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Alternativer Kalkschutz

Die Ursache lästiger Belagsbildung ist die Umwandlung vom verhältnismäßig leicht löslichen Kalziumhydrogenkarbonat (Ca(HCO3)2) in das schwer lösliche Kalziumkarbonat (CaCO3) unter Abspaltung von Kohlensäure. Von Kalziumkarbonat lösen sich in Wasser nur noch 14 mg/l, während Hydrogenkarbonat noch mit 850 mg/l im Wasser löslich ist. In der Konsequenz scheidet sich dann die überschüssige Menge an Kalziumkarbonat aus der Lösung aus. Dieser Vorgang läuft jedoch sehr gehemmt – andernfalls hätten wir oft trübes Wasser – und bevorzugt an passenden Oberflächen ab, an denen zusätzlich noch der größte Mangel an Kohlensäure herrscht. Dies ist zum Beispiel an den heißesten Stellen der Fall.

Verfahren zur Reduzierung der Steinbildung

Das Ausmaß der Belagsbildung auf Werkstoffoberflächen, verursacht durch Wässer aus dem Härtebereich „hart“, wird primär durch die Faktoren Kalzitabscheidekapazität und Temperatur beeinflusst. (Durch die Einführung eines technischen Maßnahmenwerts für Legionellen ist mit der Trinkwasserverordnung (TVO) 11/2011 letztere wieder angestiegen.) Weniger bestimmend ist zunächst die Werkstoffoberfläche selbst. Diese Kalzitabscheidekapazität, eine Funktion von pH-Wert, Kalziumhärte und Karbonathärte, gilt es durch Wasserbehandlungsmaßnahmen abzubauen. Folgende Möglichkeiten stehen zur Verfügung:

  • Stabilisierung durch Polyphosphatdosierung
  • Enthärtung durch Ionenaustausch
  • Umhärtung durch Ionenaustausch
  • Entsalzung durch Membranverfahren
  • Stabilisierung mit alternativen Verfahren

Grundsätzlich gilt für alle Verfahren, dass die Trinkwasserverordnung eingehalten werden muss. Die älteste Methode, Kalkablagerungen zu verhindern, ist die Zugabe von Polyphosphaten. Mittels volumenproportional arbeitenden Dosierstationen werden dem Trinkwasser maximal 6,7 mg/l Phosphat zugegeben. Diese kettenförmigen Phosphorverbindungen blockieren das Kristallwachstum des Kalks dergestalt, dass dieser auch bei Erwärmung für einen gewissen Zeitraum in Lösung bleibt. Nachteilig für die Praxis ist, dass hier – aufgrund des gezielten Eintrags von Chemikalien in das Trinkwasser – neben der Deklarations- auch eine (wöchentliche) Aufzeichnungspflicht besteht. Zudem fördern Phosphate die unerwünschte Biofilmbildung.

Stehen technische Anforderungen oder Komfortansprüche im Vordergrund, bietet sich der klassische Ionenaustausch an. Hier werden die Härtebildner Kalzium und Magnesium mithilfe von Kunstharzkügelchen gegen Natrium ausgetauscht, welches mit dem Karbonat im Wasser ein leicht lösliches Salz bildet. Logischerweise erhöht sich dadurch der Natriumgehalt in einem Liter Trinkwasser und zwar um 8,2 mg/l je Grad reduzierter Härte. Es muss also die Gesamtkonzentration an Natrium im aufbereiteten Trinkwasser berücksichtigt werden, da diese von der TVO auf 200 mg/l begrenzt ist. Durch diese Aufbereitung wird das Wasser als weich empfunden und es bilden sich weniger Rückstände, z. B. an Brauseköpfen. Auch kann an Wasch- und Spülmaschinen eine andere Dosierung bzw. Härteeinstellung vorgenommen werden. Erkauft wird dies mit dem Einsatz von Regeneriersalz und, im Falle verzinkter Installationen, einer nachgeschalteten Dosierung von Orthophosphat zum Schutz vor wasserseitiger Korrosion.

Eine interessante Möglichkeit stellt die Umhärtung dar, bei welcher das Kalzium nicht gegen Natrium, sondern gegen das physiologisch günstigere Magnesium ausgetauscht wird. Die Härte des Trinkwassers wird dadurch nicht verändert. Jedoch lassen sich die Beläge deutlich reduzieren, da Magnesiumkarbonat mit 250 mg/l weit besser im Wasser löslich ist als Kalziumkarbonat mit seinen 14 mg/l. Nachteilig sind hier unter anderem der höhere Preis für das Regeneriersalz sowie das fehlende DVGW-Zeichen. Die nicht nur energetisch aufwendigste Anlagentechnik erfordern die Membranverfahren (Nanofiltration, Umkehrosmose), die das Wasser nicht nur enthärten, sondern auch (teil)entsalzen. Diese Verfahren werden bei der zentralen Enthärtung in Stadtwerken oder auch Hotels in Urlaubsgebieten eingesetzt. Alle bisher genannten Verfahren verändern die Wasserzusammensetzung mehr oder weniger stark, sei es durch Zugabe von Phosphaten, der Erhöhung des Natrium-/Magnesiumgehalts oder der Entfernung von physiologisch wertvollen Mineralien.

Prüfung alternativer Kalkschutzmethoden

Sollen die physiologisch wertvollen Mineralien im Wasser enthalten bleiben und darf dem Wasser nichts aktiv zudosiert werden, sind andere Techniken anzuwenden. Diese Technologien wurden Mitte der 90er-Jahre mit dem Ziel einer natürlichen Härtestabilisierung entwickelt. Vorausgegangen waren die klassischen physikalischen Kalkschutzgeräte, (Dauermagnete, Elektrospulen, Opferanoden und Hochspannungssysteme), welche in der Praxis zwar oft zufriedenstellende Ergebnisse zeigten, allerdings dann im neuen, einheitlichen DVGW-Prüfverfahren W512/W510 den Erwartungen nicht entsprachen. Im Sinne der Arbeitsblätter sind die Kalkschutzgeräte nur dann ausreichend wirksam, wenn diese die Kalkausscheidung – im Boiler mit elektrischen Heizelementen – reproduzierbar um mindestens 80 %, also auf ein Fünftel, vermindern können. Während es sich bei W512 um einen prinzipiellen Wirksamkeitstest bei konstant niedrigem Volumenstrom handelt, stellt die zum DVGW-Zeichen führende Gebrauchstauglichkeitsprüfung W510 deutlich höhere Anforderungen. Geprüft wird neben dem Erhalt der Wasserqualität u. a. auch die Mikrobiologie.

Hier sei angemerkt, dass im Markt, bevorzugt bei Endkundenmessen, gelegentlich Kalkschutzgeräte auftauchen, die mit einer erfolgreichen Prüfung nach W512 beworben werden. Hier handelt es sich nicht um eine DVGW-zertifizierte Technologie, da – aus welchen Gründen auch immer – die Gebrauchstauglichkeitsprüfung W510 nicht bestanden wurde.

Alternative Härtestabilisierung

Alternative Kalkschutzanlagen schützen Boiler und Installation, indem gezielt eine interne Konkurrenzreaktion zur Kalkabscheidung auf den Heizelementen aufgebaut wird. Die Oberfläche, die bei der Kalkabscheidung mit der des Heizelementes konkurriert, wird von eigens erzeugten Kristallisationszentren gebildet. Die Kristallisationszentren bestehen aus jenem Salz, das sich im Trinkwasser am schlechtesten löst: Kalziumkarbonat. Übersteigt die Gesamtoberfläche dieser vielen Kristallisationszentren die Oberfläche der Heizelemente um mehrere Größenordnungen, so ist es nur eine Frage der Statistik, wo sich der beim Erwärmen des Wassers ausfallende Kalk primär abscheidet. So beladene Kristallisationszentren – die im Wasser unsichtbar schweben – transportieren bei jeder Wasserentnahme Kalk aus dem Installationssystem ab. Bei entsprechendem Boilerumschlag kann durch diesen Kunstgriff die Kalkabscheidung auf Heizelementen deutlich reduziert werden. Die chemische Zusammensetzung des Wassers bleibt dabei unverändert, es wird lediglich eine kleine Menge vom zuvor gelösten Kalk (Ca(HCO3)2) in partikulären Kalk (Nanokristalle aus CaCO3) gewandelt. Eine Härtemessung nach dem Gerät wird also das gleiche Ergebnis zeigen wie vor dem Gerät.

Die Gerätetechniken

Die Aufgabe eines Wasserbehandlungsgerätes zur alternativen Härtestabilisierung besteht somit darin, so viele Kristallisationszentren wie möglich aus dem im Wasser gelösten Kalk zu produzieren. Dabei müssen diese möglichst klein sein und dürfen sich auch nicht zusammenballen. Abgesehen von Biocat verfolgen die anderen Hersteller als Lösungsansatz den Eingriff auf das Wasser mittels großflächiger, dreidimensionaler Elektrodensysteme, vorzugsweise aus Kohlenstoff. Je nach Hersteller werden Kohleschüttungen, -Stäbe oder -Gewebe/Filze eingesetzt, die mit pulsierender elektrischer Spannung zwischen 2,5 und 28 Volt – teilweise alternierend – polarisiert werden.

Dort, wo gerade der Minuspol anliegt, wird Kohlensäure gebunden und Kalziumkarbonat scheidet sich an der Elektrodenoberfläche ab. Sowie kleine Kristalle aufgewachsen sind, werden diese von der Oberfläche durch rhythmisches Umpolen immer wieder abgelöst. Durch entsprechende Strom-/Spannungssignale wird die Neubildung von Kristallen gegenüber dem Wachstum bereits gebildeter bevorzugt. Am Pluspol wird gleichzeitig – zumindest bei den meisten Geräten – etwas Sauerstoff gebildet, der einer Vermehrung von Mikroorganismen auf einfache Weise vorbeugt. Eine thermische Desinfektion oder Spülprozesse werden somit hier nicht benötigt.

Diese Technologien, wie beispielsweise Permasolvent Primus, bieten – unter Beachtung ihrer Einsatzgrenzen – Kalkschutz ohne signifikante Veränderung der Wasserqualität. Im technischen Bereich (z. B. Industriespülmaschinen) mit klar definierten Härtegrenzen und hohen Komfortansprüchen sollte den Enthärtungsverfahren der Vorzug gegeben werden. Aktuell bieten ausschließlich die Hersteller Biocat, BWT, Grünbeck, Judo, Permatrade und Syr entsprechende Technologien mit DVGW-Prüfzeichen zur Kalksteinverminderung an. Diese seit über zehn Jahren am Markt bewährten DVGW-W510-geprüften Kalkschutztechnologien stellen nach wie vor den neusten Stand der Technik dar. Viele Geräte befinden sich schon in der dritten Generation und sind sowohl im Design als auch bezüglich der Connectivity auf der Höhe der Zeit.

Info

Verkalkungsphänomen kathodische Steinbildung

Dieses Verkalkungsphänomen tritt immer im Zusammenhang mit kathodisch geschützten, i.d.R. emaillierten Trinkwasserspeicherbehältern auf. Wird die Beschichtung des Boilers verletzt, hat die Schutzanode die Aufgabe, den freigelegten Stahl zu immunisieren, sodass keine Eisenionen in das Wasser übertreten können. Dabei kommt es in einer Nebenreaktion zur Kalkabscheidung auf der Metalloberfläche. Leider tritt diese Kalkabscheidung auch gerne im Anschlussbereich der Boiler an den metallisch blanken Fittingen auf, sofern sich diese im „Sichtbereich“ der Anode befinden. Enthält nun das Wasser Kupferionen (Zirkulationsleitung aus Cu), so werden diese zusammen mit dem Kalk abgeschieden und halten den Belag elektrisch leitend. Auf diese Weise kann die Belagsbildung bis zum kompletten Verschluss des Anschlussbereiches weiter anwachsen. Die bestmögliche Lösung für dieses Phänomen der elektrochemischen Kalkabscheidung schafft das Einführen einer Tauchhülse aus Kunststoff an der betroffenen Stelle.

Autor

Dr. Dietmar Ende ist Entwicklungsleiter der Permatrade Wassertechnik GmbH, 71229 Leonberg, Telefon (0 71 52) 9 39 19-0, ende@perma-trade.de, www.perma-trade.de