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Hydraulischer Abgleich heute – SBZ-Serie, Teil 3

Orientierung im Labyrinth der Abgleichschritte

Inhalt

Beliebt ist der hydraulische Abgleich nicht. Obwohl jeder SHK-Fachhandwerker schon aus seiner Ausbildung weiß, dass er zu den wichtigsten Maßnahmen der Heizungsoptimierung gehört, wird er oft und gern umgangen oder nachlässig durchgeführt. Das hat weniger mit Bequemlichkeit als vielmehr mit Überforderung zu tun. Zum einen wissen viele Heiztechniker schlicht nicht, wo sie anfangen sollen, zum anderen stehen die erforderlichen Berechnungen zu Recht in dem Ruf, kompliziert zu sein. Hat der Techniker einen vernünftigen Leitfaden zur Hand und nutzt er für die Berechnung moderne Hilfsmittel, verliert der hydraulische Abgleich jedoch viel von seinem Schrecken. Mitdenken muss der Handwerker dann zwar immer noch – er hat jedoch ein solides Fundament, das Orientierung gibt und die Umsetzung erleichtert.

Die systematischen Überlegungen, die im zweiten Teil unserer Serie erörtert wurden (siehe SBZ-Ausgabe 11-2022, Seite 66), geben dabei die Grundrichtung vor und weisen den Weg durchs Labyrinth der Abgleichschritte. Wie also anfangen? Wichtig ist zunächst der folgende, einfache Grundgedanke, der sich aus dem übergeordneten Systemgedanken ableitet: Heizlast und Heizleistung müssen im stationären Zustand im Gleichgewicht sein, d. h. das Heizwärmeangebot der Anlage muss die Heizwärmenachfrage der Hausbewohner decken können. Wer hiervon ausgeht (und nicht von anderen abstrakten Überlegungen), vermeidet unnötige Komplikationen und kennt auch bereits den ersten Schritt: die Ermittlung des Heizwärmebedarfs bzw. der Heizlast.

Von der raumweisen Heizlast ausgehen

Doch wie präzise soll die Heizlast ermittelt werden? Reicht die allgemeine Gebäudeheizlast oder gilt es, noch genauer hinzuschauen? Klare Auskunft geben hier die Richtlinien der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG): Sie verlangen einen hydraulischen Abgleich nach Verfahren B gemäß VdZ-Bestätigungsformular, also einen hydraulischen Abgleich unter Berücksichtigung der vereinfachten raumweisen Heizlast. An dieser Vorgabe sollte sich der Techniker indes nicht allein aus opportunistischen Erwägungen orientieren. Denn die Gebäudeheizlast ist zwar für die Dimensionierung des Wärmeerzeugers wichtig – um aber die Übertragerflächen (Heizkörper, Flächenheizung) korrekt auszulegen, muss die Leistung bekannt sein, die in bestimmten Räumen oder definierten Zonen benötigt wird.

Wie schon in Teil zwei unserer Serie beschrieben, geht es also darum, zunächst das Gebäude im Ganzen wie in seinen Teilen zu verstehen. Der Heiztechniker braucht somit Informationen über den Zustand des Gebäudes und seiner Bestandteile, das Alter von Fenstern und Türen, den Zeitpunkt von Anbauten, Dacherneuerungen oder Dämmmaßnahmen. Entscheidend sind hier letztlich die sogenannten U-Werte, die auch als Wärmedurchgangskoeffizienten oder Wärmedurchlässigkeit bezeichnet werden. Sie besagen, wie viel Wärmeenergie binnen einer Stunde über 1 m2 Außenwand, Fenster oder Dachfläche verloren geht, wenn der Temperaturunterschied zwischen Innen- und Außenbereich 1 °C (physikalisch korrekt: 1 Kelvin) beträgt.

Gerade im Bestand sind diese U-Werte allerdings oft nicht mehr für alle Bauteile bekannt, was eine Ermittlung der raumweisen Heizlast schwierig macht. Der vierte und letzte Teil unserer Serie – der sich der Berechnung widmet – wird jedoch zeigen, dass es auch für solche Informationslücken Lösungen gibt.

Entscheidend für die Ermittlung der raumweisen Heizlast sind die sogenannten U-Werte, die besagen, wie viel Wärmeenergie binnen einer Stunde über 1 m2 Außenwand, Fenster oder Dachfläche verloren geht, wenn der Temperatur­unterschied zwischen Innen- und Außenbereich 1 °C (physikalisch korrekt: 1 Kelvin) beträgt. Gerade im Bestand sind diese U-Werte allerdings oft nicht mehr für alle Bauteile bekannt, was eine Ermittlung der raumweisen Heizlast schwierig macht.

Bild: Danfoss

Entscheidend für die Ermittlung der raumweisen Heizlast sind die sogenannten U-Werte, die besagen, wie viel Wärmeenergie binnen einer Stunde über 1 m2 Außenwand, Fenster oder Dachfläche verloren geht, wenn der Temperatur­unterschied zwischen Innen- und Außenbereich 1 °C (physikalisch korrekt: 1 Kelvin) beträgt. Gerade im Bestand sind diese U-Werte allerdings oft nicht mehr für alle Bauteile bekannt, was eine Ermittlung der raumweisen Heizlast schwierig macht.

Heizanlage in Zonen unterteilen

Hat sich der Heiztechniker über die Ermittlung der vereinfachten raumweisen Heizlast ein grundlegendes Verständnis des Gebäudes erarbeitet, sollte er im nachfolgenden Schritt die Anlage bzw. das Rohrnetz in mehrere „hydraulisch funktionierende Einheiten“ zerlegen, in denen der Differenzdruck konstant gehalten wird. Diese Zonierung in kleinere, voneinander weitgehend unabhängige Verbrauchseinheiten ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche Durchführung des hydraulischen Abgleichs, da sich eine Heizanlage so weitaus besser, übersichtlicher und feingliedriger regulieren lässt.

Bei dieser Zonierung sind für den hydraulischen Abgleich naturgemäß immer die Bezugspunkte festzulegen, an denen ein konstanter Differenzdruck vorhanden ist. Sieht man von kleineren Einfamilienhäusern ab, bei denen eine Zonierung unterbleiben kann (und der Differenzdruck dann ausgehend von der Umwälzpumpe anlagenübergreifend konstant gehalten werden sollte), sind diese relevanten Bezugspunkte die Stränge, denen einstellbare Differenzdruckregler vorgeschaltet sind. Diese Differenzdruckregler – die in Anlagen mit mehreren Strängen und weitverzweigten Netzen grundsätzlich eingebaut werden sollten – sorgen dafür, dass die jeweils nachgelagerten Abschnitte der Heizanlage von den übrigen Abschnitten hydraulisch unabhängig sind.

Ziel muss es am Ende auf jeden Fall immer sein, auch den entferntesten Heizkörper jeder Zone mit dem benötigten Nennmassenstrom zu versorgen, störende Fließgeräusche zu vermeiden und an jedem Heizkörper eine gute Ventilautorität sicherzustellen.

Die Zonierung in kleinere, voneinander weitgehend unabhängige Verbrauchseinheiten ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche Durchführung des hydraulischen Abgleichs. Umgesetzt wird sie mit Strangdifferenzdruckreglern wie Danfoss ASV-PV (Bild) – diese sorgen dafür, dass die jeweils nachgelagerten Abschnitte der Heizanlage von den übrigen Abschnitten hydraulisch unabhängig sind.

Bild: Danfoss

Die Zonierung in kleinere, voneinander weitgehend unabhängige Verbrauchseinheiten ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche Durchführung des hydraulischen Abgleichs. Umgesetzt wird sie mit Strangdifferenzdruckreglern wie Danfoss ASV-PV (Bild) – diese sorgen dafür, dass die jeweils nachgelagerten Abschnitte der Heizanlage von den übrigen Abschnitten hydraulisch unabhängig sind.

Bewertung der Übertragerflächen

Ist die Anlage in kleinere Verteil- bzw. Verbrauchereinheiten zoniert, sollten anschließend die Übertragerflächen jeder Zone bewertet werden. Vorrangiges Ziel dabei ist, die notwendigen mittleren Systemtemperaturen der vorhandenen Wärmeübertragerflächen zu ermitteln, um das Heizungssystem (mit Wärmeerzeugung, Wärmeverteilung und Wärmeübergabe) auf maximale Effizienz zu trimmen.

Hierzu wird die Heizleistung jedes Heizkörpers der Heizlast des jeweiligen Raums bzw. der jeweiligen Zone gegenübergestellt, um den sogenannten Heizkörperüberdimensionierungsfaktor zu ermitteln. Dieser Faktor wird später benötigt, um die „Absenkgrenze“ des Systems zu bestimmen und kritische Heizkörper zu identifizieren, die gegebenenfalls ausgetauscht werden müssen. Die Bewertung der Heizleistung der Heizkörper sollte dabei von Typ und Größe sowie von einer vorläufig angenommenen Vor- und Rücklauftemperatur (der sogenannten Übertemperatur) ausgehen. Bei bestehenden Fußbodenheizungen sollte eine Standardfläche definiert (im Nasssystem etwa nach DIN 1264 mit festgelegtem Verlegeabstand) und dann in Abhängigkeit vom Oberflächenbelag ermittelt werden, welche Vorlauftemperatur die Heizlast deckt. Etwas komplizierter ist die Bewertung, wenn Fußbodenheizung und Heizkörper kombiniert auftreten.

Kommen beide Systeme in verschiedenen Zonen vor (zum Beispiel Fußbodenheizung im EG, Heizkörper im Obergeschoss), so muss unter anderem geprüft werden, ob die für die Fußbodenheizung im EG errechnete Vorlauftemperatur auch für die Heizkörper im Obergeschoss ausreichend ist. Sind beide Übertragerflächen in einem Raum vorhanden, muss die Leistung anteilsmäßig aufgeteilt werden, wobei die Grundlast von der Fußbodenheizung gedeckt werden sollte und der Heizkörper die dynamische Anpassung an den individuellen Bedarf übernimmt.

Funktion und Prozess festlegen

Nachdem Wärmebedarfsermittlung, Anlagenzonierung und Bewertung der Übertragerflächen durchgeführt sind, folgt dann im vierten Schritt der Einstieg in den eigentlichen hydraulischen Abgleich. Hier gilt es zunächst, Funktion und Prozess des Abgleichs festzulegen, also: zu bestimmen, ob die Anlage ausschließlich auf den Volllastfall ausgelegt werden oder auch den Teillastfall bestmöglich abbilden soll.

Im ersten Fall genügt ein statischer dynamischer Abgleich, der eine optimale Heizwasserverteilung im Volllastfall sicherstellt, im zweiten Fall ist ein dynamischer hydraulischer Abgleich notwendig, der für jede Lastsituation die optimale Verteilung realisiert. Abhängig von der Entscheidung über den statischen oder dynamischen Abgleich müssen dann die passenden Armaturen ausgewählt werden. Für einen statischen Abgleich genügen druckabhängige Armaturen, bei Anlagen mit Heizkörpern zum Beispiel Danfoss ASV-BD-Strang- und RA-N-Thermostatventile, bei Systemen mit Fußbodenheizung dieselben Strangventile plus HLK-Verteiler.

Der dynamische hydraulische Abgleich hingegen lässt sich nur mit druckunabhängigen Armaturen umsetzen. Für Anlagen mit Heizkörpern kommen hier etwa Danfoss ASV-PV-Strang- und RA-DV-Thermostatventile, für Anlagen mit Fußbodenheizung AB-PM-Strangventile und HLK-Verteiler infrage. Bevorzugt werden sollte im Allgemeinen die dynamische Abgleichvariante, da nur die Abbildung des Teillastfalls eine optimale Nutzung der erzeugten Heiz­energie ermöglicht. Bei Fußbodenheizungen in Einfamilienhäusern kann aber in der Praxis durchaus auch ein statischer Abgleich genügen, da die Reaktionsträgheit solcher Systeme keine rasche Anpassung an wechselnde Lastfälle ermöglicht.

Berechnung der Anlageneinstellungen

Fünfter und letzter Schritt nach der Entscheidung über Abgleichvariante und Armaturentyp ist dann schließlich die Ermittlung der realen Massenströme und Rücklauftemperaturen sowie die Berechnung der notwendigen Einstellungen der Heizkörperthermostatventile, der dezentralen Differenzdruckregler und der Heizungsumwälzpumpe. Diese Berechnungen setzen die Kenntnis von Heizlast und Heizleistung, Zonierung und ausgewählten Armaturen voraus und können nur unter Zuhilfenahme einer leistungsstarken Berechnungssoftware wie beispielsweise Danfoss Dan-Basic 7 mit der nötigen Genauigkeit realisiert werden.

Wie sich die Berechnungen mithilfe eines solchen Tools umsetzen lassen, von welchen Werten sie ausgehen sollten und mit welchen Kniffen partielle Informationsdefizite kompensiert werden können – davon wird der vierte und letzte Teil unserer Serie handeln. Für den Heiztechniker, der den hydraulischen Abgleich in Angriff nimmt, ist aber auf jeden Fall entscheidend, dass er die soeben skizzierten fünf Schritte in der angegebenen Reihenfolge umsetzt. Wird diese Schrittfolge als Leitfaden gewählt, so steht sein Vorgehen auf einem sicheren Fundament, weil alle maßgeblichen Punkte berücksichtigt und adäquat miteinander verzahnt sind. 

Abhängig von der Entscheidung über den statischen oder dynamischen Abgleich müssen die passenden Armaturen ausgewählt werden.

Bild: Danfoss

Abhängig von der Entscheidung über den statischen oder dynamischen Abgleich müssen die passenden Armaturen ausgewählt werden.

Info

SBZ-Serie: Hydraulischer Abgleich heute

Der hydraulische Abgleich bekommt im Zuge der Wärmewende eine immer größere Bedeutung. Sei es als Maßnahme zur Energieeinsparung, als Fördervoraussetzung oder zur Optimierung des Heizsystems nicht nur für die Wärmepumpe. Grund genug also, die aktuellen Entwicklungen, wichtige Rahmenbedingungen und die Vorgehensweise in einer umfassenden SBZ-Serie zusammenzutragen:

Teil 1: Herausforderung hydraulischer Abgleich SBZ 9-22

Teil 2: Das System Heizung verstehen SBZ 11-22

Teil 3: Leitfaden zur Vorgehensweise SBZ 13-22
(diese Ausgabe)

Teil 4: Softwarebasierte Berechnung SBZ 15-22

Bernd Scheithauer 
ist Produktingenieur für Wärmeautomatik bei Danfoss in 63073 Offenbach

Bild: Danfoss