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Beraten Sie noch oder begeistern Sie schon?

Verkäufer haben gerade heute eine wichtige Aufgabe: die Unübersichtlichkeit der Angebote für den Kunden zu sortieren und dabei nicht nur zu beraten, sondern auch zu begeistern! Als lebendiger Wegweiser hilft der Verkäufer seinen Kunden dabei, für ihren Bedarf das richtige Produkt und die richtige Dienstleistung zu finden. Gelingt dies, hat er einen guten Grund, in seinem Beruf richtig glücklich zu sein – schließlich macht er durch seinen persönlichen Einsatz auch seine Kunden glücklich.

Dem Kunden helfen, gute Entscheidungen zu treffen

Damit dies gelingt, sind wir als Verkäufer gefordert, genau zuzuhören und mit echtem Interesse und gezielten Fragen herauszufinden, was der Kunde wirklich will. Dabei ist oft ein fast detektivischer Spürsinn gefragt, denn viele Kunden wenden sich gerade deshalb an den Fachhandel, weil ihnen selbst nicht so ganz klar ist, wonach sie suchen. Statt jetzt ungeduldig zu reagieren, sollten Verkäufer neugierig auf den Menschen sein, der ihnen gegenübersteht, und sich auf die vollkommen neue Verkaufssituation, die daraus entstehen kann, freuen.

Wenn Menschen neugierig sind, tun sie sich selbst übrigens den größten Gefallen, denn Neugier macht klug und glücklich! Wenn uns die Neugier packt, wird in unserem Gehirn ein Cocktail glücklich machender Botenstoffe ausgeschüttet. Dieser Hormonschub macht nicht nur gute Laune, sondern er verändert auch unser Denken, weil frische neuronale Netzwerke und Verschaltungen im Gehirn geknüpft werden. Universitätsstudien haben ergeben, dass dadurch der Intelligenzquotient um ein bis zwei Prozent zunimmt! Klugheit hilft uns dabei, unsere Kunden richtig einzuschätzen und das wiederum versetzt uns in die Lage, für Aha-Momente im Verkaufsgespräch zu sorgen.

Für Aha-Momente sorgen

Ich entführe Sie an dieser Stelle einmal in die Zeit vor dem Arabischen Frühling, und zwar nach Kairo. Begleiten Sie mich in den Basar Chan el-Chalili, einen der größten Basare Afrikas. Ich bin auf der Suche nach dem besten Verkäufer des Marktes. Ich zitiere aus meinem Buch „Happy Sales – mit positiver Psychologie und Zeitmanagement zum Erfolg im Verkauf“:

Meistens kaufe ich Pashminas, also hochwertige Wollschals, mit denen ich meine sämtlichen Freunde, Verwandten und Bekannten beglücke. (…) Ich bin also mal wieder in ein intensives Gespräch über die Qualität und die Vielfalt der Textilien mit dem Händler verwickelt. Dabei zeigt er sich leider recht unnachgiebig bezüglich des Preises.

Da kommt mir überraschend ein Gedanke. Ich greife spontan in meine Handtasche und hole ein Sturmfeuerzeug hervor, wovon ich mehrere aus dem letzten Promotion-Training für eine bekannte Zigarettenmarke nach Ägypten mitgebracht habe. Freudestrahlend überreiche ich es dem Händler mit den Worten: „Ich habe Ihnen ein Geschenk mitgebracht!“ Sie sollten sehen, wie sich seine Gesichtszüge schlagartig verändern. „Ein Geschenk für mich, aus Deutschland, echt?“, meint er und kann es kaum glauben. „Ja, natürlich. Für Sie, aus Deutschland!“, entgegne ich. Was dann kommt, ist klar: Vorstellen der gesamten Verwandtschaft, Tee trinken sowieso, Betrachten des gesamten Textillagers, Angebot oder sollte ich besser sagen Androhung einer Führung durch die Pashmina-Fabrik und so fort. Und natürlich kaufe ich die Pashminas, aber zu einem wesentlich günstigeren Preis, als es vor der Übergabe des Geschenks möglich gewesen wäre. Die Überreichung des Feuerzeugs war eine echte Schlüsselszene in unserem Gespräch, ein Aha-Moment für beide Seiten.

Verbale Geschenke machen

Was können wir aus dieser netten Geschichte für unsere Verkaufsgespräche im Handel lernen? Folgende fünf Ideen machen deutlich, wie Verkäufer ein Geschenk im Sinne der Aha-Methode auch verbal übergeben können:

  • Dem Gesprächspartner ein Kompliment machen.
  • Wertschätzend zuhören und den Gesprächspartner durch kluge Fragen zum Nachdenken bringen.
  • Seinen Bedarf genau auf den Punkt formulieren. Der Kunde fühlt sich dadurch wirklich verstanden.
  • Eine neue Lösung oder Idee aufzeigen.
  • Einfach mal spontan reagieren und gemeinsam lachen.

Gerade Situationskomik zuzulassen und herzhaft zu lachen ist ein befreiendes Erlebnis, das die Situation auf eine andere Ebene hebt und die Verhandlungspartner einander näherbringt. Warum schenken wir unseren Kunden so ein Glückserlebnis nicht öfters? Ist es uns gelungen, durch Aha-Momente im Verkaufsgespräch die Herzen unserer Kunden höherschlagen zu lassen, dann haben wir jetzt noch eine weitere ganz wesentliche Aufgabe: Sorgen wir für gute Unterhaltung!

Ein guter Verkäufer ist ein unterhaltsamer Verkäufer

Der Kunde von heute ist durch die Medien verwöhnt. Er ist stets auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen. Und wird leider gerade im Fachhandel oft enttäuscht. Mit Fragen wie „Kann ich Ihnen helfen?“ und Aussagen wie „Das finden Sie dahinten links“ gewinnen Verkäufer heute keinen Preis mehr für Kundenorientierung. Der Kunde von heute will unterhalten werden. „Soll ich jetzt auch noch zum Komiker werden?“, höre ich Verkäufer schon laut aufschreien. Keine Sorge, es geht nicht darum, Witze zu reißen oder Kunststücke aufzuführen. Und doch sollten wir als gute Verkäufer mit Geschichten zur Marke oder zum Produkt amüsieren und informieren können.

Ich werde zum Beispiel nie vergessen, was mir ein Augenoptiker zur Brillenmarke Mykita erzählt hat: „Wissen Sie, woher der Name dieses Berliner Labels stammt?“, fragt er mich. Mein Achselzucken beantwortet er erfreut: „Die Werkstatt von Mykita lag ursprünglich neben einer Kita, da haben sie die Marke kurzerhand so benannt.“ Clever, oder? Von der Firma und dem Verkäufer, denn schon bin ich bereit, für so viel Kreativität nicht mehr ganz so genau auf den Preis der Brille zu achten, weil ich auch noch eine tolle Geschichte zum Weitererzählen habe.

Mit kleinen Gesten neue Kunden gewinnen

Szenenwechsel: Ein Münchner Gewerbegebiet zur Mittagszeit. Ich besuche mit meinem Kunden die Kantine. Nach kurzem Anstehen an der Kasse bin ich an der Reihe, meine Mahlzeit zu bezahlen. Der Kassierer schaut mich an und fragt: „Sind Sie zum ersten Mal hier?“ Erstaunt antworte ich: „Ja, warum?“ Und überlege noch, woher er das wohl weiß. Da lächelt er mich an und sagt: „Neukunden werden bei uns mit einem kostenlosen Espresso bestraft!“ Er reicht mir eine Münze und fügt hinzu: „Hier haben Sie Ihre Espressomarke. Genießen Sie Ihr Essen und ich freue mich, Sie recht bald wiederzusehen!“ Kleine Geste, großer (Überraschungs-)Effekt! Als Verkaufsexpertin bin ich viel unterwegs und ebenso gerne im Gespräch mit vielen Menschen. Und ganz automatisch habe ich unzählige Male genau diese Lokalität empfohlen.

Kunden mit allen Sinnen involvieren

Neulich im Schreibwarenladen: Die Verkäuferin demonstriert der Mutter einen Füller für ihren Sohnemann. Voller Begeisterung schildert sie die Vorzüge der natürlichen Handhaltung und demonstriert diese. Ich stehe etwas abseits und beobachte ungläubig die Szene, denn vor lauter Enthusiasmus macht die Schreibexpertin einen schwerwiegenden Fehler – weder Mutter noch Sohn bekommen den Füller während ihres Vortrags in die Hand. Durch ein einfaches Ausprobieren hätte der Schreibanfänger im wahrsten Sinne des Wortes die Vorteile schnell begriffen und den Füller wahrscheinlich auch gar nicht mehr aus der Hand gegeben.

Einfacher als durch Demonstrationen kann Verkaufen gerade im stationären Handel nicht funktionieren. Der unterhaltsame und überzeugende Verkäufer überlegt sich daher ganz genau, wie er die Vorzüge seines Produktes zeigen kann. Was kann der Kunde fühlen, riechen, schmecken? Was kann er selbst ausprobieren? Kunden sollten nicht gleich Regie führen (ein guter Verkäufer behält die Fäden immer in der Hand), aber mitspielen müssen sie schon dürfen, damit sie begeistert von den Kauferlebnissen im Fachhandel berichten können.

Spontane Verbundenheit schaffen

Die bekannte Emotionsforscherin Barbara L. Fredrickson beschreibt diese Erfahrungen – kleine Geschenke, ein Extra für Neukunden, die Möglichkeit, ein Produkt selber auszuprobieren, garniert mit einem freundlichen Lächeln – als Aufwärtsspirale der positiven Emotionen, ausgelöst durch einen Mikromoment der Verbundenheit. Ich beschäftige mich schon sehr lange mit der positiven Psychologie im Business und insbesondere im Verkauf. Deshalb stelle ich mir die entscheidende Frage, ob wir solche Momente der Verbundenheit mit bis dato Unbekannten aktiv herbeiführen können und was wir dafür tun müssen.

Um diese spontanen Momente der positiven Verbundenheit zu generieren, braucht es oft weniger, als man denkt. Die wichtigste Voraussetzung ist die eigene Präsenz im Augenblick. Das heißt, mit den eigenen Gedanken genau im Jetzt zu sein und die Umgebung um sich herum wirklich wahrzunehmen. Also einmal ganz bewusst auf Ablenkung durch Smartphone oder Musik zu verzichten und einfach das aufzunehmen, was um uns herum geschieht. Entscheidend ist darüber hinaus unsere Grundhaltung. Positiv sollte sie sein, na klar. Ein gelungener Stimmungscocktail aus Gelassenheit, Offenheit und Heiterkeit. Oder wer kennt nicht das Sprichwort: Schenk der Welt ein Lächeln und sie lächelt zurück.

Neugierig sein auf positive Begegnungen

Einen Mikromoment der Verbundenheit mit einem Mitmenschen herzustellen bedeutet, der eigenen Intuition zu vertrauen und genau das zu sagen, was einem in diesem Moment in den Sinn kommt. Immer vorausgesetzt, es ist etwas Positives …! Emotionale Intelligenz in Form von situativem Einfühlungsvermögen gelingt uns umso besser, wenn wir neugierig auf den Menschen gegenüber sind – neugierig auf seine Gedanken, seine Gefühle, auf seine Persönlichkeit. Und im Verkauf oder in der Begegnung mit Kunden natürlich auch neugierig auf den Wunsch, den wir ihm jetzt im Moment gerade erfüllen können.

Gerade im Verkauf und Vertrieb lohnt es sich, offen zu sein für solche Begegnungen. Denn dadurch ergibt sich nicht nur ein spontanes Glücksgefühl, sondern oft auch ungeahnte und ungeplante Verkaufschancen. Vielleicht lässt sich daraus keine Verkaufsstrategie entwickeln, aber auf jeden Fall eine positive Grundhaltung, die für gute Stimmung bei sich selbst und den Mitmenschen sorgt. Getreu dem Motto: Glücklicher Verkäufer – glücklicher Kunde!

Info

Fünf Wege zu Momenten der Verbundenheit

Diese fünf Eigenschaften bzw. Grundhaltungen brauchen Verkäufer, damit Kunden sich angesprochen fühlen und begeistern lassen:

  • Gelassenheit
  • Wenn wir gestresst sind, sind wir nicht offen für äußere Einflüsse. Unsere Wahrnehmung ist deutlich eingeschränkt. Deshalb sind Ausgeglichenheit und innere Ruhe die wichtigste Basis für positive Begegnungen mit Kunden, Kollegen und Mitmenschen.

  • Offenheit
  • Offen sein für neue Erfahrungen und auch offen dafür, die eigenen Gedanken und Gefühle zu äußern. Nur wer zeigt, was ihn berührt, wird auch andere Menschen berühren.

  • Neugier
  • Interesse am Neuen und vor allem Interesse am Menschen. Man muss Menschen mögen, sonst gewinnt man weder ihre Aufmerksamkeit noch Sympathie.

  • Intuition
  • Der Verzicht auf eine kognitive Analyse der Situation. Aufgrund unserer Menschenkenntnis entscheiden wir, wie wir den Kontakt situativ herstellen. Ohne Absicht und Hintergedanken, einfach der eigenen Erfahrung vertrauend.

  • Spontanität
  • Nicht lange überlegen, sondern spontan sprechen und handeln. Es ist immer wieder überraschend, welche positiven Reaktionen man damit bekommt!

    Info

    Begeistern statt nur beraten – so geht’s:

    • Dem Kunden zuhören, um Genaues über seine Wünsche zu erfahren.
    • Das Überangebot der Möglichkeiten für den Kunden strukturieren und Übersicht schaffen. Orientierung geben und eine klare Empfehlung aussprechen.
    • Mit Aha-Momenten die Verkaufsroutine auflockern: durch interessante zusätzliche Informationen, ein kleines Geschenk, ein unaufdringliches Kompliment, einen spontanen Witz.
    • Mit netten Geschichten bzw. Anekdoten unterhalten und Informationen vermitteln, die der Kunde sich merkt.
    • Produkte anschaulich demonstrieren und den Kunden ausprobieren lassen.

    Lesetipp

    Sandra Schubert: Happy Sales – Mit Positiver Psychologie und Zeitmanagement zum Erfolg im Verkauf

    336 Seiten, Hardcover

    19,99 Euro

    ISBN 978-3527508327

    Verlag: Wiley-VCH

    Autor

    Sandra Schubert ist Inhaberin der Firma Schubs Vertriebskonzepte und hält Vorträge rund um Erfolg und Motivation im Verkauf. www.schubs.com