SBZ: Herr Zehrfeld, wie wichtig ist es für die Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK, Theorie und Praxis in engem Zusammenhang zu erleben, und zwar eben nicht nur im Betrieb, sondern auch in der Berufsschule?
Felix Zehrfeld: Es wird immer wichtiger, die Praxis auch direkt in der Schule miteinzubringen. Vielen jungen Auszubildenden der neuen Generation Anlagenmechaniker SHK fehlt die Vorstellungskraft, wie Bauteile funktionieren oder aufgebaut sind. Da ist es von Vorteil, wenn man das dann direkt an der Wand zeigen und erklären kann. Es hilft den Auszubildenden, es besser zu verstehen und das Wissen später wieder abzurufen.
Außerdem kann man auf diese Art auch die teilweise trockene Theorie interessanter gestalten für die Auszubildenden. Das weckt das Interesse, die Hintergründe von Mechanismen und hydraulischen Vorgängen in Anlagen zu erlernen und, noch viel wichtiger: diese Vorgänge zu verstehen.
Durch unsere Tätigkeit im Gesellenprüfungsausschuss sehen wir häufig, wo es noch Nachholbedarf gibt und welche Themen den Prüflingen schwerfallen.
Bild: Zehrfeld
SBZ: Reicht der Arbeitsalltag dafür nicht aus?
Zehrfeld: Es fehlt an fachkundigen Gesellen, Stichwort Ausbildereignung, und an der Zeit, einen jungen Auszubilden quasi an die Hand zu nehmen und ihm die Dinge zu erklären und beizubringen. Die Praxisanteile kann man in der Berufsschule unter idealen Bedingungen und ohne Zeitdruck lehren, sodass Auszubildende dies dann bei Kunden schon mit anwenden können. Mit ihren Vorkenntnissen, etwa über die Funktion eines Bauteiles, tragen sie zum Erfolg bei.
Ich muss leider auch sagen, dass die Auszubildenden in ihren Firmen gar nicht immer alle Praxisthemen erleben, wenn sich der Betrieb zum Beispiel nur auf bestimmte Tätigkeitsbereiche beschränkt hat. Da wird es wichtig, dass die Auszubildenden solch ein Thema wenigstens schon mal praktisch in der Berufsschule gesehen und ausgeführt haben. Ich denke da auch an Basisthemen wie Inbetriebnahme einer Enthärtungsanlage, Temperaturbegrenzung an Waschtischen oder die Abdichtung von Duschbecken/Wannen mit Wannendichtband. Zumal dies auch Themen sind, die in der heutigen Zeit einen sehr hohen Stellenwert einnehmen.
SBZ: Welche Bedeutung nimmt die von Ihnen gestiftete Ausbildungswand für die angehenden Anlagenmechaniker ein?
Yves Wallusek: Mit meinem Berufskollegen wollte ich die Ausbildung für die angehenden Anlagenmechaniker verbessern und es Auszubildenden, die in ihrem Betrieb vielleicht noch keine Wasserüberwachung, Enthärtung oder elektronische WC-Spülung eingebaut haben, ermöglichen, genau dies einmal zu tun. Zudem wollten wir die vermeintlich einfachen Dinge vermitteln, also einen Druckminderer einstellen, verschiedene Anschlussmöglichkeiten zeigen, Fließregel aufzeigen und den Unterschied beim Einbau von Kugelhähnen und Ventilen vermitteln. Wir zeigen den Azubis die verschiedenen Rohrwerkstoffe und neue Verbindungstechniken, die vielleicht noch nicht jede Firma im Portfolio hat. Die Auszubildenden können an den Wänden auch ihren Wissensstand testen. Die Anlage wurde so errichtet, dass Fehler eingebaut werden können und der Azubi diese dann praktisch beheben muss. Es ist zudem möglich, schriftliche Arbeiten abzufragen. Der Azubi bekommt ein Arbeitsblatt und muss die gestellten Aufgaben an den Wänden abarbeiten. Durch unsere Tätigkeit im Gesellenprüfungsausschuss sehen wir häufig, wo es noch Nachholbedarf gibt und welche Themen den Prüflingen schwerfallen. Das wollen wir mit praktischer Nachhilfe an den Wänden kompensieren und die Azubis besser auf den Gesellenalltag vorbereiten. Nicht zuletzt geht es auch darum, den schnellen Fortschritt der Technik zu vermitteln.
SBZ: Was genau lässt sich mit bzw. an der Wand fachlich vermitteln?
Zehrfeld: Im Großen und Ganzen bewegen wir uns bei der Installationswand auf der Ebene der Trinkwasserversorgung. Es geht los mit dem Hauswasseranschluss, bei dem die Grenze zwischen Versorger und VIU gezeigt werden kann, da dies ein wichtiger Bestandteil ist. Weiter kann man die Fließregel erklären, das ist gerade deshalb wichtig, da immer noch viel im Altbestand saniert wird. Wir zeigen an der Wand den Hauswasseranschluss mit Filter und moderner Wasserüberwachung, wie es heute Stand der Technik ist. Ebenfalls wurde eine Enthärtungsanlage verbaut, an der Inbetriebnahme und Einstellungen der Wasserhärte durchgeführt werden können. Wir haben einen fachgerechten Speicheranschluss simuliert, an dem auch der Druck erhöht und reduziert werden kann.
Des Weiteren kann man die Vorteile von Ventilen und die Nachteile von Kugelhähnen in der Installation aufzeigen (Stichwort: Druckschläge). Außerdem haben wir an der Wand verschiedene Installationsarten und Materialien für die Trinkwasser-Installation verbaut und an den Entnahmestellen verschiedene Absperreinrichtungen sowie eine normgerechte Heizungsbefülleinrichtung.
SBZ: Nutzen Sie auch die Rückseite?
Zehrfeld: Auf der Rückseite der Wand befindet sich eine Gasinstallation, an der die wichtigsten Punkte aufgeführt sind. Es handelt sich um eine Altinstallation, wie man sie heute noch oft vorfindet, dazu eine fachgerechte Neuanlage mit Sicherungsmaßnahmen und Druckregelarmatur. Die Anlage dient auch zur fachgerechten Gasprüfung nach TRGI 2018.
Unsere Palettenwagen zeigen einmal eine vollumfängliche und betriebsbereite Vorwandinstallation, an der u. a. Einstellungen über ein Tablet geübt werden, etwa die Temperatur am Einhebelmischer/Verbrühschutz. Ein weiterer Palettenwagen zeigt verschiedene Armaturen, an denen man die Funktion einer Thermostatbatterie zeigen und Einhebelmischer auch mal auseinanderbauen kann, um sich genauer mit dem Innenleben zu beschäftigen.
Auf dem dritten Wagen befinden sich verschiedene Vorwandelemente, die auf das Thema Barrierefreiheit eingehen. Weiter lässt sich an diesen Elementen mal ein Füllventil ausbauen oder gleich das ganze Innenleben eines UP-Spülkasten genau in Augenschein nehmen und auf Funktion und Zusammensetzung prüfen.
SBZ: Lassen Sie uns noch ein wenig über die Ausbildung an sich sprechen. Die Ausstattung der Berufsschulen ist in Teilen verbesserungsbedürftig. Sehen Sie auch bei der Ausbildung an sich Möglichkeiten zur Optimierung?
Wallusek: Optimierung würde ich es nicht unbedingt nennen. Ich bin mit dem Rahmenplan der Ausbildung an sich zufrieden. Allerdings sehe ich noch viele offene Möglichkeiten darin, sich ehrenamtlich im Handwerk zu engagieren. Egal, ob im Gesellenprüfungsausschuss oder in der Repräsentation des Handwerkes. Ein Beispiel: Ich biete mit drei weiteren Kollegen an unserer Berufsschule zusätzlichen praktischen Nachhilfeunterricht an, um Themen zu vertiefen und die Anlagenmechaniker von morgen besser auf den Berufsalltag vorzubereiten, da ja oft auch der Alltag zu schnelllebig ist und manch wichtige Themen viel zu kurz kommen. Da nehme ich auch die SHK-Betriebe in die Pflicht, sich auf neue Methoden einzulassen und sich auch mal die Zeit zu nehmen, um den Azubis eine Sache in Ruhe zu erklären und eben nicht nur so nebenbei.
SBZ: Also, es ist mehr Engagement bei der Ausbildung gefordert?
Wallusek: Das sind doch Punkte, die wir im Handwerk selber in der Hand haben. Jedoch möchte ich an dieser Stelle auch sagen, wir haben meiner Meinung nach ein gesamtgesellschaftliches Problem und da kann ich für alle Handwerksberufe sprechen, denke ich. Wir müssen wieder dahin kommen, dass auch das Handwerk den Stellenwert in der Gesellschaft erhält, den es verdient. Es ärgert mich immer wieder aufs Neue, wenn Kinder in der Schule gesagt bekommen, das aus ihnen nur etwas werden kann, wenn sie studieren. Natürlich, alle Wege sind gangbar und haben Vor- und Nachteile, sowohl die handwerkliche Ausbildung als auch ein Studiengang. Aber es muss die Balance stimmen. Wenn wir da wieder hinkommen, dass eine Ausbildung gesellschaftlich genauso hoch angesehen wird, dann brauchen wir uns meiner Meinung nach nicht über eine Optimierung zu unterhalten.
SBZ: Mal grundsätzlich gefragt, was meinen Sie, mit Blick auf die Anforderungen im Sanitär- wie auch im Heizungsbereich: Wäre es besser, wieder zwei getrennte Berufsbilder auszubilden – einmal Sanitär und einmal Heizung? Statt alles in dreieinhalb Jahre Ausbildungszeit zu pressen?
Zehrfeld: Ich bin ja an der Basis tätig. Ich betrachte dieses Thema recht differenziert und natürlich habe ich auch schon einmal darüber nachgedacht und innerlich für mich abgewogen, wie ich das entscheiden würde, wenn ich müsste. Meine erste Sichtweise bezieht sich natürlich auf die sich immer weiter und schneller entwickelnde Technik, auf die immer vielseitigeren und anspruchsvolleren Anlagen im Heizungs- und Sanitärhandwerk. Wenn man die Häufigkeit der Neuerungen an der Anlagen- und Materialtechnik betrachtet, die ja unter anderem auch eine höhere Anfälligkeit bei falscher Bedienung/Anwendung mit sich bringen und Installationen immer „sensibler“ machen, also, da wäre ich sofort dafür, beide Berufe wieder zu trennen.
Allerdings bin ich der Meinung, dass sich die vormals zwei Berufe trotz alledem sehr ähneln und die Schnittmengen gerade bei kleinen Aufträgen, zum Beispiel im Einfamilienhaus, sehr hoch sind. Da ist es gar nicht möglich, jedes Mal andere Mitarbeiter oder gar eine andere Firma zu holen. Ich finde außerdem, dass zwar die Technik immer weiter voranschreitet und komplexer wird, aber dass dennoch meist das gleiche „Prinzip“ dahintersteckt, nämlich die Physik. Die Hydraulik einer Anlage zum Beispiel, wenn man das einmal verstanden hat, kann man sich auch viel herleiten.
SBZ: Also bleibt alles beim Alten?
Zehrfeld: Meiner Meinung nach bringt es nichts, zwei Berufsbilder auszubilden. Ich möchte das noch mal deutlicher formulieren: Wenn man das Grundprinzip der Physik versteht, kommt man auch mit neuen Techniken und Anwendungen gut zurecht. Durch die Praxisbrille betrachtet ist es nicht mehr möglich, beide Berufsbilder sinnvoll zu trennen. Man sollte eher darüber nachdenken, den eher kleineren Teil an Klima- und Lüftungstechnik rauszunehmen, da dies den Prüflingen in den praktischen Prüfungen oft zum Verhängnis wird. Das ist sogar verständlich, denn wie zu Anfang unseres Gesprächs beschrieben, kommt der Punkt in der Praxis vieler Ausbildungsbetriebe zu kurz oder findet gar nicht statt.
SBZ: Herr Zehrfeld, das klingt so, als müssten Sie dafür demnächst auch eine Lehrwand erstellen. Jedenfalls besten Dank fürs Gespräch!
Zehrfeld: Herr Jäger, ich bedanke mich ebenfalls. Und erlauben Sie mir noch einen Schlusssatz: Ich möchte vielen, vor allem jungen Handwerkern dazu raten, sich ehrenamtlich im Handwerk zu engagieren, davon profitieren alle!
Das Projekt und die Personen dahinter
Felix Zehrfeld (Firma Lorenz in Bitterfeld-Wolfen), Yves Wallusek (Firma Karsai in Raguhn-Jeßnitz) und Dirk Klare (Berufsschullehrer am BSZ Hugo-Junkers in Dessau) haben das ungewöhnliche Projekt angeschoben und umgesetzt. Sie sind Mitglieder der SHK-Innung Bitterfeld/Wittenberg, die hinter dem Projekt steht. Die Installationswand mitsamt Palettenwagen steht im Anhaltischen Berufsschulzentrum Hugo Junkers in Dessau-Roßlau. Sie ist funktionsfähig, mit Wasser- und Abwasseranschluss.