Theoretisch sind Wärmepumpen sehr effiziente Energiewandler. Mit Strom aus dem öffentlichen Netz oder künftig bevorzugt mit Strom von der Photovoltaikanlage auf dem eigenen Hausdach kann ein Vielfaches an nutzbarer Wärme erzeugt werden. Doch was im Labor oder auf den Prüfständen der Wärmepumpenhersteller optimal funktioniert, muss sich nicht zwangsweise auch in der Praxis einstellen.
Messungen an realisierten Wärmepumpenanlagen sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz zeigen, dass die prognostizierte Effizienz oft nicht erreicht wird. Die Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz hat die Probleme mit nicht sachgemäß geplanten und ausgeführten Wärmepumpenanlagen früh erkannt und bereits in den 1990er-Jahren Peter Hubacher als „Wärmepumpendoktor“ etabliert.
Unzufriedene Hausbesitzer mit Wärmepumpen konnten sich von Hubacher herstellerunabhängig beraten lassen. Oft waren es nur Kleinigkeiten, die allerdings die Effizienz maßgeblich beeinflussten. Durch die sorgfältige und gewissenhafte Marktbearbeitung, gepaart mit umfassenden nationalen und internationalen Forschungsprojekten, hat sich die Schweiz zum Vorzeigeland für innovative Wärmepumpenlösungen entwickelt.
Wichtigstes Forum für den Erfahrungsaustausch ist die jährliche Wärmepumpentagung der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie (BFE).
Monitoringstudie zeigt Schwachstellen
Ähnlich wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Freiburg, führt auch das Institut für Energiesysteme der Interstaatlichen Hochschule für Technik (NTB), Buchs im Kanton St. Gallen, Feldtests an ausgeführten Wärmepumpenanlagen durch.
Die seit 2016 in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie – EnergieSchweiz – laufende Studie umfasst mittlerweile 20 Wärmepumpenanlagen zum Heizen und zur Trinkwassererwärmung (TWE) mit Schwerpunkt Einfamilienhäuser. Dabei geht es in erster Linie darum, die tatsächliche Effizienz der Systeme im Betrieb aufzuzeichnen und diese mit Herstellerdaten und Labormessungen zu vergleichen.
Dazu hat das Team um Ralph Kuster von der NTB Buchs eine auf Digitaltechnik basierende Messmethodik und Datenerfassung entwickelt, die nicht nur aktuelle Energieverbräuche erfasst, sondern auch hochauflösende Daten in definierbaren Intervallen über Leistungsänderungen innerhalb eines vorgegebenen Zeitverlaufs liefert (Bild 2).
Aus den Messwerten von sieben Einfamilienhäusern mit Luft/Wasser-Wärmepumpen und sechs Einfamilienhäusern mit Sole/Wasser-Wärmepumpen (die Anlagen entsprechen marktüblichen Standardinstallationen) ergeben sich folgende Erkenntnisse:
Ein besonderes Augenmerk müsse künftig auf die Trinkwassererwärmung mittels Wärmepumpe gelegt werden, mahnt Kuster. Hier gebe es erhebliche Unterschiede zwischen der Effizienz der Wärmeerzeugung und der tatsächlich genutzten Wärme. Die Ursachen lägen im Einsatz von elektrischen Heizelementen, beispielsweise durch Legionellenprogramme, in Verteilverlusten durch Zirkulationsleitungen und in Speicherverlusten.
Aufgrund der höheren Senkentemperatur im Speicher sei der Wirkungsgrad der Trinkwassererwärmung etwa 17,5 bis 19 % niedriger als der Gesamtwirkungsgrad für Heizung und Trinkwassererwärmung.
Besonders benachteiligt sind Sole/Wasser-Wärmepumpen während der warmen Jahreszeit. Im Vergleich zu Luft/Wasser-Wärmepumpen mit ihrer vergleichsweise hohen sommerlichen Wärmequellentemperatur kann der Wirkungsgrad der Trinkwassererwärmung bei Sole/Wasser-Wärmepumpen um 28 bis 35 % niedriger liegen als der Gesamtwirkungsgrad Heizen und Trinkwassererwärmung.
Mit der stetigen Verbesserung der Bausubstanz (Dämmung) kommt der Trinkwassererwärmung energetisch eine immer größere Bedeutung zu. Aus den Ergebnissen der Messungen lassen sich folgende Erkenntnisse ableiten:
an kühlen Sommerabenden die Heizung ein, obwohl die Temperatur in den Räumen noch im Komfortbereich lag. Durch eine Anpassung der Heizkurve, also die Senkung der Vorlauftemperatur, konnte die zwischensaisonale JAZ in einem Fall von 2,7 auf 3,4 gesteigert werden.
Trotz vergleichsweise guter Ergebnisse der Feldstudie gebe es weiteres Verbesserungspotenzial, insbesondere bei der Trinkwassererwärmung, so Kuster.
Politik beeinflusst JAZ
Inwieweit ein Wechsel von fossilen Energieträgern zu strombasierenden Systemen für den Nutzer attraktiv ist, hängt offensichtlich nicht nur von der technischen Weiterentwicklung von Wärmepumpensystemen ab, sondern zu gleichen Teilen auch von den zukünftigen politischen Rahmenbedingungen. Zu diesem Ergebnis kommen Manuel Prinzing und sein Team, Institut für Energiesysteme, Buchs.
Basis der Prognose, welche Rolle die Wärmepumpe im Jahr 2050 spielen wird, sind real gemessene Betriebswerte von Wärmepumpen-Feldanlagen sowie mögliche Einflussgrößen aus dem Wärmepumpenumfeld. Sehr verkürzt dargestellt wird die Zukunft der Wärmepumpe von folgenden Entwicklungen beeinflusst:
Kältemittel: Aktuell wird die Entwicklung bei Kältemitteln größtenteils durch die europäische F-Gase-Verordnung bestimmt. Hiermit sollen Kältemittel mit hohem Treibhauspotenzial (GWP – Global Warming Potential) nach und nach aus dem Markt gedrängt und durch Ersatzkältemittel mit niedrigem GWP ersetzt werden.
Aus Sicht der Autoren schließt sich daran eine Generation von neuen Kältemitteln auf der Basis von Hydro-Fluor-Olefinen (HFO) mit GWP-Werten < 600 an. Die Marktdurchsetzung der neuen Kältemittel sehen die Autoren in der technischen Dreiecksbeziehung „GWP – Effizienz – Brennbarkeit“.
Alternativ zu den synthetischen Mischungen bieten sich – je nach Anwendungsbereich – natürliche Kältemittel an, insbesondere Propan (R290), Ammoniak (R717), Kohlenstoffdioxid (R744) und Wasser. Hindernisse, diese Stoffe zu verwenden, sind jedoch ihre Brennbarkeit (R290) und ihre Toxizität (R717).
Mit nennenswerten Effizienzsteigerungen sei durch diese alternativen Kältemittel jedoch nicht zu rechnen; manche Stoffe seien sogar im einstelligen Bereich schlechter als die Ausgangskältemittel.
Legionellenbekämpfung: Auch Prinzing sieht in den gesetzlichen Vorgaben zur Legionellenbekämpfung im Zusammenhang mit Zirkulationsleitungen eine deutliche Einschränkung der Wärmepumpeneffizienz. Eine Betriebsweise mit konstant 60 °C und rein elektrischer Erwärmung von 50 auf 60 °C reduziere den Wärmenutzungsgrad solcher Anlagen auf nur noch 2,5.
Hintergrund ist die permanent höhere Rücklauftemperatur zur Wärmepumpe bei der Beladung des Warmwasserspeichers, die einer 20%igen Verminderung der JAZ gleichkomme. Falls es aus hygienischen Gründen zu Temperaturvorgaben für das Trinkwarmwasser von 70 bis 80 °C komme, wie zum Beispiel in den USA, werde ein Technologiesprung zu separat arbeitenden transkritischen CO2-Wärmepumpenboilern erwartet. Nur so könnten bei TWE-Systemen in Mehrfamilienhäusern die heutigen Effizienzwerte erreicht werden.
Wärmequellen: Ein hohes Potenzial zur Effizienzsteigerung bieten Wärmequellen mit höheren Temperaturen. Dazu zählen Tunnelbauwerke, Schächte, Seewasser, kalte Fernwärme, Fernwärme-Rückläufe sowie Abwärme aus Abwasser und Wärme aus thermischen Solaranlagen. Gegenüber Erdwärmesonden-Wärmepumpen seien hier Effizienzsteigerungen von 20 bis 25 % möglich.
Je nach Temperaturniveau des Mediums könnten sogenannte Booster-Wärmepumpen beim jeweiligen Verbraucher die Temperatur erhöhen (Bild 3). Als Hürden erweisen sich allerdings die noch nicht vorhandene Wirtschaftlichkeit und die höheren Anforderungen an Planung und Installation.
Von sogenannten Smart-Grid-ready-Funktionen (netzdienliche Betriebsweise) sei keine Effizienzverbesserung der eingebundenen Wärmepumpen zu erwarten, eher das Gegenteil. Gängige Lastverschiebungen zur Netzstabilisierung würden zu überhöhten Soll-Vorlauftemperaturen und ggf. zur Zuschaltung des Elektroheizstabs führen und damit die Effizienz der Wärmepumpen verschlechtern. Anmerkung: Die Energiekosten könnten trotzdem sinken.
Als Herausforderung bei Mehrfamilienhäusern sehen die Autoren den Anspruch, jeden Mieter mit der gewünschten Wohnraumtemperatur zufriedenzustellen. Dies führe jedoch zu effizienzmindernden höheren Systemtemperaturen und zu längeren saisonalen Heizzeiten.
Für Niedrigenergie-Mehrfamilienhäuser könne man sich dezentrale Luft/Luft-Wärmepumpen in Kombination mit einer Wohnraumlüftung vorstellen, auch im Hinblick auf den zunehmenden Wunsch nach Klimatisierung der Wohnung im Sommer.
Eine andere Möglichkeit, die Gesamteffizienz einer Wärmepumpenanlage zu erhöhen, seien antriebslose Wärmeentzugssysteme mit geringem oder kleinem Hilfsstrombedarf. Zum Beispiel können mit einer CO2-Erdwärmesonde nach dem Heat-Pipe-Prinzip um 0,5 bis 1,0 Punkte höhere Jahresarbeitszahlen erreicht werden. Die Gesamtenergieeffizienz ließe sich dadurch um 15 bis 20 % steigern, so die Ergebnisse eines Forschungsprojekts am Institut für Energiesysteme.
Auf der Basis der unterschiedlichen technischen Entwicklungsmöglichkeiten auf dem Wärmepumpensektor in Kombination mit möglichst positiven politischen Rahmenbedingungen haben die Wissenschaftler ein Prognosetool entwickelt, das die Entwicklung der JAZ-Werte für Neubau, Sanierung und Altbau bis zum Jahr 2050 beleuchtet. Im günstigsten Fall (Neubau, Sole-Wärmepumpe mit 30 bis 35 °C Vorlauftemperatur) könne mit JAZ-Werten von 9,1 gerechnet werden. Im ungünstigsten Fall (Altbau, Luft/Wasser-Wärmepumpe, 50 bis 55 °C Vorlauftemperatur) seien allenfalls JAZ-Werte von 4,2 erreichbar.
Solution-Tool für Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern
Während sich in Deutschland die Wärmepumpe im Neubaubereich mit einem Anteil von rund 46 % gegenüber Erdgas, Heizöl und Fernwärme immer stärker behauptet, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass es sich dabei in erster Linie um Wärmepumpenanlagen in Einfamilienhäusern handelt.
Nach einer Recherche im Rahmen des IEA-Projekts Annex 50 „Heat Pumps in Multi-Family-Buildings for Space Heating and DHW“ werden aktuell nur etwa 20 % der neu gebauten Mehrfamilienhäuser in A, DK, F, D, I, NL und CH mittels Wärmepumpe beheizt. Die Gründe dafür seien vielfältig und reichten von hohen Kapitalkosten über einen Mangel an nutzbaren Wärmequellen in einer städtischen Umgebung bis hin zur fehlenden Marktverfügbarkeit von Wärmepumpen großer Leistung bei gleichzeitig hohen Heiztemperaturen (mindestens 65 °C). Hinzu komme die oft heterogene Eigentümerstruktur bei Wohnanlagen, was sich insbesondere auf die Entscheidungsfindung bei der energetischen Sanierung von bestehenden Gebäuden negativ auswirkt.
Marek Miara, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), Freiburg, und Obmann des IEA HPT Annex 50, hob hervor, dass der Arbeitskreis daran arbeite, aus den sehr zahlreichen Lösungsansätzen von Wärmepumpen im Mehrfamilienhaus (MFH) fünf „Lösungsfamilien“ zu definieren. Diese Familien werden in einer Matrix mit Anwendungsfällen (Gebäudebestand, Neubau usw.) zusammengeführt, kurz charakterisiert und durch konkrete Praxisbeispiele ergänzt. Die aktuelle Systematik ist aufgegliedert in:
Alle bereits erfassten Beispiele aus den Ländern A, DK, F, D, I, NL und CH werden in einer Datenbank gesammelt und über eine interaktive Karte (→ www.bit.ly/tga1292) zur Verfügung gestellt. Ein Beispiel aus Deutschland ist das Projekt Energie-Insel Petershagen (Bild 1). Langfristiges Ziel ist die Entwicklung eines Tools auf der Basis einer interaktiven Lösungssuchmaschine.
Der zweite Teil dieser Eindrücke von der 26. Wärmepumpentagung folgt in der SBZ 5-2021. Dort geht es um den Einsatz der Wärmepumpe in Niedrigstenergiehäusern, die Bewertung und Senkung von Schallemissionen sowie den Unterschied zwischen Normauslegung und realem Betrieb.