf www.zeitzustarten.de bzw. auf die Innung reicht völlig aus.

SBZ: Können Sie Ihre Anstrengung im Bereich der Azubiwerbung quantifizieren?

Seeger: Das ist natürlich schwer. Aber in Hamburg haben wir Kontakt zu den Schulen. Wir verfügen z. B. über Listen von Berufsorientierungslehrern. Der Kontakt ist wirklich sehr eng. Ferner schließen wir uns auch Aktivitäten der Handwerkskammer an. So haben wir z. B. bei der integrierten Nachwuchsaktion INA mitgemacht. Hier ging es um Kurzpraktika. Die Innung war mit eingebunden, und die Bildungswerkstätten wurden intensiv genutzt. Unsere über 600 Mitgliedsbetriebe haben sich hier mit Tagespraktika aktiv eingebracht.

SBZ: Aus anderen Regionen hören wir im ZVSHK zum Teil, dass es nicht ganz einfach ist, Kontakt zu Schulen zu halten. Wie gehen Sie hier in Hamburg vor?

Seeger: Bei uns läuft das seit 30 Jahren wirklich gut. Das liegt aber auch daran, dass wir nur eine Behörde kontaktieren müssen und auch nur eine SHK-Organisation in Hamburg haben. Und die Schulen hier haben Interesse an guten Kontakten. Arbeitskreise treffen sich z. B. regelmäßig, man kennt sich, wir arbeiten mit den Lehrern gut zusammen, die die Berufsorientierung verantworten. Es läuft auch viel über die Handwerkskammer. Manche Dinge funktionieren natürlich auch nicht. So ist es z. B. nicht gestattet, Aushänge an Schulen zu machen.

Dafür arbeiten wir auch intensiv mit anderen Innungen zusammen. Hier sei beispielhaft die Aktion „Wenn Handwerk, dann Innung“ genannt. Es gibt hierbei das Angebot von Tagen der offenen Türen für junge Menschen. Darüber hinaus haben wir schon vor über zehn Jahren eine Bildungs-GmbH gegründet, um zusätzlich aktiv zu sein.

SBZ: Wie schätzen Sie den Wettbewerb mit anderen Gewerken ein?

Seeger: Unsere Azubizahlen sind wirklich gut. Aber im Vergleich zum Kfz-Handwerk werden wir etwas weniger angefragt. Es klappt aber trotzdem sehr gut.

SBZ: Wie steht die SHK-Innung Hamburg zum Thema Migration und Flüchtlinge ins Handwerk im Zusammenhang mit der Nachwuchsgewinnung?

Seeger: Wir wissen aus der Berufsbildungs­statistik, dass unser kleines Wachstum bei den Azubizahlen im Grunde aus dem Bereich Migranten und ausländische Mitbürger herrührt. Das ist ein wichtiges Thema, was aber in der Metropole Hamburg seit Jahren gelebt wird und kein Problem ist. Wir bekommen nicht immer die schulstärksten jungen Menschen, aber wir brauchen alle. Und wir müssen uns weiterhin gut um die jungen Menschen kümmern.

SBZ: Wie machen Sie das denn jetzt ganz konkret?

Seeger: Wir bringen die jungen Leute in die Werkstatt. Wir lassen sie löten, wir lassen einen Wasserrohrbruch reparieren und wir versuchen, zu begeistern. Das ist ganz wichtig. Die jungen Leute sollen zu Hause erzählen, wie cool das bei SHK war. Wir sind der Auffassung, dass genug geredet wurde. Das sagen wir auch den Betrieben. Lasst die jungen Menschen Erfahrungen sammeln, mit anpacken, sich ausprobieren. Schickt sie nicht zum Kaffee kochen oder Hof fegen. Wenn es spannende Baustellen gibt, wie z. B. ein Bad in der Hafencity, nehmt eure Azubis mit, zeigt ihnen gerade die interessanten und tollen Baustellen. Wir müssen uns gut darstellen.

SBZ: „Zeit zu starten“ spricht junge Menschen über das Internet, die sozialen Medien an. Wir haben große Nachfrage auf unserer Betriebssuche-Seite bei www.zeitzustarten.de. Sie sprechen regional junge Menschen an und laden sie in die Bildungswerkstatt ein. Wie funktioniert jetzt der Übergang von dort in die Betriebe?

Seeger: Wir fassen, ehrlich gestanden, nicht nach. Das können wir nicht mit unseren Kapazitäten. Wir vertreten hier die Auffassung, lieber 200 Schülern etwas Tolles zu zeigen, als 2000 Schülern einen Zettel in die Hand zu drücken. Damit haben wir auch gute Erfolge. Unsere Werkstatt samt Personal stellen wir sechs bis acht Wochen zur Berufsorientierung zur Verfügung.

SBZ: Wie sieht es denn mit dem Besuch von Berufsorientierungsmessen aus?

Seeger: Bei Berufsorientierungsmessen sondieren wir sehr genau. In der Vergangenheit waren wir dort aktiv. Wir haben aber festgestellt, dass z. B. bei unserer größten Hamburger Berufsorientierungsmesse „Einstieg“ hauptsächlich Besucher kommen, die zur Uni wollen. Auf dieser Messe stellen wir nicht mehr aus, weil sich das für uns nicht bewährt hat. Sehr wohl besuchen wir die Messe, die in besonderer Weise Migranten anspricht, den „Markt der Möglichkeiten“. Hier sind die Schulen, und hier stellen wir auch gerne und erfolgreich aus.

Wir engagieren uns auch in einem Projekt mit Namen „Hin zum Handwerk“. Dort werden zweimal im Jahr Geflüchtete auf den Beruf vorbereitet, hier kooperieren wir mit anderen Innungen. Die jungen Leute kommen eine Woche zu uns und sind noch weitere drei Wochen in verschiedenen Bildungswerkstätten. Das SHK-Handwerk in Afghanistan ist natürlich anders als das in Syrien und in Deutschland. Wir schauen uns die Leute an und gucken, wer zu uns passt. Dann sorgen wir dafür, dass es berufsbezogenen Deutsch­unterricht gibt, und begleiten zusätzlich mit Sozialpädagogen.

SBZ: Ergebnisse?

Seeger: Das Projekt geht jetzt ins dritte Jahr. Die Vermittlungsquote liegt bei 65 %. Die Teilnehmer sind häufig sehr motiviert. Betriebe fragen an und wollen sich am Projekt beteiligen. Man kann schon sagen, dass der Erfolg uns hier recht gibt.

SBZ: Welche Unterstützung gibt es für Betriebe zusätzlich?

Seeger: Das Projekt bietet ergänzend eine Nachbetreuung mit Sozialpädagogen an.

SBZ: Sie sprachen eben darüber, dass nicht alle Schüler gleich geeignet sind für eine Ausbildung. Gibt es auch Angebote für Benachteiligte?

Seeger: In der Tat hat Hamburg hier ein spezifisches Ausbildungsplatzangebot. Es gibt einen Vertrag mit dem Berufsbildungswerk. Es ist klar, wer 2020 keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendein Problem und kommt unter Umständen aus problematischen Familien, es gibt wirtschaftliche Schwierigkeiten wie z. B. Schulden. Früher lagen die Komplikationen anders. Das hat sich heute geändert, ist aber auch nicht einfacher geworden. Wir bieten hier kein Gutmenschen-Programm an. Wir nutzen sozialpädagogische Möglichkeiten, aber wir sind ein handwerklicher Träger. Das vergessen wir auch nicht.

SBZ: Die jungen Menschen halten sich viel in den sozialen Medien auf. Gibt es dort ergänzend zu Ihren ganzen Programmen und Aktivitäten auch Anknüpfungspunkte?

Seeger: In Social Media machen wir noch viel zu wenig. Es gibt zwar einen Innungs-Account für Facebook und Instagram, den wir aber eigentlich nicht nutzen. Wir hatten bisher andere Schwerpunkte, das war noch nicht so sehr Thema. Ich weiß aber aus dem Arbeitskreis Nachwuchswerbung, dass bei „Zeit zu starten“ Profis am Werk sind, und halbgares Zeug möchte ich nicht machen. Da müssen auch jüngere Leute ran. Dazu machen wir uns Gedanken.

SBZ: Was wünschen Sie sich weiter von der Kampagne an sich?

Seeger: Wenn es etwas gäbe, wo wir vergleichbar wie im Internet auch in den sozialen Medien regional aufsatteln könnten, wäre das großartig. Also im Grunde ein regionaler Account für die sozialen Medien. Falls das ginge, das wäre perfekt.

SBZ: Was raten Sie Ihren Kollegen bei der Nachwuchsgewinnung?

Seeger: Drei ganz konkrete Tipps:

  • Aufhören zu schimpfen
  • Akzeptieren, dass es nur die gibt, die da sind, und keine anderen.
  • Lieber zehn Leute gut betreuen, als 1000 Schülern nur einen Zettel in die Hand zu drücken.
  • Es geht ums Handwerk. Wir sind kein klassischer Bildungsträger. Wir müssen das Handwerk zeigen, nur wenige Menschen wissen, was z. B. der Anlagenmechaniker SHK wirklich macht. Deshalb meine Empfehlung: zeigen, zeigen, zeigen. Auch der Chef selbst sollte aufklären, anstatt zu jammern. Wir haben viele tolle Betriebe, die das genauso vormachen.