Rohr ist nicht gleich Rohr. Trinkwasserleitungen berücksichtigen in erheblichem Maße auch die Hygiene beim Transport des Trinkwassers innerhalb einer Rohrleitung. Der Versorgungsdruck des Hausanschlusses ist die treibende Kraft. Heizungsleitungen verteilen effizient die Wärme im Gebäude. Eine Umwälzpumpe befördert das Heizwasser im Kreislauf durch das System-.
Abwasserleitungen hingegen funktionieren nach dem Schwerkraftprinzip und müssen funktionssicher das Abwasser ableiten. Die Strategien bei Planung und Ausführung sind also unterschiedlich.
Das Gefälle wird’s schon richten – wer sich bei Planung und Installation einer Entwässerungsanlage von dieser Daumenregel leiten lässt, kann mit negativen Überraschungen konfrontiert werden. Laute Fließgeräusche oder ein Rückstau samt Austritt von Fäkalien aus einem falsch geplanten oder falsch installierten Entwässerungssystem sorgen für einen höchst unzufriedenen bzw. geschädigten Nutzer. Damit es nicht zu Störungen oder sogar Schäden kommt, ist eine sorgfältige Planung des Entwässerungssystems für einen störungsfreien Betrieb unbedingt erforderlich.
Störungsfrei bedeutet, dass es eben nicht zu Verstopfungen kommt und keine Geruchsverschlüsse an den Einrichtungsgegenständen abgesaugt werden – also eine hydraulische Aufgabenstellung. Besonders Entwässerungsleitungen im Bestand haben bei der Sanierung einen großen Einfluss auf die Planungs- und Ausführungsleistungen. Bestehende Grundleitungen werden oftmals bei der Sanierung vernachlässigt.
Grundsätzliches
Mit welchen Wassermengen ist beim häuslichen Abwasser und bei Niederschlag am Gebäude oder auf dem Grundstück zu rechnen? Welche Abflusskennzahl für die gleichzeitige Belastung des Systems kommt in Betracht? Das sind nur zwei von vielen Faktoren, die zu berücksichtigen sind. Was im übertragenen Sinn auch für Anschlussleitungen gilt.
Als Einzelanschlussleitung gelten Leitungen vom Geruchsverschluss eines Entwässerungs-gegenstandes bis zur Einmündung in eine weiterführende Leitung. Sammelanschlussleitungen vereinen mehrere Einzelanschlussleitungen bis zur Fall-, Sammel- oder Grundleitung. Durch das Bad im obersten Geschoss eines Hauses führt dann noch regelmäßig die Lüftungsleitung über Dach. Andere Leitungsabschnitte lassen sich sehr gut anhand einer Zeichnung darstellen.
Die DIN 1986-100 führt auf, welchen Entwässerungsgegenständen verbindlich entsprechende Rohrleitungsquerschnitte zugeordnet werden. Beispielsweise wird daher einem Waschtisch die Nennweite DN 40 zugeordnet. Damit könnte man sich also direkt an die nächste Fallleitung machen, und der Anschluss wäre ja offensichtlich perfekt? Doch die Realität sieht anders aus. Die Leitungslänge soll vier Meter für diesen Einzelanschluss nicht überschreiten.
Es dürfen auch nur maximal drei Umlenkungen (Bogen) von 90 Grad in diesem Abschnitt montiert sein. Die maximale Höhendifferenz zwischen dem Entwässerungsgegenstand und dem Abzweig in die Fallleitung soll 1 Meter nicht überschreiten. Das Gefälle soll mindestens ein Zentimeter pro Meter betragen.
In der Praxis gibt es auch Situationen, die es nötig machen, mehr als die zulässigen drei 90-Grad-Bogen zu setzen. Es ist in diesem Fall tatsächlich erlaubt, zweimal 45 Grad zur Richtungsänderung zu installieren. Diese Konstruktion bleibt gewissermaßen als Umlenkung ungezählt und ist nur als Leitungslänge anzurechnen. Übrigens zählt der obligatorische Siphon eines Entwässerungs-gegenstandes nicht als einer der drei erlaubten Bogen.
Ein weiteres Problem kann sich bei der Einhaltung der Maximallänge ergeben. Bis zu vier Meter kann man die Leitung verziehen. Darüber hinaus gibt es als Möglichkeit für eine Verlängerung des Leitungsverlaufs nur die Alternative der Belüftung dieser Einzelanschlussleitung. Dann dürfen es auch bis zu zehn Meter Gesamtlänge sein. Statt einer Belüftung eine Vergrößerung der Rohrdimensionierung vorzunehmen, ist nicht zielführend.
Größere Querschnitte bei geringen Abwassermengen führen zu sehr geringen Fließgeschwindigkeiten und bergen daher die Gefahr der Bildung von Ablagerungen mit potenzieller Verstopfungsgefahr. Also, wenn Distanzen von mehr als vier Metern zu überbrücken sind, gilt es, eine Einzelanschlussleitung zu belüften. Eine hilfreiche Lösung ist, ein Belüftungsventil, einzusetzen. So muss diese Belüftung nicht über das Dach geführt werden.
Sammelanschluss
Sind mehrere Entwässerungsgegenstände innerhalb eines Bades zusammengeführt und münden dann gemeinsam in eine Fallleitung, handelt es sich um eine Sammelanschlussleitung. Werden beispielsweise die Abwässer eines Bidets und eines Waschbeckens zusammen abgeführt, muss die Dimension für diese Leitung bestimmt werden. Jedes dieser Sanitärobjekte hat einen speziellen Anschlusswert, abgekürzt DU, welcher die anfallende Abwassermenge in Liter pro Sekunde beschreibt.
Die DU-Werte sind in der Tabelle 1 in der Spalte für Anschlusswerte gelistet. Beispielsweise wird dort für ein Waschbecken ein DU-Wert von 0,5 l/s angegeben. DU steht für das englische Wort Design Unit und beschreibt den Anschlusswert. Die Einheit ist Liter pro Sekunde (l/s)
Da in der Regel mehrere Entwässerungsgegenstände nicht gleichzeitig genutzt werden, wird ein Gleichzeitigkeitsfaktor mit dem Kürzel -K- für die anzunehmende Entwässerungsleistung angenommen. Diese sogenannten Abflusskennzahlen werden in Tabelle 3 dargestellt.
Die Vorgehensweise zur Bestimmung des notwendigen Rohrquerschnitts ist dann recht einfach. Man bestimmt die Summe und liest aus der entsprechenden Tabelle die notwendige Dimension ab. Eine solche Liste zeigt die Tabelle 4 für unbelüftete Sammelanschlussleitungen. Auch hierbei gilt es letztlich wiederum, die Grenzwerte für diesen Leitungstyp nicht zu überschreiten.
Die Belüftung einer Sammelanschlussleitung kann dann wiederum die Leistungsfähigkeit der Leitungen erhöhen. Ebenso ist es möglich, in belüfteten Sammelanschlussleitungen mehr als drei Umlenkungen von 90 Grad einzubauen. Wenn nur noch die Belüftung einer Einzel- und Sammelanschlussleitung helfen kann, sollte man über ein Belüftungsventil nachdenken. So kann man auf umfangreiche Rohrverlegung für die Lüftungsleitung verzichten und braucht nicht die Gebäudehülle durchstoßen.
Abwasserleitungen in Bad und Küche
In waagrechten Entwässerungsleitungen muss eine bestimmte Schwemmtiefe gegeben sein, um Fäkalien und andere Stoffe abtransportieren zu können. Die Schwemmtiefe wird durch den Füllungsgrad definiert. Dieser bezeichnet bei liegenden Abwasserleitungen das Verhältnis der Wassertiefe (h) in der Wasserströmung zum Rohrinnendurchmesser (di). Um Fäkalien schwimmend abtransportieren zu können, wird ein Füllungsgrad h/di von 0,5 benötigt. Das Rohr sollte also während des Entwässerungsvorgangs zur Hälfte mit Wasser gefüllt sein.
Info
DN 90 reicht in aller Regel aus
Noch immer werden viele WC-Anschlussleitungen in Gebäuden mit Rohren in DN 100 verlegt. Dabei reicht heute in aller Regel die Nennweite DN 90 aus, um auch mehrgeschossige Gebäude sicher und störungsfrei zu entwässern – vom Einzelanschluss am WC über die Fallleitung bis hin zur Grundleitung. Die Vorzüge der kleineren Dimension sind überzeugend: Abwasserleitungen DN90 sind kostengünstiger und einfacher zu montieren. Dazu bieten sie bessere hydraulische Eigenschaften und verringern Schacht- und Vorwandtiefen. Tatsache ist: Sind Abwasserleitungen zu groß dimensioniert, können die Feststoffe in den horizontalen Leitungen nicht so einfach abtransportiert werden, daher sind Verstopfungen fast programmiert.