Der Anwendungsbereich der neuen TrinkwV ist bereits in § 1 festgelegt. Hier steht auch, für welche Wässer die Verordnung nicht gilt: Dies sind beispielsweise Wässer hinter einer notwendigen Sicherungseinrichtung gemäß DIN EN 1717 „Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherungseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen“.
Wichtige Begriffsbestimmungen finden sich in § 2 – beispielsweise, was „Trinkwasser“ ist oder dass die Trinkwasser-Installation in der TrinkwV 2023 jetzt als „Gebäudewasserversorgungsanlage“ bezeichnet wird, was jedoch nicht konsequent durchgehalten wurde. Manchmal findet sich auch der so einfache und eindeutige Begriff „Trinkwasser-Installation“. Die Definition der Trinkwasser-Installation ist weitgehend identisch geblieben, ebenso die Definition der gewerblichen und öffentlichen Tätigkeit. Und unter Aufzählungspunkt 3 wird der UsI (Unternehmer und sonstiger Inhaber einer Wasserversorgungsanlage) endlich zum Betreiber.
Eine wichtige Ergänzung gibt es unter dem Aufzählungspunkt 7 „Aufbereitungsstoffe“. Hier werden erstmalig auch „Filtermedien“ aufgeführt. Das heißt insbesondere, dass auch Filtermedien nur zu den in § 18 benannten Aufbereitungszwecken in Trinkwasser-Installationen eingesetzt werden dürfen.
Anforderungen an das Trinkwasser
In den §§ 5 bis 8 finden sich jeweils die Anforderungen an Trinkwasser, aufgeteilt nach allgemeinen, mikrobiologischen, chemischen und radiologischen Anforderungen inkl. der Anforderungen an Indikatorparameter. Hier gibt es auch bereits den ersten Verweis auf die Bedeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) für die Einhaltung der Wassergüte.
Auch das altbekannte und generelle Ziel bleibt erhalten: Trinkwasser darf keine „Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen“. Juristen werten diesen Satz in aller Regel so, dass eine Schädigung der menschlichen Gesundheit durch das Trinkwasser, beispielsweise aus einer Trinkwasser-Installation, unwahrscheinlich ist.
Neu ist hingegen in § 8 „Anforderungen in Bezug auf Indikatorparameter“ der Absatz 3: „Trinkwasser soll nicht korrosiv wirken.“ Diesen Satz gab es bisher lediglich als Bemerkung bei den Parametern. Nun bekommt er eine deutlich höhere Bedeutung. Dies eröffnet einen neuen Interpretationsspielraum für die Umsetzung dieser Anforderung durch den Wasserversorger oder Betreiber von Trinkwasser-Installationen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist: Da es sich lediglich um eine Anforderung gemäß TrinkwV handelt, sind hierdurch ausschließlich Korrosionsarten z. B. gemäß der Reihe DIN EN 12502 „Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Hinweise zur Abschätzung der Korrosionswahrscheinlichkeit in Wasserverteilungs- und -speichersystemen“ gemeint, die die Wassergüte gefährden, und nicht die, die zu einem Versagen eines Bauteils, zum Beispiel durch Entzinkung oder Lochkorrosion, führen.
Gemäß § 10 gelten die Anforderungen wie bisher am „Austritt aus den Entnahmestellen für Trinkwasser“ oder an einer Sicherungseinrichtung, wenn an dieser ein Apparat, wie z. B. eine Außenbewässerungsanlage oder ein Zahnarztstuhl, gemäß DIN EN 1717/DIN1988-100 fachgerecht angeschlossen ist.
Anzeigepflichten
Die Anzeigepflichten finden sich nun in § 11 und beziehen sich, wie bisher auch, auf Trinkwasser-Installationen im Rahmen einer öffentlichen Tätigkeit nach § 2, Punkt 9, wenn diese beispielsweise neu errichtet, wieder in Betrieb genommen oder wesentlich umgebaut werden oder bei denen sich das Eigentum oder das Nutzungsrecht ändert.
Unter § 11, Absatz 1, findet sich auch die Frist für diese Änderungsmeldungen an das Gesundheitsamt von vier Wochen. Denn nur so kann das Gesundheitsamt bei Bedarf reagieren und wissen, an wen es sich zu wenden hat.
Planung, Errichtung, Instandhaltung und Betrieb
Schon der Titel des § 13 zeigt die Bedeutung all dieser Tätigkeiten für den Erhalt der Wassergüte. Erneut wird daher auf die Pflicht zur Berücksichtigung mindestens der a. a. R. d. T. bei diesen Tätigkeiten hingewiesen. In Absatz 1 bekommt der Betrieb erstmalig nach den a. a. R. d. T. einen eigenen Satz, während Planung und Errichtung, wohl auch aufgrund anderer Verantwortlichkeiten, in einem anderen Satz zusammengefasst werden.
Wie bisher in § 17 aufgeführt, dürfen für Trinkwasser-Installationen nur Werkstoffe und Materialien verwendet werden, die für diesen Zweck geeignet sind. Die zugehörigen Anforderungen sind nun in den §§ 14 und 15 näher beschrieben. Weiterhin finden sich in § 13 auch Anforderungen an die Kennzeichnung von Nichttrinkwasseranlagen und deren Entnahmestellen. Die Nichtbeachtung dieser Anforderungen kann bestraft werden (§ 72).
Trinkwasserleitungen aus Blei
In § 17 ist in sechs Absätzen der Umgang mit Installationen aus Blei aufgeführt. Sie betreffen vorrangig den Betreiber und Eigentümer. Doch in Absatz 6 gibt es auch eine Meldepflicht an das Gesundheitsamt: Stellen Installationsunternehmen im Rahmen ihrer Tätigkeit fest, dass Bleileitungen vorhanden sind und kein Auftrag zur Entfernung oder Stilllegung besteht, müssen sie dies dem Gesundheitsamt melden, ob sie wollen oder nicht.
Gegen diesen Absatz hat sich vor allem der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) bei der Anhörung im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in aller Deutlichkeit gewehrt. Leider ohne Erfolg.
Aufbereitung des Trinkwassers
Diesem Thema ist nun ein eigener Abschnitt 5 gewidmet mit den §§ 18 bis 26. Darin werden beispielsweise die Aufbereitungszwecke klar definiert. In § 20 findet sich dann der so wichtige Verweis auf die vom Umweltbundesamt (UBA) geführte „Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren“. Nur diese dürfen unter den genannten Bedingungen eingesetzt werden. Zum fachgerechten Einsatz gehört auch eine umfassende Dokumentation durch den Betreiber.
Aktuell sind Ultrafiltrationsanlagen nicht gemäß § 20 beim UBA für die Anwendung in der Trinkwasser-Installation gelistet. Demnach sind Ultrafiltrationsanlagen, soweit sie nicht wissenschaftlich begleitet werden, auch auf Basis der neuen TrinkwV nicht zulässig. Bisher wurde in dieser Hinsicht vorrangig auf Basis der DIN EN 1717 und DIN 1988-100 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 100: Schutz des Trinkwassers, Erhaltung der Trinkwassergüte“ argumentiert.
Legionella spec.
Für diesen Indikatorparameter gibt es nun mehrere Paragrafen, die das Bakterium bereits im Titel führen. Aber auch in anderen Paragrafen kommen Legionellen inhaltlich vor. Der erste Paragraf mit dem Bakterium im Titel ist § 31 „Untersuchungspflichten in Bezug auf Legionella spec.“.
Hierin finden sich unter anderem die Festlegungen, welche Anlagen unter welchen Bedingungen untersuchungspflichtig sind. Dazu gehören die bekannten Festlegungen, was eine Großanlage ist oder dass lediglich solche Anlagen untersuchungspflichtig sind, in denen Trinkwasser vernebelt wird, wie beispielsweise in Duschanlagen.
Erhalten geblieben ist auch die Untersuchungspflicht bei neu in Betrieb genommenen Trinkwasser-Installationen im Rahmen einer gewerblichen (§ 2, Punkt 8) oder öffentlichen Tätigkeit (§ 2, Punkt 9). In diesem Fall muss der Betreiber ohne Aufforderung durch das Gesundheitsamt, also eigenständig, frühestens nach drei Monaten und spätestens nach zwölf Monaten eine Legionellenuntersuchung veranlassen. Daher ist eine Erstuntersuchung des Trinkwassers zum Zeitpunkt der werkvertraglichen Abnahme so wichtig!
In § 51 finden sich dann „Handlungspflichten des Betreibers in Bezug auf Legionella spec.“ Sie umfassen weitgehend die hinlänglich bekannten Pflichten bis hin zur „Risikoabschätzung“, die die bisherige „Gefährdungsanalyse“ zumindest begrifflich ablöst (siehe Kasten).
In § 53 sind „Anzeigepflicht und Meldepflicht der zugelassenen Untersuchungsstelle in Bezug auf Legionella spec.“ aufgeführt. Und in § 68 „Besondere Maßnahmen des Gesundheitsamts in Bezug auf Legionella spec.“ geht es um Maßnahmen gegen den Betreiber, wenn dieser seinen in diesem Paragrafen genannten Pflichten nicht nachkommt.
Verschärfter technischer Maßnahmenwert für Legionellen
Bisher galt der nun in Anlage 3 Teil II festgelegte technische Maßnahmenwert für Legionella spec. erst beim Überschreiten von 100 KBE/100 ml als Auslöser der jetzt als Risikoabschätzung genannten Vorgehensweise. Nun ist das Erreichen von 100 KBE/100 ml bereits dafür maßgeblich – mit den bekannten Konsequenzen.
Diese eine Legionelle hört sich nicht nach einer deutlichen Verschärfung an. Sie ist es aber. Denn oftmals wird im Labor in 1 ml Untersuchungsvolumen eine Legionelle nachgewiesen, nicht aber in der gefilterten Probe von beispielsweise 80 ml, obwohl hier 80-mal mehr Legionellen zu erwarten gewesen wären. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, die vom Zufallsbefund bis hin zum Überwachsen der Legionellen durch andere Bakterien reichen, sodass kein kultureller Nachweis bei der gefilterten Probe möglich ist.
Um die Folgen dieser Verschärfung statistisch besser abzusichern, hat das UBA neue Anforderungen erstellt (Bundesgesundheitsblatt 2023, S. 218): Mit Inkrafttreten des neuen technischen Maßnahmenwertes müssen mindestens drei einzelne Kolonien von Legionella spec. im Labor nachgewiesen werden, damit eine Überschreitung vorliegt. Es müssen also nicht noch mehr teure Proben entnommen werden, sondern lediglich Aufwand und Kosten im Labor steigen moderat durch eine andere Art der Auswertung.
Information der Verbraucher
In § 52 geht es um allgemeine Informationen der Verbraucher durch den Betreiber, wenn Werte überschritten sind oder der technische Maßnahmenwert für Legionellen erreicht ist und z. B. durch das Gesundheitsamt Maßnahmen zur Gefahrenabwehr angeordnet wurden. Eine dieser Maßnahmen kann insbesondere die „Vermeidung des Konsums von Stagnationswasser“ sein (§ 52, Absatz 1, Punkt 2), aber auch weitere Schutzmaßnahmen gegen Legionellen umfassen (§ 52, Absatz 3).
Untersuchungen des Trinkwassers
Mit den Themen „Zugelassene Untersuchungsstellen“ und „Durchführung von Trinkwasseruntersuchungen“ befassen sich die §§ 39 bis 44. In § 41 findet sich die Pflicht des Betreibers, wenn eine auf Legionellen untersuchungspflichtige Trinkwasser-Installation vorliegt. Dann muss er wie bisher für geeignete und repräsentative Probennahmestellen sorgen.
Auch das Probennahmeverfahren (§ 42, Absatz 2) nach DIN EN ISO 19458 „Wasserbeschaffenheit – Probenahme für mikrobiologische Untersuchungen“, Zweck b, bleibt erhalten – also eine Probennahme ohne Strahlregler und ohne Handbrausen oder Duschköpfe. In § 42, Absatz 3, findet sich auch das bekannte Untersuchungsverfahren mit Zufallsstichprobe (Z-Probe) oder alternativ als gestaffelte Stagnationsbeprobung (S0-Probe, S1-Probe, S2-Probe) für die Parameter Blei, Kupfer und Nickel.
Empfehlung einer Risikoabschätzung auch ohne Legionellennachweis
In § 64, Absatz 4, wird ein erster Schritt hinsichtlich einer allgemeinen Risikoabschätzung für Trinkwasser-Installationen gemacht, selbst wenn ausschließlich andere Parameter als Legionellen überschritten sind. Muss der Betreiber die Verwendung des Trinkwassers auf Anordnung des Gesundheitsamtes einschränken, kann das Gesundheitsamt dem Betreiber eine Risikoabschätzung für alle Parameter empfehlen, die sich in der Trinkwasser-Installation ändern können.
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
In den §§ 71 und 72 geht es um rechtliche Aspekte bei Vergehen gegen die TrinkwV. So ist es beispielsweise bereits eine Straftat, wenn vorsätzlich oder fahrlässig Wasser mit Krankheitserregern gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) abgegeben wird – also auch ohne dass jemand erkrankt oder gar stirbt.
In § 72 sind insgesamt 37 Ordnungswidrigkeiten aufgelistet, von denen ein Teil explizit für die Trinkwasser-Installationen in Gebäuden gilt. In Absatz 1, Aufzählungspunkt 2, steht beispielsweise, dass es bereits eine Ordnungswidrigkeit ist, wenn fahrlässig oder vorsätzlich eine Trinkwasser-Installation entgegen § 13, Absatz 1, nicht nach den a. a. R. d. T. geplant, errichtet oder betrieben wird. Dazu muss es also nicht zu einer Schädigung der menschlichen Gesundheit kommen.
Allein zum § 51 „Handlungspflichten des Betreibers in Bezug auf Legionella spec.“ gibt es vier Ordnungswidrigkeiten, die sich auf die Erstellung und Übermittlung einer Risikoabschätzung, die Mitteilung an das Gesundheitsamt und die Aufbewahrung der in § 51, Absatz 4, Satz 2, genannten Dokumentation beziehen.
Fazit
In nunmehr 72 Paragrafen regelt die TrinkwV 2023 die Sicherung und Überwachung der Trinkwassergüte vom Erfassungsgebiet des Trinkwassers durch den Wasserversorger bis hin zur Abgabe des Trinkwassers an den Verbraucher. Bisher lag der Fokus bei der Trinkwasser-Installation in Gebäuden vorrangig auf einer reaktiven Vorgehensweise, also auf Maßnahmen nach einer Grenzwertüberschreitung.
Mit der neuen TrinkwV kommen weitere vorsorgliche Maßnahmen hinzu, wie dies die Wasserversorgungsunternehmen aus ihrem Verantwortungsbereich bereits kennen. Damit befinden sich alle auf gutem Weg hin zum WSP für Gebäude, bei dem die Trinkwasser-Installationen in Gebäuden und deren fachgerechter Betrieb auch anlasslos und regelmäßig auf die Einhaltung der a. a. R. d. T. untersucht werden.
Risikoabschätzung statt Gefährdungsanalyse
Der Begriff „Gefährdungsanalyse“ wird in der TrinkwV 2023 durch den der „Risikoabschätzung“ ersetzt. Damit wird eine Vorgabe des Artikels 10 der EU-Trinkwasserrichtlinie umgesetzt. Dieser Begriff stammt aus dem Wassersicherheitsplan (WSP) und ist dort der Gefährdungsanalyse im Ablaufschema und damit zeitlich nachgelagert.
Sicherlich ist er nicht glücklich gewählt, denn kein Sachverständiger „schätzt“, er bewertet die Fakten. Doch das Ziel ist nachvollziehbar. Vereinfacht gesagt sollen Gefährdungen in Risiken gemäß einer 3 x 3-Matrix überführt werden. Ziel dieser Überführung von Gefährdungen in Risiken ist es, sich bei der Sanierung auf wesentliche und erfolgversprechende Sanierungsmaßnahmen zu fokussieren.
Denn nicht jeder Verstoß gegen die a. a. R. d. T. (= Gefährdungen), wie beispielsweise eine fehlende Dämmschale an einer Absperreinrichtung, hat etwas mit einer Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen im Gebäude zu tun. Es geht also um eine Vorgehensweise mit Augenmaß, weshalb auch unter bestimmten Umständen auf weiterführende Untersuchungen verzichtet werden darf. Beispielsweise wenn festgestellt wird, dass die Ausgangstemperatur am Warmwasserspeicher zu gering eingestellt ist.
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