Der Begriff Torrefikation, ursprünglich „das Rösten von Kaffee“, steht in der Biomassebranche für die thermische Behandlung unter Sauerstoffausschluss von unterschiedlicher fester Biomasse. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das erste Patent zu diesem Verfahren genehmigt. Heute verfolgen mehrere Forschungsteams unterschiedliche Konzepte und die Technologie befindet sich kurz vor der Markteinführung.
Holzartige und krautartige Biomasse besteht hauptsächlich aus Wasser, Zellulose, Hemizellulose (zucker- und stärkeähnliche Stoffe) und Lignin (Makromoleküle, die eine Verholzung bewirken). Während der thermischen Behandlung bei 200 bis 300°C unter Sauerstoffausschluss wird aus der Biomasse zuerst das vorhandene Wasser ausgetrieben, danach zersetzt sich zuerst die Hemizellulose und später teilweise das Lignin. Das Ergebnis ist ein kohleähnliches Material mit hohem Energiegehalt. Im Vergleich zu herkömmlichen Holzpellets besitzen diese Pellets verbesserte Eigenschaften:
- Hohe Energiedichte von 15–18GJ/m³ (zum Vergleich: Holzpellets 11GJ/m³)
- Wegen wasserabweisender Eigenschaften ist Lagerung im Freien möglich
- Verbesserte Mahlbarkeit, weniger Energieaufwand bei der Verarbeitung
- Geringere biologische Aktivität und daher kaum Abbauvorgänge
- Aus unterschiedlichsten Rohmaterialien entsteht ein relativ einheitliches Produkt
Torrefizierte Biomasse zielt vorwiegend auf den Einsatz als Kohlesubstitut ab und soll in den Kraftwerken fossile Energieträger ersetzen. Gelingt die Entwicklung, bietet dieser Markt ein enormes Einsatzpotenzial.
Im Jahr 2008 hat ein österreichisches F&E- Konsortium, bestehend aus der Andritz AG, der Polytechnik Feuerungsanlagen GmbH und Wild&Partner unter der wissenschaftlichen Leitung des Österreichischen Forschungsinstituts für Chemie und Technik (ofi) begonnen, den ACB-Prozess (ACB = Accelerated Carbonisation Biomass) zu entwickeln. Zuerst im Labormaßstab, dann in Technikumsgröße ist das Team derzeit dabei, eine Industrieanlage zu errichten. Die Entwicklungsarbeiten sind weit vorangeschritten. Auf einem ähnlichen Entwicklungsstand stehen andere Forschungsgruppen in Skandinavien, Frankreich und Belgien. In dieser letzten Phase der Forschung und unter Berücksichtigung des Potenzials des neuen Produktes ist es verständlich, dass sich große Energieversorger bereits die ersten Kontingente torrefizierten Materials gesichert haben.
Einen Quantensprung werden torrefizierte Pellets auch für den Welthandel mit biologischen Brennstoffen darstellen. Vor allem die Wirtschaftlichkeit des Transports von herkömmlichen Holzpellets über Langstrecken z.B. von Südamerika, Kanada oder Russland nach Europa ist oft nicht gegeben. Dies verhindert die Nutzung brachliegender Rohstoffpotenziale für die nachhaltige Energieversorgung. Die verbesserten Transporteigenschaften von torrefizierter Biomasse und vor allem die Möglichkeit, den Brennstoff im Freien zu lagern, sowie die höhere Energiedichte lassen die Wirtschaftlichkeitsrechnung wesentlich positiver aussehen. Gleichzeitig kann schon jetzt gesagt werden, dass zur regionalen Energieversorgung mit kurzen Transportwegen konventionelle Holzpellets die beste Lösung bleiben werden.
Märkte für die torrefizierte Biomasse
Die Verbrennung in Kohlekraftwerken stellt den ersten Zielmarkt für das neue Produkt dar. Als weitere Einsatzgebiete kommen bevorzugt industrielle Prozesse in Betracht, in denen Kohle eingesetzt wird. Hierbei müssen allerdings spezielle Produkteigenschaften erfüllt werden, die durch die Steuerung des Torrefikationsprozesses erreicht werden.
Aus heutiger Sicht ist der Einsatz von torrefizierten Pellets in herkömmlichen Pelletsanlagen nicht sinnvoll. Zum einen, weil viele der am Markt erhältlichen Gerätet ohne Adaptierung nicht mit den Brennstoffeigenschaften zurechtkommen würden, zum anderen weil die Sinnhaftigkeit des Ersatzes von Biomasse mit behandelter Biomasse infrage gestellt werden muss. Anders gestaltet sich der Einsatz in bestehenden Kohleheizungen.
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Angelika Rubick ist Projektleiterin in der Abteilung für Bioenergie des ofi, A-1030 Wien, Telefon (00 43) 17 98 16 01-5 90, angelika.rubick@ofi.at, https://www.ofi.at/
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Dr. Martin Englisch ist Abteilungsleiter der Abteilung für Bioenergie des ofi, A-1030 Wien, Telefon (00 43) 17 98 16 01-4 90, martin.englisch@ofi.at, https://www.ofi.at/