Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Abwasser-Hebeanlagen planen und einbauen

Grundlagen und Praxis­empfehlungen

Einerseits sind Entwässerungsgegenstände unterhalb der Rückstauebene über ei­nen geeigneten Rückstauschutz abzusichern. Andererseits sollte häusliches und gewerbliches Abwasser grundsätzlich mittels Schwerkraft abgeleitet werden, sofern ausreichendes Gefälle zum Kanal vorhanden ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss: Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene sind nicht über eine Hebeanlage zu entwässern. Doch wird dieser elementare Planungsgrundsatz häufig nicht beachtet. Ein weiterer grundlegender Fehler ist das Einleiten von Regenwasser in Schmutzwasserfallleitungen. Das ist gemäß DIN 1986-100 auch für Regenwasser von kleinen Dachflächen wie Balkonen zu vermeiden (im Gegensatz zu DIN EN 12056-3:2001-01, 6.4). In beiden Fällen wird der Hebeanlage mehr Abwasser als nötig zugeführt. Dies treibt die Investitions- und Betriebskosten unnötig in die Höhe. Sind die Wassermengen, wie etwa bei Starkregenfällen, besonders hoch, kann die Hebeanlage die anfallenden Regenmengen nicht mehr bewältigen. Überschwemmungen sind die Folge. Besonders dramatisch wird die Situation bei Stromausfall, der leider oft zusammen mit Starkregenereignissen und Rückstau eintritt. Dann geht nämlich gar nichts mehr. Zum Gebäude geneigte Freiflächen wie beispielsweise Zufahrten von Souterraingaragen stellen eine weitere potenzielle Gefahr dar. Sie sollten daher nach Möglichkeit vermieden werden. Sind sie unumgänglich, so sollten ausreichend große Linienentwässerungsrinnen, Retentionsvolumina sowie große Hebeanlagen vorgesehen werden. Selbst dann bleibt noch ein Restrisiko der Gebäudeüberflutung, wenn die Hebeanlage ausfällt. Hierfür ist eine Überflutungsprüfung nach den Vorgaben der DIN 1986-100 durchzuführen. Für große öffentliche Funktionalgebäude sind die Anschaffungs- und Unterhaltskosten einer Notstromanlage mit dem Schadenspotential abzugleichen.

Bemessungsfehler führen zu Störungen

Niederschläge sind eine nicht beeinflussbare Größe. Die Regenwassermenge, die die Abwasser-Hebeanlage zu bewältigen hat, ist vor allem durch die angeschlossenen Flächen bestimmt. Die steigende Zahl von Starkregener­eignissen in den letzten Jahren zeigt, dass selbst langfristig errechnete Niederschlagsmengen kurzzeitig überschritten werden können. Bei der Planung ist daher Vorsicht angesagt. Für die Bemessung des Regenwasserabflusses (Qr) sind vor allem die Hinweise der DIN 1986-100 maßgeblich. Flächen unterhalb der Rückstauebene, die Sachwerte enthalten und durch eine Überflutung beschädigt werden können, sind mit einer Regenspende r(5,100) auszulegen, sodass ein fünf Minuten dauernder Jahrhundertregen keinen Schaden anrichtet. Zu diesen Flächen zählen z.B. Hauseingänge, Kellereingänge, Garageneinfahrten und Innenhöfe. Andere Flächen mit geringerem Gefährdungspotenzial können mit r(5,2) ausgelegt werden. Daten zu den lokalen Niederschlagsmengen stellt der Deutsche Wetterdienst (DWD) zur Verfügung. Zwar setzt eine genaue Bemessung korrekte Eingangsdaten voraus. Doch erlebt man beim Überprüfen ausgeführter Anlagen immer wieder Überraschungen. Beispielsweise werden

  • die angeschlossenen Entwässerungsgegenstände falsch ermittelt. So wurden beispielsweise in einem Bauvorhaben zwar die Toiletten, nicht aber die zugehörigen Urinale und Waschbecken angesetzt.
  • vorhersehbare Nutzungsänderungen, etwa eine bauliche Erweiterung, nicht eingeplant.
  • größere Freiflächen angeschlossen, als angegeben.
  • Regenwasserspenden nur pauschal mit 200 l/(sxha) angesetzt.

Die grundsätzlichen Auslegungsregeln zum Schmutzwasserabfluss (Qs) oder der Förderhöhe finden sich in der DIN EN 12056 sowie DIN 1986-100. Für Abscheideranlagen gelten zusätzlich die fallspezifischen Auslegungsregeln wie beispielsweise bei:

  • Fettabscheidern nach DIN EN 1825 zusammen mit DIN 4040-100;
  • Leichtflüssigkeitsabscheidern nach DIN EN 858 zusammen mit DIN 1999-100.

Frühe Planung ist das A und O

Die Frage nach dem Aufstellort sollte der Planer sehr früh klären. Ist das Gebäude erst einmal errichtet, lassen die baulichen Zwänge nur noch Notlösungen zu. Grundsätzlich bietet eine Außenaufstellung eine Reihe von Vorzügen:

  • Die Nutzer des Gebäudes haben mehr Platz.
  • Es entsteht kein störender Lärm im Gebäude.
  • Bei Wartungsarbeiten entfallen störende Gerüche.

Pumpenschächte sind sorgfältig auszulegen. Dies gilt nicht nur hinsichtlich Zulauftiefe, Nutzvolumen, Verkehrslastklasse oder Grundwasseranforderungen. Besonderes Augenmerk sollte auch auf eine dauerhaft dichte Konstruktion gelegt werden, um In- und Exfiltration zu vermeiden. Doch auch die Innenaufstellung hat Vorteile, wenn die Anlage für Wartungsarbeiten ohne Probleme zugänglich ist. Räume für Abwasserhebeanlagen sollten so groß sein, dass neben und über allen zu bedienenden und zu wartenden Teilen ein Arbeitsraum von mindestens 60 cm Breite bzw. Höhe zur Verfügung steht. Für die Raum­entwässerung bei Fäkalienhebeanlagen sieht die EN 12050-1 einen Pumpensumpf vor, was in der Praxis leider oft vergessen wird. Besonders wichtig: Beim Einbau in die Bodenplatte, insbesondere bei drückendem Grundwasser, muss der Verarbeiter besonders auf eine dichte Verbindung mit der Bodenplatte achten. Außerdem sind Leitungsdurchdringungen entsprechend abzudichten. Hier ist detailgenaues Arbeiten gefragt und die Abstimmung zwischen Baufirma und Installateur unerlässlich.

Doppelanlage ist bei Funktionalgebäuden Pflicht

Im Gegensatz zu Einfamilienhäusern gilt bei Funktionalgebäuden, dass auf die Nutzung der Hebeanlagen nicht verzichtet werden kann – Hotels oder Bürogebäude benötigen immer eine intakte Anlage, da sonst der laufende Betrieb erheblich beeinträchtigt wird. Das bedeutet: Die Hebeanlage muss mit einer zweiten, ebenso leistungsfähigen Fördereinrichtung ausgestattet sein. Außerdem sollten eine selbsttätige Steuerung und eine Handschaltung zur Ausstattung gehören. Aus Kostengründen kommen trotzdem hin und wieder nur Monoanlagen zum Einsatz. Voll funktionsfähig wird eine Doppelanlage aber erst mit einem geeigneten Konzept zur Pumpensteuerung. Dieses sollte folgenden Anforderungen genügen:

  • optimales Schaltspiel zwischen erster und zweiter Pumpe. Das bedeutet: Die erste Pumpe läuft beim unteren, die zweite bei einem mittleren Einschaltpunkt an. Beim oberen Einschaltpunkt erfolgt eine Alarmmeldung.
  • Anbindung an eine Leitzentrale über potenzialfreie Kontakte oder Meldungen in jedem Nutzungsbereich, denn Kommunikation ist gerade für die Sicherheit von Großobjekten im Krisenfall entscheidend.
  • Wechselbetrieb für beide Pumpen zur Vermeidung von Überbeanspruchung oder Ausfall mangels Betriebszeit.

Allerdings fördern zwei Hebeanlagen im Parallelbetrieb nicht den doppelten Volumenstrom. Denn beim Parallelbetrieb stellt sich ein neuer Betriebspunkt ein. Die tatsächliche Mehrleistung liegt dann meist unter 50 %. Ohnehin sollte jede Pumpe auf die erwartete Abwassermenge angepasst sein – schließlich hat Sicherheit Vorrang. Darüber hinaus muss der Pumpentyp auf die zu erwartende Abwasser-Ganglinie abgestimmt werden. Die Hebeanlage ist so auszuwählen, dass die angegebene Betriebsart S (also die maximale Laufzeit der Pumpe in Prozent der Einschaltzeit) nicht überschritten wird. Nicht zu vergessen ist das Thema Explosionsschutz. Eine Ausführung mit ATEX-Zulassung ist bei fäkalienhaltigem Abwasser ein Muss, bei anderen Abwässern im Einzelfall zu prüfen.

Ohne Rückstauschleife kein Rückstauschutz

Abwasser-Hebeanlagen schützen nur dann effektiv gegen Rückstau, wenn eine aus­reichend ausgebildete Rückstauschleife ­vorhanden ist. Doch gerade hier werden teilweise aus Kostengründen, teils wegen fehlender Abstimmung zwischen den beteiligten Gewerken oder aus Unwissen Kompromisse eingegangen. Ein Rückflussverhinderer alleine ist kein ausreichender Schutz. Dieser schützt die Pumpe nur vor dem ­ bereits geförderten Abwasser – für aus der Kanalisation drückendes Wasser ist er nicht ausgelegt. Ist der Verschluss undicht, muss die Pumpe ständig laufen, im schlimmsten Fall sind Überflutungen möglich. Rückstauschleifen innerhalb von Gebäuden bergen die Gefahr, dass sie zu niedrig verlegt werden, weil die Deckenunterseite unter der Rückstauebene sitzt. Für die Berücksichtigung einer korrekten Rückstauschleife bestehen im Außenbereich folgende Möglichkeiten:

  • in das Gebäude zurückführen,
  • in einem Nebengebäude (Garage, Geräteschuppen, Müllhäuschen o.ä.) aufstellen,
  • einen Erdwall ausbilden (Erdüberdeckung gemäß den klimatischen Bedingungen).

Werden Leitungen in frostgefährdeten Bereichen installiert, wie in Garagen, so muss die Druckleitung beheizt und isoliert werden.

Be- und Entlüftung sorgen für Druckausgleich

Durch Gärprozesse entstehen in den Behältern der Hebeanlage Gase. Um diese sicher abzuführen, benötigt jede Anlage eine ausreichende Entlüftung. Umgekehrt muss der Unterdruck in dem Behälter, der beim Abpumpvorgang entstehen kann, ausgeglichen werden. Die Lüftungsleitung kann wie folgt ausgeführt werden:

  • als separate Leitung über Dach,
  • als Neben- oder Sekundärlüftung über Dach,
  • parallel zu einer außen liegenden Regenfallleitung über Dach,
  • mit einer Lüftungshaube auf dem Grundstück.

Praxistipp: Bei der Entlüftung der Hebeanlagen ist darauf zu achten, dass die Bewohner nicht von austretenden Gasen gestört werden. Ein ausreichender Abstand zu Fenstern, Türen und Nachbargrundstücken ist daher wichtig.

Rückstauschutz bei Leichtflüssigkeitsabscheidern

Trotz eines hohen Gefährdungspotenzials vergessen Gewerbebetriebe oftmals, Leichtflüssigkeitsabscheider nach DIN EN 858 und DIN 1999-100 gegen Rückstau abzusichern. Das Risiko liegt auf der Hand: Tritt der Ernstfall ein, verunreinigen Öle und Benzin den anliegenden Grund und Boden. Im Einzelfall ist auch die Absicherung über einen Rückstauverschluss denkbar, nicht jedoch, wenn das Gerät außen aufgestellt ist oder das Gefälle zur Grundleitung fehlt. Ein besonderer Problemfall sind nicht überdachte Einzugsflächen, wie sie in Fuhrparks auftreten: Je nach Größe der Fläche können erhebliche Regenwassermengen anfallen. Das große Bemessungsvolumen führt dann zu erheblichen Problemen. Eine Reduzierung der Einzugsfläche sowie der Einsatz eines Bypasses, der das Wasser umleitet, sind sinnvolle Gegenmittel. Aus Sicherheitsgründen ist eine explosionsgeschützte Ausführung empfehlenswert, da bei Betriebsstörungen auch im Ablauf eine gefährliche Atmosphäre entstehen kann.

Fettabscheider: Störende Gerüche vermeiden

Ebenso häufig wird bei Fettabscheidern nach DIN EN 1825 und DIN 4040-100 der Rückstauschutz vergessen. Hierzu ist immer eine Hebeanlage erforderlich. Besonders wichtig ist die Ausführung der Lüftungsleitung: Um unangenehme Gerüche zu vermeiden, darf auf keinen Fall eine Verbindung zur zulaufseitigen Lüftungsleitung eines Fettabscheiders vorhanden sein. Auch die besonderen Anforderungen der Belüftung eines Fettabscheiders müssen berücksichtigt werden: Hat die Zulaufleitung oberhalb der Abscheideranlage auf einer Länge von über zehn Metern keine gesondert entlüftete Anschlussleitung, so ist die Zulaufleitung so nah wie möglich am Abscheider mit einer zusätzlichen Lüftungsleitung zu versehen. Soweit es möglich ist, sollten Hebeanlagen vor Fettabscheidern vermieden werden. In Sonderfällen ist der Einsatz im Zulauf von geeigneten Verdrängerpumpen zur schonenden Förderung (Minimierung der Emulsionsbildung) wie Schlauchhebe- oder Schneckenpumpen akzeptabel. Besonderes Augenmerk ist in diesem Fall auf die Ausführung der Lüftungsleitung zu legen.

Die korrekte Projektierung von Abwasser-Hebeanlagen erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise und eine saubere Abstimmung zwischen den einzelnen Gewerken. Das gilt gerade bei größeren Objekten und Funktionalbauten. Von der Planung über den Einbau bis hin zur Alarmmeldung im Notfall müssen alle Schritte der Prozesskette aufeinander abgestimmt sein. Die besprochenen Fehler bei der Planung und Ausführung zeigen, dass kleine Ursachen oftmals schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Eine detailgenaue Planung ist daher besonders wichtig. Zwar bietet die Summe der Hersteller eine breite Palette von Standard­anlagen an. Nicht immer ist die preiswerteste Lösung aber auch die wirtschaftlichste – die zu erwartenden Betriebs- und Folgekosten sollten daher vorher über die geplante Nutzungsdauer angesetzt werden.

Weitere Informationen

Unser Autor Dipl.-Ing. Roland Priller ist Leiter der ­Abteilung Projektierung und Normung bei der Kessel GmbH; 85101 Lenting, Telefon (0 84 56) 27-4 21, Telefax (0 84 56) 27-1 97, http://www.kessel.de

Tags